Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Es ist meine Aufgabe, den dritten Teil des Gesetzes über den Bundesverfassungsgerichtshof hier vorzutragen. Herr Kollege Dr. von Merkatz hat von hoher Warte und mit von größter Sachkenntnis und rechtsgeschichtlicher Kenntnis ausgezeichneten gedankenreichen Ausführungen den Aufbau und die Aufgaben des Bundesverfassungsgerichtshofes geschildert. Herr Kollege Professor Dr. Wahl hat in äußerst klarer Weise die allgemeinen Verfahrensvorschriften dargestellt. Es ist meine Aufgabe, Ihnen nun die besonderen Verfahrensvorschriften vorzutragen. Ich muß mich hierzu auf die Ebene der praktischen Durchführung dieses Gesetzes begeben und bitte Sie, mir dahin zu folgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die allgemeinen Verfahrensvorschiften, die Herr Kollege Professor Dr. Wahl hier vorgetragen hat, gelten auch für den dritten Teil des Gesetzes, soweit dort .nicht besondere Vorschriften für die Einzel-
getroffen worden sind. In Art. 93 des Grundgesetzes ist die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichtshofes geregelt. Die dort gegebenen Zuständigkeiten sind nicht erschöpfend, sondern im Grundgesetz findet sich eine Reihe von weiteren Bestimmungen, die wiederum eine Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts begründen. Verschiedene dieser Fragenkomplexe hängen aufs engste miteinander zusammen, so insbesondere die Anklage gegen den Bundespräsidenten und die Richteranklage; die Normenkontrolle, sei es, daß sie von einem obersten Bundesorgan oder von einem Gericht beantragt wird; so auch die Bestimmungen über die Verwirkung der Grundrechte und die Vorschriften über das Parteienverbot. Ich werde mich in meinem Vortrag an die Reihenfolge halten, die in der Vorlage, welche Ihnen heute vorliegt, eingehalten ist.
Ich komme nun zunächst zu dem ersten Abschnitt, zu § 13 Nr. 1. Hier ist unter Bezugnahme auf Art. 18 des Grundgesetzes die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für Entscheidungen über die Verwirkung von Grundrechten behandelt. Bei Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 1 kann die Verwirkung bestimmter Grundrechte durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden, nämlich dann, wenn diese Grundrechte zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht worden sind. Nach den Bestimmungen des § 15 Abs. 2 kann die Verwirkung der Grundrechte nur mit einer Mehrheit von 8 Stimmen, also mit der in den allgemeinen Verfahrensvorschriften für eine Entscheidung zum Nachteil des Antraggegners vorgesehenen Mehrheit beschlossen werden.
Der Ausspruch der Verwirkung von Grundrechten bedeutet eine so schwerwiegende Maßnahme, daß das Antragsrecht nur in die Hand der obersten Staatsorgane gelegt werden konnte, denen der Schutz des Staates obliegt. Demnach kann der Antrag nach § 36 nur vom Bundestag, von der Bundesregierung oder von einer Landesregierung gestellt werden. Die ursprüngliche Fassung des Regierungsentwurfs hatte auch einer Minderheit des Bundestages, die wenigstens ein Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl umfaßt, ein Antragsrecht zugebilligt. Der Ausschuß glaubte aber, nicht so weit gehen zu sollen, sondern er folgte hier der Anregung des Bundesrates, der angesichts der schwerwiegenden Bedeutung der Verwirkung von Grundrechten das Antragsrecht ausschließlich der Mehrheit des Bundestages vorbehalten wollte. Die schwierige Auslegung des Begriffs „Mißbrauch von Grundrechten zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" wurde bewußt der Rechtsprechung überlassen.
Der Ausschuß hat eine neue in § 37 verankerte Bestimmung in die ursprüngliche Regierungsvorlage aufgenommen. Danach muß dem Antragsgegner binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden. Das Bundesverfassungsgericht hat sodann zu beschließen, ob der Antrag als unzulässig oder als nicht hinreichend begründet zurückzuweisen oder ob die
Verhandlung durchzuführen ist. Durch diese Bestimmung ist analog dem Eröffnungsbeschluß im Strafverfahren eine Art Vorprüfung eingeführt worden. Es soll einer Überlastung des Bundesverfassungsgerichts vorgebeugt und gleichzeitig dem Angeklagten rechtliches Gehör gewährt werden. Man wollte also vermeiden, daß jemand ohne hinreichenden Grund vor das Bundesverfassungsgericht geladen wird. So bedeutet dieser § 37 einmal eine Erschwerung des Entziehungsverfahrens und zum andern einen Schutz des Angeklagten.
In dem nun folgenden § 39 wird der mögliche Inhalt und die Wirkung einer die Verwirkung eines Grundrechtes aussprechenden Entscheidung bestimmt. Es bestand Einigkeit darüber, daß die vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Maßnahmen keine strafrechtliche Diskriminierung bedeuten, wie dies z. B. bei Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte im Strafrecht der Fall ist. Der Ausspruch der Verwirkung beseitigt die besondere Rechtsgarantie, die für den einzelnen in den Grundrechten enthalten ist. Sie beseitigt somit die Schranke, die dem Gesetzgeber, der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit durch die Grundrechte gezogen ist. Da nach Art. 18 des Grundgesetzes auch das Ausmaß der Verwirkung durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden soll, bestehen keine Bedenken, dem Bundesverfassungsgericht auch die Möglichkeit zu geben, dem Antragsgegner nach Art und Dauer genau bezeichnete Beschränkungen aufzuerlegen, soweit diese Beschränkungen nicht andere als die verwirkten Grundrechte beeinträchtigen.
Nach längeren Beratungen hat der Ausschuß die Ihnen nunmehr vorliegende Formulierung ge) wählt, und zwar davon ausgehend, daß, soweit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts konkretisiert ist, die Verwaltungsbehörden zum Einschreiten gegen den Antragsgegner keiner weiteren rechtlichen Grundlage mehr bedürfen, daß sie aber in jedem anderen Fall an das Gesetz gebunden sind. Art. 20 des Grundgesetzes bleibt also auch in diesen Fällen voll wirksam. Wenn nun z. B. das Bundesverfassungsgericht lediglich die Verwirkung des Grundrechts der Redefreiheit ausspricht, so bedarf die Verwaltungsbehörde zum Einschreiten gegen den Antragsgegner nach wie vor einer gesetzlichen Grundlage. Sie bleibt also an das Versammlungsordnungsgesetz gebunden. Hat aber das Bundesverfassungsgericht gleichzeitig ausgesprochen, daß dem Antragsgegner auf gewisse Zeitdauer das Reden in politischen Versammlungen untersagt ist, dann kann die Verwaltungsbehörde auf Grund dieses Ausspruchs ohne weiteres gegen den Redner einschreiten.
