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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 117. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1951 4429 117. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1951. Geschäftliche Mitteilungen 4430C Beitritt des Abg. Rahn zur Fraktion der CDU/CSU 4430D Zurückziehung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, WAV und des Zentrums betr. Entwurf eines Gesetzes über die Freistellung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages von Haftpflichtansprüchen (Nrn. 1417 und 1780 der Drucksachen) 4430D Vertagung der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Ermittlungen über noch nicht heimgekehrte deutsche Kriegsgefangene (Nr. 1823 der Drucksachen) . . 4430D Antrag des Abg. von Thadden auf Vertagung der Sitzung zum Protest gegen die geplante Hinrichtung von Landsberger Häftlingen: von Thadden (DRP) 4430D Abstimmung 4431A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen des Bergbaus sowie der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (Nr. 1858, zu Nr. 1858 der Drucksachen) 4431A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 4431A Storch, Bundesminister für Arbeit . 4432D Imig (SPD) 4435D Sabel (CDU) 4439B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 4441C Dr. Semler (CSU) 4445B Dr. Henle (CDU) 4446A Dr. von Merkatz (DP) 4447D Dr. Seelos (BP) . 4449B Frau Wessel (Z) 4452A Dr. Ott (BHE-DG) 4453B Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 4454C Agatz (KPD) 4457A von Thadden (DRP) 4459B Ausschußüberweisung 4460B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen (Nr. 1853 der Drucksachen) 4460B Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 4460C Ausschußüberweisung 4460D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Industriekreditbank Aktiengesellschaft (Nr. 1854 der Drucksachen) . 4460D Ausschußüberweisung 4460D Erste Beratung des von der Fraktion der BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung der §§ 2 und 4 des Handelsgesetzbuches (Nr. 1868 der Drucksachen) 4460D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 4461A Ausschußüberweisung 4461C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1848 der Drucksachen) 4461C Dr. Weber (Koblenz) (CDU), Berichterstatter 4461D Frau Schanzenbach (SPD) 4463B Frau Niggemeyer (CDU) 4464A Frau Wessel (Z) 4464C Beschlußfassung 4464D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Hoogen, Dr. Schatz, Kahn u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über Diensterfindungen (Nrn. 805, 1846 der Drucksachen) 4465A Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 4465A Beschlußfassung 4465B Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft bei Ausfall tschechoslowakischer Kohle (Nr. 1793 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Kohlenlieferungen für Bayern aus der Tschechoslowakei (Nr. 1825 der Drucksachen) 4465B Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 4465B Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 4466B Dr. Zawadil (FDP) 4467B Wönner (SPD) 4467D Dr. Solleder (CSU) 4468C Dr. Schalfejew, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 4469A Beschlußfassung 4469C Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. Rückgabe der Insel Helgoland an ihre Bewohner (Nr. 1758 der Drucksachen) 4469C Dr. Hamacher (Z), Antragsteller . . 4469C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4470D Kraft, Minister für Finanzen des Landes Schleswig-Holstein . . . 4471D Schröter (CDU) 4472B Frau Krahnstöver (SPD) 4473C Walter (DP) 4475A Rademacher (FDP) 4476B Gundelach (KPD) 4476D Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 4477C Ausschußüberweisung 4478B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Wettbewerbsverhältnisse Schiene—Straße (Nr. 1798 der Drucksachen) . . . 4478B Ausschußüberweisung 4478B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Behandlung politischer Gefangener (Nr. 1824 der Drucksachen) 4478C Renner (KPD), Antragsteller 4478C, 4482A Dr. Tillmanns (CDU) 4479C Dr. Mommer (SPD) 4480B Übergang zur Tagesordnung 4482C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Wahrung der Interessen der aus dem westlichen Ausland ausgewiesenen Deutschen (Nr. 1826 der Drucksachen) . . 4482C Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteller 4482C Ausschußüberweisung , 4483C Beratung der Übersichten Nrn. 17 und 18 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nrn. 67 und 72) 4483C Beschlußfassung 4483C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 73) 4483C Beschlußfassung 4483C Nächste Sitzung 4483C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Max Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Im Sommer des vergangenen Jahres haben wir uns hier ausführlich über das Mitbestimmungsrecht unterhalten. Es lag vor der Antrag der CDU/CSU, es lag vor der Antrag der SPD, es kam nachher der Regierungsentwurf. Seit jener Zeit finden Verhandlungen über die Gestaltung des Mitbestimmungsrechtes statt, Verhandlungen, die recht weit fortgeschritten sind, und mitten in diese Verhandlungen hinein platzt nun plötzlich für ein Teilgebiet der Industrie dieser neue Gesetzentwurf.
    Die Begründung für diese neue Gesetzesvorlage ist ausgezeichnet; sie lautet: Die Vorgeschichte dieses Entwurfes ist bekannt. — Das ist alles!

