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ID0111405200

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    Vokabeln: 7
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    5. Abgeordneter: 1
    6. Professor: 1
    7. Laforet.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. Januar 1951 4271 114. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. Januar 1951. Geschäftliche Mitteilungen 4273A, 4333C Genesung des Abg. Schmidt (Bayern) nach einem Autounfall 4273A Änderungen der Tagesordnung 42'73A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung von Bundesgrenzschutzbehörden (Nr. 1785 der Drucksachen) 4273C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern . 4273D, 4279C, 4282D, 4286A Dr. Menzel (SPD) 4275C, 4284D Paul (Düsseldorf) (KPD) 4278C Dr. von Merkatz (DP) . . . . 4280D, 4286B Neumayer (FDP) 4281D Dr. Dresbach (CDU) 4283B, 4286A von Thadden (DRP) 4284B Dr. Hamacher (Z) 4286B Ausschußüberweisung 4287A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Nrn. 328, 788 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1724 der Drucksachen); Änderungsanträge Umdruck Nrn. 54, 56 4287A, 4303D Dr. Laforet (CSU) . 4287C, 4297D, 4303D Fisch (KPD) 4289D, 4294A, 4300A Dr. Reismann (Z) 4292D, 4299A Ewers (DP) 4293B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) . . 4294A, 4298A Jacobi (SPD) 4295D Dr. von Merkatz (DP) 4299C Schoettle (SPD) 4301C Dr. Arndt (SPD) 4302B, 4303B Abstimmungen . . . 4291C, 4295A, 4300C, 4303A Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes (Drucksache Nr. 1836) . . . . 4303B, C Beschlußfassung 4303D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für Sicherungs- und Überleitungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Nrn. 1510, 1679 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr.1764 der Drucksachen); Änderungsanträge Umdruck Nrn. 38, 51, 55 4273C, 4304A, 4313B Naegel (CDU), Berichterstatter 4304B, 4307D Kurlbaum (SPD) 4306D Ollenhauer (SPD) 4307D Dr. Bleiß (SPD) . . . 4313C, 4319C, 4320C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 4315D, 4320A Agatz (KPD) 4318A Dr. Bertram (Z) 4318D Dr. Preusker (FDP) 4320D Abstimmungen 4307B, 4320B, 4321A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Niedersächsischen Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche vom 9. Dezember 1948/16. Mai 1949 (Nr. 1783 der Drucksachen) 4304A, 4308A Dr. Lauffer, Bevollmächtigter des Landes Niedersachsen, Berichterstatter 4308A Keuning (SPD) 4308D, 4312D Kohl (Stuttgart) (KPD) 4310A Mensing (CDU) 4310C Kuntscher (CDU) 4311C Storch, Bundesminister für Arbeit . 4312A Ausschußüberweisung 4313B Abstimmungen 4320B, 4321A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über Grenzgänger vom 10. Juli 1950 (Nr. 1483 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) (Nr. 1757 der Drucksachen) . . . 4321A, 4325A Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 4325A Beschlußfassung 4325C Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichsautobahngesetzes vom 29. Mai 1941 (Nr. 1571 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 1781 der Drucksachen) 4321B Meyer (Bremen) (SPD), Berichterstatter 4321C Beschlußfassung 4321D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Deutsche Bundesbahn (Nrn 1776, 1533 der Drucksachen) 4321D Rümmele (CDU), Berichterstatter . 4322A Paul (Düsseldorf) (KPD) 4323C Jahn (SPD) 4323D Beschlußfassung 4325A Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Rückgabe der Insel Helgoland an ihre Bewohner (Nr. 1758 der Drucksachen) 4273B, 4325A Beratung abgesetzt 4325A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Grenzübergang Emmerich (Nrn. 1782, 1631 der Drucksachen) . . . . 