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ID0111702800

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    Deutscher Bundestag — 117. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1951 4429 117. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1951. Geschäftliche Mitteilungen 4430C Beitritt des Abg. Rahn zur Fraktion der CDU/CSU 4430D Zurückziehung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, WAV und des Zentrums betr. Entwurf eines Gesetzes über die Freistellung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages von Haftpflichtansprüchen (Nrn. 1417 und 1780 der Drucksachen) 4430D Vertagung der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Ermittlungen über noch nicht heimgekehrte deutsche Kriegsgefangene (Nr. 1823 der Drucksachen) . . 4430D Antrag des Abg. von Thadden auf Vertagung der Sitzung zum Protest gegen die geplante Hinrichtung von Landsberger Häftlingen: von Thadden (DRP) 4430D Abstimmung 4431A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen des Bergbaus sowie der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (Nr. 1858, zu Nr. 1858 der Drucksachen) 4431A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 4431A Storch, Bundesminister für Arbeit . 4432D Imig (SPD) 4435D Sabel (CDU) 4439B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 4441C Dr. Semler (CSU) 4445B Dr. Henle (CDU) 4446A Dr. von Merkatz (DP) 4447D Dr. Seelos (BP) . 4449B Frau Wessel (Z) 4452A Dr. Ott (BHE-DG) 4453B Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 4454C Agatz (KPD) 4457A von Thadden (DRP) 4459B Ausschußüberweisung 4460B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen (Nr. 1853 der Drucksachen) 4460B Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 4460C Ausschußüberweisung 4460D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Industriekreditbank Aktiengesellschaft (Nr. 1854 der Drucksachen) . 4460D Ausschußüberweisung 4460D Erste Beratung des von der Fraktion der BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung der §§ 2 und 4 des Handelsgesetzbuches (Nr. 1868 der Drucksachen) 4460D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 4461A Ausschußüberweisung 4461C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1848 der Drucksachen) 4461C Dr. Weber (Koblenz) (CDU), Berichterstatter 4461D Frau Schanzenbach (SPD) 4463B Frau Niggemeyer (CDU) 4464A Frau Wessel (Z) 4464C Beschlußfassung 4464D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Hoogen, Dr. Schatz, Kahn u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über Diensterfindungen (Nrn. 805, 1846 der Drucksachen) 4465A Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 4465A Beschlußfassung 4465B Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft bei Ausfall tschechoslowakischer Kohle (Nr. 1793 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Kohlenlieferungen für Bayern aus der Tschechoslowakei (Nr. 1825 der Drucksachen) 4465B Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 4465B Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 4466B Dr. Zawadil (FDP) 4467B Wönner (SPD) 4467D Dr. Solleder (CSU) 4468C Dr. Schalfejew, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 4469A Beschlußfassung 4469C Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. Rückgabe der Insel Helgoland an ihre Bewohner (Nr. 1758 der Drucksachen) 4469C Dr. Hamacher (Z), Antragsteller . . 4469C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4470D Kraft, Minister für Finanzen des Landes Schleswig-Holstein . . . 4471D Schröter (CDU) 4472B Frau Krahnstöver (SPD) 4473C Walter (DP) 4475A Rademacher (FDP) 4476B Gundelach (KPD) 4476D Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 4477C Ausschußüberweisung 4478B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Wettbewerbsverhältnisse Schiene—Straße (Nr. 1798 der Drucksachen) . . . 4478B Ausschußüberweisung 4478B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Behandlung politischer Gefangener (Nr. 1824 der Drucksachen) 4478C Renner (KPD), Antragsteller 4478C, 4482A Dr. Tillmanns (CDU) 4479C Dr. Mommer (SPD) 4480B Übergang zur Tagesordnung 4482C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Wahrung der Interessen der aus dem westlichen Ausland ausgewiesenen Deutschen (Nr. 1826 der Drucksachen) . . 4482C Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteller 4482C Ausschußüberweisung , 4483C Beratung der Übersichten Nrn. 17 und 18 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nrn. 67 und 72) 4483C Beschlußfassung 4483C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 73) 4483C Beschlußfassung 4483C Nächste Sitzung 4483C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Helene Wessel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zentrumsfraktion möchte zu dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Mitbestimmung der Arbeiter im Bergbau und in der Eisenindustrie nicht im einzelnen Stellung nehmen. Die grundsätzliche Haltung meiner Fraktion habe ich bereits bei der Frage der betrieblichen Mitbestimmung in der 80. Sitzung dieses Hohen Hauses dargelegt.
    Aus der Auffassung der Achtung und der Sicherung der Personenwürde des gemeinschaftbezogenen Menschen halten wir eine echte Mitwirkung des Arbeiters in der Wirtschaft für eine der Voraussetzungen der Neugestaltung unserer Gesellschafts- und Sozialordnung. Das Wirtschaftsprogramm der Zentrumspartei enthält die Forderung, daß alle in der Wirtschaft beschäftigten Menschen in paritätischer Zusammenarbeit, ganz gleich, ob sie in leitender oder in ausführender Funktion arbeiten, an der Regelung der gemeinsamen Angelegenheiten mitwirken, in voller Verantwortung vor dem eigenen Berufsstand, vor der gesamten Wirtschaft und dem ganzen Volke. Aufgabe der öffentlichen Gewalt — und darum geht es jetzt in diesem Hohen Hause bei der Frage der Mitbestimmung — bleibt es, bei einer solchen Neugestaltung der wirtschaftlichen Funktionen allgemeine, für alle gültige Regelungen festzulegen und dafür zu sorgen, daß die Gerechtigkeit im gegenseitigen Verhältnis nicht verletzt wird und die Notwendigkeiten des Gemeinwohls stets gewahrt werden. Diese Notwendigkeiten des Gemeinwohls bestimmen auch Ordnung und Ablauf des Wirtschaftsgeschehens. Sie können deswegen nicht einseitig von den Leitern der Betriebe und Organisationen bestimmt werden. Aus der Anerkennung des Gemeinwohls, das auch oberstes Gesetz der Wirtschaft sein muß, ist dem Bundestag das Gesetz zur Mitbestimmung vorgelegt worden; andernfalls hätte es nur einer gemeinsamen Regelung der Sozialpartner bedurft.
    Von dieser grundsätzlichen Einstellung zur Mitbestimmung aus bewerten meine politischen Freunde und ich den uns vorliegenden Gesetzentwurf. Wir stellen fest, daß es sich beim Bergbau und bei der Stahl- und Eisenindustrie vorwiegend um Betriebsformen handelt, von denen der größte Teil der Mitglieder dieses Hohen Hauses wohl der Auffassung ist, daß sie im Hinblick auf die Tatsache, daß die Anlage und der Betrieb dieser Grundstoffindustrien regelmäßig mit der Zusammenballung großer Kapitalien und mit unpersönlichen Betriebsformen verbunden ist, für die Durchführung der Mitbestimmung am ehesten reif sein dürften.
    Ich möchte im Auftrag meiner politischen Freunde mit der gleichen Klarheit wiederholen, was ich in meiner Rede am 27. Juli 1950 gesagt habe: In allen überschaubaren Klein- und Mittelbetrieben, wo die menschliche Nähe von Meister und Geselle, von Unternehmer und Belegschaft eine tägliche Aussprache und Mitbestimmung darstellt, in all den Fällen also, in denen das Ich-und-DuVerhältnis in Ordnung ist, bedarf es nach der Überzeugung der Zentrumsfraktion keiner durch das Gesetz bestimmten Form der Mitbestimmung. Das gilt insbesondere auch für die Landwirtschaft. Nur dort, wo der Betrieb zu groß ist, wo er zu unübersichtlich ist, bedarf das Mitbestimmungsrecht einer gesetzlichen Regelung. — Ich möchte diese Auffassung meiner Fraktion bei der Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs nochmals aussprechen, um damit Auffassungen zu begegnen, als ob das Mitbestimmungsrecht jetzt wahllos bis in den kleinsten Betrieb durchgeführt werden soll. Ich glaube, die Arbeiter und Gewerkschaften würden sieh bei einer solchen Auffassung vom Mitbestimmungsrecht selbst den schlechtesten Dienst erweisen.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Sehr richtig!)

