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    Deutscher Bundestag — 112. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Januar 1951 4195 112. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 18. Januar 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4195D, 4223D edenkworte des Präsidenten zum Tag der Reichsgründung 1871 4196A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Dr. Horlacher 4199A Beratung der Interpellation der Abg. Strauß u. Gen. betr. Verwendung der Besatzungskosten (Nr. 1530 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Inanspruchnahme von Gebäuden und Wohnungen durch die Besatzungsmächte (Nr. 1721 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Beschlagnahme von Wohnraum für alliierte Truppen-Angehörige (Nr. 1726 der Drucksachen) und mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films (34. Ausschuß) über die Petition Nr. 8341 (Nr. 1753 der Drucksachen) 4196A Strauß (CSU), Interpellant 4196B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4199B, 4207A Dr. Seelos (BP), Antragsteller . . . . 4203A Frau Meyer-Laule (SPD), Antragstellerin 4204A Brunner (SPD), Berichterstatter . 4206B Euler (FDP) 4208B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 4210B Ewers (DP) 4213B von Thadden (DRP) 4214C Renner (KPD) 4215B Dr. Hamacher (Z) 4216D Abstimmungen 4217C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Nrn. 328, 788 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1724 der Drucksachen) . . . 4218A Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 4218A Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . . 4224A Neumayer (FDP), Berichterstatter . 4228B Weiterberatung vertagt 4235D Zweite Beratung des Entwurfs eines Wahlprüfungsgesetzes (Nr. 983 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (2. Ausschuß) (Nr. 1756 der Drucksachen) 4195D, 4235D Ewers (DP), Berichterstatter (schriftlicher Bericht) 4236B Weiterberatung vertagt 4236A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für Sicherungs- und Überleitungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Nrn. 1510, 1679 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 1764 der Drucksachen); Änderungsantrag Umdruck Nr. 38 4236A Beratung vertagt 4236C Nächste Sitzung 4236C Anlage: Schriftlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses betreffend Entwurf eines Wahlprüfungsgesetzcs (Nrn. 983 und 1756 der Drucksachen) 4236 Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 112. Sitzung Schriftlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (2. Ausschuß) im Einvernehmen mit dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Wahlprüfungsgesetzes (Nrn. 983 und 1756 der Drucksachen) Berichterstatter : Abgeordneter Ewers Die Entscheidung, ob eine Wahl zu einem demokratischen Parlament sachgemäß durchgeführt ist und der einzelne Abgeordnete sich gesetzmäßig als Abgeordneter betätigt, gehört ebenso wie die Frage der Immunität der Abgeordneten zu den althergebrachten „Palladien" des Parlaments. Im alten Reichstag war daher die Wahlprüfung durch den Reichstag selbst vorzunehmen, der seine Entscheidungen zunächst in fünf, durch den Zufall des Loses bestimmten Abteilungen vorprüfen und sodann durch einen Wahlprüfungsausschuß vorbereiten ließ. Dieses System wurde in dem Reichstag der Republik von 1919 ab deshalb abgelehnt, weil offenbar bei solchen Entscheidungen mehr der Politik als der objektiven Rechtsfindung gedient wurde. Deshalb wurde durch die Weimarer Verfassung in Art. 31 ein Wahlprüfungsgericht vorgesehen, auf dessen Entscheidung allerdings das Parlament insofern einen gewissen Einfluß ausüben konnte, als es in der Besetzung mit fünf Richtern tagte, von denen die Mehrheit, also drei, Mitglieder des Reichstags sein mußten. Die beiden anderen wurden dem Reichsgericht entnommen, da es das in der Weimarer Verfassung vorgesehene oberste Reichsverwaltungsgericht nicht gab. Das Grundgesetz hat die Einführung einer dritten Methode für richtig gehalten. Es hat in Art. 41 bestimmt, daß zwar zunächst einmal der Bundestag in allen Wahlprüfungsangelegenheiten die „Entscheidung" zu fällen hat, daß aber gegen seine „Entscheidung" eine Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig ist. Das ist in der Geschichte des deutschen Staatsrechts eine Neuheit. Diese Regelung läuft darauf hinaus, daß das Parlament in einer Verwaltungsstreitigkeit konkreten Inhalts zunächst einmal zu entscheiden hat, dann aber seine Entscheidung durch ein unabhängiges Gericht nachgeprüft werden kann. Der Bundestag ist, abgesehen von der Frage der Immunität, bei der aber keineswegs allein rechtliche, sondern staatspolitische Auffassungen eine maßgebende Rolle spielen, sonst in keinem Falle berufen und (Ewers) darauf eingerichtet, in Einzelstreitfällen „Entscheidungen" zu treffen; er ist vielmehr seiner Natur nach Gesetzgebungsorgan, wobei selbstverständlich die Politik stets eine entscheidende Rolle spielen muß. Bei der Wahlprüfung aber hat der Bundestag nicht nach politischer Zweckmäßigkeit, sondern unter Anwendung bestehender Gesetze mit größtmöglicher Objektivität jedenfalls dann zu entscheiden, wenn seine Beschlüsse der Nachprüfung durch ein unabhängiges Gericht standhalten sollen. Nachdem nun das Grundgesetz durch Art. 41 dem Bundestag auferlegt hat, das Nähere in Ansehung der Wahlprüfung durch ein Gesetz zu bestimmen, ist es nach einstimmiger Auffassung sowohl des Wahlprüfungsausschusses als auch des Rechtsausschusses Aufgabe des Gesetzgebers, durch die rechtliche Gestaltung der Wahlprüfung eine möglichst große Sicherheit dafür zu schaffen, daß in Wahlprüfungssachen Entscheidungen ergehen, die auch bei richterlicher Nachprüfung Bestand haben. Andernfalls besteht die Gefahr, daß das Ansehen des Bundestages leidet. Nach Auffassung des Wahlprüfungsausschusses, der die Frage der zweckmäßigen Gestaltung des Wahlprüfungsgesetzes in sehr eingehenden und langwierigen Beratungen erwogen hat, bietet die Regierungsvorlage Drucksache Nr. 983 nicht die erforderliche Gewähr, daß die Herbeiführung der Entscheidung des Bundestags mit so viel rechtlichen Garantien ausgestattet ist, wie es erforderlich erscheint. Die Vorlage der Regierung hat daher in ihren wesentlichen Abschnitten eine grundsätzliche Umformung erfahren, deren Tendenz in jedem Falle war, die Wahlprüfung aus der Atmosphäre politischer Zweckmäßigkeit möglichst in diejenige zutreffender Rechtsanwendung zu verlagern. Eine weitere Schwierigkeit für das zu verabschiedende Gesetz beruht darauf, daß das Wahlprüfungsgesetz als solches nur verfahrensrechtliche Bestimmungen enthalten kann. Der Bundestag ist nicht auf Grund eines Bundeswahlgesetzes gewählt, sondern auf Grund eines Sondergesetzes, das von den Ministerpräsidenten der deutschen Länder aufgestellt ist, so daß bei seiner nächsten Wahl ein bisher unbekanntes Wahlgesetz anzuwenden sein wird. Es mußte daher möglichst weitgehend Bedacht darauf genommen werden, daß die verfahrensrechtlichen Vorschriften auch dann anwendbar bleiben, wenn ein anderes Wahlrecht als dasjenige, das zur Zeit der Bundestagswahl galt, vorhanden sein wird. Die Frage, ob in diesem zukünftigen Wahlrecht zweckmäßigerweise nicht. auch materiell-rechtliche Bestimmungen darüber aufzunehmen sein werden, unter welchen Umständen im einzelnen eine Wahl als unwirksam anzusehen ist, ist sowohl im Wahlprüfungsausschuß als auch im Rechtsausschuß erörtert worden. Die Tatsache, daß es ein umfassendes materielles Wahl-prüfungsrecht bisher nicht gibt, beruht darauf, daß bis 1919 der Reichstag selber in erster und letzter Instanz und ab 1919 ein besonderes Wahlprüfungsgericht ebenfalls in erster und letzter Instanz die Rechtssätze über die materielle Wahlprüfung zu entwickeln hatte, so daß sich ein Bedürfnis für die objektive Festsetzung des Rechts nicht herausgestellt hat. Wenn in Zukunft der Bundestag durch ein unabhängiges Gericht, dem Abgeordnete des Bundestages auf keinen Fall angehören dürfen, die Entscheidung nachprüfen läßt, bleibt die Frage offen, ob nicht zweckmäßigerweise der Gesetzgeber sowohl den Bundestag als auch den Bundesverfassungsgerichtshof an bestimmte Rechtsätze binden sollte, damit auf einer einheitlichen Basis das Recht fortgebildet werden kann. Diese Frage ist aber bei Verabschiedung des zukünftigen Wahlgesetzes zu entscheiden und nicht schon bei dem Wahlprüfungsgesetz. Nach diesen Vorbemerkungen komme ich zur Erörterung der Einzelbestimmungen der Ausschußvorlage. Ich darf formell nur noch folgendes vorausschicken. In der 69. Sitzung war die Regierungsvorlage dem Wahlprüfungsausschuß ohne Debatte zur weiteren Beratung überwiesen. Späterhin hat der Ältestenrat den Wunsch geäußert, daß auch der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht sich mit der Vorlage befassen möge; ein Wunsch, der den Absichten des Wahlprüfungsausschusses durchaus entsprach. Die einzelnen Bestimmungen wurden daher, nachdem der Wahlprüfungsausschuß seine Arbeiten abgeschlossen hatte, durch den 23. Ausschuß nachgeprüft; dabei waren die Vorschläge des Wahlprüfungsausschusses Grundlage für die Erörterungen. Der 23. Ausschuß hat zum Aufbau des Gesetzes und zu seinen einzelnen wesentlichen Normen keine Änderung vorgeschlagen oder beschlossen; er hat in manchen Beziehungen die Vorlage technisch verbessert, die grundsätzlichen Bestimmungen aber ebenso wie der