4325C Günther (CDU), Berichterstatter . . 4325C Beschlußfassung 4326A Beratung der Interpellation der Abg. Dr. Frey, Dr. Dr. Müller (Bonn), Frau Dr. Weber (Essen), Hoogen u. Gen. betr. landwirtschaftlichen Grundbesitz und Traktatrecht im deutsch-holländischen Grenzgebiet (Nr. 1666 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Frey, Dr. Dr. Müller (Bonn), Frau Dr. Weber (Essen), Hoogen u. Gen. betr. landwirtschaftlichen Grundbesitz und Traktatrecht im deutsch-holländischen Grenzgebiet (Nr. 1665 der Drucksachen) . . . . 4308A, 4326A Dr. Frey (CDU), Interpellant . . . 4326B Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 4327B Beschlußfassung 4328D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Kohlenlieferungen für Bayern ails der Tschechoslowakei (Nr. 1825 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Etzel (Bamberg) u. Gen. betr. Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft bei Ausfall tschechoslowakischer Kohle (Nr. 1793 der Drucksachen) 4273B, 4328D Beratung abgesetzt 4328D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerwesen über den Antrag der Abg. Dr. Bertram u. Gen. betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Nrn. 1541 und 1834 der Drucksachen) . . . . 4273B, 4328D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Berichterstatter 4329A Beschlußfassung 4329B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Goetzendorff (Nr. 1818 der Drucksachen) 4329B Muckermann (CDU), Berichterstatter 4329B Beschlußfassung 4329C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Dorls (Nr 1819 der Drucksachen) 4329C Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 4329D Goetzendorff (DRP-Hosp.) 4330A Beschlußfassung 4330B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Renner (Nr. 1820 der Drucksachen) 4330B Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 4330C Beschlußfassung 4330D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Schmidt (Niedersachsen) (Nr. 1821 der Drucksachen) . . 4330D Dr. Mende (FDP), Berichterstatter . . 4331A Dr. Reismann (Z) 4331C Dr. von Brentano (CDU) 4331D Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 4332A Ritzel (SPD) 4332B Beschlußfassung 4332C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Mayer (Stuttgart) (Nr. 1822 der Drucksachen) 4332D Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 4332D Beschlußfassung 4333A Nächste Sitzung 4333C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Werner Jacobi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Dann ist es vielleicht noch schlimmer, wenn wir uns nicht einmal als Klippschüler bezeichnen können, also noch unter ihnen rangieren. Aber ich wollte damit andeuten, daß uns immer noch weitgehend die Möglichkeiten verbaut sind, d i e demokratische Ordnung zu praktizieren, die notwendig ist. Wir sollten deshalb jede Gelegenheit beim Schopfe greifen, um von uns aus in der Praxis Unzulänglichkeiten auszugleichen.