Nach Art. 18 des Grundgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht nicht nur die Verwirkung der Grundrechte, sondern auch deren Ausmaß zu bestimmen. Daraus ergibt sich erstens: Das Ausmaß der Verwirkung umschließt auch den Ausspruch einer Teilverwirkung. Wenn z. B. ein hervorragender Arzt eine ausgesprochen antidemokratische Partei propagiert, so kann ihm wohl das Recht der politischen Meinungsäußerung abgesprochen, es kann ihm aber nicht verboten werden, in medizinischen Fachzeitschriften medizinische Artikel zu schreiben. Eine derartige Teilverwirkung eines Grundrechts kann bereits im Urteil konkretisiert werden.
Zweitens: Es bestand im Ausschuß trotz vorgebrachter Bedenken schließlich kein Zweifel darüber, daß dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit gegeben werden müsse, auf die Dauer der Verwirkung der Grundrechte auch das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter abzuerkennen oder auch die Auflösung juristischer Personen anzuordnen. Wahlrecht und Wählbarkeit sind keine Grundrechte, da sie nicht in die im ersten Teil des Grundgesetzes behandelten Rechte mit einbezogen sind. Man war sich darüber klar, daß der Gefahr, eine freiheitliche Demokratie durch Mißbrauch ihrer Grundlagen aus den Angeln zu heben, vorgebeugt werden müsse. Will man aber eine Schranke gegen den Mißbrauch der freiheitlichen Rechte errichten, dann muß dieser gesetzgeberische Wille auch bei der Durchführung entsprechende Wirksamkeit erhalten. Wenn man schon einem Staatsbürger das Recht der Meinungsfreiheit und andere Grundrechte beschneiden kann, so muß erst recht das nicht unter den Begriff der Grundrechte fallende Recht, das aktive und passive Wahlrecht, aberkannt werden können. Dies liegt im Begriff der Verwirkung der Grundrechte. Daher trug der Ausschuß keine Bedenken, die Folgen der Verwirkung der Grundrechte und ihr Ausmaß durch einfaches Bundesgesetz zu bestimmen.
Es erwies sich als notwendig, die Mindestdauer der Verwirkung auf ein Jahr festzulegen. Ist die Verwirkung zeitlich nicht befristet oder für einen längeren Zeitraum als ein Jahr ausgesprochen, so mußte dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit gegeben werden, auf Antrag die Verwirkung ganz oder teilweise aufzuheben oder in ihrer Dauer abzukürzen. Von dieser Möglichkeit kann aber das Bundesverfassungsgericht nach § 40 erst Gebrauch machen, wenn seit dem Ausspruch der Verwirkung zwei Jahre verflossen sind.
In § 41 wurde sodann bestimmt, daß nach einer sachlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über einen Antrag ein solcher gegen den gleichen Antragsgegner nur dann wiederholt werden kann, wenn er auf neue Tatsachen gestützt wird. Diese Bestimmung greift z. B. dann Platz, wenn eine Untergrundbewegung neuerdings nachgewiesen werden kann.
In § 42 sind sodann die Strafbestimmungen für den Fall vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder gegen die im Vollzug der Entscheidung getroffenen Maßnahmen festgelegt.
Meine Damen und Herren, ich komme nun zum zweiten Abschnitt, § 13 Nr. 2. Der Antrag auf Entscheidung, ob eine Partei verfassungswidrig ist, kann — ähnlich wie im Falle der Grundrechtsverwirkung — nur vom Bundestag, dem Bundesrat und von der Bundesregierung gestellt werden. Nach dem Beschluß des Ausschusses kann eine Landesregierung den Antrag gegen eine Partei nur dann stellen, wenn sich deren Organisation auf das Gebiet eben dieses Landes beschränkt. Man ging hierbei von der Auffassung aus, daß nur die Stelle, die regional wirklich mit der Sache zu tun hat, den Antrag stellen kann. Gerade mit dieser Einengung wird den berechtigten Interessen der Länder Rechnung getragen. Falls sich jedoch die Organisation auf mehrere Länder erstreckt, so ist der Bundesrat in der Lage, von sich aus durch Antragstellung einzugreifen. Ich möchte hier betonen, daß es für eine dem Antragsgegner nachteilige Entscheidung, ebenso wie im Falle der Verwirkung eines Grundrechtes, auch hier entspre-
chend § 15 Abs. 2 einer Mehrheit von acht Stimmen, also einer qualifizierten Mehrheit bedarf.
Der Ausschuß hielt es zur Sicherstellung der Durchführung des Verfahrens für notwendig, die Vertretungsberechtigung für den Fall, daß sich die Partei auflöst und niemand mehr da ist, gegen den vorgegangen werden kann, festzulegen. Als vertretungsberechtigt gelten in derartigen Fällen die Personen, die die Geschäfte der Partei, die den Antrag veranlaßt hat, zuletzt tatsächlich geführt naben.
In § 45 sind ähnliche Bestimmungen über einen Eröffnungsbeschluß, wie dies im Verfahren wegen Verwirkung der Grundrechte festgelegt ist, getrof f en.
Der Ausschuß war der Meinung, daß es, falls sich der Antrag als begründet erweist, genügt, wenn das Bundesverfassungsgericht die Vertassungswidrigkeit der politischen Partei feststellt. Mit dieser Feststellung ist nach Auffassung des Ausschusses in jedem Falle das Parteiverbot zu verbinden. Dagegen ist die Einziehung des Vermögens der Partei fakultativ. Im Ausschuß wurde die Bestellung von Treuhändern für das Parteivermögen erwogen. Man hat aber von einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung abgesehen, da notfalls das Bundesverfassungsgericht im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 32 entsprechende Maßnahmen treffen kann. Für den Fall der Einziehung des Vermögens wurde die Regierungsvorlage dahin ergänzt, daß das eingezogene Vermögen nur zu gemeinnützigen Zwecken verwendet werden darf. Das Verbot kann sich auch auf einen rechtlich und organisatorisch selbständigen Teil einer Partei beschränken.
Ein Mandatsverlust kann nach der Gesetzesvorlage in diesem Falle nicht ausgesprochen werden. Ein solcher kann sich aber aus einem Verfahren wegen Verwirkung der Grundrechte gegen den einzelnen Angehörigen der Partei ergeben, wenn ihm die Wählbarkeit abgesprochen wird. Das Verbot der Partei als solcher zieht nicht den Verlust des Mandats ihrer Abgeordneten nach sich.