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Damals, im Sommer des vergangenen Jahres, haben wir von der FDP unseren Standpunkt zum Mitbestimmungsrecht klar zum Ausdruck gebracht. Wir bejahen die volle Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten. Wir bejahen die Mitwirkung bei Entlassungen, bei Kündigungen nach dem Kündigungsschutzgesetz, das ausgearbeitet werden müßte. Wir stimmen einer Mitberatung — nicht Mitbestimmung — bei Einstellungen und Beförderungen zu, und wir stimmen einer Mitberatung in wirtschaftlichen Fragen zu. Diese Mitberatung in wirtschaftlichen Fragen findet ihren Ausdruck z. B. in der vorgeschlagenen Entsendung von 30% der Mitglieder des Aufsichtsrates, d. h. 30 % der Arbeitnehmer des betreffenden Betriebes. Grundlage einer solchen Regelung ist aber, daß es sich um die wirklich echte Teilnahme der Arbeitnehmer des betreffenden Betriebes handelt und daß diese nicht sozusagen aus dem Betrieb, aus dieser Vertretung in ihrem Betrieb nahezu ausgeschlossen werden. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Dingen, wie es von der SPD und teilweise von der CDU gewünscht wird, ist nur dann möglich, wenn gleichzeitig als Korrelat eine entsprechende Mitverantwortung vorhanden ist.

    (Zurufe von der SPD.)

    Deshalb glauben wir, daß das Endziel der Entwicklung der Beteiligung des Arbeitnehmers an
    dem Betrieb, in dem er arbeitet, in dem er groß


    (Dr. Becker- [Hersfeld] )

    geworden ist, darin zu sehen ist, daß er in einer Form finanziell mitbeteiligt wird und dadurch als Mitgesellschafter zu seinem kleinen Anteil Mitbestimmung, zusammen mit seinen anderen Arbeitskollegen, Mitbeteiligung am Gewinn hat, daß er natürlich auch Mitträger der Verantwortung ist. Eins ohne das andere ist nicht möglich.
    Diese Verhandlungen sind also im Gange, und mitten hinein kommt dieses Gesetz. Dieses Gesetz enthält so viele Mängel, und sein Zustandekommen ist derart belastet, daß es, um es gleich von vornherein zu sagen, für uns in dieser Form unannehmbar ist.

    (Zuruf von der KPD: Wenn das schon belastet ist!)

    Erstens. Nach dem Entwurf dieses Gesetzes kommen die Arbeitnehmer also solche praktisch ja überhaupt nicht zur Geltung. Von den elf Aufsichtsratsposten werden ganze zwei, nämlich einer mit einem Arbeiter und einer mit einem Angestellten, aus dem Betrieb besetzt. Die fünf insgesamt, die vorgesehen sind, abzüglich der genannten zwei, werden nach Vorschlagslisten der „zuständigen Spitzenorganisationen", wie es im Gesetz heißt, besetzt. Überhaupt kommt dieses Wort „Spitzenorganisation" in diesem Gesetz sechsmal vor, soweit ich gezählt habe. Wir haben hier die Besonderheit, daß plötzlich ein privater Verband als eine gesetzliche Institution in die Gesetzgebung eingeführt wird.

    (Zuruf von der SPD: Daran müssen Sie sich langsam gewöhnen! — Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist Ihnen unangenehm!)

    — Warten Sie erst mal ab! Es kommt noch mehr.

    (Abg. Neumann: Um Gottes willen! — Lachen und weitere Zurufe von der SPD.)

