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ID0111301600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 113. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1951 4243 113. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1951. Geschäftliche Mitteilungen . 4244B, 4261B, 4270C Niederlegung des Abgeordnetenmandats des Abg. Zinn 4244B Änderung der Tagesordnung . . . . 4244C, 4256A Fortsetzung der zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Wahlprüfungsgesetzes (Nr. 983 der Drucksachen); Bericht des Wahlprüfungsausschusses (2. Ausschuß) (Nr. 1756 der Drucksachen) 4245D Dr. Mommer (SPD) 4246B Abstimmungen 4245D, 4246B Beratung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Verfügungen der Länder über Bundeseigentum (Nr.1748 der Drucksachen) 4246C Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Interpellant 4246D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4251C Dr. Gülich (SPD) 4253A Dr. Besold (BP) 4254C Dr. Laforet (CSU) 4255C Ausschußüberweisung 4256A Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Rückgabe der Insel Helgoland an ihre Bewohner (Nr. 1758 der Drucksachen) 4256A Beratung ausgesetzt 4256A Nichtzulassung des Antrags der WAV betr. Sitzung des Deutschen Bundestags auf Helgoland 4256A Erste Beratung der Ergänzungsvorlage der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplanes für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1784 der Drucksachen) 4256B Ausschußüberweisung 4256B Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Frey und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes betreffend Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948 (Nr. 1749 der Drucksachen) 4256B Ausschußüberweisung 4256C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung von Bundesdienststrafgerichten (Nr. 1754 der Drucksachen) 4256C Ausschußüberweisung 4256C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen über die Gründung einer Europäischen Zahlungsunion vom 19. September 1950 (Nr. 1655 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) (Nr. 1770 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums betr. Entschließung zum Abkommen über die Gründung einer Europäischen Zahlungsunion vorn 19. September 1950 (zu Nr. 1770 der Drucksachen) 4244C, 4256D zur Tagesordnung: Dr. Oellers (FDP) 4244C Dr. Pünder (CDU) 4244D Mellies (SPD) 4245B zur Sache: Dr. Pünder (CDU), Berichterstatter . 4256D Beschlußfassung 4259A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung (Nr. 1729 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) (Nr. 1808 der Drucksachen) 4259B Langer (FDP), Berichterstatter . . 4259B Beschlußfassung 4260B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Hilfsmaßnahmen für unwettergeschädigte Gebiete (Nrn. 1657, 1149 der Drucksachen) . . 4260B Wacker (CDU), Berichterstatter . . . 4260C Beschlußfassung 4261C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Verhandlungen über militärische Fragen (Nr. 1761 der Drucksachen) . . . . 4261C Fisch (KPD), Antragsteller 4261C Schröter (CDU) 4263B Renner (KPD) 4263C Übergang zur Tagesordnung 4263C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Schreiben des Ministerpräsidenten Grotewohl (Nr. 1762 der Drucksachen) . . 4263D Renner (KPD), Antragsteller . 4263D, 4265D Schröter (CDU) 4265C Übergang zur Tagesordnung 4266A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. zollfreie Einfuhr von Tabak, Kaffee und Tee im kleinen Grenzverkehr (Nr. 1777 der Drucksachen) 4266A Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 4266B, 4269C Schüttler (CDU) 4266D Heiland (SPD) 4267C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4268B Ausschußüberweisung 4270A Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 53) 4270A Beschlußfassung 4270C Beratung der Übersicht Nr. 16 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 45) . 