Die Bestimmungen des § 38, wonach nach Eingang des Antrages von dem Bundesverfassungsgericht eine Beschlagnahme oder Durchsuchung nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung angeordnet werden kann, gelten für den zweiten Abschnitt, den ich soeben vorgetragen habe, entsprechend.
Ich komme zu dem dritten Abschnitt, § 13 Nr. 3, der sich mit der Wahlprüfung befaßt. Nach Art. 41 des Grundgesetzes ist die Wahlprüfung Sache des Bundestags. Gegen dessen Entscheidung ist die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig. Das Wahlprüfungsgesetz sieht vor, daß jeder einzelne Wahlberechtigte das Anfechtungsrecht hat. Wenn nun das Wahlprüfungsgesetz dem einzelnen Wahlberechtigten das Anfechtungsrecht zuspricht, so kann ihm nach Auffassung des Ausschusses auch das Einspruchsrecht gegen die Entscheidung des Bundestags nicht entzogen werden. Doch hielt man es, um querulatorische Anträge möglichst einzudämmen, für notwendig, eine Beschwerde des einzelnen davon abhängig zu machen, daß mindestens 100 Wahlberechtigte der Beschwerde beitreten. Im übrigen steht die Beschwerde gegen den Beschluß des Bundestags dem Abgeordneten, dessen Mitgliedschaft bestritten ist, einer Fraktion oder einer mindestens ein Zehntel der gesetzlichen Mitgliederzahl umfassenden Minderheit des Bundestags zu. Die Einspruchsberechtigten kraft Amtes, also die Landeswahlleiter, der Bundeswahlleiter und der Minister, haben kein Beschwerderecht. Die Ausschlußfrist von einem Monat wurde für angemessen und notwendig gehalten.
Der vierte Abschnitt, § 13 Nr. 4, befaßt sich mit der Anklage gegen den Bundespräsidenten. Ähnlich gestaltet ist § 13 Nr. 9, der sich mit der Richteranklage befaßt. In beiden Fällen gelten die Bestimmungen des § 15 Abs. 2, wonach nur eine qualifizierte Mehrheit von acht Stimmen eine Verurteilung aussprechen kann. Nach Art. 61 des Grundgesetzes können der Bundestag oder der Bundesrat den Bundespräsidenten wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen Bundesgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht anklagen. Damit ist das Recht der Anklageerhebung genau umgrenzt, so daß eine nochmalige Hervorhebung in dem jetzt zur Beratung stehenden Gesetzentwurf nicht notwendig war.
Art. 61 des Grundgesetzes enthält bereits Bestimmungen über das Recht, den Antrag auf Erhebung der Anklage zu stellen. Die Mehrheit, deren der Beschluß auf Erhebung der Anklage bedarf, ist dort ebenfalls festgelegt. Art. 61 des Grundgesetzes bestimmt weiter, daß die Anklage von einem Beauftragten der anklagenden Körperschaft erhoben wird. Der Ausschuß hat den in § 43 der ursprünglichen Vorlage vorgesehenen Abs. 4 mit Rücksicht auf diese Bestimmung des Grundgesetzes gestrichen, die die Vertretung der Anklage durch die anklagende Körperschaft unmittelbar festlegt. Im übrigen regelt g 49 die Förmlichkeit für die Erhebung der Anklage innerhalb der vom Grundgesetz gesteckten Grenzen. Die vom Präsidenten der die Anklage erhebenden Körperschaft gefertigte Anklageschrift muß die Feststellung enthalten, daß der Beschluß auf Erhebung der Anklage mit der Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestags oder mit der Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrats gefaßt worden ist. Obwohl in Art. 121 des Grundgesetzes festgelegt ist, daß die Mehrheit der Mitglieder des Bundestags im Sinne des Grundgesetzes immer die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl bedeutet, hat der Ausschuß es doch für richtig gehalten, in § 49 Abs. 3 ausdrücklich hervorzuheben, daß die notwendige Mehrheit zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestags bedeutet. In § 50 und in den folgenden Bestimmungen ist statt „gesetzgebende Körperschaft" der Ausdruck „antragsberechtigte Körperschaft" gewählt.
Gewisse Schwierigkeiten hat die Frage bereitet, wann der der Anklage zugrunde liegende Sachverhalt der antragsberechtigten Körperschaft bekannt geworden ist. Die Körperschaft als solche kann natürlich keine Kenntnis erhalten. Kenntnis erhalten können immer nur ihre Mitglieder oder das vertretungsberechtigte Organ. Der Ausschuß hat den Standpunkt vertreten, daß diese Frage der Praxis überlassen werden sollte.
In § 51 ist gesagt, daß die Einleitung und Durchführung des Verfahrens durch den Rücktritt des Bundespräsidenten, durch sein Ausscheiden aus dem Amt oder durch Auflösung des Bundestags oder . den . Ablauf seiner Wahlperiode nicht berührt wird. Damit steht dieses Gesetz im GegenSatz zu den meisten Disziplinargesetzen, in denen vorgesehen ist, daß das Disziplinarverfahren bei dem Ausscheiden des Antragsgegners aus dem Amt
eingestellt wird. Die vorliegende Bestimmung war daher notwendig, um festzulegen, daß im Gegensatz zu den Disziplinargesetzen das Ausscheiden des Bundespräsidenten aus seinem Amt das Verfahren gegen ihn nicht berührt. Die in der ursprünglichen Fassung der Vorlage für die Zurücknahme der Anklage vorgesehene qualifizierte Mehrheit des Bundestags oder des Bundesrats wurde dahin abgeändert, daß dieser Beschluß nur der einfachen Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestags oder der Mehrheit der Stimmen des Bundesrats bedarf.
Wenn in § 52 Abs. 2 ausgesprochen ist, daß die Anklage vom Präsidenten der antragstellenden Körperschaft durch Übersendung einer Ausfertigung des Beschlusses an das Bundesverfassungsgericht zurückgenommen wird und der Bundespräsident innerhalb eines Monats widersprechen kann, so ist für den Beginn dieser Frist der Eingang der Zurücknahme der Anklage zu verstehen. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß dies genügend deutlich in der Fassung des § 52 Abs. 2 und 3 zum Ausdruck kommt.
