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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Januar 1951 4271 114. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Januar 1951. Geschäftliche Mitteilungen 4273A, 4333C Genesung des Abg. Schmidt (Bayern) nach einem Autounfall 4273A Änderungen der Tagesordnung 42'73A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung von Bundesgrenzschutzbehörden (Nr. 1785 der Drucksachen) 4273C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern . 4273D, 4279C, 4282D, 4286A Dr. Menzel (SPD) 4275C, 4284D Paul (Düsseldorf) (KPD) 4278C Dr. von Merkatz (DP) . . . . 4280D, 4286B Neumayer (FDP) 4281D Dr. Dresbach (CDU) 4283B, 4286A von Thadden (DRP) 4284B Dr. Hamacher (Z) 4286B Ausschußüberweisung 4287A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Nrn. 328, 788 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1724 der Drucksachen); Änderungsanträge Umdruck Nrn. 54, 56 4287A, 4303D Dr. Laforet (CSU) . 4287C, 4297D, 4303D Fisch (KPD) 4289D, 4294A, 4300A Dr. Reismann (Z) 4292D, 4299A Ewers (DP) 4293B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) . . 4294A, 4298A Jacobi (SPD) 4295D Dr. von Merkatz (DP) 4299C Schoettle (SPD) 4301C Dr. Arndt (SPD) 4302B, 4303B Abstimmungen . . . 4291C, 4295A, 4300C, 4303A Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes (Drucksache Nr. 1836) . . . . 4303B, C Beschlußfassung 4303D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für Sicherungs- und Überleitungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Nrn. 1510, 1679 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr.1764 der Drucksachen); Änderungsanträge Umdruck Nrn. 38, 51, 55 4273C, 4304A, 4313B Naegel (CDU), Berichterstatter 4304B, 4307D Kurlbaum (SPD) 4306D Ollenhauer (SPD) 4307D Dr. Bleiß (SPD) . . . 4313C, 4319C, 4320C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 4315D, 4320A Agatz (KPD) 4318A Dr. Bertram (Z) 4318D Dr. Preusker (FDP) 4320D Abstimmungen 4307B, 4320B, 4321A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Niedersächsischen Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche vom 9. Dezember 1948/16. Mai 1949 (Nr. 1783 der Drucksachen) 4304A, 4308A Dr. Lauffer, Bevollmächtigter des Landes Niedersachsen, Berichterstatter 4308A Keuning (SPD) 4308D, 4312D Kohl (Stuttgart) (KPD) 4310A Mensing (CDU) 4310C Kuntscher (CDU) 4311C Storch, Bundesminister für Arbeit . 4312A Ausschußüberweisung 4313B Abstimmungen 4320B, 4321A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über Grenzgänger vom 10. Juli 1950 (Nr. 1483 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 1757 der Drucksachen) . . . 4321A, 4325A Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 4325A Beschlußfassung 4325C Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichsautobahngesetzes vom 29. Mai 1941 (Nr. 1571 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 1781 der Drucksachen) 4321B Meyer (Bremen) (SPD), Berichterstatter 4321C Beschlußfassung 4321D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Deutsche Bundesbahn (Nrn 1776, 1533 der Drucksachen) 4321D Rümmele (CDU), Berichterstatter . 4322A Paul (Düsseldorf) (KPD) 4323C Jahn (SPD) 4323D Beschlußfassung 4325A Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Rückgabe der Insel Helgoland an ihre Bewohner (Nr. 1758 der Drucksachen) 4273B, 4325A Beratung abgesetzt 4325A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Grenzübergang Emmerich (Nrn. 1782, 1631 der Drucksachen) . . . . 4325C Günther (CDU), Berichterstatter . . 4325C Beschlußfassung 4326A Beratung der Interpellation der Abg. Dr. Frey, Dr. Dr. Müller (Bonn), Frau Dr. Weber (Essen), Hoogen u. Gen. betr. landwirtschaftlichen Grundbesitz und Traktatrecht im deutsch-holländischen Grenzgebiet (Nr. 1666 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Frey, Dr. Dr. Müller (Bonn), Frau Dr. Weber (Essen), Hoogen u. Gen. betr. landwirtschaftlichen Grundbesitz und Traktatrecht im deutsch-holländischen Grenzgebiet (Nr. 1665 der Drucksachen) . . . . 4308A, 4326A Dr. Frey (CDU), Interpellant . . . 4326B Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 4327B Beschlußfassung 4328D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Kohlenlieferungen für Bayern ails der Tschechoslowakei (Nr. 1825 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Etzel (Bamberg) u. Gen. betr. Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft bei Ausfall tschechoslowakischer Kohle (Nr. 1793 der Drucksachen) 4273B, 4328D Beratung abgesetzt 4328D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerwesen über den Antrag der Abg. Dr. Bertram u. Gen. betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Nrn. 1541 und 1834 der Drucksachen) . . . . 