    Von den Gemeinden darf gesagt werden, daß sie die Nahtstelle zwischen Staat und Volk darstellen und daß sie den Bürger in eine lebendige, einsehbare, mit Augen und Händen greifbare Beziehung zu den öffentlichen Aufgaben bringen. Wenn gelegentlich je nach dem Standort der Betrachtung von der unwürdigen Rolle des Bundes oder der Länder als Kostgänger gesprochen wird, so ist dazu zu sagen: den Gemeinden fällt trotz der wesentlichen Steigerung ihrer Aufgaben, die sich aus Kriegs- und Nachkriegszeit ergeben, nur eine streng gesiebte Dosis von Brosamen zu. Sie sind auf die Stufe von Bettlern herabgesunken und müssen darauf achten — und wir alle sollten ihnen dabei helfen —, daß die geringen Rechte, die ihnen zugestanden sind, nicht nur gewahrt, sondern auch verteidigt werden können. Gerade bei der Gründung eines föderalistisch aufgebauten Staatssystems hätte es einen Anlaß gegeben, eine stärkere Fundierung und auch eine stärkere Anerkennung der kommunalen Selbstverwaltung im Grundgesetz vorzunehmen. Man hat jedoch bei der Stufung der Ebenen den Ländern die Kompetenz im Sachlichen und Finanziellen gegeben; immerhin hat man wenigstens im Art. 28 des Grundgesetzes eine klare und unmißverständliche Verpflichtung statuiert, die implizite eine institutionelle Garantie für die Gemeinden und Gemeindeverbände darstellt.
    Um diese Bestimmung des Art. 28 geht es bei dem Antrag meiner Freunde, den ich hier zu vertreten habe. Es mag zugegeben werden, daß es sich bei der Verfassungsbestimmung des Art. 28 um kein direkt ausgesprochenes Grundrecht handelt; dennoch kann kein Zweifel darüber bestehen, daß Art. 28 in der Wirkung eine Garantieerklärung enthält, insoweit also das Recht der Selbstverwaltung wie ein Grundrecht wirkt. Wie soll denn im übrigen, praktisch gesprochen, der Abs. 3, der den Bund zur Wahrung dieser Garantie auffordert und ermächtigt, ja mehr als das: verpflichtet, überhaupt anders verstanden werden können als in der Weise, daß neben anderen Möglichkeiten auch die Möglichkeit eröffnet wird, beim Verfassungsgerichtshof die Verletzung dieser Bestimmungen geltend zu machen? Ich brauche Ihnen den Wortlaut des Art. 28 nicht im einzelnen zu verlesen, weil ich der Auffassung bin, daß das Grundgesetz mindestens den Abgeordneten diese Hauses inzwischen in Fleisch und Blut eingegangen ist.
    Es ist so, daß der Abs. 3 des Art. 28 — ich sagte es schon — dem Bunde die Verpflichtung auferlegt, dafür Sorge zu tragen, daß die Selbstverwaltung in den Gemeinden und Gemeindeverbänden tätig werden kann. Wenn man sich fragt, wie der Bund diese Dinge praktizieren könne, so ist zu antworten, daß dem B u n d natürlich die Möglichkeit bleibt, etwa beim Verfassungsgerichtshof eine Klage anzustrengen, mit der er die Aufhebung von Ländergesetzen, ihre Erklärung als verfassungswidrig verlangt. Es bleibt dem Bund auch im Ernstfall die Möglichkeit der Bundesexekution. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden aber ist ohne eine ausdrückliche gesetzliche Regelung keinerlei Möglichkeit an die Hand gegeben, sich gegen Willkür, etwa von Landesgesetzgebern, beim Bundesverfassungsgericht zur Wehr zu setzen. Ich sagte, der Bund kann mit den Mitteln der Bundesexekution vorgehen. Aber nicht auf diesen nie vorkommenden klaren, sondern auf den oft vorkommenden unklaren Fall kommt es an. Die Anrufung des Bundesverfassungsgerichtshofes ist ein echter Akt der Gewährleistung — die der Bund im Grundgesetz übernommen hat —, der in irgendeiner Weise auch durch die Gemeinden und Gemeindeverbände praktiziert werden muß. Im Art. 28 ist — ich sagte es schon — eine Art Grundrecht statuiert, eine institutionelle Garantie, und wenn dem so ist, dann muß es für Gemeinden und Gemeindeverbände den Weg geben, sich auf diese Garantie zu berufen, die in ihrem innern Kern Grundrechtscharakter hat.
    Ich bitte also, dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion die Beachtung zu zollen, die ihm gebührt, und sich dabei darüber klar zu sein, daß