In § 53 wird bestimmt, daß nach Erhebung der Anklage das Bundesverfassungsgericht durch einstweilige Anordnung verfügen kann, daß der Bundespräsident an der Ausübung seines Amtes verhindert ist. Diese einstweilige Anordnung beruht auf Art. 61 Abs. 2 des Grundgesetzes. Die allgemeinen Grundsätze des § 32 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof finden hier keine Anwendung. Einengende Voraussetzungen für diese einstweilige Anordnung gegenüber dem Grundgesetz zu schaffen, war nicht möglich. Eine qualifizierte Mehrheit für eine Verlängerung der einstweiligen Anordnung kam daher auch nicht in Betracht.
Die in § 54 erwähnte Voruntersuchung konnte nach Auffassung des Ausschusses nur einem dem Spruchsenat nicht angehörenden Richter anvertraut werden. Es wurde daher ausdrücklich festgelegt, daß die Voruntersuchung einem Richter des Ersten Senats, der im Verfahren gegen den Bundespräsidenten nicht erkennt, zu übertragen sei.
Nach § 55 kann gegen den Bundespräsidenten auch verhandelt werden, wenn er unentschuldigt ausbleibt oder wenn er sich ohne ausreichenden Grund vorzeitig entfernt. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß bei richtiger Auslegung des Wortes „unentschuldigt" das Bundesverfassungsgericht eine Lösung finden wird, falls der Präsident sich mehrmals entschuldigt, so daß eine Verhandlung nicht stattfinden könnte.
Nach der ursprünglichen Vorlage sollte der Berichterstatter die Anklageschrift verlesen. Der Ausschuß entschied sich dafür, daß der Beauftragte der antragstellenden Körperschaft die Anklage vorträgt.
Nun zum Urteil selbst. Nach § 56 ist im Urteil festzustellen, ob der Bundespräsident einer vorsätzlichen Verletzung des Grundgesetzes oder eines genau zu bezeichnenden Bundesgesetzes schuldig ist. Der in der Vorlage vorgesehene Fall der Freisprechung wurde abgelehnt, da das Verfahren nicht mit einem Strafverfahren identifiziert werden sollte. Für den Fall, daß das Verhalten des Bundespräsidenten objektiv eine Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen Bundesgesetzes darstellt, dem Bundespräsidenten aber ein Vorsatz nicht nachgewiesen werden kann, hat nach Auffassung des Ausschusses der Urteilstenor dahin zu lauten, daß der Bundespräsident weder das Grundgesetz noch ein Bundesgesetz vorsätzlich verletzt hat. In' den Gründen des Urteils ist dann allerdings auszuführen, daß zwar eine objektive, nicht aber eine subjektive Verletzung des Grundgesetzes oder eines Bundesgesetzes nachgewiesen ist. Der Ausschuß hat den in der Vorlage gewählten Ausdruck der Verletzung eines genau zu bezeichnenden Bundesgesetzes ausdrücklich aufgenommen, da er in dieser Abweichung von dem Text des Grundgesetzes eine Verletzung des Grundgesetzes nicht erblickt hat. Der Gang der mündlichen Verhandlung ist im § 55 in den Grundzügen geregelt.
Nach § 57 ist eine Ausfertigung des Urteils samt Gründen dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung zu übersenden. Man war sich darüber einig, daß die allgemeinen Verfahrensvorschriften des § 30 Abs. 2, wonach alle Entscheidungen den Beteiligten zuzustellen sind, auch hier anwendbar sind. Die Zustellung als solche hat selbstverständlich eine andere Rechtswirkung als die Übersendung. Trotzdem hielt man die Übersendung an Bundesrat und Bundestag für notwendig, da diese Körperschaften möglicherweise staatsrechtliche Maßnahmen zu treffen haben. Eine besondere Erwähnung des Bundespräsidenten in § 57 erschien nicht notwendig, da dem Bundespräsidenten als Beteiligten ohne weiteres nach § 30 Abs. 2 die Entscheidung zugestellt werden muß.
Ein Wiederaufnahmeverfahren im Falle der Anklage gegen den Bundespräsidenten wurde nicht vorgesehen. Der Ausschuß war der Auffassung, daß in derartig hochpolitischen Fällen ein solches Verfahren nicht denkbar ist, da man den Bundespräsidenten später nicht wieder in sein Amt einsetzen könne. Es handelt sich dann eben um einen irreparablen staatsrechtlichen Vorgang. Auch für den Fall, daß der Bundespräsident zwar für schuldig erklärt wird, der Amtsverlust aber nicht eintritt, konnte ein Wiederaufnahmeverfahren nicht in Betracht gezogen werden. Meine Damen und Herren, es ist doch wohl zu erwarten, daß diese Bestimmung betreffend die Anklage gegen den Bundespräsidenten nur theoretische Bedeutung haben wird.
Ich komme zum fünften Abschnitt, der ähnliche Voraussetzungen hat wie der vierte Abschnitt, zu § 13 Nr. 9. Die Richteranklage, meine Damen und Herren, läßt eine entsprechende Anwendung der im Verfahren gegen den Bundespräsidenten maßgebenden Vorschriften, nämlich der §§ 49 bis 55 mit Ausnahme des § 49 Abs. 3 Satz 2, § 50 und § 52 Abs. 1 Satz 2 zu. Antragsteller kann nach Art. 98 Abs. 2 des Grundgesetzes nur der Bundestag sein. Für § 58 wurde im wesentlichen die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung gewählt.
Im übrigen ist zu unterscheiden, ob der Bundesrichter im Amt oder außerhalb seines Amtes gegen die Grundsätze des Grundgesetzes oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung eines Landes verstößt. Im ersten Falle, also wenn dem Bundesrichter ein Verstoß im Amt vorgeworfen wird, beschließt der Bundestag nicht vor rechtskräftiger Beendigung des gerichtlichen Verfahrens, in dem dieser Verstoß sich ereignet haben soll, oder, wenn vorher wegen desselben Verstoßes ein förmliches Dienststrafverfahren eingeleitet worden ist, nicht vor der Eröffnung dieses Verfahrens. Nach Ablauf einer Präklusivfrist von sechs Monaten seit der rechtskräftigen Beendigung des gerichtlichen Verfahrens, in dem der Bundesrichter sich des Verstoßes schuldig gemacht haben soll, ist der Antrag nicht mehr zulässig.
