Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man hätte annehmen dürfen, daß eine Gesetzesvorlage, die die innere Sicherheit der jungen demokratischen Republik Deutschland betrifft, die einmütige Zustimmung dieses Hohen Hauses finden würde. Leider ist dies nach den heutigen Ausführungen nicht der Fall. Ich hatte das um so mehr .angenommen, als gestern noch im Ausschuß für innere Verwaltung doch wohl kein Zweifel darüber bestand, daß die Bestrebungen des Herrn Innenministers, auf dem Wege über die Grenzschutzpolizei die Sicherheit im Innern zu gewährleisten, Zustimmung gefunden haben.
Um so überraschter war ich und waren sicher auch alle diejenigen Freunde, die gestern der Sitzung des Auschusses für innere Verwaltung beigewohnt haben, daß heute gerade Herr Kollege Menzel eine andere Haltung eingenommen hat, als
nach seinen gestrigen Ausführungen zu erwarten war.
Meine Damen und Herren, auch wir von der Freien Demokratischen Partei hätten lieber den Weg über die Verfassungsänderung beschritten, um dem Bund eine Bereitschaftspolizei zu geben.
Daran haben wir keinen Zweifel gelassen. Die Schwierigkeiten haben sich im Ausschuß für innere Verwaltung ergeben. Man konnte sich dort nicht einigen. Ich hoffe, daß eine Einigung in den nächsten Tagen oder Wochen doch noch möglich sein wird. Aber hier tut Eile not. Aus diesem Grunde hat man den Umweg gewählt, auf Grund von Art. 87 des Grundgesetzes eine Grenzschutzpolizei zu errichten. Darüber bestand gestern im Ausschuß volles Einverständnis.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich selbst habe der Delegation angehört, die vor 14 Tagen in Italien auf Einladung des italienischen Innenministeriums die dortigen Polizeiformationen besichtigt hat. Ich habe mich überzeugt — und ich glaube, wir alle, die wir dieser Delegation angehört haben, haben uns davon überzeugt —, wie einsatzfähig diese junge Polizeitruppe und wie ausgezeichnet ihr Geist ist. Wir haben die Einrichtungen kennengelernt, die zur Schulung dieser Polizeitruppen dienen. Wir haben die Schulen besucht. Wir haben auch verschiedenen Übungen beigewohnt und dabei die Schnelligkeit des Einsatzes mit eigenen Augen beobachten dürfen. Wenn ich daran zurückdenke, welch schlagkräftiges Instrument sich die italienische Regierung für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Innern geschaffen hat, so kann ich ein Gefühl der tiefen Beschämung nicht unterdrücken, wenn ich die heutige Debatte im Bundestag beobachte und feststelle, welchen Schwierigkeiten die junge Bundesrepublik Deutschland hier gegenübersteht, Schwierigkeiten, die sowohl von seiten der Länder wie auch von anderer Seite immer wieder gemacht werden. Gewiß, wir haben einen föderativen Staat. Man kann aber auch den Föderalismus überspannen und auf die Spitze treiben, so daß schließlich das Ganze darunter leiden muß. Es ist überraschend, festzustellen, daß nicht nur von seiten der historisch gewachsenen Länder eine gewisse Opposition gegen zu zentralistische Bestrebungen geltend gemacht wird, sondern daß gerade auch andere Länder, die mehr oder weniger durch Zufall entstanden sind, immer wieder ängstlich darüber wachen, ob nicht das eine oder andere ihrer Rechte verletzt wird.
Ich muß gestehen: meine Freunde und ich haben kein Verständnis für eine solche Überspitzung des Föderalismus, wie sie gerade in dieser für unser ganzes deutsches Volk lebenswichtigen Frage immer wieder in Erscheinung tritt. Ich glaube, es ist Zeit, auch einmal wieder an das Wort zu erinnern, das der Reichsfreiherr vom Stein vor nahezu 150 Jahren gesprochen hat, derselbe Stein, der in seinem Leben immer nassauischer Standesherr geblieben ist, der aber doch damals gesagt hat: Ich kenne nur ein Vaterland, und das heißt Deutschland! Darauf sollte man sich immer wieder besinnen und hier, wo es sich um die Sicherung dieses deutschen Vaterlandes, um die Sicherung der Weiterentwicklung der jungen Bundesrepublik und um die Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern handelt, nicht solche Schwierigkeiten machen.
Auf der anderen Seite besteht nun die Furcht, daß die Regierung oder die Regierungsparteien sich hier ein Machtinstrument schaffen könnten. Diese Furcht ist, wie schon wiederholt im Ausschuß erklärt worden ist, völlig unbegründet. Die Demokratie lebt durch das Wechselspiel der Kräfte, und was heute Opposition ist, kann morgen Regierung sein — und umgekehrt. Infolgedessen haben wir nicht das Interesse, durch dieses Instrument nur die Regierungsparteien oder die Regierung zu stützen, sondern die Demokratie als solche soll geschützt und gegen Angriffe im Innern gefeit werden.
Darum allein handelt es sich bei diesem Gesetz, und ich bitte doch, auf der Oppositionsseite dafür Verständnis aufzubringen. Das sollte auch bei der Zusammensetzung bzw. bei der Auswahl der Leute, die für die Polizei — —
— Darüber ist schon so viel gesprochen worden, Herr Kollege Schoettle, daß ich mich darauf beschränken kann, hier einige allgemeine Ausführungen zu machen. — Bei der Auswahl der Leute wird auch von uns Wert darauf gelegt, daß man nicht nach dem Parteibuch verfährt, sondern nur die Befähigung und die Integrität der Leute prüft. Gerade auf den letzten Begriff legen wir besonderen Wert, weil wir den Eindruck haben, daß bei den Landespolizeien gerade der Begriff der Integrität nicht überall entsprechend gewahrt worden ist.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Wir sind bereit, dem Herrn Innenminister jegliche Vollmacht zu gewähren, die er benötigt, um hier ein Instrument aufzurichten, das in der Lage ist, den Schutz unserer demokratischen Republik im Innern zu gewährleisten. Aus diesem Grunde stimmen wir dem Gesetz in der Fassung der Regierungsvorlage mit den Änderungen zu, die der Bundesrat vorgenommen hat und die die Regierung gebilligt hat.
Die Paßkontrolle — der Auffassung sind auch wir — muß in den Händen des Bundes bleiben. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Wenn das Haus brennt, muß der Schlüssel zum Spritzenhaus in den Händen eines einzelnen liegen, und das kann nur der Innenminister der deutschen Bundesrepublik sein.