    Es ist eine alte Weisheit, daß ein richtiger Grundsatz durch eine falsche Anwendung eine andere als die beabsichtigte Wirkung erzielt. Und weil wir einen breiten und kräftigen Mittelstand für einen Stabilitätspfeiler der Gesellschaft halten, darum möchten wir ihn vor allen nicht notwendigen und nicht gerechtfertigten Eingriffen bewahren. Er bietet auch in gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Hinsicht alle Möglichkeiten, unser Volk vor jener Verdichtung, Vermassung und Verproletarisierung zu bewahren, wie sie die großbetriebliche Konzentration mit sich gebracht hat.
    Eine zweite Feststellung möchte ich zu den §§ 3 und 5 des vorliegenden Gesetzentwurfs machen. Die Zentrumsfraktion hat bei der Beratung der dem Hohen Hause von der CDU und der SPD vorgelegten Gesetzentwürfe zum Mitbestimmungsrecht den Standpunkt eingenommen, daß die Ausübung des Mitbestimmungsrechtes von seiten der Arbeitgeber nicht durch betriebsfremde Personen erfolgen sollte. Betriebseigentümer und Belegschaft sind die beiden Faktoren, die den Betrieb tragen. Sie müssen deshalb auch die Vollzieher des Mitbestimmungsrechts sein.