4273B, 4328D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Berichterstatter 4329A Beschlußfassung 4329B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Goetzendorff (Nr. 1818 der Drucksachen) 4329B Muckermann (CDU), Berichterstatter 4329B Beschlußfassung 4329C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Dorls (Nr 1819 der Drucksachen) 4329C Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 4329D Goetzendorff (DRP-Hosp.) 4330A Beschlußfassung 4330B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Renner (Nr. 1820 der Drucksachen) 4330B Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 4330C Beschlußfassung 4330D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Schmidt (Niedersachsen) (Nr. 1821 der Drucksachen) . . 4330D Dr. Mende (FDP), Berichterstatter . . 4331A Dr. Reismann (Z) 4331C Dr. von Brentano (CDU) 4331D Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 4332A Ritzel (SPD) 4332B Beschlußfassung 4332C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Mayer (Stuttgart) (Nr. 1822 der Drucksachen) 4332D Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 4332D Beschlußfassung 4333A Nächste Sitzung 4333C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Paul Bleiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das von der Bundesregierung vorgelegte Sicherungs- und Überleitungsgesetz steht nach unserer Auffassung im Zeichen eines doppelten inneren Widerspruches.
    Der Widerspruch ergibt sich einmal aus dem Vergleich des Gesetzestextes mit der Begründung der Regierungsvorlage, zum andern aber daraus, daß nach unserer Auffassung das Sicherungs- und Überleitungsgesetz eine Abkehr von der freien Marktwirtschaft und eine Abkehr von der Proklamation der sogenannten marktkonformen Mittel bedeutet.
    Wer von Ihnen, meine Damen und Herren, die Paragraphen der Drucksache Nr. 1764 aufmerksam studiert hat, wird mir bestätigen müssen, daß es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Ermächtigungsgesetz handelt, um ein Gesetz also, das den Bundeswirtschaftsminister ermächtigt, in der vereinfachten Form der Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen über die Verwendung und Vorratshaltung von Rohstoffen, über die Verwendung und Vorratshaltung von halbfertigen Waren und Vorerzeugnissen, darüber hinaus über die Verarbeitung, über die Lagerung, über die Lieferung und über den Bezug einer ganzen Reihe von wichtigen Rohstoffen. Das, meine Damen und Herren, sind Maßnahmen, die nach unserer Vorstellung eine echte, wenn auch noch ziemlich lückenhafte Bewirtschaftung bedeuten. Bestärkt werden wir in unserer Auffassung durch den § 5 des Gesetzes, der im Falle einer Zuwiderhandlung schwere Gefängnis- und Geldstrafen androht.
    Wenn man anschließend an das Studium des Gesetzestextes sich die Begründung der Regierungsvorlage durchliest, muß man mit einigem Erstaunen feststellen, daß hier gesagt wird, daß das neue Bewirtschaftungsgesetz dazu dienen solle, die Bewirtschaftung aufzuheben. Ich zitiere — mit Genehmigung des Herrn Präsidenten — wörtlich aus der Begründung:
    Im Bereich der gewerblichen Wirtschaft werden in Kürze alle Bewirtschaftungsvorschriften mit Ausnahme der unbedeutenden Reste auf dem Gebiete der Kohle sowie der Regelungen für Mineralöl und Edelmetalle beseitigt sein.
    Sie werden mir zugeben müssen, daß hierin ein merkwürdiger Widerspruch liegt, ein Widerspruch, der nach unserer Meinung nur damit erklärt werden kann, daß Herr Minister Erhard mit dieser etwas unglücklichen Begründung versucht, über seinen eigenen Schatten zu springen, über den Schatten einer Wirtschaftsform, die er zunächst eine freie, später eine sozial verpflichtete Marktwirtschaft nannte, die aber in Wirklichkeit eine anorganische Marktwirtschaft mit der Zielsetzung einer weitgehenden Restaurierung früherer Besitz- und Eigentumsverhältnisse war.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Aber weder die vorsichtige Formulierung der Überschrift: „Überleitungsgesetz" noch die Bezugnahme auf das Gesetz Nr. 24 der Alliierten Hohen Kommission werden uns darüber hinwegtäuschen, daß mit dieser Vorlage ein innerer Bruch in der Konzeption des Herrn Bundeswirtschaftsministers eingetreten ist.
    Wir können uns denken, daß Herrn Professor Erhard die Einbringung einer solchen Vorlage nicht ganz leicht gefallen ist; aber wir sind der festen Überzeugung, daß viele Versorgungsschwierigkeiten hätten vermieden werden können, wenn