Wahlprüfungsausschuß durchweg einstimmig gutgeheißen. Ich trage im folgenden also den Sachverhalt sowohl im Sinne des Wahlprüfungsausschusses wie auch des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht vor. Die §§ 1-4 entsprechen weitgehend der Regierungsvorlage, während §§ 5-13 der Drucksache Nr. 1756 eine Gegenüberstellung — Synopsis — mit den Vorschlägen des Regierungsentwurfs nicht vertragen. § 1 wiederholt in seinem ersten Absatz die Grundsatzbestimmung des Art. 41 des Grundgesetzes. Die Regelung im zweiten Absatz entspricht der im Wahlprüfungsrecht seit je geübten Praxis, daß die Entscheidung nicht nur konstituierend die Ungültigkeit — oder Gültigkeit — einer Wahl zu bestimmen, sondern sich insbesondere darüber auszusprechen hat, wie auf Grund der Rechtslage bei einer ungültigen Wahl weiter zu verfahren ist. Die Ausschußvorlage hat einen möglichst allgemein gehaltenen Wortlaut gewählt, damit alle Möglichkeiten, die das zukünftige Wahlrecht etwa vorsehen könnte, erfaßt sind. Bei § 2 war die Grundsatzfrage zu entscheiden, ob, wie die Regierungsvorlage vorsah, eine Nachprüfung nur auf Einspruch erfolgt, oder ob, wie es der Bundesrat wollte, auch eine Nachprüfung von Amts wegen vorzusehen sei. Die Ausschußvorlage geht einen Mittelweg. Im Abs. 1 wird der Grundsatz, daß eine Nachprüfung nur auf Einspruch hin erfolgen solle, aufrechterhalten; im Abs. 2 aber wird, um eine von Amts wegen vorzusehende Nachprüfung zu ermöglichen, festgestellt, daß gewisse Amtsträger in amtlicher Eigenschaft eine solche Prüfung anregen können. Die Frage, ob jeder Wahlberechtigte oder nur bestimmte Persönlichkeiten Einspruch einlegen können, wurde dahin beantwortet, daß man in einem freiheitlichen Staate die Möglichkeit, eine Prüfung der Wahl zu veranlassen, auch einem einzelnen Staatsbürger nicht verschließen sollte. Der Abs. 3 behandelt die Formalien des Einspruchs, wobei möglichst geringe Anforderungen vorgesehen sind, der Abs. 4 die Frist für Einlegung des Einspruchs, die natürlich für den Präsidenten des Bundestags nicht schon mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses, wohl aber mit seiner Wahl zum Präsidenten beginnen kann. (Ewers) Der Abs. 5 entspricht der Regierungsvorlage. Wodurch und wieso eine Mitgliedschaft später erworben werden kann, ist offengelassen, da das materielle Wahlrecht insofern Bestimmungen enthalten könnte, die heute noch nicht zu übersehen sind; nach der heutigen Wahlrechtslage sind die beiden Möglichkeiten der Nachwahl und des Nachrükkens aus der Liste gegeben. Zu § 3. Dieser Paragraph führt den Wahlprüfungsausschuß als Vorbereitungsorgan ein. Damit, daß dieser Ausschuß nicht etwa durch die Geschäftsordnung des Bundestags, sondern durch ein Bundesgesetz statuiert ist, erhält er eine Sonderqualität. Es steht danach also dem Bundestag nicht mehr frei, ob er einen Wahlprüfungsausschuß errichten will oder nicht, und auch seine Zusammensetzung ist gesetzlich festgelegt, ebenso seine Aufgaben entsprechend dem Inhalt des Wahlprüfungsgesetzes. Darüber, daß ein solcher Ausschuß nach der Natur der Sache notwendig und unvermeidlich ist, dürften Zweifel nicht obwalten können; denn dieser Ausschuß hat insbesondere die Funktion, den Beteiligten rechtlich Gehör zu verschaffen und die Beweisaufnahme durchzuführen. Beides sind Prozeßfunktionen, die von einem Parlament von mehreren hundert Mitgliedern unmöglich wahrgenommen werden können. Da der Wahlprüfungsausschuß ein unentbehrliches Instrument ist, um die Sammlung des tatsächlichen und rechtlichen Materials durchzuführen, muß er das Organ sein, das für eine objektive Rechtsanwendung in erster Linie bei diesen Vorbereitungsarbeiten, aber auch bei seinen weiteren Vorschlägen an den Bundestag die Gewähr bietet. Seine Funktionen sind in den Ausschüssen mehrfach zutreffend als „quasi-richterliche" bezeichnet werden. Auf Grund dieser Erwägung ist in der Ausschußvorlage eine zahlenmäßig möglichst geringe Besetzung vorgesehen, nämlich sieben Mitglieder, eine Anzahl, die auch bei Gerichten höherer Ordnung sehr wohl noch in Frage kommt. Da aber bei jeder Parlamentsarbeit nun einmal politische Gesichtspunkte eine Rolle spielen müssen, ist weiter vorgesehen, daß neben sieben Stellvertretern durch beratende Mitglieder in dem Ausschuß alle diejenigen Fraktionen vertreten sein sollen, die bei der Siebenzahl nach dem d'Hondtschen System nicht berücksichtigt werden konnten. Die Wahl des Wahlprüfungsausschusses erfolgt dann also in der Weise, daß in ihn vom Bundestag nach dem d'Hondtschen System sieben Mitglieder gewählt werden und weiterhin je ein Mitglied der danach nicht in ihm vertretenen Fraktionen, so daß jede weitere Fraktion ein weiteres Mitglied als beratendes Ausschußmitglied zur Wahl in Vorschlag bringen kann. Mit dieser Gestaltung glaubt die Vorlage allen rechtlichen und politischen Gesichtspunkten Rechnung getragen zu haben. Bemerkt wird, daß der Ausschuß schon bisher im wesentlichen in entsprechender Besetzung gearbeitet hat. In Abs. 3 ist aus der Regierungsvorlage der Schriftführer gestrichen. Die Schriftführung kann nur durch einen Beamten des Bundestags wahrgenommen werden, da die Ausschußmitglieder weder Zeit noch Gelegenheit hierzu haben werden. Zu § 4. Diese Bestimmung behandelt die Beschlußfähigkeit, die wie in allen Bundestagsausschüssen grundsätzlich schon dann gegeben ist, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Für die vorbereitenden und sonstigen allgemeinen Beschlüsse ist dies selbstverständlich. Von besonderer Bedeutung ist diese Frage aber bei der mündlichen Verhandlung und Beratung des Ausschusses in jeder einzelnen Sache, die in § 8 Abs. 2 und in § 10 behandelt sind. Dort wird noch Ergänzendes zu sagen sein. Zu § 5. Von § 5 an setzt die Umgestaltnug der Regierungsvorlage ein. Um zu einem rechtlich fundierten Vorschlag zu kommen, ist nach der Meinung der von mir vertretenen Ausschüsse zweierlei notwendig: erstens eine gründliche Vorbereitung und Materialsammlung bei jeder einzelnen Anfechtungssache, zweitens eine mit Rechtsgarantien ausgestattete mündliche Verhandlung, in der rechtlich Gehör gewährt wird und bei der die Beteiligten ihre Auffassung den Mitgliedern des Wahlpräfungsausschusses, die zur Entscheidung berufen sind, vorzutragen Gelegenheit haben werden. Dementsprechend wird, nachdem im Abs. 1 — entsprechend § 6 Abs. 1 der Regierungsvorlage — ein Berichterstatter bestimmt ist, zunächst einmal eine „Vorprüfung" angeordnet, in der auch die Formalien des Einspruchs zu erörtern sind. Die Vorprüfung hat, wie das im Gesetz in Abs. 2 zum Ausdruck kommt, den Zweck, die Sachlage so zu fördern, daß möglichst nach einem einzigen Verhandlungstermin eine Schlußentscheidung möglich erscheint. Der Abs. 3 des § 5 entspricht dem § 7 Abs. 1 der Regierungsvorlage. Es ist hier insbesondere angeordnet, daß Zeugen und Sachverständige schon im Rahmen der Vorprüfung vernommen und beeidigt werden können, insoweit allerdings nur im Wege der Rechtshilfe. Im Abs. 4 ist die Rechts- und Amtshilfeverpflichtung statuiert und weiter vorgeschlagen, daß bei gerichtlichen Vernehmungen die Hauptbeteiligten zu benachrichtigen sind, um ihre Rechte, wenn -sie wollen, in dem Termin wahrzunehmen. Wir kommen zu § 6. Im § 6 Abs. 1 ist die mündliche Verhandlung obligatorisch bestimmt. Nur wenn alle Beteiligten verzichten, kann davon abgesehen werden. Dadurch soll eine möglichst große Garantie für die Unmittelbarkeit und erschöpfende Behandlung der Einzelentscheidung gesichert sein. Als zunächst beteiligt an dem Verfahren sind im Abs. 2 des § 6 der Einsprechende und der Abgeordnete, um dessen Wahl es sich handelt, aufgeführt; der erstere ist beteiligt als derjenige, der das Verfahren in Gang gebracht hat, der letztere nicht etwa deshalb, weil es sich nur und ausschließlich um seine persönlichen Interessen drehte, sondern weil diese nach der Erfahrung auf jeden Fall irgendwie berührt werden. Die Wahlprüfung hat selbstverständlich nicht nur mit Privatrechten, sondern in erster Linie damit zu tun, daß der Bundestag den Gesetzen entsprechend zusammengesetzt ist. In Abs. 3 sind dann entsprechend dem Grundsatz, der im § 2 Abs. 2 aufgestellt ist, gewisse Amtspersonen als Nebenbeteiligte aufgeführt, die dem Verfahren beitreten können und denen in Abs. 4 auch dann ein besonderes Antragsrecht zuerkannt ist, wenn sie nicht etwa als Einsprechende ohnehin Hauptbeteiligte sind. Abs. 5 entspricht den Regeln eines geordneten Prozesses, indem er den Beteiligten die Akteneinsicht gestattet. § 7 enthält Bestimmungen, die den Ablauf des mündlichen Verhandlungstermins regeln sollen. Der Bericht des Berichterstatters ist obligatorisch, damit in der Verhandlung nichts unberücksichtigt bleibt, was etwa in den Akten enthalten ist, vor der Entscheidung aber in Gegenwart der Beteiligten gar nicht angesprochen wurde. Die weitere Regelung des Abs. 1 dürfte ohne weiteres verständlich sein, sie entspricht den Vorschlägen der Regierungsvorlage in ihrem § 7 Abs. 2. (Ewers) In Abs. 2 ist sodann die Beweisaufnahme angeordnet, die in der mündlichen Verhandlung stattfinden muß, soweit sie nicht in der Vorprüfung gemäß § 5 Abs. 3 angeordnet ist. Die Frage der Beeidigung ist in das Ermessen des Ausschusses gestellt. Sodann ist das Schlußwort nach der Beweisaufnahme dahin geregelt, daß der Anfechtende als derjenige, der im Normalfall der schwächere