Der Ausschuß ließ sich bei der Fassung dieser Bestimmungen von dem Gedanken leiten, daß man bei Vorliegen eines schwerwiegenden Verstoßes, der zur Eröffnung eines Dienststrafverfahrens geführt hat, mit der Anklage gegen den Bundesrichter nicht mehr warten könne. In den Fällen eines groben Verstoßes, der zur Eröffnung eines Disziplinarverfahrens geführt hat, kann also das Parlament noch vor dem rechtskräftigen Abschluß des gerichtlichen Verfahrens, in dem der Bundesrichter sich des Verstoßes schuldig gemacht haben soll, einschreiten. Ist aber ein Disziplinarverfahren nicht eröffnet, dann muß unter allen Umständen die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung abgewartet werden. Diese Feststellung ist notwendig, damit die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt wird. Sonst könnte während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens der Richter der höheren Instanz durch die Erhebung der Richteranklage unter Druck gesetzt werden. Es handelt sich also bei diesen Vorschriften nicht um die Privilegierung des Richters, sondern es handelt sich um nicht mehr und nicht weniger als um die Sicherstellung einer unabhängigen Rechtspflege. Daher die Bestimmung, daß vor Beendigung des Verfahrens, in dem dem Richter ein Verstoß gegen das Grundgesetz vorgeworfen wird, nicht zur Anklageerhebung geschritten werden kann.
Meine Damen und Herren! Für den Verstoß außerhalb des Amtes wird in Abs. 3 des § 58 ein Antrag dann nicht mehr für zulässig erklärt, wenn seit dem Verstoß zwei Jahre verflossen sind. Abs. 3 bezieht sich also ausschließlich auf Verstöße außerhalb des Amtes. Die Anklage wegen eines Verstoßes außerhalb des Amtes basiert auf der Auffassung, daß der Richter auch außerhalb seines Amtes eine erhöhte Verantwortung trägt.
Nach § 59 erkennt das Bundesverfassungsgericht auf eine der im Art. 98 Abs. 2 des Grundgesetzes vorgesehenen Maßnahmen oder auf Freispruch. Hier also ein bewußter Gegensatz gegenüber der Anklage gegen den Bundespräsidenten.
Falls das Gericht auf Entlassung erkannt hat, tritt der Amtsverlust mit der Urteilsverkündung automatisch ein. Wird auf Versetzung in ein anderes Amt oder in den Ruhestand erkannt, so obliegt der Vollzug der für die Entlassung des Bundesrichters zuständigen Stelle. Der Amtsverlust bedeutet nach Auffassung des Ausschusses den absoluten Verlust aller Gerechtsame aus dem Amt. Eine Modifizierung der Entlassung etwa in dem Sinne, daß dem Richter ein Teil seines Gehaltes oder seiner Pension belassen werden kann, ist im Grundgesetz nicht vorgesehen. Deshalb kann die Entlassung nach Auffassung des Ausschusses nur schlechthin ausgesprochen werden. In einem solchen Falle steht dem Betroffenen lediglich der Weg der Begnadigung durch den Bundespräsidenten offen. Für den Vollzug der Entlassung ist selbstverständlich der zuständige Ressortminister zuständig. Die Bestimmung des § 59 Abs. 4 bedeutet lediglich eine zusätzliche Vorschrift, um auch die obersten Bundesorgane zu unterrichten. Im übrigen gelten auch hier die allgemeinen Vorschriften des § 30 Abs. 2.
Das Verhältnis eines Disziplinarverfahrens zu dem Verfahren des Bundesverfassungsgerichts regelt sich nach § 60. Ein Disziplinarverfahren kann demnach auch eingeleitet werden, nachdem das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht bereits eröffnet ist. Allerdings muß es dann ausgesetzt werden. Wenn umgekehrt das Disziplinarverfahren bereits vorher eingeleitet war und das Bundesverfassungsgericht erst dann mit der Sache befaßt wird, muß auch in diesem Fall das Disziplinargericht sein Verfahren aussetzen. Beide Verfahren, Disziplinarverfahren und Bundesverfassungsgerichtsverfahren stehen völlig unabhängig nebeneinander. Ist ein Disziplinarverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen und wird zu einem späteren Zeitpunkt und auf Grund anderer Voraussetzungen die Anklage vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben und kommt dieses zu einem anderen Entscheid als das Disziplinargericht, so geht selbstverständlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor. Die Vorschrift des ne bis in idem wird nach Auffassung des Ausschusses nicht verletzt, da das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht sich völlig von dem eines Disziplinargerichts unterscheidet und kein Disziplinarverfahren ist.
§ 61 geht auf gemeinsame Anregung des Bundesrats-Rechtsausschusses und der Landesjustizverwaltungen zurück. Die übereinstimmende Auffassung war, daß ein Wiederaufnahmeverfahren im Falle der Richteranklage möglich sein sollte. Also auch hier wieder ein bewußter Gegensatz zu dem Verfahren gegen den Bundespräsidenten: bei der Richteranklage ist ein Wiederaufnahmeverfahren zulässig, bei der Anklage gegen den Bundespräsidenten ist ein solches Wiederaufnahmeverfahren nicht zulässig.
Auch § 62 entspricht einem Vorschlage des Bundesrates, wodurch die sehr wertvolle Vereinheitlichung der Richteranklage im ganzen Bundesgebiet geschaffen wird. Von diesem Grundsatz darf nicht durch einfaches Landesgesetz abgewichen werden, wenn auch das im Grundgesetz ausdrücklich aufrechterhaltene frühere Landesverfassungsrecht etwas anderes bestimmen kann. Es steht demnach einem Landesrecht frei, eine Richteranklage einzuführen. Tut es dies, so muß die Entscheidung über die Richteranklage dem Bundesverfassungsgericht zustehen, und zwar in dem Verfahren, das das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vorschreibt.
Ich komme zum sechsten Abschnitt, § 13 Nr. 5. Meine Damen und Herren! Art. 93 Abs. 1 Ziffer 1 des Grundgesetzes bestimmt die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Bei der Auslegung dieses Artikels war davon auszugehen, daß nur bei einem echten Streit zwischen Verfassungsorganen über einen bestimmten Sachverhalt ein Bedürfnis nach einer Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht vorliegt. Es muß sich also in allen diesen Fällen, die vor das Gericht gebracht werden können, materiell um einen konkreten Streit handeln. Daraus folgt, daß die am Streit beteiligten Organe, die in § 63 aufgeführt werden, als Antragsteller und als Antraggegner im Verfahren auftreten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat sich auf die Auslegung des Grundgesetzes zu beschränken. Demnach kann das Gericht nur feststellen, was Rechtens ist, und mit dieser Feststellung das Grundgesetz auslegen. Ein Urteil, das eine Verpflichtung zur Unterlassung oder zur Durchführung einer Maßnahme auf-
erlegt, ist daher in diesen Fällen ausgeschlossen. Antragsteller und Antraggegner können nur sein: der Bundespräsident, der Bundestag, der Bundesrat, der ständige Ausschuß nach Art. 45 des Grundgesetzes, die Bundesregierung und die im Grundgesetz und in den Geschäftsordnungen des Bundestages und des Bundesrates mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile dieser Organe. Auf Vorschlag des Bundesrates wurde der Ausdruck „Teile dieser Organe" der Fassung des Entwurfs vorgezogen. Hierunter sind insbesondere die Fraktionen zu verstehen.
