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    Deutscher Bundestag — 117. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1951 4429 117. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1951. Geschäftliche Mitteilungen 4430C Beitritt des Abg. Rahn zur Fraktion der CDU/CSU 4430D Zurückziehung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, WAV und des Zentrums betr. Entwurf eines Gesetzes über die Freistellung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages von Haftpflichtansprüchen (Nrn. 1417 und 1780 der Drucksachen) 4430D Vertagung der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Ermittlungen über noch nicht heimgekehrte deutsche Kriegsgefangene (Nr. 1823 der Drucksachen) . . 4430D Antrag des Abg. von Thadden auf Vertagung der Sitzung zum Protest gegen die geplante Hinrichtung von Landsberger Häftlingen: von Thadden (DRP) 4430D Abstimmung 4431A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen des Bergbaus sowie der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (Nr. 1858, zu Nr. 1858 der Drucksachen) 4431A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 4431A Storch, Bundesminister für Arbeit . 4432D Imig (SPD) 4435D Sabel (CDU) 4439B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 4441C Dr. Semler (CSU) 4445B Dr. Henle (CDU) 4446A Dr. von Merkatz (DP) 4447D Dr. Seelos (BP) . 4449B Frau Wessel (Z) 4452A Dr. Ott (BHE-DG) 4453B Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 4454C Agatz (KPD) 4457A von Thadden (DRP) 4459B Ausschußüberweisung 4460B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen (Nr. 1853 der Drucksachen) 4460B Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 4460C Ausschußüberweisung 4460D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Industriekreditbank Aktiengesellschaft (Nr. 1854 der Drucksachen) . 4460D Ausschußüberweisung 4460D Erste Beratung des von der Fraktion der BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung der §§ 2 und 4 des Handelsgesetzbuches (Nr. 1868 der Drucksachen) 4460D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 4461A Ausschußüberweisung 4461C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1848 der Drucksachen) 4461C Dr. Weber (Koblenz) (CDU), Berichterstatter 4461D Frau Schanzenbach (SPD) 4463B Frau Niggemeyer (CDU) 4464A Frau Wessel (Z) 4464C Beschlußfassung 4464D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Hoogen, Dr. Schatz, Kahn u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über Diensterfindungen (Nrn. 805, 1846 der Drucksachen) 4465A Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 4465A Beschlußfassung 4465B Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft bei Ausfall tschechoslowakischer Kohle (Nr. 1793 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Kohlenlieferungen für Bayern aus der Tschechoslowakei (Nr. 1825 der Drucksachen) 4465B Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 4465B Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 4466B Dr. Zawadil (FDP) 4467B Wönner (SPD) 4467D Dr. Solleder (CSU) 4468C Dr. Schalfejew, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 4469A Beschlußfassung 4469C Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. Rückgabe der Insel Helgoland an ihre Bewohner (Nr. 1758 der Drucksachen) 4469C Dr. Hamacher (Z), Antragsteller . . 4469C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4470D Kraft, Minister für Finanzen des Landes Schleswig-Holstein . . . 4471D Schröter (CDU) 4472B Frau Krahnstöver (SPD) 4473C Walter (DP) 4475A Rademacher (FDP) 4476B Gundelach (KPD) 4476D Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 4477C Ausschußüberweisung 4478B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Wettbewerbsverhältnisse Schiene—Straße (Nr. 1798 der Drucksachen) . . . 4478B Ausschußüberweisung 4478B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Behandlung politischer Gefangener (Nr. 1824 der Drucksachen) 4478C Renner (KPD), Antragsteller 4478C, 4482A Dr. Tillmanns (CDU) 4479C Dr. Mommer (SPD) 4480B Übergang zur Tagesordnung 4482C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Wahrung der Interessen der aus dem westlichen Ausland ausgewiesenen Deutschen (Nr. 1826 der Drucksachen) . . 4482C Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteller 4482C Ausschußüberweisung , 4483C Beratung der Übersichten Nrn. 17 und 18 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nrn. 67 und 72) 4483C Beschlußfassung 4483C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 73) 4483C Beschlußfassung 4483C Nächste Sitzung 4483C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Willi Agatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und meine Herren! Von dieser Stelle aus ist heute mehrfach behauptet worden, daß die Wirtschaft nur gedeihen könne, wenn sie das Primat der Unternehmer sei. Es ist behauptet worden, daß der Einbau von Gewerkschaftsvertretern, von Arbeitern, von Angestellten in die Führungsorgane der Wirtschaft unbedingt zum Chaos führen muß. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß die heute hier anstehende Frage, die Frage der Mitbestimmungsforderung der Arbeiter, Angestellten und Beamten, seit 1945 alle unsere Arbeiter und Angestellten erfaßt hat. Die Arbeiter und Angestellten mußten 1945 erkennen, daß das ganze unerhörte Leid, das da über unser Volk gebracht worden war, im wesentlichen die Schuld derer war, die die Wirtschaft geführt hatten.