    Auf diese Weise wird erreicht, daß die Arbeitnehmer des Betriebes selbst praktisch noch keine 20% Beteiligung im Aufsichtsrat haben, während sie nach unseren Vorschlägen 30% hätten haben können.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Auf der anderen Seite aber tritt die Spitzenorganisation in Funktion, die, wie es im Gesetz so schön heißt, für diesen Betrieb zuständig ist. Wer bestimmt die Zuständigkeit? Darüber findet sich nichts im Gesetz. Es steht also im Gesetz drin: die zuständige Spitzenorganisation besetzt ungefähr die Hälfte der zustehenden Aufsichtsratsposten, besetzt praktisch den Posten eines Vorstandsmitgliedes allein, nämlich den des Arbeitsdirektors, weil er ja ohne sie nicht gewählt, ohne ihre Zustimmung nicht abberufen werden kann, und sie wirkt bei der Besetzung der übrigen Vorstandsposten gleichberechtigt mit. Das bedeutet im Aufsichtsrat eine 50%ige, im Vorstand eine mehr als 50%ige Beteiligung der Gewerkschaft.

    (Erneute lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Das ist eine Mitbeteiligung der Gewerkschaften,
    aber es ist keine Mitbeteiligung der Arbeitnehmer.

    (Sehr gut! bei der FDP. — Gegenrufe von der SPD.)

    Zum zweiten folgt daraus, daß für diese Spitzenorganisation, die so oft im Gesetz erwähnt wird, praktisch ein Monopol geschaffen wird.

    (Erneute Zustimmung bei der FDP. — Zurufe von der SPD.)

    In einer Zeit, die monopolfeindlich ist, in der gerade von Ihrer Seite gegen die Monopole angegangen wird, werden hier für eine bestimmte Gewerkschaft Monopole geschaffen.
    Es ist doch eine Farce, meine Damen und Herren, wenn die Generalversammlung einer Aktiengesellschaft die Hälfte der Aufsichtsratsposten auf Grund einer Liste wählen muß, die ihr vorgelegt ist, d. h. sie wählt nicht, sondern sie gibt nur Brief und Siegel zu einer Ernennung, die schon in der Vorschlagsliste stattgefunden hat.

    (Zurufe von der SPD.)

    Das ist eine Farce; das ist keine freie Wahl mehr. Das ist etwas, was uns an vergangene Zeiten und Möglichkeiten und an Vorgänge in der Ostzone erinnert.

    (Lebhafte Zurufe von der KPD. — Lachen und Zurufe bei der SPD.)

    Und nun weiter zur Frage des Monopols der Gewerkschaften! Wo bleiben denn die christlichen Gewerkschaften? Wo sind die Angestelltenvertretungen?

    (Zurufe und Lachen bei der SPD. Abg. Dr. Greve: Bundesnachtwächter! — Unruhe.)

    — Bitte sehr, die Angestelltengewerkschaft hat sich schon darüber beschwert, daß sie dabei zu kurz gekommen ist.

    (Erneute lebhafte Zurufe und Lachen bei der SPD. — Glocke des Präsidenten.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich höre aus den Reihen der sozialdemokratischen Fraktion den Ruf „Bundesnachtwächter". Ich nehme an, ich habe richtig verstanden. Ich kann nicht feststellen, von wem der Ausdruck kommt. Ich weise ihn zurück, wenn er sich auf den Redner bezogen haben sollte.

(Zuruf von der SPD: Ja! — Heiterkeit und Unruhe.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident, ich fühle mich dadurch nicht beleidigt. Aber ich habe den Wunsch an die Herren, die Zwischenrufe machen, wenn sie glauben, daß meine Ausführungen so leicht zu widerlegen sind, es dann doch zu tun und nicht durch Zwischenrufe zu stören.

    (Abg. Rische: Das geht von der Redezeit ab!)

    Das Monopol der Gewerkschaften in dem Betrieb habe ich also geschildert. Es kommt hinzu, daß die gleiche Spitzenorganisation in sämtlichen Betrieben, auf die sich dieses Gesetz bezieht, nun überall das gleiche Monopol hat, so daß wir praktisch zu einer Kartellisierung der Aufsichtsratssitze in der Hand dieser monopolistischen Gewerkschaft kommen.

    (Lebhafter Widerspruch bei der SPD.)

    Wir haben damit in einer Zeit, die von Entflechtung und Kartellauflösung redet, praktisch das Kartell der Manager.

    (Sehr gut! und lebhafter Beifall bei der FDP.)

    Man kann, wenn man dieses Gesetz betrachtet, nur zu dem Schluß kommen, daß es sich hier um ein planmäßiges Vorgehen, nämlich um eine Eroberung der Macht nicht für die Arbeitnehmer des einzelnen Betriebs, sondern für eine Organisation handelt.

