Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten Strauß, Dr. Jaeger und Genossen haben dem Bundestag den Antrag vom 26. Juni 1950, Drucksache Nr. 1119, vorgelegt. Der Antrag hat folgenden Wortlaut:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, in Verhandlungen mit der Hohen Kommission zu erwirken, daß
1. die Entschädigung der durch die amerikanische Besatzungsmacht mit und ohne Todesfolge körperverletzten Personen, soweit der Schaden vor dem 20. Juni 1948 aufgetreten ist, nicht durch eine Kapitalabfindung mit der durch die Währungsreform bedingten Abwertung erfolgt, sondern daß diese Entschädigungsansprüche, da es sich nach deutschem Recht um Rentenansprüche handelt, die nicht der Abwertung unterliegen, in der von den zuständigen Stellen festgesetzten Höhe in DM anerkannt und als laufende Renten oder als einmalige Kapitalabfindung ausbezahlt werden;
2. in den von den anderen Besatzungsmächten besetzten Zonen eine gleiche Regelung getroffen wird.
Der Bundestag hat in seiner Sitzung vom 19. Juli 1950 diesen Antrag dem Haushaltsausschuß sowie dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als dem federführenden Ausschuß überwiesen. Der Haushaltsausschuß hat beschlossen, den Antrag mit Rücksicht auf die damals laufenden Verhandlungen der Bundesregierung mit der Alliierten Hohen Kommission als erledigt anzusehen. Demgegenüber hat der Rechtsausschuß sich in seiner Sitzung vom 30. Januar 1951 dahin entschieden, den fraglichen Antrag der Bundesregierung zur Berücksichtigung bei ihren Verhandlungen mit den alliierten Hohen Kommissaren zu überweisen. Es handelt sich hier um eine Angelegenheit, deren Regelung nach dem Besatzungsstatut den Alliierten überlassen ist und zu ihrer Gesetzgebungszuständigkeit gehört.
Während im übrigen Bundesgebiet im Verhältnis der Deutschen zueinander Kapital- und Rentenansprüche, die zur Abgeltung von solchen Lebens-und Körperschäden dienen sollen, die vor dem Währungsstichtag entstanden sind, im Verhältnis von einer Reichsmark gleich einer D-Mark umgestellt werden, hat in der amerikanischen Zone eine andere Regelung Platz gegriffen. Hier wurden diese Ansprüche nach der Währungsreform im Verhältnis 10 zu 1 umgestellt, so daß also jede Kapital- oder Rentenentschädigung für die Betroffenen ihren Sinn verlor. Zur Beseitigung dieser offensichtlichen Unbilligkeit hat die Bundesregierung lange Verhandlungen mit der Hohen Kommission geführt.
Nun ist kürzlich, am 8. Februar, als Ergebnis dieser Verhandlungen das alliierte Gesetz Nr. 47 herausgekommen. Dieses Gesetz bestimmt in seinem § 6, daß die Entschädigungen für Tod oder Körperverletzung mit dauernden Folgen, die vor dem 20. Juni 1948 erfolgt sind, nach dem Werte im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses zwar in Reichsmark festzusetzen sind, jedoch im Verhältnis 1 zu 1 in D-Mark umgestellt werden sollen. Entschädigungsbeträge, die nach dem Währungsstichtag in einem anderen Verhältnis — etwa, wie es geschehen ist, 10 zu 1 — unigestellt worden waren, sind nunmehr von Amts wegen 1 zu 1 aufzuwerten. Ein etwaiger zugunsten des Entschädigungsberechtigten sich ergebender Unterschiedsbetrag ist an diesen auszuzahlen.
Die Forderungen der Antragsteller sind hierdurch zu einem gewissen Grade erfüllt worden. Nun hat sich aber in der Praxis noch ein weiterer Übelstand ergeben. Es haben nämlich nachgeordnete, offenbar sehr dienstbeflissene amerikanische Stellen kurz vor der Währungsreform im vollen Bewußtsein des Datums und der Wirkungen der Reform darauf gedrungen, daß in Fällen, wo die amerikanische Regierung' für Körperschäden mit und ohne Todesfolge Entschädigungsleistungen zu zahlen hatte, von den Betroffenen Kapitalabfindungen entgegengenommen werden sollten und mußten. Diese Kapitalabfindungen sind im Zuge der Währungsreform automatisch 10 zu 1 umgestellt wor-
den und haben dadurch natürlich ihren Wert völlig verloren. Durch diese Handhabung ist in den betroffenen Kreisen viel Not und Sorge eingekehrt, und es fragt sich, ob nicht auch diese Fälle noch in irgendeiner Form der Bereinigung bedürfen.
Nun bietet das alliierte Gesetz hierfür in seinem § 2 insofern eine leise Möglichkeit, als es bestimmt, daß bei Vorliegen besonderer Umstände hinsichtlich gewisser Anträge oder Gruppen von Anträgen aus Billigkeitsgründen von den normalen Abfindungsbedingungen abgewichen werden kann. Wir möchten dem Wunsch Ausdruck geben, daß die amerikanischen Dienststellen von dieser Möglichkeit einen recht weitgehenden Gebrauch machen, um auf diese Weise die Unbilligkeit wiedergutzumachen, die dadurch entstanden ist, daß die Kapitalabfindungen den Betroffenen kurz vor dem Währungsstichtag mehr oder weniger unter Druck aufgenötigt worden sind. Damit würde nicht nur viel menschliches Leid gelindert werden, sondern auch die Stimmung der Bevölkerung gegenüber der Besatzungsmacht würde wesentlich besser werden.
Der Antrag Strauß und Genossen hat also in wesentlichen Teilen durch das alliierte Gesetz Nr. 47 seine Erledigung gefunden. Aber die genannten Beschwerden bezüglich der unmittelbar vor der Währungsreform geleisteten Kapitalabfindungen stehen noch offen. Deshalb ist der Rechtsausschuß der Meinung, daß seine Entschließung trotz der geänderten Situation noch beibehalten werden soll, damit die Regierung erfährt, wie der Bundestag diesen Fragenkomplex behandelt sehen möchte. Der Rechtsausschuß bittet Sie, seinem Antrage zuzustimmen, wonach der Antrag der Abgeordneten Strauß, Dr. Jaeger und Genossen der Bundesregierung zur Berücksichtigung bei ihren Verhandlungen mit der Alliierten Hohen Kommission zu überweisen ist.