    (Sehr richtig! bei der KPD. — Zuruf rechts: Lauter!)

    Man kann nicht daran vorbeireden, daß die Herren der Monopole und Konzerne Hitler groß gemacht hatten und somit unser Volk in die Katastrophe führten. Man kann auch nicht daran vorbeireden, daß unser Volk in seiner überwältigenden Mehrheit nach 1945 die Bestrafung dieser Kriegsverbrecher gefordert hat.

    (Sehr richtig! bei der KPD. — Weiterer Zuruf von der KPD: Jetzt werden sie rausgebracht! — Zuruf von der FDP: Aber eure auch!)

    Es hat auch eine neue demokratische Ordnung gefordert, in der die Mitbestimmung der Werktätigen ein wesentlicher Bestandteil sein sollte. Das ist auch in den Potsdamer Beschlüssen angesprochen, in denen von der Liquidierung übermäßiger Wirtschaftskraft, dargestellt durch Kartelle, Syndikate, Trusts und andere Monopolvereinigungen, die Rede ist. Die demokratische Neuordnung der Wirtschaft war damit auf die Tagesordnung gestellt.
    Ich mache darauf aufmerksam, wie stark die Forderung nach der Sozialisierung nach 1945 gewesen ist. Ich mache darauf aufmerksam, daß selbst im Ahlener Programm, in der ersten Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen diese Frage der Überwindung des Monopolkapitalismus ganz eindeutig gestellt und beantwortet wurde. Dort hieß es z. B. in der Rede des Herrn Ministerpräsidenten — ich besinne mich darauf —: Der Kapitalismus hat sich an seinen eigenen Gesetzen totgelaufen.

    (Zurufe von der KPD: Sehr wahr! — Abg. Renner: Mit Zustimmung Adenauers!)

    Nach 1945 traten unsere Arbeiter und Angestellten ohne die Konzern- und Monopolherren auf den Plan. Sie bewiesen durch ihren Einsatz beim Wiederaufbau der zerstörten Betriebe, daß es auch ohne Konzernherren in der Wirtschaft geht, ja daß es sogar sehr gut ohne Konzernherren geht.

    (Beifall bei der KPD.)

    Die Arbeiter und Angestellten vollbrachten große Leistungen, und die Betriebsräte führten damals diese Aktion des Wiederaufbaus ohne Konzernherren. Sie leiteten an, und sie sorgten dafür, daß die Betriebe in Ordnung gebracht und die Produktion wieder in Gang gesetzt wurde. Sie hatten damals tatsächliche und weitgehende Mitbestimmung. Von diesen damals erworbenen Positionen gibt es heute leider nur noch sehr wenige; denn es trat sehr bald die Reaktion auf den Plan. Sie wollte kein demokratisches Deutschland, sie wollte keine demokratisierte Wirtschaft. Dann schalteten sich die Besatzungsmächte ein. Sie sabotierten die mit demokratischen Mehrheiten in deutschen Parlamenten beschlossenen Gesetze nach Überführung der Grundstoffindustrien in den Besitz des Volkes.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    So wurde auch das Gesetz sabotiert, das in Nordrhein-Westfalen beschlossen wurde, das Betriebsrätegesetz, das in Hessen beschlossen wurde, das die Rechte der Betriebsräte ganz eindeutig klarstellte, und auch das Gesetz von Württemberg und Baden. Das war die Rettung der Konzernherren. Die Besatzungsmächte, die amerikanischen Monopolisten sprangen den deutschen Konzernherren bei und stellten sie wieder auf die Füße.