4270C Beschlußfassung 4270C Nächste Sitzung 4270C Berichtigungen zum Schriftlichen Bericht des Wahlprüfungsausschusses über den Entwurf eines Wahlprüfungsgesetzes (Anlage zum Stenographischen Bericht der 112. Sitzung) 4270B Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Berichtigungen zum Schriftlichen Bericht des Wahlprüfungsausschusses betreffend Entwurf eines Wahlprüfungsgesetzes (Anlage zum Stenographischen Bericht der 112. Sitzung, Seite 4236): Seite 4238D Zeile 14 ist statt „nach der Erfahrung" zu lesen: durch das Verfahren; Seite 4239A Zeile 32 ist statt „Sondervorschrift„ zu lesen: Sollvorschrift; Seite 4240B Zeile 10 ist das Wort „seiner" zu streichen; Seite 4240B Zeile 11 ist statt „Anträge" zu lesen: Antrag; Seite 4241C Zeile 4 ist statt „bestehende Verfahren" zu lesen: Beschwerdeverfahren; Seite 4241C Zeile 20 ist statt „Bundestags" zu lesen: Bundesrats.
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    Rede von Dr. Wilhelm Gülich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Punkt 2 der heutigen Tagesordnung betrifft zweifellos eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte. Ich will im Augenblick nicht feststellen, welche Werte an ehemaligem Reichsvermögen verlorengegangen sind, noch jetzt den Verlust dieser Werte beklagen. Ich will nur eine Anmerkung politischer Art machen: daß auf dem Gebiet der Regelung der Vermögenswerte des ehemaligen Reiches und des ehemaligen Landes Preußen der Länderegoismus, der sich ja auch auf anderen Gebieten in furchtbarer Form gezeigt hat, dem föderativen Gedanken einen sehr schweren, ich hoffe, nicht tödlichen Schlag versetzt hat.
    Ich bin in der angenehmen Lage, namens der sozialdemokratischen Fraktion den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Höpker-Aschoff voll zustimmen zu können. Wir machen uns die von ihm vorgetragene rechtliche Auffassung zu eigen. Daher brauche ich auf die rechtliche Seite der Sache, wie ich mir ursprünglich vorgenommen hatte, nicht einzugehen. Aber selbst für den Fall, daß jemand diese rechtliche Würdigung formal nicht anerkennen sollte, ist doch über das Formalrechtliche hinaus, glaube ich, dieses noch wichtiger: Nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes mußte für die deutschen Länder das Grundgesetz die oberste Rechtsquelle sein. Ferner: Gewisse Länder wollen in die Verbindlichkeiten des früheren Reiches und des früheren Landes Preußen nicht eintreten, aber bei der Behandlung und Verwertung von deren Aktivwerten beanspruchen sie die eigene Zuständigkeit unter Berufung auf alliierte Gesetze. In dem Gesetz Nr. 19 der amerikanischen Zone, Art. XV Ziffer 20, steht aber der von Herrn Dr. Höpker-Aschoff erwähnte Generalvorbehalt. Diesen Generalvorbehalt erkennen die Länder, die sich auf die alliierte Gesetzgebung berufen, eigentümlicherweise nicht an. Man ist hier also in keiner Weise konsequent. Ich bin weiter der Meinung, daß um des Ansehens des neuen Staates willen und aus allgemeinen rechtspolitischen Erwägungen mit alliierten Gesetzen nicht mehr operiert werden sollte.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Das große ehemalige Reichs- und preußische Vermögen und die großen Beteiligungen sind unter einheitlicher Verwaltung gewesen, bis der Zusammenbruch und die Auflösung bzw. die Aufteilung des Territoriums des früheren deutschen Reiches in Zonen sie dieser einheitlichen Verwaltung entzogen. Aus dieser Einheitlichkeit müßte aber klar hervorgehen, daß ein so großes Vermögen auch nur einheitlich abgewickelt und in einzelnen Teilen nur von einer zentralen Stelle aus liquidiert werden kann, damit die notwendige Rationalisierung erfolgen und die dann unvermeidbare Neuordnung durchgeführt werden kann.
    Ich will hier nicht gegen die Länder opponieren. Aber die im Bundesrat herrschende Einstellung ist mir heute wieder klar geworden, als ich mir noch einmal den Sitzungsbericht der Sitzung des Bundesrates vom 18. August 1950 zur Hand nahm. In dieser Sitzung sagte der Herr Vorsitzende des vom Herrn Kollegen Dr. Höpker-Aschoff als „Stiefvaterkollegium" bezeichneten Bundesrates zu dem „Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen" nach Aufrufung des Punktes: „Sind dazu Ausführungen zu machen oder wollen wir gleich ablehnen?"