Teil ist, das Schlußwort hat. In Abs. 3 ist gemäß § 7 Abs. 3 der Regierungsvorlage eine Niederschrift gesetzlich vorgeschrieben, die allerdings zwangsläufig eine Wiedergabe der Aussagen der Zeugen und Sachverständigen enthalten muß, wenn sie ihrem Zweck, der Instanz des Verfassungsgerichtshofs als Material zu dienen, entsprechen soll. Im § 8 ist die äußere Form der mündlichen Verhandlung geregelt. Hier ist in Abs. 1 insbesondere klar vorgeschrieben, daß n u r diese mündliche Verhandlung öffentlich stattzufinden hat und nicht etwa, wie man es aus § 5 Abs. 1 der Regierungsvorlage herauslesen konnte, jede gewöhnliche Sitzung oder Zusammenkunft des Wahlprüfungsausschusses. Der Ausschuß hat sich überlegt, ob eine Vorschrift möglich sei, daß eine mündliche Verhandlung nur stattfinden solle, wenn alle Mitglieder des Ausschusses selbst oder ihre Stellvertreter anwesend sind. Diese Vorschrift kann aber im Rahmen eines Parlaments nicht erzwungen werden. Sie schien daher praktisch nicht möglich. Es ist deshalb eine Sondervorschrift aufgenommen worden, durch die insbesondere herbeigeführt werden soll, daß der Vorsitzende sich, ehe er einen Sitzungstag für die mündliche Verhandlung bestimmt, nach Möglichkeit davon überzeugen soll, ob alle Mitglieder oder ihre Stellvertreter zur Verfügung stehen, und die Ausschußmitglieder dazu anhalten soll, ihrer gesetzlichen Sollverpflichtung wenn irgend angängig zu genügen. Tatsächlich und rechtlich aber kann der Ausschuß nach Abs. 2 schon entscheiden, wenn nur vier Mitglieder oder Stellvertreter anwesend sind. In § 8 Abs. 3 ist ebenso wie generell im § 9 nach dem Muster der Wahlprüfungsordnung des früheren Wahlprüfungsgerichts des alten Reichstags vom 8. 10. 1920 der Zivilprozeß als die generelle Prozeßform bestimmt, nach der sich das Verfahren richten soll. Dadurch soll insbesondere ein Hinweis darauf geschehen, daß jeder Abgeordnete ohne jedes eigene Verschulden in die Rolle kommen kann, daß seine Wahl angefochten ist, daß es sich also in aller Regel keineswegs um die Nachprüfung irgendwelcher Beanstandungen handelt, die den Abgeordneten selbst treffen, sondern um die Nachprüfung der Formvorschriften, an deren Verletzung er selbst völlig unbeteiligt ist. § 9 ist dem § 9 der soeben genannten Wahlprüfungsordnung nachgebildet, um diejenigen allgemeinen Bestimmungen für anwendbar zu erklären, die in jedem Falle zu beachten sind. Mit diesem besonderen Hinweis auf Einzelbestimmungen sowohl im § 8 Abs. 3 wie im § 9 soll hervorgehoben werden, daß die Form des Verfahrens im übrigen im Ermessen des Wahlprüfungsausschusses liegt, soweit nicht in dem Gesetz selbst, wie es insbesondere in den §§ 5 bis 8 geschehen ist, besondere Vorschriften erlassen sind. Dazu ist noch weiterhin folgendes zu bemerken. Die Gesetzesvorlage sieht absichtlich keinerlei Bestimmungen für die Zulassung von Vertretern im Wahlprüfungsausschuß oder die Erscheinungspflicht von Beteiligten vor. Daraus ergibt sich also, daß jeder als Vertreter bestellt werden kann —und nicht etwa nur Rechtsanwälte — und daß niemand verpflichtet ist, auf eine Terminsnachricht hin zu erscheinen, es sei denn, er ist als Zeuge oder als Sachverständiger geladen. In § 10 Abs. 1 ist entsprechend § 8 Abs. 1 der Regierungsvorlage die geheime Beratung über das Ergebnis der mündlichen Verhandlung angeordnet. Diese Bestimmung erscheint selbstverständlich, wenn man den „quasi-richterlichen" Charakter des Wahlprüfungsausschusses bedenkt. Um die Unmittelbarkeit der Verhandlung und Entscheidung zu gewährleisten, ist in Abs. 2 ausdrücklich vorgeschrieben, daß nur diejenigen Mitglieder des Ausschusses an der Schlußberatung teilnehmen dürfen, die der mündlichen Verhandlung beigewohnt haben, so daß also jeder Mitentscheidende über alle Gesichtspunkte, die etwa geltend gemacht sind, unterrichtet ist. Eine sehr wesentliche Bestimmung ist sodann Abs. 3 des § 10, in der, da in einer Gerichtssache eine Entscheidung gefällt werden m u ß , eine Stimmenthaltung mit der Maßgabe, daß der Betreffende bei der Mehrheit oder bei der Minderheit nicht mitgezählt werden will, nicht möglich ist. Wenn also bei voller Besetzung des Wahlprüfungsausschusses drei Abgeordnete für die Ungültigkeit der Wahl, zwei dagegen sprechen und zwei sich der Stimme enthalten möchten, so ist die Entscheidung dahin gefallen, daß die Wahl gültig ist; denn die Stimmenthaltung bedeutet jedenfalls keine Jastimme, und jeder Abgeordnete muß konkret, also entweder mit Ja oder Nein Stellung nehmen. § 11 gehört ebenfalls noch zu den nötigen Formalien des Wahlprüfungsverfahrens und regelt die Form, in der der Wahlprüfungsausschuß seinen Vorschlag dem Bundestag zur Entscheidung vorlegen muß. Der Beschluß selbst ist schriftlich zu f assen. Dieser muß zunächst einmal die dem Bundestag vorzuschlagende „Entscheidung" im Wortlaut wiedergeben. Diese „Entscheidung" muß in ihrem Tenor entweder die Wahl für gültig erklären oder die Ungültigkeit und die sich daraus ergebenden Folgerungen aussprechen. Der Beschluß ist mit Tatbestand und Gründen zu versehen; er muß also alles in allem den Charakter einer verwaltungsrechtlichen Entscheidung haben. Die im Schlußsatz vorgesehene Möglichkeit, auf den Akteninhalt Bezug zu nehmen, entspricht der gerichtlichen Praxis. § 12. Dem Plenum des Bundestags gegenüber hat der Beschluß des Wahlprüfungsausschusses nur die Qualität eines Antrags. Die Vorschriften, wie und innerhalb welcher Fristen er im Bundestag zu behandeln ist, gehören als wesentliche Formvorschriften, die der Bundestag beachten muß, in dieses Gesetz. Dabei ist, wie auch im § 8 Abs. 3 der Regierungsvorlage vorgesehen, im § 12 Wert darauf gelegt, daß jedes einzelne Mitglied des Bundestags Gelegenheit hat, sich über die Begründetheit der vorgeschlagenen, vom Bundestag zu fassenden Entscheidung selbst Gedanken zu machen. Eine mündliche Berichterstattung ist, wie der letzte Satz des § 12 ergibt, in aller Regel nicht vorgesehen, aber selbstverständlich ergänzenderweise zulässig und möglicherweise dann zweckmäßig, wenn es sich um besonders grundsätzliche und schwierige Entscheidungen handeln sollte. Im § 13 ist sodann im Abs. 1 entsprechend der Regierungsvorlage § 9 Abs. 1 angeordnet, daß der Bundestag wie in aller Regel mit einfacher Mehrheit zu beschließen hat. Es ist weiter angeordnet, daß eine Ablehnung des Vorschlages des Wahlprü- (Ewers) fungsausschusses eine Zurückverweisung der Sache an den Wahlprüfungsausschuß bedeutet, also im Einzelfalle nicht etwa besonders beschlossen zu werden braucht. Entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag kann dabei die ablehnende Mehrheit dem Ausschuß die Nachprüfung einzelner Zweifelsumstände aufgeben. Die Regierungsvorlage sah darüber hinaus vor, daß das Plenum dem Ausschuß sogar „bestimmte Weisungen erteilen" könne. Das ist von beiden Ausschüssen, für die ich berichte, einstimmig abgelehnt worden, da damit das Recht eines Abgeordneten entgegen der Bestimmung im Art. 38 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes verletzt wäre. Der Abs. 2 bestimmt dann, daß nach Zurückverweisung der Wahlprüfungsausschuß im Bundestag einen neuen Antrag vorzulegen hat. Das kann natürlich schon deshalb nur nach erneuter mündlicher Verhandlung geschehen, weil möglicherweise der zweite zu erarbeitende Vorschlag des Ausschusses nicht von den gleichen Mitgliedern des Ausschusses vorgenommen wird, die an der ersten Verhandlung teilgenommen haben. Darüber hinaus muß selbstverständlich, sobald Anregungen wegen der Nachprüfung vom Bundestag erteilt werden, das insoweit vorhandene Material der mündlichen Verhandlung einer besonders sorgfältigen und eingehenden Prüfung unterzogen und mit den Beteiligten besprochen werden. Die Frage, wie der Bundestag nach Zurückverweisung und nach Vorlage eines zweiten Vorschlags des Ausschusses zu einer endgültigen Entscheidung kommt — und das muß das Ziel jedes Verfahrens sein —, hat die Ausschüsse sehr lange und eingehend beschäftigt. Selbstverständlich kann der Bundestag nicht verpflichtet sein, dem zweiten Vorschlag des Ausschusses, der vielleicht dasselbe enthält wie der erste, zuzustimmen; denn dann wäre die Entscheidung nicht in die Hände des Bundestags, sondern allein in die Hand des Wahlprüfungsausschusses gelegt. Eine abweichende Entscheidung kann aber auf ganz verschiedenen Gründen und Erwägungen beruhen. Es ist daher hier nach dem Vorbild des konstruktiven Mißtrauensvotums — Art. 67 des Grundgesetzes — vorgesehen, daß die Ablehnung nur in der Weise erfolgen kann, daß statt dessen der Bundestag einem andern seiner ihm zur Annahme vorgelegten Anträge zustimmt, der ebenfalls den Anforderungen des § 11 entspricht, also einen Entscheidungsvorschlag enthält mit Tenor, Tatbestand und Gründen, so daß das Bundesverfassungsgericht in der Lage ist, die so gefällte Entscheidung nachzuprüfen, wenn Beschwerde eingelegt werden sollte. Wenn in einem einzelnen Falle ein solcher Antrag, der natürlich gewisser Vorbereitung bedarf, nicht vorliegt, wird die Mehrheit, die dem Ausschußvorschlag nicht zustimmen will, in aller Regel Aussetzung der Verhandlung beantragen, um einen dem § 13 Abs. 2 genügenden Gegenvorschlag dem Bundestag zur Entscheidung vorlegen zu können. Der Abs. 3 entspricht dem § 9 Abs. 2 der Regierungsvorlage. Der § 14 entspricht dem § 10 der Regierungsvorlage. Es ist nur vorgesehen, daß