In § 64 wurde der im Entwurf für die Antragsfrist bestimmte Zeitraum von drei Monaten auf sechs Monate erhöht. Auch dies entspricht einem Vorschlag des Bundesrates.
Der neu eingefügte Abs. 2 des § 65 soll zur Unterrichtung der daselbst genannten Organe dienen. Man war der Auffassung, daß die Unterrichtung schon deshalb notwendig ist, weil diese Organe einschließlich des Bundespräsidenten die Möglichkeit des Beitritts haben müssen.
Die in § 66 vorgesehene Verbindung oder Trennung von anhängigen Verfahren bezieht sich selbstverständlich nur auf solche Verfahren, die die Auslegung des Grundgesetzes betreffen.
§ 67 läßt im Gegensatz zur Regierungsvorlage auch eine abstrakte Feststellung in beschränktem Umfange zu. Diese Erweiterung entspricht den von der Sozialdemokratischen Partei vorgetragenen Wünschen. Der Tragweite der Bestimmung entsprechend ist sie als Kann - Vorschrift eingefügt worden. Das Ausmaß der Entscheidung hängt von der Entscheidung des konkreten Falles ab. Man wollte durch diese Bestimmung dem Bundesverfassungsgericht die Befugnis zu einer authentischen Auslegung von Bestimmungen des Grundgesetzes zuerkennen, hat dies aber bewußt in Form einer Kann-Vorschrift getan. Damit ist gesagt, daß das Bundesverfassungsgericht eine Auslegung nur insoweit geben kann, als sie für den zu behandelnden Fall von Bedeutung ist. Spielt also zum Beispiel die Auslegung des Art. 59 des Grundgesetzes, das heißt die Frage, ob internationale Abkommen der Ratifizierung durch den Bundestag unterliegen, eine Rolle, dann hat das Bundesverfassungsgericht ausschließlich die für diesen konkret vorliegenden Fall bedeutsame Rechtsfrage zu entscheiden. Von der Befugnis, eine über den Streitgegenstand hinausgehende Entscheidung zu fällen, darf nach Auffassung des Ausschusses nur mit größter Vorsicht Gebrauch gemacht werden, nämlich dann, wenn eine solche Entscheidung im inneren Zusammenhang mit der zu behandelnden Rechtsfrage steht. Eine derartige Entscheidung hat keine Gesetzeskraft; sie bindet zwar die Beteiligten, wird aber nicht im Gesetzblatt veröffentlicht.
Ich komme zum siebenten Abschnitt, § 13 Nr. 7. Nach Art. 93 Abs. 1 Ziffer 3 ist das Bundesverfassungsgericht zuständig bei Meinungsverschiedenheiten über die Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht. In dem Fall der Ausübung der Bundesaufsicht kommt die Vorschrift des Art. 84 Abs. 4 Satz 2 des Grundgesetzes zur Anwendung, wonach bei der Feststellung von Mängeln bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern gegen einen Beschluß des Bundesrates das Bundesverfassungsgericht angerufen werden kann. Hier handelt es sich demnach einmal um Verfassungsstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet der Exekutive, zum andern um eine Mängelrtige im Sinne des Art. 84 Abs. 4 des Grundgesetzes. In allen diesen Fällen wird der Bund durch die Bundesregierung und das Land durch die Landesregierung repräsentiert. Diese sind daher allein am Verfahren beteiligt.
Die Vorschriften der §§ 64 bis 67, die für die oben behandelten Fälle gelten, sollen auch hier zur entsprechenden Anwendung kommen. Der nach Art. 84 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes erlassene Beschluß des Bundesrates soll nur innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung angefochten werden können.
Nun der achte Abschnitt, § 13 Nr. 8. Nach Art. 93 Abs. 1 Ziffer 4 hat das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist. Daraus ergibt sich: Bei Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern und zwischen verschiedenen Ländern handelt es sich in Übereinstimmung mit der Praxis des Staatsgerichtshofs stets um Streitigkeiten nicht privatrechtlicher Art. Dabei stehen sich die Länder als solche, nicht aber ihre Organe gegenüber. Im Gegensatz zu Ziffer 1 und 2 des § 71, der diese Materie betrifft, behandelt Ziffer 3 öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen verschiedenen Organen eines Landes. Unter öffentlich-rechtlichen Steitigkeiten sind hier Verfassungsstreitigkeiten zu verstehen. Demnach sind Antragsteller und Antragsgegner im Falle von Ziffer 1 Bundesregierung und Landesregierung und im Falle von Ziffer 2 die Landesregierungen. In beiden Fällen wird das Land nur von seiner Regierung vertreten. Im Falle von Ziffer 3 — bei öffentlichrechtlichen Streitigkeiten innerhalb eines Landes — können dagegen alle Verfassungsorgane des Landes und die mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile dieser Organe Partei sein.
Nach § 72 kann das Bundesverfassungsgericht erkennen auf die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Maßnahme, auf die Verpflichtung des Antragsgegners, eine Maßnahme zu unterlassen, rückgängig zu machen, durchzuführen oder zu dulden, und nach Ziffer 3 auf die Verpflichtung, eine Leistung zu erbringen. Im Falle des § 71 Ziffer 3, also bei Organisationsstreitigkeiten innerhalb eines Landes, stellt das Gericht fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners gegen eine Bestimmung der Landesverfassung verstößt. Die bereits behandelte Vorschrift des § 67 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Demnach kann auch hier eine für die Auslegung der Landesverfassung erhebliche Rechtsfrage mit entschieden werden, wenn von deren Entscheidung das Urteil abhängt.
