Dann gebe ich mich zufrieden. Trotzdem bitte ich Sie, mich nach Möglichkeit nicht zu unterbrechen.
Sie waren und sind der Auffassung, daß dieser Brief ein entscheidender Beitrag zur Wiederherstellung der Einheit unseres deutschen Vaterlandes und zur Rettung unseres Volkes vor einem neuen, furchtbaren Weltkrieg ist.
Zahlreiche Entschließungen aus Betrieben und Massenorganisationen an den Herrn Dr. Adenauer, die Besuche vieler Delegationen bei ihm haben diese Überzeugung klar zum Ausdruck gebracht. Zahlreiche Persönlichkeiten des geistigen Lebens, der Kirche und der Wirtschaft haben diesen Brief und die darin enthaltenen, an keine Bedingungen geknüpften Vorschläge aufrichtig begrüßt und von der Adenauer-Regierung eine zustimmende Antwort erwartet. Zahllose zustimmende, hoffnungsfrohe Zuschriften an die westdeutsche Presse haben den Beweis erbracht, daß der Brief Otto Grotewohls das ausgesprochen hat, was die Mehrheit unseres Volkes wünscht.
Alle diese Menschen haben erwartet,
daß die Adenauer-Regierung ihre Stellungnahme zu diesem Brief — das Manuskript ist Ihnen im Original vom Bundeskanzler zugeleitet worden — vor dem Bundestag darlegt. Statt dessen hat Dr. Adenauer den Weg genommen, am 15. Januar 1951 vor dem Gremium einer Pressekonferenz eine Erklärung zu dem Brief Grotewohls abzugeben. Sieben lange Wochen hat er das Volk warten lassen, ehe er diese Erklärung zustande gebracht hat.
Das deutsche Volk in seiner überwältigenden Mehrheit war und ist der Überzeugung, daß die Regelung der im Grotewohl-Brief aufgeworfenen Fragen eine Sache des deutschen Volkes. eine innerdeutsche Angelegenheit ist. Deutsche Männer und Frauen aus West und Ost sollten sich — das schlägt Grotewohl vor — an einen Tisch setzen, um anläßlich der bevorstehenden Viermächtekonferenz vorher die einheitliche Auffassung des deutschen Volkes zur Frage des Abschlusses eines Friedensvertrages, des Abzuges aller Besatzungstruppen und zu den übrigen offenen Fragen von gesamtdeutschem Interesse auszuarbeiten und der Welt zu Gehör zu bringen.
Welche Ursachen waren dafür maßgebend, daß Dr. Adenauer diese brüskierende Art und Form der Behandlung des Grotewohl-Briefes gewählt hat? Wir wissen, daß Dr. Adenauer seine Stellungnahme zum Grotewohl-Brief unter die Auffassung der Hohen Herren Kommissare vom Petersberg gestellt hat.
Wir wissen, daß diese in den verschiedenen Phasen
und Formen, die diese Erklärung durchlaufen hat,
ständig das Interesse der westlichen Besatzungsmächte geltend gemacht und durchgesetzt haben.
Soweit deutscher Einfluß sich auf Form und Inhalt der Erklärung Dr. Adenauers ausgewirkt hat, wissen wir von dem unheilvollen Wirken gewisser deutscher Politiker der Regierungskoalition und der SPD-Fraktion.
Es ist sehr zu beklagen, daß Dr. Adenauer in dieser Lebensfrage unseres Volkes den Bundestag bisher vollkommen ausgeschaltet hat. Er hat es bekanntlich vorgezogen, seine Stellungnahme zu dem Brief Otto Grotewohls mit einem geheim tagenden, von ihm selbst bestimmten und zusammengesetzten interfraktionellen Gremium, dem die entschlossensten Verfechter der Ablehnung einer Wiederherstellung der deutschen Einheit angehört haben, laufend abzustimmen. Dieses interfraktionelle Gremium war kein vom Bundestag eingesetzter und bestätigter Ausschuß, — —