Rede von
Dr.
Hermann
Ehlers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Weitere Wortmeldungen zur zweiten Beratung liegen nicht vor.
Meine Damen und Herren, damit Klarheit besteht, stelle ich noch einmal zusammen. Es ist vom Herrn Abgeordneten Dr. Gerstenmaier für die Antragsteller beantragt worden, in § 1 an Stelle der Worte: „Dem Bundesminister für Vertriebene" zu sagen: „Dem Bundeskanzleramt, der von ihm bestimmten Bundesbehörde". Dann heißt es weiter: „oder der jeweiligen obersten Landesbehörde". Im § 2 ist in der vierten Zeile hinter dem Wort „enthalten" zu sagen: „ist den in § 1 bestimmten Dienststellen zur Auskunft über diese Unterlagen verpflichtet" statt „ist zur Auskunft über diese Unterlagen verpflichtet". Und dann soll es weitergehen:
„Auf Verlangen ist ihnen Einsicht in die Unterlagen zu gewähren." —
.In § 3 soll es an Stelle der Worte „des Bundesministers für Vertriebene" heißen: „auf Antrag der auskunftberechtigten Dienststellen".
— Meine Damen und Herren, ich bin hier keine Korrekturstelle für Anträge. Soll es „einer" oder „der" heißen?
— Damit sind alle umfaßt. Ich glaube, daß da kein Zweifel besteht.
— Die Juristen sind anderer Meinung, Herr Abgeordneter Gerstenmaier. Darf ich Ihnen vorschlagen — damit nicht der Eindruck entsteht, als ob alle gemeinsam den Antrag stellen müßten — zu sagen: „einer auskunftberechtigten Dienststelle"? Besteht darüber Einmütigkeit?
— Das ist der Fall.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. — Ich komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Gerstenmaier. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Gerstenmaier und der übrigen Antragsteller, den ich soeben bekanntgegeben habe, zustimmen wollen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über die §§ 1, — 2, — 3, — 4, Einleitung und Überschrift in der soeben beschlossenen, Fassung des Abänderungsantrages. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen sowie der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen. — Ich schließe die zweite Beratung.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Ich komme zur Abstimmung über die §§ 1, —2, — 3, — 4, Einleitung und Überschrift des Gesetzes in der Fassung, die in der zweiten Beratung beschlossen wurde. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei sechs Enthaltungen angenommen.
Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt bis auf den Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 1931. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Wiederum bei sechs Enthaltungen angenommen. Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung endgültig erledigt.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Europa-Paß und Sichtvermerkzwang ;
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Strauß, Kemmer und Genossen betreffend Aufhebung des Visumzwanges für Jugendliche und Schaffung' eines Europa-Passes .
Es ist Ihnen inzwischen weiterhin ein Antrag der Fraktion der SPD zum gleichen Thema in Drucksache Nr. 1962 zugegangen:
Antrag der Fraktion der SPD betreffend
Europa-Paß und Sichtvermerkzwang.
Es sind vorgesehen zur Begründung der Interpellation zehn Minuten und fünf Minuten für die der beiden Anträge. Eine Aussprache ist vom Altestenrat nicht vorgesehen. — Das Haus ist damit einverstanden.
Zur Begründung hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Mommer.
Dr. Mommer , Interpellant und Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird zweckmäßig sein, daß ich nicht nur die Begründung der Interpellation gebe, sondern auch gleich einige Worte zu den beiden, soeben vom Herrn Präsidenten genannten Anträgen sage.
Es ist gar kein Zweifel, daß die Europa-Idee im deutschen Volk und insbesondere bei der deutschen Jugend Interesse erweckt, ja sogar Begeisterung. Aber ich glaube, ich stehe nicht allein mit der Meinung, daß da manches schief läuft. Gerade die deutsche Jugend beginnt den Eindruck zu haben, daß man zu sehr über den Wolken schwebt, daß man z. B. Bundesstaatsverfassungen entwirft und sich zuerst an die schwierigen Probleme heranmacht, während man auf Einzelgebieten im Konkreten manches tun könnte und es nicht tut. Auf eine solche konkrete Frage beziehen sich die Interpellation und der Antrag der SPD-Fraktion. Wir wollen hier etwas t u n , wo keine Phrasen gemacht werden können, sondern wo es darum geht, praktisch für die Abtragung der Schranken zwischen den Nationen etwas zu leisten. Wenn die Völker staatlich zusammengefaßt werden sollen, so müssen sie einander vorher auch kennenlernen. Besonders die europäische Jugend läuft Sturm gegen die Grenzen, und die deutsche Jugend läuft Sturm gegen die Paß- und die Visumschikanen. Es ist richtig, daß dieses Anliegen zum Teil ein spezifisch deutsches Anliegen ist. Nur noch in einigen Staaten unter den demokratischen Ländern Europas, wie in Deutschland, Österreich, Griechenland, Portugal und der Türkei, werden Visen im gegenseitigen Reiseverkehr gebraucht. Österreich ist es gelungen, mit Italien und der Schweiz Abmachungen zu treffen, wodurch die Visen im Reiseverkehr zwischen Österreich und diesen beiden Ländern überflüssig wurden. Durch den Übergang der Paßhoheit in deutsche Hand am 1. Februar dieses Jahres ist uns die Möglichkeit gegeben, auf diesem Gebiet Initiative zu entfalten. Das Combined Travel Board geht seinem natürlichen Tode entgegen. Ich glaube, es wäre unschicklich, jetzt über den Sterbenden das Schlechte zu sagen, was man über ihn gedacht hat, als er noch bei Kräften war. Wenn wir Initiative entfalten, so können wir sicher sein, daß wir Wind in den Segeln haben. Beim Europarat liegt seit langem ein Projekt auf Schaffung eines Europa-Passes. Die Fragen 1 und 2 der Interpellation der SPD beziehen sich auf diesen Europa-Paß. Man kann Zweifel darüber haben, ob diese Idee eine sehr praktische Idee und ob sie sehr zeitgemäß ist, aber es ist sicher eine förderungswürdige Idee. Deshalb möchten wir, daß die Bundesregierung alles tut, damit diese Idee der Verwirklichung nähergebracht wird.