nicht die Mitglieder des Bundestags selbst, sondern auf ihr Verlangen hin der Präsident die Wählbarkeit eines Abgeordneten nachprüfen lassen kann, der dazu aber auch ohne das Verlangen von Abgeordneten von Amts wegen berechtigt ist. Diese Nachprüfung ist an keine Frist gebunden. Der § 15 entspricht dem § 11 der Regierungsvorlage. Die Formulierung, daß „nach den Vorschriften des Gesetzes zu verfahren ist", ist deshalb gewählt, um klarzustellen, daß bei diesem Verfahren das Antragsrecht sich nach § 2 richtet. Hier ist irgendeine Frist nicht vorgesehen. Der § 16 behandelt die Frage der vorläufigen Wirksamkeit der Entscheidung des Bundestags schon vor ihrer Rechtskraft. Hier sind drei Regelungsmöglichkeiten denkbar, jede wieder mit gewissen Abwandlungen. Erstens: die Entscheidungen haben erst mit Rechtskraft Wirksamkeit. Zweitens: die Entscheidungen haben schon v o r Rechtskraft Wirksamkeit. Drittens: der Bundestag kann von Fall zu Fall entscheiden, ob und welche Wirksamkeit die Entscheidung schon vor der Rechtskraft haben soll. Die Regierungsvorlage ist den Weg gegangen, daß sie im § 12 die Möglichkeit 2 mit der Möglichkeit 3 kombiniert hat, indem sie die Regel aufstellte, daß die Rechte und Pflichten des Abgeordneten, dessen Wahl für ungültig erklärt ist, zu ruhen hätten, daß aber der Bundestag von Fall zu Fall etwas anderes bestimmen könne. Der Wahlprüfungsausschuß hielt es für in hohem Maße bedenklich, im einzelnen Fall diese für die politische Zusammensetzung des Parlaments unter Umständen sehr bedeutsame Frage von einer Entscheidung des Bundestags abhängig zu machen, da hierbei der Tendenz seiner Vorlage zuwider unzweifelhaft politische Möglichkeiten und Machtverhältnisse eine kaum zu vermeidende Rolle spielen könnten. Er lehnte daher die Entscheidungsbefugnis des Bundestags ab und sprach sich einstimmig für eine klare Regelung im Gesetz aus. Der inzwischen von der SPD-Fraktion vorgelegte Änderungsantrag schlägt den Weg der Möglichkeit 1 vor, daß also in keinem Fall die Entscheidung des Bundestags vor Rechtskraft irgendwelche Wirksamkeit äußert. Die Ausschußvorlage schlägt den dritten Weg mit der Maßgabe vor, daß nicht etwa das Mandat des Abgeordneten erloschen, wohl aber seine Tätigkeit als Abgeordneter lahmgelegt ist. Er behält also seine fixen Diätenbezüge, er behält seine Immunität und bleibt im übrigen Abgeordneter; er kann sich aber an den Arbeiten des Plenums und der Ausschüsse während des Schwebezustandes nicht mehr beteiligen. Für den Vorschlag der Ausschüsse, der mit überwiegenden Mehrheiten gefaßt ist, waren folgende Gründe maßgebend. Der Ausschuß glaubt, durch die Gestaltung des Wahlprüfungsrechts im einzelnen größtmögliche Vorsorge getroffen zu haben, daß der Bundestag in jedem einzelnen Fall soweit irgend möglich nur auf Grund gesetzlicher Vorschriften und nicht unter dem Gesichtspunkt politischer Zweckmäßigkeit seine Entscheidungen fällen wird. Wenn man demgegenüber aber eine Norm einführt, durch die dieser Entscheidung, solange sie nicht rechtskräftig geworden ist, jegliche Bedeutung abgesprochen wird, entwertet man den Beschluß des Parlaments vollständig. Die Tatsache, daß in einem gewissen Umfang, nämlich in Ansehung der Mandatsausübung, die Entscheidung des Bundestages alsbald von einer gewissen Bedeutung sein m u ß , dürfte darüber hinaus dem Bundestag Veranlassung geben, sich nicht mit flüchtigen und nicht bis ins letzte durchdachten Entscheidungen zu begnügen, sondern mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob im einzelnen Fall eine Wahl für ungültig erklärt werden muß. Wenn die Entscheidung des Bundestags daher vorläufig und zunächst für den beteiligten Abgeordneten keinerlei Bedeutung hat, so besteht die Gefahr, daß sich der Bundestag von dem Gedanken leiten läßt, (Ewers) daß es auf seine Entscheidung ja ohnehin nicht ankomme, sondern daß das Wahlprüfungsgericht schon Recht sprechen werde. Eine solche Haltung, die hier selbstverständlich nur als Möglichkeit angedeutet werden soll, erschien im Ausschuß als für das Ansehen des Bundestags in hohem Maße bedenklich. Dann soll noch darauf hingewiesen werden, daß die Erklärung der Ungültigkeit einer Wahl zumeist keinerlei Kritik gegen den Abgeordneten enthält, sondern auf von seinem Verhalten völlig unabhängigen Umständen beruht, die er weder rechtlich noch moralisch zu vertreten hat. Es ist also keineswegs damit, daß dem Ausspruch des Bundestags eine gewisse vorläufige Wirksamkeit verliehen wird, irgendein Werturteil über die Person des beteiligten Abgeordneten gefällt. Allerdings hat die Vorlage des Ausschusses von der Regel des Abs. 1 des § 16 eine Ausnahme vorgesehen, und zwar dann, wenn es sich in einem einzelnen Einspruchsverfahren um das Mandat von mehr als neun Abgeordneten handelt, wenn also möglicherweise eine ganze Fraktion von dem Verfahren betroffen ist. Diese Ausnahme mit einer gewissen Mindestzahl — man hat sich auf die Mindestfraktionsstärke geeinigt — war schon deshalb geboten, weil zur Zeit dem Ausschuß Anfechtungen vorliegen, in denen die Wahlen, die in ganzen Ländern vorgenommen worden sind, aus formalen Gründen für ungültig gehalten werden. Wenn man also diese Massenanfechtung sofort irgendwie wirksam werden ließe, wenn der Bundestag seinerseits glaubt, daß man ihnen entsprechen muß, so würde man die Arbeiten des Bundestags unter Umständen lahmlegen. Bei solchen Massenanfechtungen handelt es sich natürlich stets um formale Wahlrechtsbestimmungen, ) die, wie anzunehmen ist, im einzelnen Fall in hohem Maße zweifelhaft sein dürften, da ja nach der Meinung des Anfechtenden der Wahlleiter des Landes eine offenbare Fehlentscheidung bei Feststellung des Wahlergebnisses getroffen haben müßte. Es wird bemerkt, daß die Gestaltung des § 16 im Wahlprüfungsausschuß zu sehr langwierigen Erörterungen geführt hat und erst nach wiederholten Überlegungen die jetzt vorgelegte Form fand. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat sich nach Darlegung aller Umstände der Meinung des Wahlprüfungsausschusses angeschlossen. § 17. Diese Vorschrift ist auf Anregung des Bundesrats aufgenommen; sie entspricht der allgemeinen Regel, daß niemand zur Entscheidung in eigener Sache berufen sein kann. Sie bezieht sich sowohl auf die Mitwirkung im Ausschuß wie im Plenum. Auch in diesem Falle ist wieder die Ausnahme entsprechend dem § 16 Abs. 2 vorgesehen, wenn eine einzelne Anfechtungssache mehr als neun Abgeordnete berührt. § 18. Nach einem Beschluß des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht soll entsprechend der Gesamtgestaltung des Gesetzes betreffend den Bundesverfassungsgerichtshof das bestehende Verfahren nicht im Wahlprüfungsgesetz, sondern in dem eben genannten Gesetz geregelt werden. Der Wahlprüfungsausschuß hat dies zur Kenntnis genommen. Im Rahmen meines Berichts habe ich daher zur Frage der Gestaltung des Beschwerderechts keine Stellung zu nehmen. Zu § 19. Die Vorschrift ist gleichlautend mit dem § 15 der Regierungsvorlage. Daß das Wahlprüfungsverfahren, soweit es sich vor dem Bundestag vollzieht, keine Kosten verursachen darf, dürfte der normalen Rechtsgestaltung entsprechen. Gleiches war schon im § 15 der Wahlprüfungsordnung vom 8. Oktober 1920 vorgesehen. Das gleiche gilt für die Nichterstattung der Auslagen. Zu § 20. Der § 16 der Regierungsvorlage ist auf Wunsch des Bundestags dahin ergänzt worden, daß noch ein Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes neue Einsprüche ermöglicht werden, weil dies einer rechtsstaatlichen Regelung entsprechen dürfte. Praktisch wird diese Bestimmung, wie man im Ausschuß annimmt, keine besondere Bedeutung haben. Bedeutsam ist, daß die Worte „beim Bundestag eingelegt" in der Regierungsvorlage geändert sind in „beim Bundestag eingegangen". Diese Änderung erschien erforderlich, weil die bisher vorliegenden Einsprüche ausnahmslos bei den zuständigen Wahlleitern eingelegt und durch diese dem Bundestag vorgelegt sind; sie sind also im Sinne des Gesetzes inzwischen beim Bundestag „eingegangen" und damit ohne weiteres formal wirksam. Bei der Formulierung der Regierungsvorlage käme in Betracht, daß alle bisherigen Einsprüche noch einmal formell erneuert werden müßten. Der § 21 entspricht dem § 17 der Regierungsvorlage. Die möglichst eilige Inkraftsetzung des Wahlprüfungsgesetzes ist ein selbstverständliches Erfordernis. Zum Schluß darf bemerkt werden, daß der Wahlprüfungsausschuß glaubt, mit diesem Gesetz eine Handhabe zu haben, um praktisch und so rasch wie möglich seinen Aufgaben zu genügen, und daß die Einzelbestimmungen sich als beweglich genug herausstellen, um eine sachgemäße Handhabung aller Wahlprüfungssachen auch vor dem Bundestag zu gewährleisten. Nachrichtlich sei bemerkt, daß dem Wahlprüfungsausschuß zirka 70 Einsprüche vorliegen. Ob die Hoffnung begründet ist, daß der Wahlprüfungsausschuß mit der Erledigung der Einsprüche bis Ende des laufenden Jahres fertig wird, muß abgewartet werden. Ewers Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre verkehrt, den Alliierten vorzuwerfen, daß sie unser Land besetzt haben. Es mag seltsam klingen, daß ich das hier sage. Aber die Diskussion in Deutschland über das Besatzungsproblem bewegt sich manchmal in seltsamen Bahnen. Wir sollten doch nicht vergessen, daß sich zwischen 1933 und 1945 in der Welt einiges ereignet hat, für das wir nun einstehen müssen!