    (Jacobi)

    es keinerlei andere als allgemeinpolitische, als Erwägungen der Sorge gibt, die uns zu diesem Antrag bewogen haben.
    Lassen Sie mich abschließend an einigen wenigen Beispielen praktisch sichtbar machen, wie notwendig die von uns begehrte Regelung ist. Sagen Sie nicht, es seien keine Fälle denkbar, in denen die Gemeinden und Gemeindeverbände nicht den Anspruch darauf erheben müßten, sich zur Wehr zu setzen. Sagen Sie auf der andern Seite nicht, die Eröffnung der Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde einzulegen, führe zu einer unübersehbaren Kette von Rechtsstreitigkeiten.
    Zum letzteren nur dies. Wir haben diese Möglichkeit für die Gemeinden und Gemeindeverbände in der Zeit der Geltung der Weimarer Verfassung gehabt. Wir hatten den Art. 127. Wir hatten den Art. 19. Auf Grund dieser Bestimmungen, die es den Gemeinden und Gemeindeverbänden ermöglichten, ihr Recht beim Staatsgerichtshof des Reiches zu suchen, hat es nur etwa zwölf Fälle gegeben. Es kann also gar keine Rede davon sein, daß hier eine Fülle von Prozessen zu erwarten wäre, zumal die Gemeinden und Gemeindeverbände sich fraglos auch der kommunalen Spitzenverbände bedienen und lediglich Wert darauf legen würden, Musterprozesse durchzuführen. Aber ich muß Ihnen auch gestehen, meine Damen und Herren, daß dieses Argument im Grunde genommen vom rechtsstaatlichen Denken her ohne weiteres abgelehnt werden müßte. Denn wenn jemand Recht sucht, dann muß er es in einem Rechtsstaat finden. Eine Überlegung, daß ein Gerichtshof mit zuviel Klagen überzogen würde, ist keine Überlegung, die dem Charakter rechtsstaatlichen Denkens Rechnung trägt und eine entsprechende sachliche Stellungnahme zu einem Grundsatzproblem widerspiegelt. Praktisch wird es also nicht viel Fälle geben. Es kann aber solche Fälle geben.
    Ich könnte mir z. B. denken, daß ein Land die gesamte kommunale Personalwirtschaft aufhebt und beschließt, die Einstellung, Versetzung, Beförderung, Zur-Ruhesetzung, kurz alle Fragen, die mit den Personalien zusammenhängen, nicht mehr in den Händen der Gemeinden oder deren Parlamente oder Ausschüsse zu belassen, sondern diese Aufgaben durch einen staatlichen Apparat, etwa durch staatliche Personalämter, wahrnehmen zu lassen. Hier würde ein Wesenskern echter gemeindlicher Selbstverwaltung berührt, angebröckelt und zerstört sein; hier wäre ein Fall gegeben, bei dem die Gemeinden und Gemeindeverbände verpflichtet und berechtigt sein müßten, sich beim Bundesverfassungsgerichtshof gegen die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts zu wenden, das insoweit garantiert ist, auch wenn es nur eine institutionelle Garantie ist. Denn — ich sagte es schon - die personelle Seite ist ein wesentliches Kernstück der gemeindlichen Selbstverwaltung.
    Oder denken Sie an den Fall, daß ein Land auf die Idee kommt, unbeschadet der Eigenart unseres heutigen Steuersystems die Gemeinden von jeder einigermaßen ausreichenden finanziellen Zuweisung abzuschneiden und sie auf die eindeutig unzureichenden eigenen Steuerquellen zu verweisen. Auch hier wäre ein solcher Streitfall gegeben. Ein dritter Fall, der möglich erscheint: Ein Land hat die Idee, die kommunale Selbstverwaltung in jedem Einzelfall dazu zu zwingen, Entscheidungen, die sie trifft, an die staatliche Genehmigung zu binden. Hier läge ein außerordentlich wichtiger und möglicher, teilweise schon versuchter Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden vor,
    und es besteht begründeter Anlaß, zu fordern, daß
    sich hier die Gemeinden zur Wehr setzen können.
    Schließlich ein letzter Fall! In einem Lande wird durch Gesetz beschlossen, die Kreise schlechthin aufzuheben, ein Petitum, das gelegentlich von kreisangehörigen Städten gegen die Landkreise, die man für überflüssig und als lästige Aufsichtsinstanz ansieht, vorgebracht wird. Hier wäre ein Fall gegeben, bei dem man es begrüßen müßte, wenn ein Verfassungsgericht feststellen würde und könnte, ob hier ein elementarer Verstoß gegen das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung vorliegt.
    Abschließend bitte ich Sie, meine Damen und Herren, sich unseren Antrag wohlwollend zu überlegen und daran zu denken, daß es in der Tat wesentlich von Art und Umfang der gemeindlichen Arbeit abhängt, ob es uns gelingt, eine Demokratie von unten her, eine bürgerschaftsnahe Demokratie aufzubauen. Lassen Sie hier keine formalen Erwägungen gelten, sondern denken Sie an die politische Notwendigkeit — auch an die Verdrossenheit, die unten vielfach besteht, mindestens in bezug auf die Gemeinde und Gemeindeverbände —, ihren Aufgabenbereich und ihre Funktionen zu ändern. Machen Sie hier sichtbar, daß Sie begriffen haben: die kommunale Selbstverwaltung ist eine wesentliche Stütze einer lebendigen Demokratie. Stimmen Sie unserem Antrage zu!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Professor Laforet.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Laforet