    (Beifall bei der FDP. — Widerspruch und Lachen bei der SPD.)

    Nun eine weitere Frage als dritter Punkt. Wenn ich recht unterrichtet bin — ich habe Sie (zur SPD gewandt) im Sommer schon einmal gefragt und habe keine Antwort bekommen —, vertreten


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    Sie neben dieser Forderung auf das Mitbestimmungsrecht in der Form, wie es hier im Gesetz festgelegt ist oder wie es in dem Entwurf der SPD gefordert war; immer noch den Gedanken der Kommandoplanwirtschaft und den Gedanken der Sozialisierung der Betriebe.

    (Zurufe von der SPD.)

    Darf ich bitten, mir zu sagen — ich habe diese Frage im Sommer schon einmal gestellt —, ob mit der Mitbestimmung die beiden anderen Punkte erledigt sind oder nicht.

    (Lachen bei der KPD. — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Und wenn sie nicht erledigt sind, was ich annehme,

    (Abg. Rische: Worauf Sie sich verlassen können!)

    — Gott sei Dank, daß Sie es sagen, Sie werden gleich die Antwort bekommen —, wenn sie nicht erledigt sind, gilt dann in den sozialisierten Betrieben auch noch das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer?

    (Lebhafter Beifall bei der FDP.)

    Ja oder nein?

    (Lachen bei der KPD.)

    — Meine Herren, ich habe von Ihnen keine Antwort bekommen.

    (Abg. Schoettle: Sie sind gar nicht kompetent für die Frage, Herr Becker!)

    Ich will Ihnen die Antwort aus dem Bundesrat geben. Im Bundesrat hat die hessische Regierung, die j a nunmehr bekanntlich völlig sozialistisch ist, einen Antrag gestellt, in dieses Gesetz die Bestimmung aufzunehmen: Das Gesetz findet keine Anwendung auf die nach Art. 41 der hessischen Verfassung in Gemeineigentum überführten Unternehmen.

    (Hört! Hört! und Unruhe bei der FDP. — Abg. Dr. Wuermeling: Das ist allerhand! Gibt es da keine Arbeitnehmer? Ist ja herrlich!)

    Die Begründung dieses Antrags ist klassisch.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD und von der KPD.)

    Die Begründung lautet: erstens die sozialisierten Betriebe in Hessen seien keine Aktiengesellschaft oder keine GmbH.; infolgedessen könne das Gesetz keine Anwendung finden.

    (Hört! Hört! und Lachen bei der FDP.)

    Ich weiß nicht, ob die hessische Regierung etwa über diesen Weg andern den Weg weisen wollte, wie man dieses Gesetz umgehen kann.

    (Erneutes Lachen bei der FDP.)

    Nun komme ich zu der Frage, die ich an Sie gestellt habe, zurück. Es heißt in der Antragsbegründung nämlich weiter:
    Nach der ratio legis erstreckt sich der Anwendungsbereich des Gesetzes nur auf privatwirtschaftliche Unternehmen, bei denen ein Mitbestimmungsrecht eingeführt werden soll, so daß auf die bereits in Gemeineigentum überführten Unternehmen diese Bestimmungen keine Anwendung finden können.
    Das heißt also: das Mitbestimmungsrecht, das ein solches Glück oder ein solcher Fortschritt — auch der Herr Bundeskanzler gebrauchte den Ausdruck „Fortschritt" —

    (Hört! Hört! bei der FDP)

    sein sollte, dieses Mitbestimmungsrecht, um dessentwillen man einen Streik herbeizuführen gewillt ist, kommt für sozialisierte Betriebe nicht mehr in Frage. Das ist der Kern der Dinge, und das ist die Antwort darauf!

    (Gegenrufe von der SPD.)

    Und wenn Sie die kommandierte Planwirtschaft haben, was geschieht dann mit dem Mitbestimmungsrecht? Dann ist es ausgeschaltet; denn wenn der kommandierte Plan von oben über diese oder jene Investierung, über diese oder jene Betriebsumstellung kommt, dann kann, wenn überhaupt die Kommandoplanwirtschaft funktionieren soll, niemand mehr von unten her mitbestimmen. Sie schlagen sich also mit Ihren eigenen Programmpunkten, einem nach dem andern.