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wir sollten nicht vergessen, daß wir, wenn man Deutschland im Jahre 1945 nicht besetzt hätte, wenn die Alliierten an den deutschen Grenzen haltgemacht hätten, alle miteinander verhungert wären — jedenfalls diejenigen von uns, die sich innerhalb der deutschen Grenzen noch nicht gegenseitig totgeschlagen haben sollten. Das bedeutet nicht, daß wir alles für richtig finden dürften, was in Ausführung der Besetzung geschehen ist und wie die Besetzung durchgeführt worden ist. Das ist eine andere Geschichte. Aber wir sollten uns auch nicht so leichthin darüber wundern, daß die Alliierten ihre Besetzung noch nicht aufgehoben haben. Erstens: man darf die Einsicht von Siegern nicht überfordern; keiner verzichtet gern auf die sichtbaren Symbole seiner großen Zeit .. .

    (Zuruf von der FDP: Es geht um mehr!) Und schließlich hat sich auch in den letzten Jahren und Monaten einiges ereignet, was die weitere Anwesenheit alliierter Truppen in Deutschland nicht so ganz unverständlich macht.


    (Zuruf von der FDP: Sie ist sogar unentbehrlich!)

    Das ist eine Frage, die ich hier nicht diskutieren möchte.
    Weiter: Alle Besatzungen kosten Geld. Der erste, der das gesagt hat, der gallische Häuptling Brennus, hat es in zwei Worten gesagt: „Vae victis!" Der Besiegte muß bezahlen — in modernen Zeiten unter den Einschränkungen der Haager Landkriegsordnung. Das wissen sogar Sie, Herr Renner; das haben auch Sie einmal gelernt.

    (Heiterkeit. — Zuruf von der SPD: Da gilt aber die Haager Landkriegsordnung nicht!)

    Es gibt eine Art Besetzung, die durchgeführt wird, ausschließlich um Kosten zu verursachen. Früher nannte man das „Einliegen"; die Franzosen nannten es einst „dragonade". Ich glaube nicht, daß die Alliierten die Absicht hatten, ihre Besetzung nach diesem Muster zu gestalten.
    Es gibt eine weitere Art der Besetzung, die sogenannte Sicherungsbesetzung zwischen Einstellung der Feindseligkeiten und Friedensschluß. Das wollten die Alliierten offenbar mit der Besetzung Deutschlands machen. Darüber hinaus aber wollten sie diese Besetzung auch als Instrument einer interventionistischen Politik in Deutschland. Ob das rechtmäßig ist oder nicht, das brauchen wir hier nicht zu diskutieren. Jedenfalls hat das deutsche Volk sich die Intervention bisher gefallen lassen, und das schafft, wenn nicht Legitimität, so doch etwas wie eine praktische Legalität. Das Merkmal einer Sicherungsbesetzung ist nach Völkerrecht die Verhältnismäßigkeit der Anforderungen der Besatzungsmacht an die Bevölkerung. Das heißt: die Leistungen, die man von der Besatzung verlangt, müssen in einem vernünftigen Verhältnis zu den Hilfsquellen des Landes stehen. So steht es in der Haager Landkriegsordnung. Das Merkmal einer interventionistischen Besetzung aber pflegt ein riesig aufgeblähter Besatzungsverwaltungsapparat und die reine Einseitigkeit des Verhältnisses zwischen besetzender Macht und besetztem Land zu sein. Letzten Endes kontrahiert die interventionistische Besatzungsmacht immer in eigener Sache und überdies weit über das hinaus, was eine Besatzungsmacht nach der Haager Landkriegsordnung an Auflagen auferlegen kann.
    Nun kann man sich noch eine dritte Art von Besatzung vorstellen: nämlich Besatzung als Garnison im gemeinsamen Interesse des Landes, in dem die fremden Truppen stehen, und der Länder, die die Truppen stellen. Vielleicht sollte man die Besetzung Deutschlands künftig mehr nach diesem Modell betrachten als nach den anderen; ich werde noch darauf kommen.
    Was die Militärregierung anbetrifft, so ist sie seinerzeit mit einem Riesenapparat bei uns aufgezogen. Dieser Apparat mag in seiner Ausdehnung am Anfang notwendig gewesen sein, da der Regierungsapparat und der Verwaltungsapparat in Deutschland zusammengebrochen waren und zum mindesten in den ersten Wochen die einzige zentrale Ordnung in Deutschland eben der Militärapparat. war.
    Dann haben sich die Besatzungszwecke geändert und damit auch der Stil des Besatzungsregimes. Aus der Vollzugsverwaltung der ersten Zeit wurde die Aufsichtsverwaltung der Jahre 1947 und 1948 und dann schließlich die Kontrollverwaltung, wie wir sie heute noch haben, die dann durch das Besatzungsstatut reduziert wurde auf die ausschließliche Kontrolle der Spitze der Bundesrepublik durch die Spitze der Besatzungsregierung,