    (Dr. Bleiß)

    man sich im Bundeswirtschaftsministerium
    rechtzeitg zu der Erkenntnis durchgerungen hätte, daß es bei der herrschenden Mangellage ohne Steuerung und ohne Lenkung nicht möglich ist, eine vernünftige Wirtschaftspolitik zu treiben.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Heute haben wir die Zeche dieser Versäumnis zu bezahlen. Sie schlägt sich in der lapidaren Feststellung nieder, daß im vergangenen Jahr die Fertigwarenindustrie der Grund- und Rohstoffversorgung einfach davongelaufen ist. Hierfür einige Zahlen. Im Laufe des Jahres 1950 stieg der Gesamtindex der gewerblichen Wirtschaft um 45 %, die Stahlproduktion um 35 %, der Stromverbrauch um 18 %, die Kohleförderung aber nur um etwa 9 bis 10 %.
    Wir begrüßen jede Ausdehnung des Wirtschaftsvolumens; wir sind aber der Meinung, daß ein Wirtschaftsvolumen sich organisch entwickeln muß, d. h. daß es kohlemäßig, energiemäßig und rohstoffmäßig gedeckt sein muß. Wir sind der Meinung, daß eine Ausdehnung des Wirtschaftsvolumens auch eine vorsichtige und disziplinierte Handhabung des Exports an Rohstoffen und Vorprodukten notwendig macht, selbst wenn die Weltmarktpreise für solche Waren noch so verlockend sind. Das abgelaufene Jahr hat uns deutlich bewiesen, daß derartige Voraussetzungen in der sogenannten freien Wirtschaft nicht vorhanden waren, daß man sich lieber nach der besseren Gewinnchance und weniger nach den volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten orientierte.
    Kommen wir zu realen Tatsachen! Unser größter Engpaß ist nach wie vor die Kohle. Wir spüren diesen Engpaß täglich mit zunehmender Schärfe. Gerade die Kohle hätte einer besonders aufmerksamen Kontrolle und einer besonders vorsichtigen Lenkung bedurft; denn wenn wir uns die gesamte Kohlensituation des vergangenen Jahres vor Augen führen, kommen wir zu der Feststellung, daß nach Berücksichtigung des Zechenselbstverbrauchs und der uns auferlegten — nicht etwa der freiwilligen — Exporte der westdeutschen Wirtschaft etwa 6 bis 7 Millionen t Steinkohle mehr zur Verfügung gestanden haben als im vergangenen Jahr.
    Im gleichen Zeitraum hat sich die Stahlproduktion um mehr als 3 Millionen t erhöht. Nehmen wir wieder die alte Faustregel: 1 t Stahl gleich 3 t Kohle, dann ergibt sich allein für die Stahlindustrie ein Mehrbedarf von 9 Millionen t Kohle, d. h. daß der Mehrverbrauch allein in der Stahlindustrie größer war als die gesamte zusätzliche Kohlenmenge, die uns zur Verfügung stand. Sie sehen, daß die erhöhte Förderung nicht einmal ausgereicht hat, um die erhöhte Stahlproduktion brennstoffmäßig zu decken, daß wir also genötigt waren, auf anderen Gebieten, auf dem Rücken des Hausbrandes, Anleihen aufzunehmen.
    Deshalb ging die Kohlenversorgung unserer Wirtschaft auch nur solange glatt vonstatten, solange der Bedarf des Hausbrandes nicht in Erscheinung trat. Vorn Oktober an haben wir nun die Verschärfung in unserer Versorgungslage, und ich verrate Ihnen, meine Damen und Herren, gewiß kein Geheimnis, wenn ich feststelle, daß bei der Hausbrandversorgung wieder derjenige am ärgsten betroffen und der Krise am schonungslosesten ausgesetzt ist, der nicht in der Lage ist, die hohen Schwarzmarktpreise zu bezahlen.
    Nach den mir vorliegenden Zahlen meines Wahlkreises sind die Hausbrandkontingente sehr drastisch herabgesetzt worden. Zunächst wurden 70%. der Vorjahrsmenge verplant; dann erfolgte eine erneute Herabsetzung, und die abermals reduzierten Zuteilungen sind nun im Oktober zu 85, im November zu 70 und im Dezember zu 74% ausgeliefert worden. Es stand also praktisch dem Hausbrand nur die halbe Kohlenmenge zur Verfügung. Aber selbst diese beschränkten Mengen kommen nicht regulär zu dem Verbraucher. Erhebliche Mengen zweigen sich nach dem Schwarzen Markt ab. Die Kohlendiebstähle nehmen in verheerender Weise zu. Wir müssen Sie schon bitten, Herr Bundeswirtschaftsminister, der Öffentlichkeit klipp und klar zu sagen, wie Sie mit marktkonformen Mitteln dieser Kohlenkrise Herr werden wollen. Etwa in der Weise, daß Sie über den Bedarf des Hausbrandes mit Stillschweigen zur Tagesordnung übergehen? Sie werden uns auch sagen müssen, wie groß die eingeplanten Mengen sind, die im Durchschnitt eine Haushaltung verbrauchen darf, damit wenigstens vom Verbraucher her eine Kontrolle der Kohlenbelieferung erfolgen kann.
    Nächst der Kohle ist der Stahl unser wichtigster Rohstoff. Die Stahlmehrproduktion belief sich auf etwas mehr als 3 Millionen t. Mehr als die Hälfte dieser Mehrproduktion ging ins Ausland — wahrscheinlich infolge der Anziehungskraft der Weltmarktpreise! Niemand wird begreifen können, Herr Bundeswirtschaftsminister, warum in einer Zeit der inneren Ausweitung des Wirtschaftsvolumens die Exporte an Roheisen und an Eisenhalbzeug auf mehr als das Fünffache gesteigert wurden und warum die Exporte von Stahlvorprodukten mehr als verdreifacht worden sind.
    Heute haben wir erhebliche Versorgungsschwierigkeiten auf den verschiedensten Gebieten der Stahlverarbeitung zu beklagen. Die steigenden Auftragseingänge haben zu Lieferzeiten geführt, die sich bis zu zwei Jahren ausdehnen. Wenn ein Betrieb mit Lieferaufträgen in allen Sparten übersetzt ist, dann sucht er sich — nach dem Prinzip der freien Wirtschaft — gewöhnlich die rentabelsten Aufträge heraus und vernachlässigt das übrige Fabrikationsprogramm. Heute schon ist eine Reihe von Betrieben, die auf die Verarbeitung minderer Qualitäten angewiesen sind, in größte Materialschwierigkeiten geraten, die zu erheblichen Betriebseinschränkungen und zu vermehrter Arbeitslosigkeit führen werden. Ich möchte jetzt schon darauf aufmerksam machen, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß die Stahlsituation sich weiter verschärfen wird, wenn eines Tages der bisher so stiefmütterlich behandelte Investitionsbedarf der Bundesbahn und des Bergbaues eine angemessene .Berücksichtigung finden sollte.
    Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz scheint uns der beste Beweis dafür zu sein, daß sich die Bundesregierung davon überzeugen müßte, daß wir in eine gefährliche Grundstoffklemme hineingerutscht sind, in der mit marktkonformen Mitteln nicht mehr viel anzufangen ist. Wir begrüßen den Entschluß der Bundesregierung, nun endlich Sicherheitsmaßnahmen auf den einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft zu treffen. Wir stellen auch gern fest, daß sich das Tempo und der Wirkungsbereich der Bewirtschaftungsmaßnahmen mit zunehmender Intensität vergrößern. Wenn man die Drucksachen Nrn. 1510 und 1754 miteinander vergleicht, so zeigt sich, daß in der Drucksache Nr. 1510 eigentlich nur von Edelmetallen und Brennstoffen die Rede war, wenn man die Kontrolle der Lagerbuchführung bei