    (Beifall bei der KPD. — Zuruf von der KPD: Wie nach 1918!)

    Sie beschlagnahmten zwar die großen Vermögen. Was es damit auf sich hat, können wir jetzt an dem Vorgang Krupp sehr deutlich ermessen. Sie führten das Entflechtungsmanöver durch. Wir wissen, daß heute mit dem Schuman-Plan die Bildung eines allumfassenden Mammutkonzerns unter Oberherrschaft des amerikanischen Monopolkapitalismus angestrebt wird.
    Wir erhielten den Marshall-Plan. Wir wissen, wie seine Folgen waren. Wir wurden auf den westlichen Kurs festgelegt: separate Währungsreform, die Spaltung Deutschlands, Besatzungsstatut, Ruhrstatut waren die Folgen, und Westdeutschland wurde eine amerikanische Kolonie.

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Wandern Sie doch endlich aus!)

    Ich kann mich hier einer Kritik an der Politik der Gewerkschaftsführer nicht enthalten. Sie haben diese Entwicklung damals unterstützt. Ich besinne mich noch darauf, wie sie die Arbeitgeberverbände gefordert haben,

    (Beifall bei der KPD)

    wie sie sich darum bemüht haben, daß wieder ein Verhandlungspartner auf der anderen Seite sein möge. Was aus dieser Forderung nach den Arbeitgeberverbänden inzwischen geworden ist, das haben wir heute hier an einigen Reden gewisser Herren erfahren können.

    (Abg. Mayer [Stuttgart]: Du merkst aber auch alles!)

    Ich muß auch kritisieren, daß die Gewerkschaftsführer den Boden der Interzonenkonferenzen und die Beschlüsse dieser Konferenzen verlassen haben, unter anderem auch die Beschlüsse der Badenweiler Konferenz, die sie selbst mit gefaßt haben und in denen das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte in echtester und stärkster Form nieder-


    (Agatz)

    gelegt war. Daraus haben sich sehr böse Folgen für die Werktätigen ergeben. Es kann heute nicht mehr bestritten werden, daß die ganzen Lasten des Wiederaufbaues auf die Schultern der Werktätigen abgewälzt worden sind, hingegen das Unternehmertum riesige Gewinne zu machen vermochte. Es kann nicht bestritten werden, daß das niedrige Realeinkommen durch die Preispolitik der AdenauerRegierung noch ständig weiter gedrückt wird, die dann als Folge der ganzen westlichen Orientierung hier etabliert wurde. Es kann nicht bestritten werden, daß die Ausbeutung in den Betrieben sich ständig steigerte und die Ausbeutungsschraube ständig angezogen wurde. Es kann auch nicht bestritten werden, daß die demokratischen Mitbestimmungsrechte, die die Arbeiter und Angestellten sich nach 1945 erworben hatten, systematisch eingeschränkt und abgebaut wurden. Daß diese betrieblichen Mitbestimmungspositionen ein Dorn im Auge der Unternehmer sind, ist selbstverständlich. Aber daß sie abgebaut werden konnten, ist nicht zuletzt auch eine Folge der Stillhaltepolitik der Gewerkschaften.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Dann gab es eine neue Lage. Es kamen die Washingtoner Konferenz, die Brüsseler Konferenz, die Westdeutschland in die Kriegsvorbereitungen mit einbezog. Jetzt entsteht eine ernste Frage. Hier hat Herr Dr. Adenauer, unser Bundeskanzler,

    (Heiterkeit und Bravorufe bei den Regierungsparteien)

    heute erklärt, daß er in dieser Regelung einen wesentlichen Fortschritt auf dem Wege zur Herstellung des Arbeitsfriedens erblicke. Ich stelle die Frage: Wird auch Herr McCloy mit der hier vorgesehenen Regelung einverstanden sein?