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    der Hohen Kommission. Leider ist diese Konzentration der Befugnisse auf Kontrolle von Spitze zu Spitze weitgehend auf dem Papier stehen geblieben. Ich kenne jedenfalls eine Zone, in der xnan offensichtlich noch der Meinung ist, daß man bis hinunter in die Kreisstädte den alten Apparat beibehalten müsse. Wir meinen, daß man sich im Jahre 1950, als man sich auf das Besatzungsstatut, auf die reine Kontrollverwaltung von Spitze zu Spitze beschränken wollte, einen massiven Abbau des gesamten Apparates hätte vornehmen können. Wir meinen auch, daß man das Versäumte heute noch nachholen kann und heute noch nachholen sollte.

    (Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

    Ich glaube, es würde sich lohnen, das zu tun. Eine kleine Zahl: Unter den Besatzungskosten, die wir leisten müssen, rechnet man schätzungsweise 1,4 Milliarden für das, was man die Besatzungsverwaltung nennt. Die Bundesregierung — Ministerien usw. — kostet personell 270 Millionen und sachlich 180 Millionen. Wenn man noch die Kosten für alle Landesregierungen zusammen dazu nimmt, so ist das immer noch ein Bruchteil dessen, was die Besatzungsverwaltung kostet, die Bundesregierung und Landesregierungen zu kontrollieren hat!

    (Hört! Hört!)

    Allein in Württemberg-Hohenzollern — ich kenne die Zahlen aus der Zeit, als die Besatzungskosten noch von den Ländern getragen werden mußten — machten die Besatzungskosten so viel aus wie der ordentliche Haushalt des ganzen Landes.

    (Hört! Hört!)

    Das sind Dinge, die nicht gehen, Dinge, die im vierten und fünften Jahr einer Besetzung unmöglich sind.
    Wir wollen aber nicht kleinlich sein. Die Beamten und Soldaten, die bei uns ihren Dienst tun müssen, sollen anständig untergebracht werden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Spitzen der Besatzungsbehörden sollen repräsentativ untergebracht werden. Sie sollen es so schön haben, wie man es in Karlshorst hat.

    (Schallende Heiterkeit und Beifall. — Zuruf von der KPD: Wann waren Sie zum letzten Mal da?)

    Da wollen wir nicht geizig sein. Alle sollen sie bei
    uns zufrieden leben können. Ich glaube, daß das
    auch unser Vorteil ist, wenngleich ich meine, daß
    man in dieser oder jener Zone den Begriff Familie
    ein bißchen weniger extensiv interpretieren sollte.

    (Heiterkeit.)

    Aber so, wie es bislang geblieben ist, kann es nicht weitergehen. Man muß schon diese Kontrollverwaltung um ihrer Funktionsfähigkeit willen radikal abbauen,

    (Sehr richtig!)

    denn von einer bestimmten Ausdehnung ab vermag sich eine Behörde durchaus und mit Erfolg ausschließlich mit sich selbst zu beschäftigen.

    (Heiterkeit.)

    Insbesondere auf den mittleren und unteren Stufen soll das der Fall sein.
    Man spricht so oft und so gern — und ich glaube es denen, die es sagen, daß sie es ehrlich meinen — von dem neuen Geist, mit dem man uns begegnen wolle. Aber, meine Damen und Herren, ein „neuer Geist" kann nicht tropfenweise gespendet werden! Ein neuer Geist zeigt sich nicht durch kleine und allmähliche Übergänge an, dadurch, daß man Stückchen an Stückchen setzt, sondern ein neuer Geist zeigt sich durch den radikalen Bruch mit den Methoden des alten Geistes! Nur dann ist wirklich neuer Geist am Werk.

    (Zustimmung.)

    Wir meinen, daß die Hohe Kommission sich heute, ohne daß die Interessen der Länder, die die Hohen Kommissare entsandt haben, beeinträchtigt werden, in eine Botschafterkonferenz verwandeln ließe. Wir meinen, daß die Herren Botschafter die Interessen ihrer Länder bei der Bundesregierung genau so gut wahrnehmen könnten, wie die Herren Hohen Kommissare glauben, das heute tun zu müssen. Heute ist doch dafür nicht viel mehr nötig als eine besonders enge diplomatische Verbindung zwischen der Bundesrepublik und ihren Nachbarn. Das reicht völlig aus, um die Verhältnisse zu schaffen, die geschaffen werden müssen, um morgen ein Stück weiter in der Integration dieses Kontinents gehen zu können. Was dann noch an Residuen übrig sein sollte, die man vom Sachlichen her anders behandeln muß, ließe sich in einer Reihe von Einzelverträgen ordnen.
    Den Hauptkostenfaktor der Besatzungskosten stellt natürlich die Armee. Hier sind sehr aufschlußreiche Ziffern genannt worden, die zeigen, um wieviel teuerer offenbar heute ein Besatzungssoldat geworden ist als in den guten, alten Zeiten des Versailler Vertrages. Daran können wir vielleicht nichts ändern; vielleicht gehört das nun einmal zu dem, was man den Fortschritt heißt.

    (Heiterkeit.)

    Ich weiß es nicht. Ich glaube aber, daß man auch im Bereich solcher „Fortschritts"-Mittel mit mehr oder weniger Vernunft ausgeben kann, und ich meine, daß nichts verbietet, das Maximum an Vernunft beim Ausgeben der so sauer verdienten Groschen walten zu lassen, die für die Aufrechterhaltung der Besetzung hingegeben werden müssen.
    In dem Posten „Dienstleistungen" stecken u. a. auch die sogenannten Dienstgruppen. In den drei Zonen sind das etwa 60 000 Mann. Das ist — jedenfalls beim heutigen Stand der Entwicklung — ein böses Kapitel. Am Anfang mögen diese Leute wirklich harmlose Arbeiter, Schlosser, Mechaniker, Nachtwach- und Schließdienstpersonal gewesen sein. Seit einiger Zeit aber läßt man diese Leute sehr merkwürdige Verträge unterzeichnen, in denen sie unbedingten Gehorsam zu versprechen haben, in denen sie sich einverstanden erklären müssen, überall, wohin man sie schickt, jeden Dienst zu tun, den man von ihnen verlangt.

    (Zuruf links: Das ist der neue Geist!)

    So etwa stelle ich mir die Verträge vor, die früher, in längst vergangener dunkler Zeit, die Herren von Bern mit dem König von Frankreich und dem Herzog von Mailand abgeschlossen haben mögen, wenn es sich darum handelte, wieder einmal „Ausfälle" zu ersetzen.

    (Zuruf von der KPD: Das sind Söldner!)

    Ich glaube, wir sollten dazu nicht schweigen. Man sollte nicht auf Hintertreppen ein Ziel zu erreichen versuchen, das man nur frontal angehen sollte und indem man sagt, was man meint.
    Man sollte in Deutschland nicht vergessen: Die Menschen, die diese Verträge unterzeichnen, unterzeichnen sie nicht, weil ihnen etwa besonders gefiele, was in den Vertragsformularen steht. Sie


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    unterzeichnen sie, weil sie sonst nichts zu essen haben!

    (Sehr richtig!)

    Hier wird einfach die Notlage arbeitsloser Menschen ausgenutzt, um sie hintenherum zu „Hilfswilligen" zu machen.

    (Abg. Rische: Freiheit der Persönlichkeit! — Zuruf rechts: Sie haben es nötig!)

    Wir meinen, daß es Sache der Bundesregierung sein sollte, nach diesen Dingen zu sehen

    (Sehr gut!)

    und sehr viel zu tun, um die Arbeitslosen davor zu schützen, solche Verträge unterzeichnèn zu müssen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Die Besatzungskosten machen nach dem Etat von 1950 pro Einwohner 95 DM, pro Erwerbstätigen 225 DM aus. Das heißt, jeder Erwerbstätige in Deutschland arbeitet eineinhalb Monate, um die Besatzungskosten mit aufbringen zu helfen .. .

