Rede von
Willi
Agatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Der Herr Wirtschaftsminister hat uns darauf aufmerksam gemacht, daß wir nicht allein auf der Welt sind.
Er hätte hinzufügen müssen, daß wir nicht einmal in Deutschland allein sind, sondern daß es auf dem Petersberg Hohe Kommissare gibt, die die Regierung angewiesen haben, dieses Gesetz hier vorzulegen.
Das Gesetz geht zurück auf die Beschlüsse der New Yorker Außenministerkonferenz
und auf die Beschlüsse der Brüsseler Konferenz des Atlantikrates. Dort wurde ein Amt für Rüstungsproduktion geschaffen, und dort wurde der deutsche Beitrag zur Wiederaufrüstung, zur amerikanischen Kriegsvorbereitung festgelegt.
Diesen Beitrag sicherzustellen, das ist der Sinn dieses Gesetzes. Das läßt sich an Hand der ursprünglichen Fassung des § 1 sehr klar beweisen. Da heißt es ganz klar:
Um den von den Besatzungsmächten für die gewerbliche Wirtschaft angeordneten Beschränkungen und Verpflichtungen nachzukommen, kann die Bundesregierung usw.
Darum also geht es: um den Verpflichtungen nachzukommen, die deutsche Wirtschaft in die amerikanische Kriegsrüstung einzuspannen. Darum die Vorlage dieses Gesetzes.
Auf den von mir genannten Konferenzen setzten die USA ihre Pläne für die Einbeziehung Westdeutschlands in die Kriegsrüstung durch. Wir sollen also nicht nur Soldaten stellen — durch die Remilitarisierung, die da im Schwange ist —, sondern wir sollen auch wirtschaftliche Beiträge leisten: wir sollen unsere Rohstoffe, unsere Halbwaren, unsere Vorerzeugnisse zur Verfügung stellen, damit die amerikanische Kriegsvorbereitungspolitik um so größere Erfolge aufzuweisen hat. Das ist der Grund, der uns veranlaßt, diese Gesetzesvorlage abzulehnen, weil wir der Meinung sind, daß der Weg, auf den diese Gesetzesvorlage weist, in Widerspruch zu den nationalen Interessen unseres Volkes steht.
Es heißt in der Begründung, daß wir die Verpflichtungen anerkennen, die die Besatzungsmächte von uns fordern, und daß demnach eine deutsche Rechtsgrundlage zu schaffen wäre. Wir anerkennen keine Verpflichtung zum nationalen Selbstmord — und dahin führt der Weg, auf den auch diese Gesetzesvorlage weist. Das ist der Grund, warum jetzt aus der Erhardschen freien Marktwirtschaft eine Kriegszwangswirtschaft gemacht werden soll. Das ist doch klar.
Wenn man hier 100 000 DM Strafe für diejenigen ansetzt, die gegen dieses Gesetz verstoßen, so offenbart sich darin der Zwang, den man dahinter zu setzen gewillt ist.
Der Herr Berichterstatter hat es für nötig befunden zu erklären, damit sei keinerlei Rationierung, damit seien keine Bezugscheine und so weiter gemeint. Ich kann aber nur sagen, daß der Weg, konsequenterweise weitergegangen, auch zu diesen Maßnahmen und zuletzt auch noch zu Lebensmittelkarten führen muß und führen wird.
Sehen wir uns doch die Tatsachen des schwarzen Marktes an, auf dem allein man heute noch Kohlen haben kann. Die Kohlennot, die 2 Millionen Arbeitslosen — sie sind doch bereits das ganz offenkundige Ergebnis dieser Politik der Kriegsvorbereitung, die von der Regierun„ Adenauer und vom Herrn Wirtschaftsminister Erhard mit diesem Gesetz weiter betrieben werden soll.
Wir haben hier ein Ermächtigungsgesetz vorgelegt bekommen. Wir sollen also die Regierung ermächtigen, ohne Befragung des Bundestages die ihr notwendig erscheinenden Anordnungen zu treffen. Mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 hat doch das deutsche Volk genügend Erfahrungen gemacht. 1933 fing es an, 1945 endete es in der Katastrophe. Auf denselben Weg weist auch diese Vorlage. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß wir alle Ursache haben, uns Gedanken darüber zu machen, wie wir aus dieser verhängnisvollen Entwicklung herauskommen können. Deswegen bedauern wir es so außerordentlich, daß die Möglichkeit zu gesamtdeutschen Gesprächen ausgeschlagen worden ist und daß damit die Möglichkeit zur Wiederherstellung einer deutschen Wirtschaft ohne jede Beschränkung, so wie sie die Prager Beschlüsse vorsahen, ausgeschlagen worden ist.
Wir werden uns auf diesem Wege jedenfalls weiter bemühen. Wir wissen auch, daß das Volk diese Möglichkeit als seinen Ausweg begreifen und dieser Weg auch zur Rettung unseres Volkes führen wird.
Aus den von mir dargelegten Gründen lehnt die Fraktion der Kommunisten diese Gesetzesvorlage ab.