    (Abg. Renner: Er hat sie ja befohlen!)

    Ich bin der Meinung, er wird einverstanden sein mit der getroffenen Regelung. Warum? Herr McCloy hat die Aufgabe, die Kriegsvorbereitungspolitik der amerikanischen Monopolkapitalisten in Westdeutschland durchzuführen, und Herr McCloy wird versuchen, mit Hilfe dieser Regelung Maßnahmen zu treffen, die die westdeutsche Arbeiterschaft an den Kriegskarren der Amerikaner binden sollen.

    (Zustimmung bei der KPD.)

    Denn die „Rheinische Post" ließ die Katze aus dem Sack, indem dort geschrieben stand, daß mit dieser Regelung ihrer Rechte den Arbeitern und Angestellten nunmehr der Westen verteidigungswert gemacht worden sei.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Ich möchte hier sagen, daß die getroffene Regelung in keiner Weise den Vorstellungen entspricht, die die Arbeiter und Angestellten von der Mitbestimmung haben. Sie erleben alle Tage im Betrieb, wo sie der Schuh drückt. Sie wissen, daß es darauf ankommt, eine starke Vertretung im Betrieb zu haben, die in der Lage ist, der Politik des Unternehmertums, die auf Steigerung der Ausbeutung gerichtet ist, standzuhalten, Widerstand zu leisten, daß es darum geht, die Fragen des Lohnes, der Arbeitszeit, des Arbeits- und Gesundheitsschutzes und all jene sozialen Fragen im Sinne der Arbeiter zu entscheiden, weil sie wissen, daß diese ihre Forderungen gerecht sind. Sie wollten die Verwirklichung der Badenweiler Beschlüsse, sie strebten eine echte demokratische Neuordnung an. Sie sind es eben satt, sich immer wieder vertrösten zu lassen, Entschließungen zu fassen. Sie wollen kämpfen, sie wollen ihre Forderungen durchsetzen; sie sind empört über die soziale Ungerechtigkeit, über das viel zu geringe Einkommen, über den Abbau ihrer demokratischen Rechte. Sie sind besorgt und empört darüber, daß ihnen jetzt schon wieder die Lasten eines neuen Krieges aufgebürdet werden.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Dagegen wehren sie sich. Sie wollen den Frieden, sie wollen soziale Sicherheit und ausreichenden Lohn. Sie wollen Menschen sein, die menschenwürdig leben und auch eine menschenwürdige Stellung im Betrieb haben.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Sie wollen das Recht haben, mitzubestimmen über die Stellung, die sie als Menschen in den Betrieben fordern. Darum haben sich die befragten Bergleute und Metallarbeiter zu 93 und 96% für den Kampf, für den Streik um die Mitbestimmung entschieden.
    Die Arbeiter und Angestellten können nicht davon überzeugt werden, daß diese Regelung ein Erfolg ist. Sie haben zuviel Erfahrung; sie haben ein Recht, mißtrauisch zu sein, und sie werden, nachdem nun Herr Dr. Adenauer gesprochen hat, erst recht mißtrauisch werden. Was heißt schon Befriedung, sozialer Friede? Sozialer Friede — für was? Für die Politik der Kriegsvorbereitung,