    (Heiterkeit und Zurufe.)

    Sie sehen, man war also ohne weiteres bereit, gleich abzulehnen.
    Bevor ich nun aus dem Gesagten einige Schlußfolgerungen ziehe, möchte ich noch auf eines hinweisen: Wir dürfen nicht immer nur von „Reichsvermögen" sprechen, sondern wir müssen dieses Reichsvermögen auch unterschiedlich betrachten; denn manche von diesen Vermögen, welche im Zuge der Aufrüstung geschaffen worden sind, können in Zukunft weder Reichs- noch Landesvermögen sein, sondern müssen eben liquidiert werden. Der Anschaulichkeit halber gebe ich ein Beispiel für viele:
    Im Jahre 1936 oder 1937 wurden der Stadt Mölln im Kreise Herzogtum Lauenburg mitten aus ihrem Stadtforst 200 ha herausgeschnitten, um eine Muna dort einzurichten. Nach dem Kriege, als ich Landrat des Kreises Lauenburg war, gelang es mir, gegen die Zusicherung, dieses gesamte Gebiet binnen eines Jahres zu entmilitarisieren, es für die Wirtschaft freizubekommen. Inzwischen ist eine ganz neue Stadt entstanden: 18 Industriebetriebe in 42 Häusern, 7 Gewerbebetriebe in 8 Häusern, 6 Handelsbetriebe in 7 Häusern, eine Bankfiliale in einem Hause, eine Postdienststelle. Eine Güterabfertigung ist im Augenblick im Entstehen. Von den 75 über der Erde liegenden, aber völlig eingeerdeten und zugewaldeten Bunkern wurde die Erde abgetragen, und aus jedem Bunker wurden 4 Wohnungen hergestellt. Nach meinen Erhebungen vom vorgestrigen Tage arbeiten in der Muna in Mölln jetzt 1025 Menschen. Es sind bereits über 4 Millionen D-Mark - überwiegend privates - Kapital dort investiert worden. Allein die „Möllner Textilwerke", die zum Phryx-Konzern gehören, beschäftigen dort 600 Personen. Nun kann man natürlich einen solchen Komplex in Zukunft nicht mehr als geschlossene Anlage bewahren. Ich habe vielmehr, als ich Unternehmer dafür geworben habe. immer gesagt: Ich werde mich dafür einsetzen, daß Sie später Ihr Areal als Eigentum oder im Erbbaurecht erwerben können." Ich möchte also dem Herrn Bundesfinanzminister die Anregung geben, diese Dinge auch zu prüfen und sie nicht generell und schematisch zu regeln.
    Ich komme jetzt zu den Schlußfolgerungen, die ich zu ziehen habe. Es besteht kein Zweifel, daß die endgültige Auseinandersetzung dieses gesamten großen Vermögenskomplexes mutmaßlich noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird. Andererseits darf meines Erachtens in diesem Hause kein Zweifel darüber bestehen, daß der gegenwärtige Zustand nicht fortgeführt werden kann. Es ist also notwendig, daß Klarheit geschaffen wird. Der Herr Bundesfinanzminister hat vorhin gesagt, welche Gesetze in Vorbereitung sind. Aber bevor diese Gesetze durchberaten und verabschiedet werden, müßten — ich stimme auch darin mit Herrn Kollegen Höpker-Aschoff überein — die vorhandenen Werte, soweit sie nicht bereits eindeutig Verwaltungsvermögen der Länder sind, beim Bund zusammengefaßt werden. Die Anlage zum Einzelplan XXIII des Bundeshaushaltsplans 1950 enthält den Wirtschaftsplan des Vermögensteiles „Ehemaliges Reichsvermögen (britische Zone) ohne Beteiligungen des ehemaligen Reichs und Preußens". Wenn ich mir diesen Wirtschaftsplan ansehe, so muß ich feststellen, daß er bereits ein gewaltiger Fortschritt ist. Aber ist es nicht grotesk, daß wir für die britische Zone einen solchen Wirtschaftsplan haben und für die beiden anderen Zonen nicht? Für die anderen Zonen brauchen wir ihn