    (Abg. Dr. Orth: Sehr gut!)

    Die Voraussetzung für einen echten Erfolg des Mitbestimmungsrechtes ist doch das Zusammenwachsen von Unternehmer und Belegschaft zu einer auf gegenseitigem Vertrauen begründeten und vom Arbeitsfrieden bestimmten Leistungsgemeinschaft. Wir würden es für die Durchführung des Mitbestimmungsrechts für verhängnisvoll halten, wenn durch die im Gesetz vorgesehene Regelung nicht eine Entpolitisierung des Betriebes und damit eine Ausschaltung jeden Fremdeinflusses aus der betrieblichen Sphäre erfolgt. Es muß unter allen Umständen verhindert werden, daß der Betrieb zur


    (Frau Wessel)

    Plattform außerbetrieblicher Meinungskämpfe wird.
    Damit komme ich zu einer weiteren Frage, die sich aus den §§ 3 und 5 ergibt. Es scheint uns notwendig zu sein, auch zu betonen, daß das Vorschlagsrecht der Spitzenorganisation der Gewerkschaften, auf Grund dessen die Arbeiter gewählt werden sollen, auch die Minderheiten, die durch andere Gewerkschaften, z. B. durch die Angestelltengewerkschaft, vertreten werden, berücksichtigen muß.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Sehr richtig! Steht auch drin!)

    Hier sollte man eine Formulierung wählen, die etwa lauten könnte:
    Die Gewerkschaften schlagen für den Aufsichtsrat die Vertreter in dem Verhältnis vor, in dem die einzelnen Gewerkschaften in dem Betrieb vertreten sind.
    Meine Damen und Herren! Der Wunsch meiner politischen Freunde, daß das Mitbestimmungsrecht durch betriebsangehörige Personen ausgeübt werden sollte, resultiert auch aus der Auffassung, daß durch das Verschieben der Ebene, indem die Gewerkschaften nicht mehr die reine Funktion von Sozialpartnern gegenüber den Unternehmern ausüben, auch die Frage des Streiks und des Koalitionsrechts eine andere Basis bekommen könnte. Das möchte ich nur am Rande erwähnen, obwohl diese Frage von weitestgehender Bedeutung sein kann.
    Damit komme ich zum Schluß. Aus diesen Darlegungen ersehen Sie, welche Bedenken meine politischen Freunde und ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf haben. Wenn wir trotz dieser Bedenken dem Entwurf im Grundprinzip zustimmen, so bedeutet das für uns auch eine politische Entscheidung, weil wir die von den Gesprächspartnern erreichte Einigung nicht zerschlagen möchten. Die in dem Entwurf vorgesehene Regelung bedeutet für uns aber keine Festlegung von Tatsachen hinsichtlich der Durchführung des Mitbestimmungsrechts in anderen Wirtschaftszweigen. Die heute noch ungeklärten Eigentumsverhältnisse bei Kohle und Eisen brachten es mit sich, daß keine echten Sozialpartner über die Mitbestimmung in diesen Wirtschaftszweigen verhandeln konnten. Auf der einen Seite waren die Gewerkschaften vertreten, auf der anderen Seite Persönlichkeiten, die vom Herrn Bundeskanzler vorgeschlagen worden sind, also nicht ausgesprochene Vertreter der Arbeitgeber oder der Arbeitgeberverbände. Auch diese Tatsache haben meine politischen Freunde in Anbetracht der politischen Bedeutung und Befriedung auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiete zurückgestellt, wenn sie für den Gesetzentwurf stimmen. Wie bei den bisherigen Beratungen über das Mitbestimmungsrecht lassen wir uns auch heute von dem Gedanken leiten, alles zur Erhaltung des Arbeitsfriedens im deutschen Volke zu tun, um damit zur wirtschaftlichen und sozialen Gerechtigkeit und zur Neuformung unserer Gesellschaftsordnung beizutragen. Damit hoffen wir, dem deutschen Volke wenigstens den inneren Frieden zu geben, nachdem uns der äußere Friede bis heute noch nicht gegeben worden ist.