    (Sehr gut! bei der KPD)

    für die Politik der freien Wirtschaft, die die Unternehmergewinne steigert und das Einkommen der Arbeiter systematisch und ständig drückt. Dafür stillehalten, dafür friedlich sein?, so werden sie fragen, und ich bin sicher, daß sie das nicht tun werden. Sie werden nicht stillehalten, sie werden weiterkämpfen, weil sie erkennen, daß mit dieser Regelung ihr Mitbestimmungsanspruch nicht erfüllt ist, und sie werden sich diesen Mitbestimmungsanspruch durch Weiterführung ihres Kampfes sichern. Sie haben auch die Erfahrung von vor 1933.
    Wir können diese Regelung durchaus als eine Neuauflage der Arbeitsgemeinschaftspolitik betrachten, allerdings jetzt unter der Herrschaft amerikanischer Monopolkapitalisten, die sich hier auf die deutschen Konzernherren stützen. Aber die Arbeiterschaft Westdeutschlands und ganz Deutschlands weiß noch zu gut, daß die damalige Arbeitsgemeinschaftspolitik von Stufe zu Stufe abwärts geführt hat, bis zu Hitler, bis in die Katastrophe. Das ist es, was sie heute mißtrauisch macht.
    Hinzu kommen die Erfahrungen, die sie heute in den entflochtenen Werken machen. Wodurch unterscheidet sich die Lage der Arbeiter und Angestellten dieser Werke? Ist sie besser als die in den anderen Betrieben? Keineswegs besser! Auch dort ist dieselbe betriebliche Situation gegeben, weil eben die ganze westdeutsche Wirtschaft unter dem Kommando amerikanischer Monopolkapitalisten nach den Plänen dieser Monopolkapitalisten arbeitet, geführt und dirigiert wird. Daran ist nicht vorbeizukommen.
    Auch wird die Arbeiterschaft in dieser Regelung eine wesentliche Verschlechterung des Kontrollratsgesetzes Nr. 22 erblicken, das die bisherigen Mitbestimmungsansprüche der Betriebsräte regelte. Nach diesem Kontrollratsgesetz hatten sie das Recht zu betrieblichen Vereinbarungen, wie sie auch in den Badenweiler Beschlüssen festgelegt wurden. Diese betriebliche Vereinbarung setzte sie in den Stand, wirkliche betriebliche Mitbestimmungspositionen einzunehmen. Das wird mit dieser Regelung sicherlich flachfallen.
    Unter den gegebenen Verhältnissen kann die Mitbestimmung nur durch die Rechte der Betriebs-


    (Agatz)

    räte fundamentiert werden. Wenn man nicht auf diesen Fundamenten aufbaut, dann wird — das möchte ich alien Gewerkschaftskollegen sagen — die Mitbestimmung keine Mitbestimmung sein, sondern sie wird lediglich eine Farce oder — was noch schlimmer wäre — ein Betrug sein.

    (Zuruf von der Mitte: Was ist mit den Betriebsräten in der Ostzone? — Weitere Zurufe von der Mitte: Abgeschafft sind sie! — Die gibt es doch gar nicht!)

    Die Konzernherren sind nicht mit dem einverstanden, was nun hier geregelt werden soll.

    (Zurufe von der Mitte: Reden Sie doch d a zu! — Er kann doch nicht über etwas reden, was nicht besteht!)

    — Sie dürfen hinfahren und sich davon überzeugen! Sie werden bald erkennen, daß die Mitbestimmung weitgehend verwirklicht ist

    (Lachen bei der SPD, in der Mitte und rechts)

    und daß in der DDR all die Forderungen, die wir als Gewerkschaftler nach 1945 gestellt haben, erfüllt worden sind.

    (Beifall bei der KPD. — Lachen bei der SPD und den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ihre Redezeit ist abgelaufen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willi Agatz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Zum Schluß möchte ich noch ganz kurz sagen: die Arbeiter und Angestellten werden aus ihrem gesunden Empfinden dieser Regelung mit Mißtrauen gegenübertreten und den Kampf fortsetzen. Es geht um ihre Position in den Betrieben, um ihre Stellung, um ihr Einkommen, um ihre Arbeitszeit, ihren Arbeits- und Gesundheitsschutz. Dafür zu kämpfen, dafür zunächst die Betriebsräte, ihre demokratisch gewählten Vertreter stark zu machen, ist die Aufgabe. Der Kampf muß weitergehen. Der Kampf um das Mitbestimmungsrecht muß durch die Kraft der Arbeiter- und Angestelltenschaft entschieden werden.

    (Beifall bei der KPD.)