    (Dr. Giilich)

    auch. Wir sollten überhaupt allmählich aufhören, in Zonen zu denken.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ein ähnlicher Wirtschaftsplan — das fordere ich — müßte also für 1951 auch für das Gebiet der Bundesrepublik aufgestellt werden.
    Es ist demnach zu fordern, daß alle Vermögenswerte einschließlich der Beteiligungen zunächst in eine einheitliche Bundesvermögensverwaltung übergehen, die am 1. April dieses Jahres eingerichtet sein sollte. Über das Strittige können wir dann. wenn der erste Schritt getan ist, in Ruhe verhandeln. Ich glaube ferner, daß der Herr Bundesminister der Finanzen dem Bundestag schleunigst den Entwurf eines Vorabgesetzes vorlegen sollte, damit die Verwaltung und die Haushaltsführung am 1. April in Kraft treten können. Selbstverständlich soll den Ländern nichts genommen werden, was den Ländern gebührt; aber des Bundes muß sein, was des Bundes ist. Ich empfinde es tief bedauerlich, wenn nicht gar als schandbar, daß sechs Jahre nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches. welches so gewaltige Vermögenswerte angesammelt hatte. daß anderthalb Jahre nach der Etablierung des Deutschen Bundestages und einer deutschen Bundesregierung die :e Frage noch immer nicht geklärt ist. Darum ist das oberste Gebot. Klarheit zu schaffen und alle Rechtsunsicherheiten zu beseitigen.
    Die Manager der einzelnen Liegenschaften und insbesondere der Betriebe mit den Beteiligungen haben — diesen Eindruck hat man oft - vielleicht größeres Interesse an der Stärkung oder Erhaltung ihrer Position als an den höheren Belangen des Ganzen, des Bundes.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wenn die Manager dieser Betriebe sich nun mit der Länderbürokratie zusammentun - und dieser Zusammenschluß scheint mir ziemlich sichtbar erfolgt zu sein —, dann werden Manager und Bürokratie zu einer gewissen Gefahr. Ich komme deshalb zu dem Schluß, daß es notwendig ist, den ganzen Fragenkomplex in Parlamentsnähe zu rücken. Es ist doch ein unerträglicher Zustand, daß der Deutsche Bundestag die Frage bis heute noch nicht entscheidend an sich gerissen hat. Ihre Verdienste, Herr Kollege Höpker-Aschoff, seien dabei nicht bestritten; Sie haben die Angelegenheit ja früher schon angeschnitten. Nachdem Länderregierungen und Bundesregierung das bisher nicht vermocht haben — für die Bundesregierung ist es außerordentlich schwer, gegen die Länderregierungen anzukommen; ich weiß das durchaus; ich bin nicht ganz ohne Erfahrungen auf diesem Gebiet —, bin ich der Meinung, daß nur die Heranziehung an den Bundestag uns zu einer schnellen und befriedigenden Lösung führen kann. Ich beantrage deshalb: Der Bundestag wolle beschließen, den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, den Haushaltsausschuß und — weil wichtige wirtschaftspolitische Fragen entschieden werden müssen — auch den Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu beauftragen, die Vermögensverhältnise und die Beteiligungen des ehemaligen Reiches und Preußens mit dem Ziel einer neuen Ordnung im Sinne des Grenclgeset7es zu prüfen. Ich gebe dabei die Anregung„ daß die drei Ausschüsse sich überlegen möchten, ob es nicht sinnvoll wäre. aus ihrer Mitte einen Unterausschuß ,,Ehemaliges Reichsvermögen" zu bilden der sich mit diesem gesamten Komplex unverzüglich zu befassen hätte.

