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    Deutscher Bundestag — 112. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Januar 1951 4195 112. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 18. Januar 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4195D, 4223D edenkworte des Präsidenten zum Tag der Reichsgründung 1871 4196A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Dr. Horlacher 4199A Beratung der Interpellation der Abg. Strauß u. Gen. betr. Verwendung der Besatzungskosten (Nr. 1530 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Inanspruchnahme von Gebäuden und Wohnungen durch die Besatzungsmächte (Nr. 1721 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Beschlagnahme von Wohnraum für alliierte Truppen-Angehörige (Nr. 1726 der Drucksachen) und mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films (34. Ausschuß) über die Petition Nr. 8341 (Nr. 1753 der Drucksachen) 4196A Strauß (CSU), Interpellant 4196B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4199B, 4207A Dr. Seelos (BP), Antragsteller . . . . 4203A Frau Meyer-Laule (SPD), Antragstellerin 4204A Brunner (SPD), Berichterstatter . 4206B Euler (FDP) 4208B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 4210B Ewers (DP) 4213B von Thadden (DRP) 4214C Renner (KPD) 4215B Dr. Hamacher (Z) 4216D Abstimmungen 4217C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Nrn. 328, 788 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1724 der Drucksachen) . . . 4218A Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 4218A Dr. Wahl (CDU), Berichterstatter . . 4224A Neumayer (FDP), Berichterstatter . 4228B Weiterberatung vertagt 4235D Zweite Beratung des Entwurfs eines Wahlprüfungsgesetzes (Nr. 983 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (2. Ausschuß) (Nr. 1756 der Drucksachen) 4195D, 4235D Ewers (DP), Berichterstatter (schriftlicher Bericht) 4236B Weiterberatung vertagt 4236A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für Sicherungs- und Überleitungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Nrn. 1510, 1679 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 1764 der Drucksachen); Änderungsantrag Umdruck Nr. 38 4236A Beratung vertagt 4236C Nächste Sitzung 4236C Anlage: Schriftlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses betreffend Entwurf eines Wahlprüfungsgesetzcs (Nrn. 983 und 1756 der Drucksachen) 4236 Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 112. Sitzung Schriftlicher Bericht des Wahlprüfungsausschusses (2. Ausschuß) im Einvernehmen mit dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Wahlprüfungsgesetzes (Nrn. 983 und 1756 der Drucksachen) Berichterstatter : Abgeordneter Ewers Die Entscheidung, ob eine Wahl zu einem demokratischen Parlament sachgemäß durchgeführt ist und der einzelne Abgeordnete sich gesetzmäßig als Abgeordneter betätigt, gehört ebenso wie die Frage der Immunität der Abgeordneten zu den althergebrachten „Palladien" des Parlaments. Im alten Reichstag war daher die Wahlprüfung durch den Reichstag selbst vorzunehmen, der seine Entscheidungen zunächst in fünf, durch den Zufall des Loses bestimmten Abteilungen vorprüfen und sodann durch einen Wahlprüfungsausschuß vorbereiten ließ. Dieses System wurde in dem Reichstag der Republik von 1919 ab deshalb abgelehnt, weil offenbar bei solchen Entscheidungen mehr der Politik als der objektiven Rechtsfindung gedient wurde. Deshalb wurde durch die Weimarer Verfassung in Art. 31 ein Wahlprüfungsgericht vorgesehen, auf dessen Entscheidung allerdings das Parlament insofern einen gewissen Einfluß ausüben konnte, als es in der Besetzung mit fünf Richtern tagte, von denen die Mehrheit, also drei, Mitglieder des Reichstags sein mußten. Die beiden anderen wurden dem Reichsgericht