    (Hört! Hört!)

    Die „Neue Zeitung" hat heute in ihrem Leitartikel geschrieben, wir sollten uns doch über diese Beträge nicht so aufregen, dieses Geld bliebe doch im Lande. Nun, eine verbrauchte Leistung ist verbraucht, und was verbraucht ist, ist nicht mehr da. Was im Lande bleibt, ist nicht Geld im Sinne eines echten Gegenwertes, mit dem man die Lücken zu füllen vermag, sondern was im Lande bleibt, ist das Papier, auf das das Geld gedruckt ist; und das ist doch etwas anderes, als was verstanden wird, wenn man sagt, das Geld bleibe im Lande.
    Nun ist in aller Leute Mund, daß ein neues Stadium im Anzug sei. Man spricht von der gemeinsamen Verteidigung Europas zusammen mit den Deutschen. Man tut nicht mehr so, als ob man seine Truppen in Deutschland halten müsse, um die Welt gegen den „deutschen Angreifer von morgen" schützen zu müssen, sondern man sagt heute offen, daß man in Deutschland Truppen halten müsse, um Europa und damit auch Deutschland gegen einen möglichen Angriff vom Osten her verteidigen zu können. Also: man muß fremde Truppen in Deutschland haben, weil Deutschland der östlichste Teil des europäischen Kontinents ist und dieser Kontinent vom Osten her bedroht werde.

    (Abg. Renner: Das hat schon Hitler gesagt!) Daraus resultiere nun, sagt man, eine besondere moralische und prioritäre Verpflichtung der Deutschen zu finanziellen Leistungen für die Aufrechterhaltung und die Unterhaltung der alliierten Truppen in Deutschland. Wenn es so ist — nun, dann muß man hinsichtlich des Grundverhältnisses der Besatzungsmächte zu Deutschland und hinsichtlich der Rechtsverhältnisse der Besatzung Konsequenzen ziehen. Dann haben wir nicht mehr eine Sicherungsbesatzung zum Schutz gegen deutsche Eventualitäten vor uns, sondern dann haben wir vor uns eine europäisch-atlantische Garnison in dem Teile Europas, der Deutschland heißt.


    (Sehr gut!)

    Was so zur Verteidigung aller, auch des besetzten Landes, gegen einen Dritten zu leisten ist, das muß von allen Interessenten bezahlt werden ohne Rücksicht darauf, wo die Kosten anfallen. Der Vorstellung „europäische Verteidigungen" entspricht die Notwendigkeit der Schaffung eines internationalen Verteidigungsfonds, in den jeder Interessent nach seinem Vermögen einzahlen muß.

    (Lebhafte Zustimmung.)

    Man sagt nun: ganz schön und gut, aber damit, daß wir Truppen nach Deutschland schicken, erhöhen wir immerhin das Verteidigungspotential Europas und auch Deutschlands; unsere dadurch erhöhten Ausgaben müßt ihr uns ersetzen! Sicher: damit, daß Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika Truppen nach Deutschland schicken, wird die Verteidigungskraft des Westens in Europa erhöht, jedenfalls gegenüber einem Zustand, in dem das nicht der Fall wäre. Aber wird das Verteidigungspotential des Westens auch dann erhöht, wenn eine belgische Divison von Lüttich nach Aachen verlegt wird?

    (Sehr gut!)

    Wird wirklich die Verteidigungskraft Europas verstärkt, wenn französische Regimenter aus dem Elsaß nach Baden verlegt werden?

    (Sehr gut!)

    Da hat sich doch offenbar nur ein Beamter der Haushaltsabteilung des Kriegsministeriums eine schlaue Sache ausgedacht: ein Posten aus dem eigenen Wehretat wird auf den deutschen Besatzungskostenetat überwälzt.

    (Sehr richtig!)

    Meine Damen und Herren, das geht nicht! Wenn man so weitermachen will, soll man nicht mehr von gemeinsamer Verteidigung Europas sprechen. Dann soll man sagen: wir lassen es beim Alten; ihr habt verloren: vae victis! Wenn man das nicht will, dann muß man sich dahin verständigen, daß die einzige Stelle, bei der Kosten für militärische Ausgaben, die in Deutschland entstehen, angefordert werden können, dieser internationale Verteidigungsfonds ist. Wenn man- das nicht will, zieht man nicht die volle Konsequenz aus dem, was man sagt. Dann beläßt man weiter die schlimme Diskrepanz zwischen Wort und Wirklichkeit, die so vieler böser Dinge Ursache ist.
    Noch eins: Man sollte den Teil der Besatzungskosten nicht als Verteidigungsbeitrag bezeichnen, der nur erhoben wird, um das Verteidigungspotential Deutschlands zu vermindern. Alle Kosten für die Demontagen, für die Kontrolle von Industrien usw. sind doch keine Kosten zur Erhöhung des Verteidigungspotentials, sondern Kosten zur Verminderung des Verteidigungspotentials in Deutschland.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Vielleicht ist es notwendig, zu verfahren, wie man es heute tut — die Besatzungsmächte müssen es ja wissen! Aber dann soll man nicht sagen, daß man dieses Geld von uns verlange, um die Möglichkeiten, uns zu verteidigen, zu verstärken! Es wäre interessant, einmal festzustellen: Wieviel echte Verteidigungskraft Europas wird in Deutschland unter Verwendung von Geldmitteln zerstört, die man von uns unter der Rubrik „Beitrag für die Verteidigung Europas" fordert!

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Dieser Verteidigungsfonds muß durch Beiträge gespeist werden, durch Beiträge, die man erheben soll, wie man in einer modernen Finanzpolitik etwa die Einkommensteuer erhebt, das heißt proportional zum Einkommen gestaffelt. Ich meine, daß wir Deutsche da Anspruch darauf hätten, in der niedersten Steuerklasse zu sein, denn schließlich ist doch das Nettoeinkommen des durchschnittlichen deutschen Erwerbstätigen rund 450 Dollar gegenüber rund 1790 Dollar bei dem durchschnittlichen amerikanischen Erwerbstätigen. Wir wissen doch alle, daß es einen Unterschied ausmacht, ,ob


    (Dr. Schmid [Tübingen])

    ich 10 % von 100 hergeben muß und damit 90 behalte oder 10 % von 400 und damit noch 360 behalte.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Daran sollte man denken, und man sollte uns nicht mit so schematischen Forderungen kommen wie: ihr habt 10 % von eurem Nettoeinkommen für die Verteidigung aufzubringen, denn wir tun es auch!
    Meine Damen und Herren! Das alles gilt für eine Zukunft, auf die wir zustreben müssen. Wir haben solche Verhältnisse noch nicht; es sollte aber ein Hauptstück der Politik der Bundesregierung sein, diese Verhältnisse zu erreichen. Was die heutigen Verhältnisse anbetrifft, so meine ich, daß man durch organisatorische Maßnahmen viel schaffen könnte, einmal durch den Abbau obsolet gewordener Einrichtungen; zweitens durch eine vernünftige Rationalisierung der Methoden bei der Verwendung dessen, was man gefordert hat; drittens durch Einsparungen und Verzicht auf gewisse Großzügigkeiten und viertens durch Einschaltung deutscher Stellen bei der Aufstellung der Voranschläge; fünftens durch die Regelung und Ausführung der Aufträge durch deutsche Behörden; sechstens durch die Beachtung des im Völkerrecht allgemein geltenden Grundsatzes, daß einem Lande gegenüber nur Forderungen erhoben werden dürfen, die im Verhältnis zu den Hilfsquellen des Landes stehen. Schließlich muß man endlich zu einer vertraglichen Regelung auch dieser Dinge kommen.

    (Zustimmung bei der SPD und in der Mitte.)

    Ohne das ist heute nicht sehr viel Gutes mehr zu erwarten. Wenn sich der Stil des Besatzungsregimes nicht nach dieser Richtung hin ändern lassen sollte, dann sollte man es lieber beim alten 1 Vokabular belassen, statt ein neues Vokabular einzuführen, dem keine Realität entspricht. Man kann uns nicht gut als Besiegte behandeln und verlangen, daß wir wie Verbündete reagieren.