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich bitte, mir diesen Antrag schriftlich zu geben, Herr Abgeordneter.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Besold.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Anton Besold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir waren erfreut, als der Interpellant heute seine Ausführungen mit dem Satz einleitete, daß wir doch im Grunde genommen alle Föderalisten seien, und wir waren überrascht, diese Äußerung hier im Bundestag zu hören.

    (Zurufe von der FDP: So?)

    Wir waren aber doch gleich wieder etwas ernüchtert, als wir vernehmen mußten, daß dieses föderalistische Denken sich nur in „preußischen Provinzen" bewegt hat.

    (Lachen bei der FDP.)

    Was hier zur Interpellation zu sagen ist, möchte ich vom Standpunkt der Länder aus etwas beleuchten. Ich möchte mich nicht mit den staatsrechtlichen und juristischen Auseinandersetzungen befassen, die sich bei der Auslegung der Militärregierungsgesetze und des Art. 134 des Grundgesetzes ergeben. Auf jeden Fall stehen wir auf dem Standpunkt, daß Art. 134 Abs. 1 des Grundgesetzes nur Richtlinien geben kann und daß Art. 134 Abs. 4 maßgebend für die Regelung der Eigentumsverhältnisse ist.
    Folgende Gedanken wären hier noch zu berücksichtigen. Ich weiß nicht, ob der Bund so ausschließlich das Recht geltend machen soll, in all diesen Dingen Rechtsnachfolger des Dritten Reiches zu sein.

    (Zuruf von der FDP: Aber Bayern!)

    Man muß doch berücksichtigen, wie sich diese Vermögenswerte zusammensetzen. Es sind Truppenübungsplätze und Militärflugplätze mit allen dazugehörigen Anlagen, Kasernenbereiche, Verpflegungsämter, Kriegsstraßen, Magazine usw. Sie wissen, in welcher Art und Weise diese Liegenschaften den einzelnen Privateigentümern genommen worden sind. Zum großen Teil fehlt noch die Übertragung im Grundbuch. Verschiedene Privateigentümer sind überhaupt noch nicht entschädigt. Hier ist damals Privateigentum in einer Art und Weise zum Reichsvermögen geworden, die sich der Bund als Rechtsnachfolger nicht zu eigen machen sollte.

    (Zurufe von der FDP und von der SPD: Aber Bayern!)

    Ich rede jetzt nicht von den Ländern, sondern überhaupt von der Frage, wer rechtlich Eigentümer ist.

    (Zuruf von der FDP: Herrenloses Eigentum!)

    Auf der anderen Seite ist insbesondere bei den in der Viag zusammengefaßten Unternehmungen zu berücksichtigen, daß es sich dort — zumal im bayerischen Bereich — in erster Linie um Elektrizitäts-, Versorgungsbetriebe und Werke handelt, die auf der Elektrizität aufbauen und zum Teil deswegen nach Bayern gekommen sind, also zum Beispiel die Vereinigten Aluminiumwerke und die Süddeutschen Kalkstickstoffwerke AG. In den anderen Ländern — darauf möchte ich besonders hinweisen —, z. B. in Württemberg-Baden, in Nordrhein-Westfalen, gehören die Elektrizitätsunternehmen dem Staat oder den Kommunalverbänden. Nur in Bayern soll hier eine reine Zentralisierung vorgenommen werden.

    (Zuruf von der SPD: Weil die Bayern zentralistisch sind!)

    Ich möchte also im Hinblick auf diese Ausführungen
    die Mahnung aussprechen, man sollte bei der Rege-


    (Dr. Besold)

    lung der Rechtsnachfolge des Dritten Reiches nicht so rücksichtslos verfahren,

    (Lachen bei der FDP.)

    daß dessen brutale wirtschaftliche und politische Machtkonzentration erneuert wird.

    (Abg. Schoettle: Das kann man kürzer fassen: Was wir haben, wollen wir behalten! Heiterkeit.)