entnommen, da es das in der Weimarer Verfassung vorgesehene oberste Reichsverwaltungsgericht nicht gab. Das Grundgesetz hat die Einführung einer dritten Methode für richtig gehalten. Es hat in Art. 41 bestimmt, daß zwar zunächst einmal der Bundestag in allen Wahlprüfungsangelegenheiten die „Entscheidung" zu fällen hat, daß aber gegen seine „Entscheidung" eine Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig ist. Das ist in der Geschichte des deutschen Staatsrechts eine Neuheit. Diese Regelung läuft darauf hinaus, daß das Parlament in einer Verwaltungsstreitigkeit konkreten Inhalts zunächst einmal zu entscheiden hat, dann aber seine Entscheidung durch ein unabhängiges Gericht nachgeprüft werden kann. Der Bundestag ist, abgesehen von der Frage der Immunität, bei der aber keineswegs allein rechtliche, sondern staatspolitische Auffassungen eine maßgebende Rolle spielen, sonst in keinem Falle berufen und (Ewers) darauf eingerichtet, in Einzelstreitfällen „Entscheidungen" zu treffen; er ist vielmehr seiner Natur nach Gesetzgebungsorgan, wobei selbstverständlich die Politik stets eine entscheidende Rolle spielen muß. Bei der Wahlprüfung aber hat der Bundestag nicht nach politischer Zweckmäßigkeit, sondern unter Anwendung bestehender Gesetze mit größtmöglicher Objektivität jedenfalls dann zu entscheiden, wenn seine Beschlüsse der Nachprüfung durch ein unabhängiges Gericht standhalten sollen. Nachdem nun das Grundgesetz durch Art. 41 dem Bundestag auferlegt hat, das Nähere in Ansehung der Wahlprüfung durch ein Gesetz zu bestimmen, ist es nach einstimmiger Auffassung sowohl des Wahlprüfungsausschusses als auch des Rechtsausschusses Aufgabe des Gesetzgebers, durch die rechtliche Gestaltung der Wahlprüfung eine möglichst große Sicherheit dafür zu schaffen, daß in Wahlprüfungssachen Entscheidungen ergehen, die auch bei richterlicher Nachprüfung Bestand haben. Andernfalls besteht die Gefahr, daß das Ansehen des Bundestages leidet. Nach Auffassung des Wahlprüfungsausschusses, der die Frage der zweckmäßigen Gestaltung des Wahlprüfungsgesetzes in sehr eingehenden und langwierigen Beratungen erwogen hat, bietet die Regierungsvorlage Drucksache Nr. 983 nicht die erforderliche Gewähr, daß die Herbeiführung der Entscheidung des Bundestags mit so viel rechtlichen Garantien ausgestattet ist, wie es erforderlich erscheint. Die Vorlage der Regierung hat daher in ihren wesentlichen Abschnitten eine grundsätzliche Umformung erfahren, deren Tendenz in jedem Falle war, die Wahlprüfung aus der Atmosphäre politischer Zweckmäßigkeit möglichst in diejenige zutreffender Rechtsanwendung zu verlagern. Eine weitere Schwierigkeit für das zu verabschiedende Gesetz beruht darauf, daß das Wahlprüfungsgesetz als solches nur verfahrensrechtliche Bestimmungen enthalten kann. Der Bundestag ist nicht auf Grund eines Bundeswahlgesetzes gewählt, sondern auf Grund eines Sondergesetzes, das von den Ministerpräsidenten der deutschen Länder aufgestellt ist, so daß bei seiner nächsten Wahl ein bisher unbekanntes Wahlgesetz anzuwenden sein wird. Es mußte daher möglichst weitgehend Bedacht darauf genommen werden, daß die verfahrensrechtlichen Vorschriften auch dann anwendbar bleiben, wenn ein anderes Wahlrecht als dasjenige, das zur Zeit der Bundestagswahl galt, vorhanden sein wird. Die Frage, ob in diesem zukünftigen Wahlrecht zweckmäßigerweise nicht. auch materiell-rechtliche Bestimmungen darüber aufzunehmen sein werden, unter welchen Umständen im einzelnen eine Wahl als unwirksam anzusehen ist, ist sowohl im Wahlprüfungsausschuß als auch im Rechtsausschuß erörtert worden. Die Tatsache, daß es ein umfassendes materielles Wahl-prüfungsrecht bisher nicht gibt, beruht darauf, daß bis 1919 der Reichstag selber in erster und letzter Instanz und