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren! Ich bin mit den grundsätzlichen Darlegungen des Herrn Kollegen Jacobi über die Bedeutung der Selbstverwaltung, über die Bedeutung der Gemeinden im Staat und für die Gestaltung unserer Demokratie völlig einverstanden.

    (Zurufe von der SPD: Aber?)

    Aber

    (Heiterkeit)

    ich habe gegen die Fassung 'dieser Bestimmung erhebliche rechtliche Bedenken, und ich weiß, daß diese Bedenken auch von Kollegen aus Ihren Reihen geteilt werden.
    Das Gemeinderecht ist Recht der Länder. Art. 28 des Grundgesetzes legt den Ländern die Pflicht auf, die Grundsätze der Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände nach Maßgabe des Artikels 28 zur Geltung zu bringen. Die Aufsicht über die Gemeinden und Gemeindeverbände führen die Länderbehörden. Es ist Sache der Verwaltungsgerichte der Länder und im höchsten Rechtszug der Verwaltungsgerichtshöfe der Länder, die Gewähr zu geben, daß die Gemeindeaufsicht die Gesetze, vor allem die in den Ländern festgelegten Grundsätze der Selbstverwaltung, einhält. Das ist ganz außer Betracht geblieben.
    Wir haben jetzt in allen Ländern Verwaltungsgerichtsgesetze, nicht nur wir im Süden. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren hat gerade für die Gemeinden die Bedeutung, daß die Gemeindeaufsicht unter diese Rechtskontrolle gestellt ist. Gerade hier ist der Rechtsschutz in vollem Umfange gegeben. Ein erneuter, weiterer Schutz ist. so wie unsere Rechtsentwicklung jetzt nach völliger Ausgestaltung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgt ist, nicht mehr nötig. Das war früher an-


    (Dr. Laforet)

    ders. Jetzt haben wir auch dort, wo der Rechtsschutz nicht bestand, das Ergebnis, daß staatsaufsichtliche Akte, die in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde eingegriffen haben, aufgehoben werden und daß das Ziel, mit dem ich durchaus einverstanden bin, bereits erreicht ist, ohne daß wir den bedenklichen Weg gehen, hier die Grundsätze der Gestaltung der Länderbehörden zu verletzen.
    Aber, Herr Kollege Jacobi, noch ein anderes! Der Antrag gibt nicht nur die Möglichkeit eines Eingriffs gegen fehlerhafte Verwaltungsakte, sondern gegen jeden Gesetzgebungsakt, gegen jeden Rechtsprechungsakt. Das, was hier geschaffen werden soll, ist unabsehbar. So verstehen Sie bitte, daß auch überzeugte Kommunalpolitiker und Anhänger der Selbstverwaltung in der Eröffnung dieses Weges hier einen Fehler sehen. Ich kann nur raten, diesen Fehler nicht zu begehen, und ich bedauere, daß ich mich gegen diesen Antrag aussprechen muß.