    Noch eine zweite Überlegung ist anzustellen. Man hat brandmarken wollen, daß die Länder hier nicht ordnungsgemäß verwaltet hätten.

    (Hört! Hört! bei der FDP.)

    Meine Damen und Herren, wäre es in diesen Zeiten nach dem Zusammenbruch richtiger gewesen, zu warten, bis die Rechtsfrage gelöst wird, und diese Gelände alle tot liegen zu lassen, oder war es nicht zweckmäßiger, hier wirtschaftlich und sozial rasch zu handeln?

    (Zurufe von der FDP.)

    Sinn und Zweck der Verwaltung war doch die Nutzbarmachung der Gelände, Bauten und Einrichtungen für die heimische Wirtschaft und die Bevölkerung. Das war wichtiger; und wenn in dem einen oder anderen Fall vielleicht Beanstandungen zu machen wären, so möge man doch das Große, nämlich die wirtschaftlichen und sozialen Erfolge betrachten.
    Ich möchte nur einige Zahlen in Verbindung mit der Verwaltung dieser Vermögenswerte in Bayern nennen. Ich entnehme diese aus dem Bayerischen Staatsanzeiger vom 5. August 1950. Am 1. April 1950 hatten auf ehemaligen Reichsliegenschaften in Bayern rund 42 000 Personen, meist Flüchtlinge, in 10 820 Wohnungen neue Heime gefunden. In 76 Lagern harren noch 28 500 Menschen auf wirklichen Wohnraum, haben aber doch damals ein provisorisches Obdach erhalten. Fast 3000 Betrieben konnten Platz und zum Teil Hilfseinrichtungen geboten werden, wodurch 37 000 Personen Arbeit und Verdienst und damit viele Flüchtlingsfamilien eine neue Lebensgrundlage fanden. Die Spanne der gewerblichen Betriebe reichte kleinsten
    Ein-Mann-Handwerksbetrieb bis zum Zweigunternehmen von Weltfirmen mit Hunderten von Arbeitskräften.
    Ich glaube, daß hier das Eingreifen der Länder weit richtiger war als ein Warten darauf, daß endlich der Bund etwas unternimmt; denn dann hätten zuerst die Rechtsfragen gelöst werden müssen.

    (Zuruf von der FDP.)

    Man muß damit rechnen, daß im Zuge der Entflechtung sehr schwierige Fragen auftreten werden, weil auf Grund dieser volkswirtschaftlich vertretbaren, nun einmal gegebenen Tatsachen viele Investierungen gemacht worden sind. Privatleute und Unternehmungen haben durch eigene Initiative und mit eigener Arbeit Bauten errichtet. Es sind hier Investierungen gemacht. worden, die der gesamten Volkswirtschaft von Nutzen waren und zu einer Besserung der sozialen Verhältnisse geführt haben. Hier kann nun nicht brutal eine „Verreichlichung" erfolgen, ohne daß die besonderen Interessen der Länder — und nur von diesem Gesichtspunkt aus kann man die einzelnen Fragen betrachten - wahrgenommen werden.
    Wichtig ist also nicht die Lösung der Rechtsfrage, sondern eine im wirtschaftlichen und sozialen Sinne vernünftige Lösung. Wichtig ist allein die volkswirtschaftliche und die soziale Seite. Die vordringlichste Frage ist: Wie werden diese Werte am besten zum allgemeinen Nutzen verwendet zur Abhilfe gegen den Arbeitsplatz- und Wohnungsmangel? Bei der Unzahl individueller Einzelfragen, rein örtlicher oder regionaler Probleme - Industrieplanungen, Flüchtlingsdruck usw. — wird eine zentrale Verwaltungsentscheidung praktisch immer mit geringerem Wirkungsgrad arbeiten als die ortsnahe und deshalb zuständige Stelle. Dies vor allem wird über die rein juristische Eigentumsentscheidung hinaus zu beachten sein, die den primären wirtschaftlichen und sozialen Erfordernissen anzupassen wäre.

    (Beifall bei der BP.)