    (Beifall beim Zentrum.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Ott.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Ott


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (Plos)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (Plos)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Politische Reden, Debatten und darauf folgende Taten und Entscheidungen zwingen mich, eine Erklärung des Heiligen Vaters, Papst Pius XII., einleitend zu zitieren:
    Was uns nicht nur als das größte Übel, sondern als die Quelle allen Übels erscheint, ist der Umstand, daß oftmals die Lüge die Wahrheit ersetzt und dann als Grundlage der Diskussion verwendet wird.
    Wer anders spricht, als er innerlich denkt, ist so ein Lügner, auch auf politischem Gebiet.

    (Zuruf links: Merken Sie sich das!)

    Nichts wäre leichter, als Beispiele über Beispiele auf inner- und außenpolitischem Gebiete als Beweise für die Wahrheit dieses Ausspruches zu bringen. Dies sollte man ganz besonders bei der Diskussion unserer Gesetzesvorlage bedenken.
    Je wichtiger ein Problem ist, desto mehr sollte man auch von den verschiedensten sachlichen Standpunkten ausgehen und das Problem beleuchten, um in gemeinsamer, verantwortungsbewußter, gewissenhafter Arbeit zu dem günstigsten Resultat zu kommen. Gerade unsere heutige Gesetzesvorlage dürfte nicht parteipolitisch gesehen werden, sondern nur von der Verantwortung für die Lebenserhaltung unseres ganzen Volkes. Nicht darf bei dieser Stellungnahme das Ohr des einen oder anderen Partners eine Rolle spielen, sondern das göttliche Recht für beide Teile.
    Ich lehne den versklavenden Staatskapitalismus genau so entschieden ab wie den ausbeuterischen Privatkapitalismus. Dabei möchte ich aber vor den Schreiern gegen den Kapitalismus warnen; denn die meisten von ihnen haben es im Kampfe gegen den Kapitalismus zu Eigenkapital gebracht.
    Der Monopolkapitalismus konzentriert den Reichtum in den Händen einiger weniger Kapitalisten, der Staatskapitalismus in den Händen einiger weniger Bürokraten. Das eine wie das andere läuft auf die Verproletarisierung der Massen hinaus, in der nicht mehr der einzelne Mensch gewertet wird und als einzelner Gewicht entsprechend seiner Leistung hat.
    Der Sozialstaat dagegen in Wahrheit und Tat, durchdrungen von der christlichen Lebensauffassung, ist das Idealziel unseres politischen Wollens. Dieses Ziel schließt jeglichen Klassenkampf aus. Es sieht nicht eine Kaste der Arbeitgeber auf der einen Seite und der Arbeitnehmer auf der anderen. Allen Abgeordneten möchte ich das Studium der Enzykliken „Rerum novarum" und „Quadragesimo anno" als Grundlage für eine Stellungnahme zu dem heute behandelten Problem besonders empfehlen.

    (Zuruf links: Ein neuer Prophet!)

    Jedem Menschen ist ein großer Reichtum von Gott geschenkt. Diesen Besitz soll er durch Fleiß und Tüchtigkeit vermehren. Dieses rechtmäßig erworbene Gut kann ihm niemand streitig machen. Das Privateigentum ist also ein göttliches Recht.

    (Rufe bei der SPD: Oh! Oh!)

    Dieses Recht ist allerdings beschränkt durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl und die Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft. Die Eigentumsfreiheit muß ihre Ergänzung finden in der sozialen Gebundenheit.
    Die Eigentumsvermehrung, die noch durch das Mittun anderer Menschen ermöglicht wird, kann aber eine derartige Größe erreichen, daß der Einzelne nicht mehr allein die ganze Verantwortung zur Erhaltung derselben tragen kann und darf. Je anonymer und unpersönlicher das Eigentum wird, desto weniger besteht ein Recht daran. Diese Mit-


    (Dr. Ott)

    arbeiter haben auch selbst zur Erhaltung ihrer eigenen Lebensexistenz das größte, unmittelbare Interesse an der Erhaltung und Weiterentwicklung dieses gemeinsam geschaffenen Besitztums.