    (Dr. Bleiß)

    einigen anderen Waren außer acht läßt, daß aber die Drucksache Nr. 1754 schon wesentlich schärfere Maßnahmen für einen ganzen Katalog von Waren vorschreibt, ganz abgesehen von der heute beantragten Anbietungspflicht für Schrott. Trotzdem, meine Damen und Herren, sind wir der Meinung, daß auch die letzte Fassung dieses Gesetzentwurfes ungenügend ist, weil sie teilweise halbe Maßnahmen enthält, die sich schon in absehbarer Zeit als wirkungslos erweisen werden. Wenn z. B. im § 1 Abs. 1 nur von der Bewirtschaftung von Rohstoffen, von Halbwaren, von Vorerzeugnissen die Rede ist, so fragen wir: wie gedenkt die Regierung sich zu verhalten, wenn eines Tages Engpässe in Fertigwaren auftreten? Ich glaube, wir haben doch einige Erfahrungen darüber, daß gerade Fertigwaren gehortet werden.
    Weiterhin haben wir zu beanstanden, daß in dem Gesetzentwurf die Lenkungsvorschriften im allgemeinen nur auf die Verwendung und auf die Vorratshaltung, nicht aber auf die Lieferung Anwendung finden sollen. Können nicht auch Lieferanweisungen notwendig werden, damit unsere exportintensiven Industrien ihre Exportkontrakte ohne Schwierigkeiten zu erfüllen vermögen?
    Schließlich sind wir der Meinung, daß eine Steuerung und Lenkung vernünftigerweise auch eine Preisüberwachung notwendig machen könnte. Ohne eine Preisüberwachung ist der Preiswucher auf dem Schwarzen Markt nicht zu bekämpfen.