Der neunte Abschnitt, § 13 Nr. 10. Nach Art. 99 des Grundgesetzes kann dem Bundesverfassungsgericht durch Landesgesetz die Entscheidung von Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes zugewiesen werden. Die Länder sind also ermächtigt, unter Verzicht auf eigene Landesverfassungsgerichte die Entscheidung von Verfassungsstreitigkeiten dem Bundesverfassungsgericht zu übertragen. Der Kreis der Beteiligten ist ebenso abgegrenzt wie in den vorhergehenden Fällen. Das heißt, nur die obersten Organe eines Landes und die in der Landesverfassung oder in der Geschäftsordnung eines obersten Organs mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile dieser Organe können am Verfahren beteiligt werden. Die Entscheidung ist entsprechend dem bereits behandelten § 72 zu fällen. Dazu ist zu bemerken, daß bis jetzt alle Länder bis auf Schleswig-Holstein ein Landesverfassungsgericht haben oder in Kürze bekommen. Die
Bestimmung des § 75, wonach die allgemeinen Vorschriften des II. Teiles dieses Gesetzes entsprechend gelten, war notwendig, um zu verhüten, daß die Länder allgemeine Verfahrensvorschriften erlassen. Wenn ein Land das Bundesverfassungsgericht anruft, muß es sich auch den dort geltenden Vorschriften unterwerfen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum 10. Abschnitt, § 13 Nr. 6. Art. 93 Abs. 1 Ziff. 2 des Grundgesetzes bestimmt die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichtes bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder über die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht, und zwar auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des Bundestages. Eines förmlichen Antrags im Bundestag bedarf es hierzu nicht; vielmehr kann ein Drittel der Abgeordneten den entsprechenden Antrag unmittelbar beim Bundesverfassungsgericht einreichen.
Bei dieser Bestimmung handelt es sich um die sogenannte abstrakte Normenkontrolle. Der Kreis der Antragsteller ist in Art. 93 des Grundgesetzes gezogen. In § 77 ist bestimmt, daß den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist zu geben ist. E's ist selbstverständlich, daß, ohne daß dies im Gesetz ausdrücklich erwähnt wird, auch die Bürgerschaft und der Senat der Hansestädte Hamburg und Bremen in den Kreis der von § 77 umschlossenen Organe fallen. Unter Landesregierung und Landtag sind demnach in Hamburg und Bremen Senat und Bürgerschaft zu verstehen.
Wenn nun die Nichtigkeit von Bundes- oder Landesrecht, da mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar, festgestellt wird, können auch weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes aus den gleichen Gründen für nichtig erklärt werden. Eines besonderen Antrages bedarf es hierzu nicht. Vielmehr kann das Gericht auch ohne Antrag eine solche Entscheidung erlassen. Man kam zu dieser Bestimmung in Fortentwicklung des Rechtes der Weimarer Zeit. Zu diesem Zweck mußte die damals fehlende Grundlage hier neu geschaffen werden. Wenn z. B. einige Paragraphen eines Gesetzes für nichtig erklärt werden, so bleibt das Gesetz als solches, eben der Rest des Gesetzes, bestehen. Ein Recht des Bundesverfassungsgerichtes, neues Recht zu schaffen, besteht nicht und konnte nicht anerkannt werden. Verfahrensverstöße werden im allgemeinen das ganze Gesetz umgreifen, während materielle Verstöße nur die einzelnen Bestimmun- gen nichtig machen.
Die jetzige Formulierung des § 79 ist das Ergebnis langer und eingehender Verhandlungen. Man hat sich die Frage vorgelegt: Was soll mit den Entscheidungen, also mit Verwaltungsakten, mit Urteilen, mit Beschlüssen geschehen, die auf Normen beruhen, die auf Grund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtshofes für nichtig erklärt worden sind? Welche Folgerungen sind aus dieser Nichtigerklärung zu ziehen? Der Ausschuß hat sich bemüht, auch die Folgen von Entscheidungen, die auf einer für nichtig erklärten Norm beruhen, zu erfassen. Man hatte zunächst den Grundsatz der objektiven Schadenshaftung aufgestellt. Nach eingehender Prüfung drang aber doch die Überzeugung durch, daß der Rechtsfriede und die Rechtssicherheit dem Rechtsschutz des einzelnen vorgehe. Dies gilt insbesondere für Verwaltungsakte und für Entscheidungen auf dem Gebiete des Zivilrechts. Der Ausschuß kam zu dem Ergebnis, daß man im Interesse der Rechtssicherheit auf diesen Gebieten Normenverletzungen des objektiven Rechts, ähnlich wie bei der durch die Rechtsprechung entwickelten Rechtskrafttheorie, hinnehmen müsse. Eine Ausnahme glaubte der Ausschuß nur auf ,dem Gebiete des Strafrechts machen zu müssen, da die Vollstreckung von Strafen, die auf Grund einer für nichtig erklärten Norm ausgesprochen worden sind, nicht verantwortet werden kann. In solchen Fällen mußte daher die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen ein rechtskräftiges Strafurteil nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zugelassen werden. Im Zivilrecht besteht die Möglichkeit, Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung von Urteilen, die auf einer für nichtig erklärten Gesetzesvorschrift beruhen, zu erheben. Dagegen mußten im Interesse der Rechtssicherheit Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Zusammenfassend ergibt sich daraus: Bestehende Rechtsbehelfe werden durch § 79 nicht ausgeschlossen. Wo keine Rechtsbehelfe vorhanden sind, werden keine neuen geschaffen, mit Ausnahme des für ein rechtskräftiges Strafurteil gegebenen Wiederaufnahmeverfahrens.
Für Verwaltungsakte bedeutet dies folgendes: Nicht mehr anfechtbare Verwaltungsakte behalten ihre Wirkung. Frei zurücknehmbare Akte können nach dem pflichtmäßigen Ermessen der Verwaltungsbehörde zurückgenommen oder aufrechterhalten werden. Im übrigen ergibt sich aus der Tatsache, daß Verwaltungsakte von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unberührt bleiben, nur, daß dort, wo nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein normaler Rechtsbehelf möglich ist, dieses Recht durch § 79 nicht ausgeschlossen wird. Eine Anfechtung ist in solchen Fällen darauf zu stützen, daß der Akt keine gesetzliche Grundlage mehr habe und daher aufzuheben sei. Für die Fälle, in denen durch die Regelung des § 79 für die Beteiligten eine besondere Härte entsteht, sieht das Gesetz vor, daß der Gesetzgeber durch eine be- sondere gesetzliche Regelung eingreifen kann.
Eine weitere Ausnahme von der Regel des § 79 gilt für den Fall, daß die Entscheidung — Verwaltungsakt, Beschluß oder Urteil —, die auf Grund der für nichtig erklärten Norm ergangen ist, durch Verfassungsbeschwerde angegriffen worden ist. Hierüber hat sich Herr Kollege Professor Dr. Wahl schon eingehend verbreitet, so daß ich auf seine Ausführungen Bezug nehmen kann. In diesem Fall ist das Bundesverfassungsgericht berechtigt und verpflichtet, die Entscheidung aufzuheben, wenn die Verfassungsbeschwerde begründet ist.