ab 1919 ein besonderes Wahlprüfungsgericht ebenfalls in erster und letzter Instanz die Rechtssätze über die materielle Wahlprüfung zu entwickeln hatte, so daß sich ein Bedürfnis für die objektive Festsetzung des Rechts nicht herausgestellt hat. Wenn in Zukunft der Bundestag durch ein unabhängiges Gericht, dem Abgeordnete des Bundestages auf keinen Fall angehören dürfen, die Entscheidung nachprüfen läßt, bleibt die Frage offen, ob nicht zweckmäßigerweise der Gesetzgeber sowohl den Bundestag als auch den Bundesverfassungsgerichtshof an bestimmte Rechtsätze binden sollte, damit auf einer einheitlichen Basis das Recht fortgebildet werden kann. Diese Frage ist aber bei Verabschiedung des zukünftigen Wahlgesetzes zu entscheiden und nicht schon bei dem Wahlprüfungsgesetz. Nach diesen Vorbemerkungen komme ich zur Erörterung der Einzelbestimmungen der Ausschußvorlage. Ich darf formell nur noch folgendes vorausschicken. In der 69. Sitzung war die Regierungsvorlage dem Wahlprüfungsausschuß ohne Debatte zur weiteren Beratung überwiesen. Späterhin hat der Ältestenrat den Wunsch geäußert, daß auch der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht sich mit der Vorlage befassen möge; ein Wunsch, der den Absichten des Wahlprüfungsausschusses durchaus entsprach. Die einzelnen Bestimmungen wurden daher, nachdem der Wahlprüfungsausschuß seine Arbeiten abgeschlossen hatte, durch den 23. Ausschuß nachgeprüft; dabei waren die Vorschläge des Wahlprüfungsausschusses Grundlage für die Erörterungen. Der 23. Ausschuß hat zum Aufbau des Gesetzes und zu seinen einzelnen wesentlichen Normen keine Änderung vorgeschlagen oder beschlossen; er hat in manchen Beziehungen die Vorlage technisch verbessert, die grundsätzlichen Bestimmungen aber ebenso wie der Wahlprüfungsausschuß durchweg einstimmig gutgeheißen. Ich trage im folgenden also den Sachverhalt sowohl im Sinne des Wahlprüfungsausschusses wie auch des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht vor. Die §§ 1-4 entsprechen weitgehend der Regierungsvorlage, während §§ 5-13 der Drucksache Nr. 1756 eine Gegenüberstellung — Synopsis — mit den Vorschlägen des Regierungsentwurfs nicht vertragen. § 1 wiederholt in seinem ersten Absatz die Grundsatzbestimmung des Art. 41 des Grundgesetzes. Die Regelung im zweiten Absatz entspricht der im Wahlprüfungsrecht seit je geübten Praxis, daß die Entscheidung nicht nur konstituierend die Ungültigkeit — oder Gültigkeit — einer Wahl zu bestimmen, sondern sich insbesondere darüber auszusprechen hat, wie auf Grund der Rechtslage bei einer ungültigen Wahl weiter zu verfahren ist. Die Ausschußvorlage hat einen möglichst allgemein gehaltenen Wortlaut gewählt, damit alle Möglichkeiten, die das zukünftige Wahlrecht etwa vorsehen könnte, erfaßt sind. Bei § 2 war die Grundsatzfrage zu entscheiden, ob, wie die Regierungsvorlage vorsah, eine Nachprüfung nur auf Einspruch erfolgt, oder ob, wie es der Bundesrat wollte, auch eine Nachprüfung von Amts wegen vorzusehen sei. Die Ausschußvorlage geht einen Mittelweg. Im Abs. 1 wird der Grundsatz, daß eine Nachprüfung nur auf Einspruch hin erfolgen solle, aufrechterhalten; im Abs. 2 aber wird, um eine von Amts wegen vorzusehende Nachprüfung zu ermöglichen, festgestellt, daß gewisse Amtsträger in amtlicher Eigenschaft eine solche Prüfung anregen können. Die Frage, ob jeder Wahlberechtigte oder nur bestimmte Persönlichkeiten Einspruch einlegen können, wurde dahin beantwortet, daß man in einem freiheitlichen Staate die Möglichkeit, eine Prüfung der Wahl zu veranlassen, auch einem einzelnen Staatsbürger nicht verschließen sollte. Der Abs. 3 behandelt die Formalien des Einspruchs, wobei möglichst geringe Anforderungen vorgesehen sind, der Abs. 4 die Frist für Einlegung des Einspruchs, die natürlich für