    (Zuruf des Abg. Naegel)

    — Herr Kollege Naegel, ich will Ihnen dafür gern ein Beispiel anführen, ein zeitgemäßes Beispiel vom Kupfermarkt. Wir haben in den Westzonen monatlich einen Bedarf von 25 000 t Kupfer. Das sind 300 000 t Kupfer im Jahr. Dieses Kupfer läuft zu 60% über den Schwarzmarkt. Nur 40% werden zur Zeit regulär gehandelt.

    (Hört! Hört! links.)

    Der offizielle Preis für Kupfer, ein Durchschnittspreis, liegt bei 3 DM je kg, der Schwarzmarktpreis, der gezahlt werden muß, bewegt sich zwischen 5 und 8 DM. Multiplizieren Sie bitte diese Preisdifferenz nur mit 100 Mill. kg, dann erhalten Sie einen Konjunkturgewinn in der Größenordnung einer neunstelligen Ziffer, einer Millionenziffer, der diesen unlauteren Elementen zufließt. Deshalb sind wir der Meinung, daß eine Preisüberwachung notwendig ist.
    Meine Damen und Herren, schuld an den geschilderten trüben Verhältnissen sind nicht allein die Schwarzhändler; schuld daran sind auch die Firmen, die, ohne Gegenmaßnahmen zu treffen, derartige Preise zahlen. Darum müssen wir der Bundesregierung sagen, daß die Wirksamkeit ihres Bewirtschaftungsgesetzes davon abhängt, mit welchem Grad von sozialer Verpflichtung Industrie und Handel in ihrer Gesamtheit eine solches Gesetz respektieren werden. Frühere Bewirtschaftungsmaßnahmen sind unserer Auffassung nach nicht etwa daran gescheitert, daß der Verbraucher keine Disziplin übte, sondern sie mußten scheitern, weil von den interessierten Kreisen eine unverantwortliche Hortungspolitik getrieben wurde und dadurch das Warenangebot auf ein Minimum zusammenschrumpfen mußte. Sollen ähnliche Wirkungen in der Zukunft vermieden werden, dann wird man die Hortung nicht mehr als eine nationale Tat bezeichnen dürfen,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    sondern dann wird man die Hortung zu dem stempeln müssen, was sie in Wirklichkeit ist: ein Verbrechen am Verbraucher.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir glauben, daß Herr Professor Erhard dem von ihm eingebrachten Gesetz keinen guten Dienst erweisen würde, wenn er neuerdings im Lande herumreisen und die Bewirtschaftung lächerlich machen sollte. Damit untergräbt man die Autorität derjenigen Dienststellen, die mit der Durchführung der Gesetze und Verordnungen beauftragt sind.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Herr Professor Erhard wird vielmehr vor der Öffentlichkeit erklären müssen, daß die marktkonformen Mittel der sogenannten sozial verpflichteten Marktwirtschaft — das merken wir besonders bei der Kohle — nicht ausgereicht haben, um eine allgemeine Rohstoffklemme zu verhüten, und daß er eine etwas peinliche Veränderung seiner Wirtschaftskonzeption vornehmen mußte.

    (Abg. Naegel: Von Korea noch nichts gehört?)

    Meine Freunde und ich werden diesem Gesetz zustimmen. Wir sind aber der Meinung, daß die bisher getroffenen Maßnahmen zur Überwindung der Versorgungskrise nicht ausreichen werden. Meine Fraktion hat sich deshalb erlaubt, dem Hohen Hause die in dem Umdruck Nr. 38 formulierte Entschließung vorzulegen, die von meinem Parteifreund Kurlbaum in der zweiten Lesung schon kurz begründet wurde. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, angesichts der angespannten Versorgungslage unserer Entschließung Ihre Zustimmung zu geben.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Herr Vorredner ist von der Sorge um mein Gewissen geplagt, wenn ich jetzt von der Marktwirtschaft abkehren muß, und er glaubt, das sei ein innerer Bruch der Konzeption. Nein, die Erklärung ist sehr einfach. Wir sind nicht allein auf der Welt, sondern wir sind mit ihr aufs engste verbunden. Wir müssen uns selbstverständlich, da sich weltpolitische Ereignisse abspielen, die wirtschaftliche Konsequenzen auch in anderen Ländern haben, deren Regelungen anschließen, und wir tun das, ohne damit unserer Konzeption untreu zu werden, ohne einen inneren Bruch unserer Wirtschaftspolitik zu vollziehen,

    (Sehr richtig! in der Mitte; — Na, na! links) sondern das ist einfach realistische Politik,


    (Lachen bei der SPD)

    und Sie sollten sich freuen, daß wir so viel gesunden Menschenverstand aufbringen, uns dem anzuschließen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Zu spät!)