    (Zuruf von der SPD: Das sind Dinge, die Sie nicht verstehen! — Zuruf des Abg. Schoettle.)

    Und zum vierten: Mitbestimmung in dieser Form in wirtschaftlichen Dingen ist eine Teilenteignung. Eigentum besteht im wesentlichen aus dem praktischen Innehaben des Besitzes, aus der Fruchtziehung, d. h. dem Genuß des Einkommens daraus und aus der Verfügungsmacht. Wenn diese Verfügungsmacht, wie ich geschildert habe, im Vorstand zu mehr als 5%, im Aufsichtsrat zu mindestens 50% genommen ist, dann liegt darin eine Teilenteignung;

    (Abg. Renner: Hört! Hört!)

    denn es ist nicht ein Gesetz, das sich auf jedes Eigentum im Lande, in der Bundesrepublik bezieht, sondern es ist ein Gesetz, das sich nur auf bestimmte Betriebe bezieht und daher in dieser Fassung den Charakter einer Teilenteignung hat. Nach Art. 14 Abs. 3 des Grundgesetzes ist eine Teilenteignung wie jede Enteignung jedoch nur im Interesse des Allgemeinwohls möglich und zulässig. Daß hier von Allgemeinwohl keine Rede sein kann, wenn zugunsten einer bestimmten Organisation Positionen geschaffen werden, ist klar.

    (Sehr gut! bei der FDP. — Zurufe von der SPD.)

    Im Art. 14 Abs. 3 heißt es weiter, daß eine Entschädigung gezahlt werden muß, die im Gesetz festzulegen ist. Ich stelle fest, daß von einer derartigen Entschädigung im Gesetz keine Rede ist.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Ich stelle demgemäß fest, daß dieses Gesetz insofern gegen das Grundrecht des Art. 14 verstößt. Es ist demgemäß, wenn es angenommen wird, verfassungswidrig.

    (Beifall bei der FDP. — Lachen bei der SPD.)

    Fünftens ein grundsätzliches Wort zu den Interessentenverbänden. Wir sind nicht nur durchaus dafür — ich glaube, ich brauche kein Wort darüber zu verlieren: ganz gleich, von welcher Seite die Interessentenverbände kommen! —, daß sie da sind und ihre Tätigkeit ausüben; wir begrüßen genau wie jeder andere ihr Wirken. Wir sind auch damit einverstanden und freuen uns darüber, wenn ihre Vorschläge, ihre Anregungen, ihre Kritik an uns herangetragen werden. Aber eine Einigung zwischen zwei Interessentenverbänden ist nun nicht etwas, was der Bundestag einfach wie ein Notar mit Brief und Siegel zu versehen hätte!

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Ein derartiger Zustand ist völlig ausgeschlossen. Das ist die Aushöhlung der Demokratie

    (Sehr richtig! bei der FDP)



    (Dr. Becker [Hersfeld])

    und ist die Wegnahme der Entschlußfreiheit des Parlaments;

    (Beifall bei der FDP)

    denn das Parlament ist der Vertreter des gesamten Volkes, aller Schichten der Bevölkerung, auch der Verbraucher — und damit stimme ich meinem Herrn Vorredner zu —; der Verbraucher wird ja bei den Abkommen der Interessentenverbände meist zu kurz kommen. Es ist unmöglich, daß die Interessentenverbände, mögen sie so mächtig sein, wie sie wollen, durch ein Übereinkommen hier dem Parlament etwas diktieren wollen. Wir sind auf demokratische Weise gewählt, wir sind die Vertreter des gesamten Volkes. Wir sind nicht Vertreter, die an Instruktionen und Anweisungen gebunden sind,

    (Zurufe von der SPD)

    und wir haben demgemäß darüber zu bestimmen im Interesse der Allgemeinheit und nach den Grundsätzen des Allgemeinwohls und nicht des Wohls einzelner Interessenten!

    (Sehr gut! bei der FDP. — Abg. Renner: Haben dafür die Unternehmer Beiträge für die Wahlen gegeben?)

    Und zum sechsten: Ich habe bereits einmal zitiert, daß die einzige Begründung dieser Gesetzesvorlage den Satz enthält: „Die Vorgeschichte darf ich als bekannt voraussetzen". Sie ist allerdings bekannt. Das Wesentliche dieser Vorgeschichte besteht in der Streikdrohung.