Auch bei der OEEC ist im April vorigen Jahres eine Empfehlung zur Annahme gelangt, die allen Mitgliedsstaaten empfiehlt, die Sichtvermerke im Reiseverkehr abzuschaffen. Es ist ein kleiner Irrtum in diesem Punkt 4 unterlaufen. In der Empfehlung des Rates der OEEC ist Deutschland nicht von dieser Empfehlung ausgenommen. Nur in dem Bericht des Sekretariats an den Rat war für Deutschland und Österreich eine Ausnahme vorgeschlagen.
Das Kernstück der Interpellation der SPD und ihres Antrags Drucksache Nr. 1962 ist der Punkt,
nach dem die Bundesregierung veranlaßt werden soll, an alle demokratischen Staaten Europas das Angebot zu richten, im gegenseitigen Reiseverkehr die Sichtvermerke fallenzulassen. Man macht uns Vorschläge zu einer Montanunion, man macht uns Vorschläge zur Bildung einer Europaarmee. Hier ist etwas sehr Konkretes, Praktisches, nicht sehr Großes, was wir den anderen vorschlagen können, und ich muß gestehen, daß mich ein Teufelchen dabei reitet. Ich bin nämlich sehr neugierig, wie die Regierungen in den verschiedenen Hauptstädten auf ein solches Angebot reagieren werden. Wir werden da sehen, wieweit die Reden über Europa und Vereinigung Europas ernst gemeint sind
oder wieweit sie zu Phrasen werden, zumindest dann, wenn es sich darum handelt, die deutsche Gleichberechtigung zu konkretisieren.
Wenn aber diese demokratischen Regierungen glauben sollten, daß Europäer deutscher Nationalität auch weiterhin nicht ohne Visumschikanen reisen sollten, dann wollen wir ihnen vorschlagen, wenigstens die Jugend Europa ohne diese Schikanen kennenlernen zu lassen. Deshalb der Punkt 5 der Interpellation und der entsprechende Punkt dés Antrags.
Ich muß ein Wort zu dem Antrag des Kollegen Strauß sagen. Herr Kollege Strauß, Ihr Antrag ist nicht sehr vollständig. Auch ist der Begriff „Europa-Paß" nicht richtig verwendet. Der sozialdemokratische Antrag geht sehr viel weiter, und ich würde deshalb bitten, hier den sozialdemokratischen Antrag anzunehmen.
Der Antrag der SPD enthält unter b) auch die Bitte an unsere Kollegen, die Delegierte in der Europäischen Versammlung sind, dort einen Entschließungsentwurf einzubringen, der unsere europäischen Kollegen in Straßburg verpflichten soll, sich zu Hause für die Annahme des deutschen Angebots mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln einzusetzen. Auch da wird es für uns interessant sein, ob unsere Kollegen zu der europäischen Fahne stehen, wenn es darum geht, uns Deutsche ein wenig freier in Europa reisen zu lassen.
Vielleicht darf ich der Bundesregierung noch einen kleinen Hinweis geben. Das Anliegen dieser Interpellation und des Antrags ist eigentlich nicht ganz up to date. Zwischen Belgien, Luxemburg, Frankreich und der Schweiz und zwischen Belgien und Holland braucht man auch keinen Paß mehr, und es ist fast wieder so schön, wie es vor 1914 war. Dort kann man mit der gültigen Kennkarte über die Grenze gehen. Aber so unbescheiden wollen wir Deutschen zunächst einmal nicht sein, sogar zu verlangen, daß man keinen Paß mehr brauchen soll, wenn man von hier nach Paris reisen will. Immerhin, wenn die Bundesregierung bei den Gesprächen, die sich da anbahnen werden, auf eine sehr warme europäische Atmosphäre stoßen sollte, dann sollte sie es nicht als diesem Antrag entgegen betrachten, wenn sie zu Abkommen käme, in denen sogar die Kennkarte genügte, um über eine Grenze zu gehen.
Meine Damen und Herren! Mit der Europaidee ist es so, daß die Begeisterung verpuffen kann, wenn immer nur große Pläne kommen, wenn man immer nur Zukunftsmusik hört. Neben die großen Pläne müssen zumindest auch kleine praktische Fortschritte treten.
Wenn wir den Sichtvermerkzwang wegbekommen,
dann wäre das ein solch kleiner, aber doch bedeutsamer praktischer Fortschritt.