    Man hört heute so oft, all die Schwierigkeiten, die Spannungen, die selbstverständlich auch in der deutschen Wirtschaft aufgetreten sind, stellten eine Folge der Marktwirtschaft aus der ihr immanenten Entwicklung heraus dar. Demgegenüber ist mit aller Deutlichkeit festzustellen, daß die gleichen Erscheinungen auch in allen anderen Ländern aufgetreten sind, auch in den planwirtschaftlich geleiteten Ländern.


    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard)


    (Sehr gut! in der Mitte. — Zuruf rechts: Auch in England!)

    Ich darf Ihnen einen AP-Bericht vom 19. Januar 1951 vorlesen. Ich möchte ausdrücklich sagen: ich polemisiere hier nicht etwa gegen England, aber nachdem doch unbestreitbar ist, daß dort eine Planwirtschaft herrscht, die offenbar alles voraussieht,

    (Abg.. Strauß: Wirklich?)

    ist es immerhin ganz lehrreich.
    Großbritanniens Wiederaufrüstung ist seit Wochen durch eine ständig zunehmende Verknappung der Rohstoffe auf das schwerste gefährdet.

    (Hört! Hört!)

    Der britische Bedarf an Kohle und Stahl kann zur Zeit nur mit Mühe gedeckt werden. Verschiedene Industriezweige mußten sich schon zu Entlassungen und Produktionskürzungen entschließen.

    (Hört! Hört!)

    Die Liste der schwindenden Rohstoffvorräte ist nicht nur auf Kohle und Stahl beschränkt. Auch die Bestände an Roheisen und Schrott, Baumwolle, Wolle, Kupfer, Zinn, Zink, Schwefel, Industriealkohol, Papier und zahlreichen anderen Materialien sind stark zurückgegangen. Um der ständig steigenden Kohlennot abzuhelfen, ist der Nahverkehrsplan der staatlichen Eisenbahnen erheblich eingeschränkt worden. Die Regierung hat zur Einsparung von Gas und Elektrizität aufgerufen, und Ministerpräsident Attlee verhandelt mit den Kohlengewerkschaften, um die Sonderförderung von 3 Millionen Tonnen innerhalb von 4 Monaten zu erreichen.
    Diese Spannungen im Weltmarkt scheinen also nicht eine spezifisch deutsche Angelegenheit zu sein.
    Wenn ich aber höre, man müßte in einer solchen Lage rechtzeitig Vorsorge treffen, dann möchte ich Sie alle einladen, an dieser Vorsorge mitzuarbeiten.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Ich möchte nur einmal so einige Probleme andeuten, mit denen wir uns auseinandersetzen, die wir exakt formulieren und festlegen müßten, um dieses Programm von Ihnen zu erfüllen.
    Sie wissen, welche Bedeutung im Augenblick die mandatorischen Aufträge haben, die stark zunehmen, wenn auch zunächst noch dezentralisiert erteilt werden. Wir wissen nicht, in bezug auf welches Material, in welchen Mengen und in welchen Zeiträumen diese Lieferungen anfallen werden. Wir wissen nicht, ob und in welchem Umfange uns dafür eine Devisensicherung gegeben wird, unter Umständen besondere Rohstoff-Unterbauungen vorgenommen werden. Wir kennen noch nicht unsere eigenen Leistungen, den deutschen Beitrag zur europäischen Verteidigung. Wir wissen nicht, welche Rohstoffmengen — sei es nun im Pfundraum oder im Dollarraum — zur Verteilung -gelangen und nach welchen Grundsätzen das der Fall sein wird. Wir können nicht voraussehen, wie sich die Rohstoffpreise entwickeln werden, in welchem Umfange wir also auch im Rahmen unserer Devisenverfügungen werden einkaufen können. Wir wissen nicht, inwieweit wir auch an Auslandslieferungen, die indirekt auch zur fremden Verteidigung beitragen, teilzunehmen haben. Wir können noch nicht die Höhe der Investitionsmittel beurteilen, die uns in diesem Jahre zur Verfügung stehen, welche Möglichkeiten der Kreditschöpfung sich im Rahmen der Konjunkturentwicklung ergeben werden. Wir wissen noch nicht, welchen Erfolg unser Bemühen um Aufhebung der Beschränkungen der Industrieproduktion oder gar der Verbote hat, und schließlich sind wir auch über unsere Exportverpflichtungen in bezug auf die Kohle noch ohne letzte Entscheidung.
    Sie werden nicht leugnen können, daß jede Planwirtschaft, jede behördliche Planwirtschaft aus innerer Entwicklung heraus die Tendenz verfolgen muß, zu Richtlinien zu gelangen, zu Festlegungen, wie sie eben von einer Behörde, von ihrer Bürokratie notwendig gefordert werden. Was uns nottut, ist eine bewegliche und rasche Anpassung an die Gegebenheiten, wie sie sich aus der noch unklaren politischen und damit auch wirtschaftlichen Entwicklung heraus abzeichnen. Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen. Wenn Herr Wönner hier ist, wird er die Richtigkeit bestätigen. Ich war am 29. Dezember in München. Am gleichen Tage wurde ich ins dortige Wirtschaftsministerium gerufen, und es wurde mir mitgeteilt: ab heute früh kommt keine Tonne Kohle mehr aus dem tschechischen Raum, und die ganze oberfränkische Porzellanindustrie und Glasindustrie drohen zum Erliegen zu kommen, wenn nicht das Wunder geschieht, daß diese Lieferungen von 110- bis 120 000 Tonnen im Monat ersetzt werden, und zwar so, daß am 2. Januar die rheinische Braunkohle in Oberfranken steht. — Mit zwei Telefongesprächen habe ich erreicht, daß die Kohle am 2. Januar in Oberfranken gestanden hat und auch weiterhin geliefert wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Hätten wir schon eine Bürokratie mit ihrem Verteilungsapparat gehabt, dann hätte diese Maßnahme ganz bestimmt nicht geklappt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Im übrigen hat mein Herr Vorredner von Mangelerscheinungen gesprochen und von ähnlichen Erscheinungen, von Klemmen und dergleichen mehr. Ich spreche hier für die gewerbliche Wirtschaft in meiner Zuständigkeit, und für die gilt ja auch das Gesetz. Mit Ausnahme von gewissen Nichteisenmetallen ist in Deutschland ein Mangel an Rohstoffen noch nicht in Erscheinung getreten.