    (Abg. Rische: Offenbar eine „Geschichte" geworden!)

    Einer der Herren Vorredner hat davon gesprochen, daß auch der Bauernverband einmal Drohungen ausgesprochen habe. Was ich für die Zukunft anschließend zu sagen habe, bezieht sich nicht nur auf die Streikdrohung, unter deren Druck dieses Parlament gesetzt worden ist und noch steht,

    (Oho! links)

    sondern es bezieht sich auf jeden Eingriff, den irgendein Interessentenverband einmal wagen wird, wobei ich aber hinzufüge,

    (Zurufe rechts)

    daß die Äußerung des Vorsitzenden des Bauernverbandes auf etwas ganz anderes abzielte,

    (Lachen links)

    nämlich auf die Gründung einer besonderen Bauernpartei.

    (Abg. Mellies: Harmlos!)

    Ganz gleich also, was damit gemeint ist, die Streikdrohung liegt fest. Die Streikdrohung ist nicht nur wörtlich ausgesprochen, es haben Urabstimmungen und Kündigungen stattgefunden. Als die Einigung zwischen den sogenannten Interessentenvertretern — von seiten der Arbeitgeber waren ja überhaupt keine legitimierten Interessentenvertreter vorhanden —,

    (Sehr richtig! bei der FDP. — Zuruf von der FDP: Bestellte Vertreter!)

    als diese sogenannte Einigung erfolgt war, wurde nach wie vor erklärt — ich glaube, es war der Herr Kollege Dr. Schumacher, der das tat —, daß man immer noch Gewehr bei Fuß stehe. Dieses Gewehrbei-Fuß-Stehen bedeutet, daß diese Streikdrohung aufrechterhalten wird und daß der Druck, der damit auf das Parlament ausgeübt wird, nach wie vor besteht. Ein Streik ist zur Durchsetzung politischer Maßnahmen unrechtmäßig. Als Staatsnotstandsakt kann ein Generalstreik rechtmäßig sein, wenn er
    zum Schutz der Verfassung dient, aber dieser Streik, der hier proklamiert worden ist, dient nicht der Aufrechterhaltung der Verfassung, sondern er unterhöhlt die Verfassung, weil er dem Parlament die freie Willensentschließung nehmen will.

    (Zuruf des Abg. Renner. — Unruhe bei der SPD.)

    Der Herr Bundeskanzler hat in seinem an Herrn Dr. Böckler gerichteten Brief von Ende Dezember 1950, den er vorhin selbst zitierte, sehr mit Nachdruck auf diese Tatsache hingewiesen. Vielleicht darf ich darauf verweisen, daß in einem Gesetz auch eine derartige nachdrückliche Ahndung eines solchen Vorgehens enthalten ist. Ich verweise auf den § 105 des Strafgesetzbuches. Er besagt: Wer es unternimmt, eine gesetzgebende Versammlung des Reiches oder eines Bundesstaates zur Fassung oder Unterlassung von Beschlüssen zu nötigen usw., wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft.

    (Sehr gut! rechts. Lachen links. — Große Unruhe. — Zuruf von der SPD: „Scharfmacher"!)

    Meine Damen und Herren! Ich kann zu meinem Bedauern

    (anhaltende Unruhe; - Glocke des Präsidenten)

    - ich kann zu meinem Bedauern nur konstatieren, daß Sie gegenüber einer Gesetzesbestimmung, die heute noch in Kraft ist, lachen. Die Rechtsprechung ist — —

    (Erneute Unruhe. — Zurufe links und Gegenrufe rechts. — Glocke des Präsidenten!)

    — Je mehr Sie brüllen, um so weniger ist der einzelne zu verstehen — von Ihnen, meine ich!

    (Weitere Zurufe. — Glocke des Präsidenten.)

    Mich interessiert die strafrechtliche Auslegung und
    die Anwendung dieser Bestimmung keineswegs.
    Mich interessiert nur die Feststellung der Tatsache,
    daß eine gesetzliche Bestimmung vorliegt, die es
    verbietet, ein Parlament in dieser Weise, wie es
    geschehen ist und immer noch weiter geschieht,
    unter Druck zu setzen. Dagegen verwahren wir uns.

    (Lebhafter Beifall rechts.)

    Ein Gesetz, daß in dieser Weise, nämlich unter Druck zustande gekommen ist, ist verfassungswidrig und nach unserer Auffassung null und nichtig!