Elfter Abschnitt, Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 11. In Art. 100 des Grundgesetzes wird das richterliche Prüfungsrecht in den Fällen, in denen ein Gericht eine Rechtsnorm wegen ihrer Unvereinbarkeit mit einer Rechtsnorm höheren Ranges nicht anwenden will, bei dem Bundesverfassungsgericht konzentriert. Auch hier handelt es sich um eine echte Normenkontrolle, die einem Gericht Anlaß zur Anrufung des Bundesverfassungsgerichts gibt. Gegenüber der Regierungsvorlage ist in § 80 insofern eine Änderung vorgenommen worden, als die Vorlage bei dem Bundesverfassungsgericht unmittelbar über das zuständige obere Bundesgericht und, soweit es sich um Länderrecht handelt, über das zuständige oberste Gericht des Landes zu erfolgen hat. Das vom Bundesrat befürwortete Verfahren, den Antrag des Gerichts über die Landesjustizverwaltung weiterzuleiten, wurde für unzweckmäßig gehalten, da gerade verhindert werden soll, daß der Präsident oder irgendeine Justiz-.
verwaltungsstelle den Richter irgendwie beeinflußt. Gericht im Sinne dieser Bestimmung ist nach Auffassung des Ausschusses stets das erkennende Gericht, also die Kammer oder der Senat, nicht aber der Präsident des Gerichts.
Im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ist 'in Anlehnung an den SPD-Entwurf auch den Prozeßbeteiligten des Rechtsstreits, der Anlaß zur Vorlage der Rechtsfrage bot, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von einer Prozeßrüge. Man war sich darüber klar, daß dieser Absatz 3 des § 80 in denjenigen Prozessen, in denen Amtsbetrieb herrscht, entbehrlich, im Parteiprozeß dagegen unentbehrlich ist. Selbstverständlich entscheidet das Bundesverfassungsgericht nur über die Rechtsfrage, nicht dagegen über den anhängigen Prozeß.
Zwölfter Abschnitt, Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 12. Nach Art. 100 Abs. 2 des Grundgesetzes ist in einem Rechtsstreit. wenn Zweifel auftauchen, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbare Rechte und Pflichten für den einzelnen erzeugt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Das Bundesverfassungsgericht kann nun zwar mit Gesetzeskraft feststellen, daß eine Regel des Völkerrechts Bundesrecht ist; es kann aber nicht mit gleicher Wirkung feststellen. daß sie objektives Völkerrecht ist. Die Prüfung der Frage, ob eine solche Regel des Völkerrechts besteht, muß das Gericht zwar vornehmen, aber eine in den Tenor aufzunehmende Feststellung würde die Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts überschreiten, da dieses nur zur Entscheidung über das Bestehen dieser völkerrechtlichen Regel als Bundesrecht befugt ist. Da solche Entscheidungen unter Umständen sehr schwerwiegende und weittragende Folgen nach sich ziehen. ist dem Bundesrat. dem Bundestag und der Bundesregierung Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Im übrigen gilt für die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht dieselbe Regelung wie bei der vom Gericht beantragten Normenkontrolle.
Dreizehnter Abschnitt, Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 13. Nach Art. 100 Abs. 3 des Grundgesetzes muß die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt werden, wenn das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Verfassungsgerichts eines anderen Landes abweichen will. Bundesrat und Bundesregierung und. wenn von der Entscheidung des Verfassungsgerichts eines Landes abgewichen werden soll, diesem Gericht ist Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist zu gewähren. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet auch hier nur über die Rechtsfrage.
Vierzehnter Abschnitt, Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 14. Nach Art. 126 des Grundgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht bei Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten von Recht als Bundesrecht zu entscheiden. Die Antragsberechtigung des Bundestages, des Bundesrates, der Bundesregierung und der Landesregierungen wurde in § 86 Abs. 1 festgelegt. Ebenso hat ein Gericht, wenn in einem anhängigen Verfahren streitig und erheblich ist, ob ein Gesetz als Bundesrecht fortgilt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Man glaubte durch die Fassung „streitig" den im Grundgesetz aufgestellten Begriff der „Meinungsverschiedenheiten" zu erfassen, hielt es aber für notwendig, durch Aufstellung der Erheblichkeit als weiterer Voraussetzung einer allzu weiten Auslegung des Begriffs „Meinungsverschiedenheiten" vorzubeugen.
Die Rechtslage bei Art. 126 des Grundgesetzes ist nach Auffassung des Ausschusses eine andere als bei Art. 100 des Grundgesetzes. Im letzteren Falle handelt es sich darum, ob eine Bestimmung nichtig ist, bei Art. 126 dagegen um die Frage, ob eine Norm als Länderrecht oder als Bundesrecht gültig ist oder fortbesteht. Es wird rechtspolitisch von großer Bedeutung sein, daß so die Möglichkeit gegeben wird, binnen verhältnismäßig kurzer Zeit die vielfältigen Streitigkeiten zu bereinigen, ob eine Norm Bundesrecht oder Landesrecht ist.
Meine Damen und Herren, ich komme nun noch zu dem sechzehnten Abschnitt, der sich mit der Einholung eines Gutachtens bei dem Bundesverfassungsgerichtshof befaßt. Ein Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts kann nur durch gemeinsamen Antrag von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung gefordert werden. Der gemeinsame Antrag erschien notwendig, um eine übermäßige Inanspruchnahme des Gerichts zu vermeiden. Auch der Bundespräsident kann ein Rechtsgutachten anfordern. Diese Möglichkeit ist politisch besonders bedeutsam für den Fall, daß der Bundespräsident gegen ein von ihm auszufertigendes Gesetz verfassungsrechtliche Bedenken hat. Das Gutachten ist vom Plenum des Bundesverfassungsgerichts zu erstatten. Eine bindende Wirkung gemäß § 31 Abs. 2 kommt ihm nicht zu.
Meine Damen und Herren! Ich bin am Ende meiner Ausführungen. Ich habe versucht, die sehr spröde und trockene Materie der besonderen Verfahrensarten hier in möglichster Kürze darzustellen.
— Sie lachen, meine Damen und Herren, aber noch kürzer war es wirklich bei der Wichtigkeit dieser Materie nicht zu machen!
Meine Damen und Herren! Wir hoffen, daß die Vorlage über den Bundesverfassungsgerichtshof Gesetz wird. Ich möchte meine Ausführungen nicht schließen, ohne dem Wunsche Ausdruck zu geben, daß das Bundesverfassungsgericht ein Wahrer der freiheitlichen Demokratie, ein Hüter der Verfassung werden möge, daß seine Richter ihres Amtes unbeeinflußbar, unparteiisch, frei von Furcht und keinem Drucke irgendwelcher Art nachgebend walten mögen.