    (Lachen und Widerspruch links.)

    Wenn Sie heute den Run auf die Läden anschauen und wenn Sie wissen, daß wir Ende dieses Monats sogar noch Saisonausverkäufe veranstalten, dann können Sie sich denken, daß es mit der Rohstoffversorgung der deutschen Wirtschaft nicht schlecht bestellt sein kann. Ich sage Ihnen: die deutsche Wirtschaft wird auch weiterhin in ausreichendem Umfange mit Rohstoffen versorgt werden. Das sage ich nicht Ihnen, das sage ich von dieser Stelle aus dem ganzen deutschen Volk, das endlich aus dieser Neurasthenie einmal erlöst werden muß.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Reden Sie mal von Fertigwaren!)

    — Fertigwaren gibt es, soviel Sie wollen.

    (Zuruf von der SPD: Aber wer kann sie bezahlen?)

    Mir ist bisher kein Fall bekanntgeworden — und Ihnen sicher auch nicht —, daß etwa ein Käufer von industriellen Fertigwaren seinen Bedarf nicht hat decken können.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Greve: Kaufen Sie mal Schuhe, kommen Sie mal nach Hannover!)



    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard)

    Dann ist gesagt worden, auch die Exporte müßten gesteuert werden. Meine Damen und Herren, wir haben die Exporte gesteuert, nur vielleicht nicht so, wie Sie das für richtig halten. Aber immerhin haben wir .so gesteuert, daß die deutsche Ausfuhr vom Januar von 350 Millionen DM auf eine Milliarde und zehn Millionen DM im Dezember angewachsen ist. Das scheint mir die beste Steuerung zu sein, die es überhaupt gibt.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Dann ist von Stahl gesprochen worden. Hier habe ich etwas zu berichtigen, weil es objektiv nicht stimmt. Ich habe hier bereits im vorigen Herbst — August und September — eingegriffen, um den übermäßigen Export an Rohstahl und Walzwerkerzeugnissen zu verhindern, und zwar mit Erfolg. Während wir bis dahin monatlich 220 000 Tonnen exportiert haben, haben wir zunächst auf 170 000 Tonnen gekürzt, und die Menge ist heute auf 120 000 Tonnen zurückgesetzt worden.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Also diese Zahlen, die hier genannt worden sind, stimmen nicht.
    Was die Kohle anbelangt, so könnten wir darüber auch noch einmal sprechen. Aber ich muß hier mit aller Deutlichkeit sagen: Seit einem Jahr bemühe ich mich jetzt mit allen Mitteln, bei der Deutschen Kohlenbergbauleitung, die bekanntlich eine alliierte Dienststelle ist, eine Erhöhung der Kohlenförderung zu erreichen, sei es nun, daß der Lohn in höherem Maße an die Leistung gebunden wird, sei es mit anderen Maßnahmen. Ich habe lange darum gekämpft — bis jetzt vergebens —, daß die DKBL deutscher Zuständigkeit unterstellt wird. Ich hoffe, daß das jetzt endlich gelingt. Ich habe lange darum gekämpft, daß die Exportkohle nicht einseitig "von der Ruhrbehörde verteilt wird, sondern daß dieser kostbare Grundstoff uns auch als Handelsobjekt bei der Aushandlung unserer Handelsverträge zur Verfügung steht.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Das habe ich mit Wirkung vom 1. September erreicht, und ich erkläre Ihnen hier: von diesem Augenblick an ist nicht mehr ein Gramm Kohle abgeflossen, außer wenn wir dazu gezwungen worden sind.