    (Zuruf in der Mitte: Die letzte Schulaufgabe!) Aus diesem Grunde müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Betriebsfamiliengemeinschaft als Schicksals- und Leistungsgemeinschaft bilden. Eine solche Betriebsfamiliengemeinschaft verhindert den ausbeuterischen Monopolkapitalismus ebenso wie das unmenschliche Kollektiv. Beides sind abzulehnende Wirtschaftssysteme, weil sie die Herabwürdigung des Individuums zum Leibeigenen oder Sklaven des einen oder anderen Partners bedeuten.


    (Zuruf des Abg. Renner.)

    — Jawohl, Herr Renner. Konzentrierung des Reichtums in der angeführten Weise ist ein Unrecht, nicht nur an der Wolga, sondern auch am Hudson. Diese Gemeinschaft kann man aber nicht künstlich schaffen, am allerwenigsten unter dem Druck von Drohungen; denn damit erreicht man das Gegenteil. „Der Geist ist es, der lebendig macht", so heißt es schon in der Offenbarung.

    (Zurufe und Lachen bei der SPD.)

    Wenn die Arbeitgeber den Arbeitnehmern in den Verhandlungen in Hattenheim, Bonn und MariaLaach ihre Bereitschaft erklärt haben, den aktiv in den Betrieben tätigen Arbeitnehmern Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrecht auf sozialem, personellem und wirtschaftlichem Gebiet zu gewähren, so haben sie damit einen natürlichen, gesunden Weg zur Schaffung einer betrieblichen Familiengemeinschaft eingeschlagen, der nicht nur bei der eisen- und stahlschaffenden Industrie sowie im Bergbau, sondern in allen Betrieben gegangen werden möge.
    Meine politischen Freunde und ich, die sich ganz besonders der Belange der Ärmsten der Armen annehmen, denen das Wohl der Arbeitnehmer Herzensangelegenheit ist, warnen vor einer Entwicklung, die diktatorisch mit Streikdrohungen Zustände herbeiführen möchte, die früher oder später zum Zusammenbruch der gesamten Volkswirtschaft führen werden. Man verweist so gerne auf die Vergangenheit und lehnt in Bausch und Bogen Gesundes und — hier mit Recht — Ungesundes ab, und auf der anderen Seite will man unter anderen Vorzeichen doch wieder erwiesene Gifte als Wein servieren.
    Arbeitnehmer einer Betriebsgemeinschaft allein, aber niemals Funktionäre einer Organisation, die vielleicht gar keine Beziehungen zum Betrieb als solchem haben, können mitbestimmen. Daß sich die Arbeitnehmerschaft überparteilich zur Wahrung ihrer Rechte zusammenschließen darf, wird niemand bestreiten wollen; ja, wir empfehlen es sehr. Nun weiß aber auch der letzte objektiv urteilende Arbeiter, daß diese Organisation längst nicht mehr überparteilich ist. Für mich persönlich gibt es keinen Zweifel darüber, daß die heutige Arbeiterinteressenorganisation nicht mehr überparteilich und damit eine sehr gefährliche Angelegenheit für den demokratischen Staat ist. Ich habe den Mut, dies zu sagen, auch wenn ich morgen wieder ob meines Mutes angegriffen werden sollte.

    (Zuruf von der Mitte: Sind Sie tapfer! — Zurufe und Lachen bei der SPD.)

    Mitbestimmung bedeutet für mich und meine Freunde Mitverantwortung, Mittragen eines eventuellen Risikos, und es muß seine Krönung finden in der Mitbeteiligung am Gewinn, woran der Arbeiterschaft am meisten gelegen ist.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Den Arbeitgebern aber möchte ich den in diesem Hohen Hause ausgesprochenen Satz zurufen: „Habt Achtung vor dem Leben", indem ihr den Arbeitnehmern das gebt, worauf sie einen naturrechtlichen Anspruch haben, nämlich Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte auf sozialem, personellem und wirtschaftlichem Gebiet und Mitbeteiligung an jeglichem Reingewinn, der durch das Zusammenwirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Fleiß, Schweiß und Tüchtigkeit entstanden ist.
    Zum Schluß zitiere ich aus der Denkschrift an die Gesetzgeber „Das Mitunternehmertum" von Gert Spindler den Satz: „Aufgabe des Gesetzgebers muß es sein, die Lösung zu suchen, die dem Zusammenwirken von Unternehmern und Arbeitnehmern im gleichen Betriebe gerecht wird und beide in einer Sozialordnung vereint, die alle an dem gemeinsam zustande gebrachten Wirtschaftsergebnis teilhaben läßt."