    (Beifall rechts. — Unruhe links.) Jedenfalls lehnen wir es ab, unter einem solchen Druck ein Gesetz zu beschließen.


    (Unruhe. — Zuruf von der SPD: Aber Sie bleiben in der Regierung!)

    Es genügt vollkommen, wenn die bisher eingeleiteten, seit dem Sommer des vergangenen Jahres laufenden Verhandlungen über das Mitbestimmungsrecht weitergeführt werden.
    Eine Ausschußberatung dieses Gesetzes lehnen wir ab. Sollte das Haus trotzdem eine Ausschußberatung beschließen, dann kommt angesichts der vorgetragenen Tatsachen in erster Linie eine Beratung durch den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht oder durch den Ausschuß zum Schutze der Verfassung in Frage.

    (Beifall rechts. — Aha! bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Sie sollten sich schämen!)

    Meine Damen und Herren! Ich kann mir vorstellen und habe es auch aus den Worten meines Vorredners entnommen, daß angesichts der Tatsache


    (Dr. Becker [Hersfeld])

    des Drucks, den diese- Streikdrohung herbeigeführt hat, sehr viele ernstlich mit sich gerungen haben: Sollen wir dieser Drohung stattgeben und ihr folgen, oder sollen wir uns im Interesse der Aufrechterhaltung der Demokratie, im Interesse der Aufrechterhaltung der Entschlußfreiheit dieses Hauses dem widersetzen? — Es ist sicher bei ihnen allen die Frage aufgetaucht, auch bei der Regierung: Was kommt danach? — Ich möchte glauben, daß sich die SPD bei ihrer traditionellen Demokratie und bei ihrer Hochachtung der Werte des Parlaments diese Frage auch ernstlich überlegt hat;

    (Zuruf von der SPD: Jedenfalls ernster als Sie!)

    denn ich habe noch die Worte in Erinnerung, die der Herr Kollege Carlo Schmid bei der Interpellation über das Verhalten des Herrn Ministers Erhard ausgesprochen hat und die ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten durch Vorlesen Ihnen in Erinnerung rufen darf. Er sagte:
    Es geht darum, daß dieses Haus bei der Aussprache über diesen Antrag und bei der Abstimmung über ihn einmal zeigen kann, wie es sich selber einschätzt, welchen Begriff es von seinen Funktionen hat und wo es seinen politischen Ort im Koordinaten-System der Verfassung der Bundesrepublik sieht.

    (Zuruf von der SPD: Wie haben Sie damals gestimmt? — Lachen links.)

    —Warten Sie doch ab! Wie wir gestimmt haben und was wir zum Ausdruck gebracht haben, können Sie jedenfalls aus der Rede des Herrn Euler von damals entnehmen. Es war unmißverständlich. Aber wer so bei dieser Gelegenheit über die Würde und die Autorität des Parlaments gesprochen hat, der muß auch in einem Augenblick, wo das Parlament durch Streikdrohung unter Druck gesetzt werden soll, darauf achten und mitwirken, daß die Autorität des Parlaments und seine Freiheit aufrechterhalten werden.

    (Sehr gut! rechts.)

    Und dann, meine Damen und Herren, wenn Sie glauben, sie seien nach dieser Streikdrohung schon um alles herum, meldet sich schon die Gruppe Chemie, meldet sich schon die Transportgewerkschaft, die Rheinschiffahrt und will das Gesetz auf sich ausgedehnt haben. Soll jedesmal eine Streikdrohung folgen? Wollen Sie jedesmal nachgeben? Wollen Sie provozieren, daß nun auch andere Interessentenverbände mit ähnlichen Druckmitteln vorgehen? — Nein, meine Damen und Herren, so geht es nicht. Wir dürften aus der vergangenen Zeit — wenn wir etwas gelernt haben — eines gelernt haben, nämlich daß Recht vor Macht und Recht vor Gewalt geht. Deshalb haben wir, die wir uns diese Dinge ernstlich überlegt haben, auch nach dem alten Spruch gehandelt, der da lautet:

    (Zuruf links: Heil Krupp!)

    Der eine fragt: Was kommt danach? Der andre fragt nur: Was ist recht?
    Und also unterscheidet sich
    Der Freie von dem Knecht!

    (Lebhafter Beifall rechts. Zurufe und Unruhe links.)