    (Zustimmung bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

    Schließlich sollte man — ich bitte um Entschuldigung, Herr Renner, ich muß wieder zitieren — sich gelegentlich der Geschichte von den Sibyllinisehen Büchern erinnern: die Geschichte pflegt für die Verzögerung notwendiger Entscheidungen im allgemeinen den zehnfachen Preis zu fordern!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte erinnert an Debatten, die wir insbesondere am 2. Juni vorigen Jahres hatten, als der Bericht Drucksache Nr. 789 vom Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten vorgelegt wurde, erinnert daran, daß wir in der Drucksache Nr. 1308 vom Finanzministerium eine genaue Darstellung der Lage des Verhältnisses der Besatzungsmächte .zu uns und der Kosten für die Besatzung empfangen haben. Wesentliche Teile dieser Drucksachen sind heute in der Debatte wiederholt worden. Zu diesem Punkt möchte ich gar nichts hinzufügen. Für uns war heute neu, daß der Finanzminister glaubte Hoffnung hegen zu dürfen, daß in gewissen Verhandlungsmethoden ein Wandel gegenüber der Vergangenheit eintreten wird. Wir wollen hier der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß er recht hat. Vorgänge der letzten Vergangenheit stimmen uns skeptisch. Auch darauf haben die Redner der verschiedenen Fraktionen bereits hingewiesen. Ich möchte die vielfachen Klagen nur um einen Fall ergänzen. Man hat die ganze Stadt Verden in Aufruhr gebracht, weil man da plötzlich fünfzig Wohnungen kurzfristig beschlagnahmen will. Die Dinge scheinen behoben zu werden. Aber schon, daß man eine solche Aufregung mitten im Frieden in eine friedliche Stadt hineinträgt, ist ein Ungeschick.
    Was mir heute am Herzen liegt, liegt etwa auf der Linie der Ausführungen des Herrn Kollegen Euler. Denn auch ich stehe auf dem Standpunkt, daß Deklamationen hier im Bundestag einen Wandel nicht herbeiführen werden. Sie können — wenn sie so wissenschaftlich fundiert vorgetragen werden wie die meines Herrn Vorredners — allerdings zur Klärung unserer eigenen Gedanken beitragen. Ich möchte die Situation von einem, ich darf sagen: psychologisch-politischen Standpunkt betrachten. Es ist kein Zweifel, daß seit dem Korea-Krieg der kalte Krieg zwischen den USA, den Westmächten — diese mehr im Hintergrund — und der Sowjetmacht in ein mindestens lauwarmes Stadium getreten ist. Zum Teil. ist er schon siedeheiß. Es ist kein Zweifel, daß das auf die gesamte Weltpolitik abfärbt und daß damit statt einer Sicherungsbesatzung bei uns die werbende Stimme unserer Westpartner- Besatzungsmächte uns um-girrt, indem man uns nicht nur mehr Demokratie und Entnazifizierung, sondern nunmehr auch Remilitarisierung beibringen möchte. Wieweit das für unsere eigenen Interessen notwendig ist, wieweit die Weltlage so beschaffen ist, daß wir uns auf irgend etwas rüsten müssen, könnten wir erst klar übersehen, wenn wir selbst Vertretungen im Auslande hätten. Deswegen sollte diese Werbetrommel um unsere Ohren in der Tat gleichzeitig mit einem ganz gewaltigen Bruch einsetzen, nämlich mit einer Änderung aller Methoden und Beziehungen der Besatzungsmächte, die man zu uns hegt und pflegt. Diesen Bruch vermissen wir.
    Die vier Gegenstände der Tagesordnung beziehen sich auf Besatzungsluxus, auf Besatzungswohnraum für zivile Zwecke, auf Kasernements und auf die Presse; sie haben eine Reihe von Vorwürfen zum Gegenstand, die ihre Zusammenfassung lohnt. Dazu kommen neueste Bomben auf Helgoland, Fortdauer der Demontagen und einzelne Nadelstiche kleinerer Stellen eh und je. Diese Dinge haben nicht nur für uns hier im Bundestag ein außerordentlich ernstes Gesicht, sie sollten auch die Besatzungsmächte selbst zu einem gewaltigen Ernst aufrufen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Denn seien wir uns einmal darüber klar: wir hier im Bundestag möchten doch wohl glauben, daß wir die Köpfe der Nation sind, wenigstens zu einem Teil.

    (Heiterkeit.)

    Uns ist es klar, daß unser Sein, unser Schicksal von den Besatzungsmächten abhängt. Uns ist es klar, daß wir — zwar in Maßen — hier Kritik üben dürfen und müssen, daß es ein Glück ist, überhaupt Kritik üben zu dürfen. Aber eine Kritik, die dauernd gegen verwachste Ohren tönt, wird sehr langweilig, sie kommt einem vor wie kindliches Spiel. Wir möchten der Besatzungsmacht zu bedenken geben, daß der größte Teil des deutschen Volkes, unsere Wähler an der Kritik sehr wenig interessiert sind; die sind, soweit sie überhaupt eine Meinung haben, durch zwölf Jahre ge-


    (Ewers)

    schult zu „meckern". Die Meinung, die sich jetzt verbreitet, ist die: Was uns die Besatzungsmächte auch als ihr angebliches Fernziel sagen mögen, das glauben wir einfach nicht; du, Politiker, bist ja dumm, wenn du das für bare Münze nimmst. Aus der ganzen Debatte, aus den Äußerungen aller meiner Vorredner, insbesondere aus den dankenswerten Darlegungen von Dr. Carlo Schmid klang j a heraus, daß wir bitten, ehrlich zu sein und die Ehrlichkeit so zu betätigen, daß sie auch dem letzten unserer Wähler eingeht. Mit der Politik der Nadelstiche, mit jedem einzelnen Stich schafft die Besatzungsmacht mindestens hundert Anhänger des Ostens. Die Propaganda der Kommunisten hat es sehr leicht; es wird ihr kindlich leicht gemacht, zu sagen, daß das, was wir „Köpfe" hier predigen, doch dummes Zeug sei, daß es in der Wirklichkeit gar nicht vorhanden sei.

    (Zuruf von der KPD: Das ist wirklich leicht!) Diese Auswirkung ihrer Politik sollten sich die Besatzungsmächte hinter die Ohren schreiben. Denn es ist keineswegs so, daß etwa, ebenso wie wir hier im Bundestag uns für den Westen entschieden haben, auch der Letzte unserer Wähler sich endgültig festgelegt hätte. Unsere Aufgabe ist es, ihn für den Westen und seine Freiheiten zu erziehen. Daß uns das unter der Fortdauer der jetzigen Besatzungsqualität unendlich schwer gemacht ist, ja, daß wir — sagen wir es doch ehrlich -- in unserem eigenen Herzen hier und da Zweifel bekommen, ob denn eigentlich die Großen in der Politik wirklich das erstreben, was sie vorgeben, und ob es nicht nur eingeredet wird, das muß die Besatzungsmacht zur Kenntnis nehmen. Wenn sie es nicht zur Kenntnis nehmen will, dann mag sie die Irrtümer, die sie seit 1945 begangen hat, fortsetzen.

    Ich will nur ein einziges Beispiel nennen. Wir bauen den Luftschutz wieder auf. Wir haben das Kontrollratsgesetz — ich glaube, es ist Nr. 22 —, das jede Betätigung auf dem Gebiete des Luftschutzes unter Zuchthausstrafe stellt. Warum wird das Gesetz nicht aufgehoben? Was ist das für eine Politik, die einerseits ein Gesetz gegen etwas in Kraft läßt und andererseits geradezu befiehlt, das Gegenteil zu tun? Mit dem ganzen Gesetzgebungsapparat, der auf Irrtümern beruhte, muß jetzt mit einem einzigen Akt Schluß gemacht werden, wenn wir „Köpfe" die Umstellung glauben sollen. Was unsere Wähler glauben, ist eine Sache für sich.
    Ich möchte also nur darauf hinweisen, daß die Fortsetzung dieser Politik in unseren Westzonen gegenüber unserem Volk, wobei diese unmittelbare Einwirkung auf Deutsche ohne Mitwirkung deutscher Regierungsstellen andauert, solange das Besatzungsrecht auf einem Statut und nicht auf einem Vertrag beruht, daß alles, was geschieht und berechtigter Kritik unterliegt, eine ungeheure Propagandawelle für den Osten bedeuten muß und daß man nicht nur in unserem Interesse, sondern im Interesse der Besatzungsmächte selbst diese Politik gründlichst ändern sollte. Dazu ist allerdings erforderlich, daß der Weg von den führenden Köpfen 'etwa Amerikas und Englands—bei Frankreich ist mir die Auffassung etwas dubios, aber in diesen beiden angelsächsischen Ländern scheint mir ein Umschwung vorhanden — bis zum letzten Resident-Officer in jeder kleinen Stadt nicht allzu weit und umständlich ist; hier und da werden zum Teil auch heute noch Methoden beobachtet, die oben auf höherer Ebene längst abgeschafft sind. Der Weg kann abgekürzt werden, indem man die unnötigen Kostgänger auf unsere Kosten nach Hause schickt. Das wäre eine Methode. Die andere aber ist tatsächlich nur die, daß man — wie seit dem Herbst 1950 — nicht nur von einer Änderung des Besatzungsstatutes redet, sondern endlich nach 6 Monaten zur Tat schreitet.
    Wie gesagt, wir glauben fast nicht mehr daran, daß das Gerede auch ernst gemeint ist. Wir wollen auch nicht vor tauben Ohren sprechen, sondern wir wollen in eine ernste, die gemeinsamen Ziele ansprechende Unterhaltung mit unseren Schützern und ehemaligen Besetzern kommen.

    (Zuruf von der KPD: Beschützern?)

    — Beschützern! Wenn es nicht klar wird, daß sie aufhören, Besatzungsmacht zu sein, und durch einen Vertrag Schutzmacht werden, dann hat alles Gerede über ihre ferneren Ziele für unsere Wähler gar nichts zu bedeuten, und für uns ist es ein Beleg, daß die furchtbaren Irrtümer nach 1945 noch in keiner Weise beseitigt sind. Wir hoffen, daß das der Zweck und der Sinn der heutigen Debatte sein wird, zum Segen auch der Westalliierten.

    (Beifall bei der DP.)