    (Bravo! bei den Regierungsparteien.)

    Wie sieht es übrigens heute aus? Ende Januar soll die entscheidende Sitzung der Ruhrbehörde stattfinden; aber bis zu diesem Augenblick müssen wir sogar nach dem Moskauer Verteilungsschlüssel im Quartal 6,83 Millionen Tonnen Kohle exportieren.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    England mit einer wesentlich größeren Förderung, mit einem größeren normalen Export, hat seinen Export jetzt auf 30 °/o der normalen Leistung eingeschränkt und tritt heute noch als Käufer von 3 Millionen Tonnen Kohle auf dem amerikanischen Markt auf.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Es ist also auch hier ganz offenkundig, daß es sich bei der Kohlenkrise nicht um eine deutsche, sondern um eine europäische Angelegenheit handelt. Das ist bekannt genug; und wenn die Kohlenkrise in Deutschland vielleicht noch schärfer in Erscheinung tritt als anderwärts, dann deshalb, weil wir in bezug auf die Kohlenexporte einem auf die Dauer unerträglichen Druck ausgesetzt sind.
    Dann wünscht mein Herr Vorredner, die Bewirtschaftungsmaßnahmen möchten noch stärker ausgebaut werden, und es ist in diesem Zusammenhang auch auf Fertigwaren hingewiesen worden. Es ist nicht zu leugnen, daß in den letzten Wochen mancherseits auch Fertigwaren gehortet worden sind. Dagegen gibt es nur ein Mittel: den Bedarf unter allen Umständen zu befriedigen, und es gibt ganz bestimmt ein falsches Mittel: diese Waren zu bewirtschaften.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Ich kenne den Grund aus meiner Verbindung zu Groß- und Einzelhandel genau, denn die Kunden sind ja so frei und sagen es in den Läden. Warum horten sie denn? Weil sie Angst haben, daß die Prinzipien zur Anwendung kommen könnten, die Sie uns hier empfehlen möchten.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Trotzdem bin ich der Meinung, daß wir den Preisen sorgfältige Beachtung schenken müssen, und ich bin bereits in Verhandlungen sowohl mit der Industrie als auch mit den verschiedenen Stufen des Handels, um in gegenseitiger Abstimmung in einer Art Selbstkontrolle und in einer Selbstverantwortung hier die Stabilität des deutschen Preisniveaus soweit irgend möglich zu wahren. Obwohl ich damit manche Sünden auf diesem Gebiet ganz bestimmt nicht tolerieren möchte, kann ich Ihnen auf Grund der amtlichen Statistik sagen: Seit Mai vorigen Jahres bis einschließlich Dezember sind die Grundstoffpreise in Deutschland um 16,2 % gestiegen, in Frankreich um 32,2 % und in England um 61,5 %;

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien)

    also nachzulesen in den amtlichen Statistiken.

    (Zuruf von der SPD: Von Erhard!)

    Nun wird gar zum Schluß noch gesagt, es käme jetzt darauf an, die Autorität dieser Bewirtschaftungsstellen zu verstärken.

    (Zuruf von der Mitte: Geht Ihr Einfluß so weit?)

    - Jawohl, die Absicht habe ich, wenn die Art von Bewirtschaftung oder die Art von Lenkung und von Ordnung in dem Umfang Platz greift, in dem mir dieses Gesetz dazu die Handhabe bietet. Das geht aber nicht, wenn ich an eine Bewirtschaftung im Sinne einer starren Preisbindung denke, eine Bewirtschaftung im Sinne von Lieferkontrollen und dergleichen mehr; denn diese Maßnahmen müßten, weil dadurch aufgestaute überschüssige Kaufkraft in Erscheinung tritt, zwangsläufig wieder zum Schwarzmarkt, zum Schleichhandel und, weil die Behörde da nicht zuschauen darf, dann auch zum Bezugsscheinwesen und zur Rationierung führen. Dann allerdings muß ich sagen: die Autorität dieser Bewirtschaftungsstellen kann kein Gott mehr retten!

    (Lebhafter Beifall.)

    Da haben die Bewirtschaftungsstellen selbst dafür gesorgt, daß ihr Renommee so ist, wie es im deutschen Volk tatsächlich ist.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)