den Präsidenten des Bundestags nicht schon mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses, wohl aber mit seiner Wahl zum Präsidenten beginnen kann. (Ewers) Der Abs. 5 entspricht der Regierungsvorlage. Wodurch und wieso eine Mitgliedschaft später erworben werden kann, ist offengelassen, da das materielle Wahlrecht insofern Bestimmungen enthalten könnte, die heute noch nicht zu übersehen sind; nach der heutigen Wahlrechtslage sind die beiden Möglichkeiten der Nachwahl und des Nachrükkens aus der Liste gegeben. Zu § 3. Dieser Paragraph führt den Wahlprüfungsausschuß als Vorbereitungsorgan ein. Damit, daß dieser Ausschuß nicht etwa durch die Geschäftsordnung des Bundestags, sondern durch ein Bundesgesetz statuiert ist, erhält er eine Sonderqualität. Es steht danach also dem Bundestag nicht mehr frei, ob er einen Wahlprüfungsausschuß errichten will oder nicht, und auch seine Zusammensetzung ist gesetzlich festgelegt, ebenso seine Aufgaben entsprechend dem Inhalt des Wahlprüfungsgesetzes. Darüber, daß ein solcher Ausschuß nach der Natur der Sache notwendig und unvermeidlich ist, dürften Zweifel nicht obwalten können; denn dieser Ausschuß hat insbesondere die Funktion, den Beteiligten rechtlich Gehör zu verschaffen und die Beweisaufnahme durchzuführen. Beides sind Prozeßfunktionen, die von einem Parlament von mehreren hundert Mitgliedern unmöglich wahrgenommen werden können. Da der Wahlprüfungsausschuß ein unentbehrliches Instrument ist, um die Sammlung des tatsächlichen und rechtlichen Materials durchzuführen, muß er das Organ sein, das für eine objektive Rechtsanwendung in erster Linie bei diesen Vorbereitungsarbeiten, aber auch bei seinen weiteren Vorschlägen an den Bundestag die Gewähr bietet. Seine Funktionen sind in den Ausschüssen mehrfach zutreffend als „quasi-richterliche" bezeichnet werden. Auf Grund dieser Erwägung ist in der Ausschußvorlage eine zahlenmäßig möglichst geringe Besetzung vorgesehen, nämlich sieben Mitglieder, eine Anzahl, die auch bei Gerichten höherer Ordnung sehr wohl noch in Frage kommt. Da aber bei jeder Parlamentsarbeit nun einmal politische Gesichtspunkte eine Rolle spielen müssen, ist weiter vorgesehen, daß neben sieben Stellvertretern durch beratende Mitglieder in dem Ausschuß alle diejenigen Fraktionen vertreten sein sollen, die bei der Siebenzahl nach dem d'Hondtschen System nicht berücksichtigt werden konnten. Die Wahl des Wahlprüfungsausschusses erfolgt dann also in der Weise, daß in ihn vom Bundestag nach dem d'Hondtschen System sieben Mitglieder gewählt werden und weiterhin je ein Mitglied der danach nicht in ihm vertretenen Fraktionen, so daß jede weitere Fraktion ein weiteres Mitglied als beratendes Ausschußmitglied zur Wahl in Vorschlag bringen kann. Mit dieser Gestaltung glaubt die Vorlage allen rechtlichen und politischen Gesichtspunkten Rechnung getragen zu haben. Bemerkt wird, daß der Ausschuß schon bisher im wesentlichen in entsprechender Besetzung gearbeitet hat. In Abs. 3 ist aus der Regierungsvorlage der Schriftführer gestrichen. Die Schriftführung kann nur durch einen Beamten des Bundestags wahrgenommen werden, da die Ausschußmitglieder weder Zeit noch Gelegenheit hierzu haben werden. Zu § 4. Diese Bestimmung behandelt die Beschlußfähigkeit, die wie in allen Bundestagsausschüssen grundsätzlich schon dann gegeben ist, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Für die vorbereitenden und sonstigen allgemeinen Beschlüsse ist dies selbstverständlich. Von besonderer Bedeutung ist diese Frage aber bei der mündlichen Verhandlung und Beratung des Ausschusses in jeder einzelnen Sache, die in § 8 Abs. 2 und in § 10 behandelt sind. Dort wird noch Ergänzendes zu sagen sein. Zu § 5. Von § 5 an setzt die Umgestaltnug der Regierungsvorlage ein. Um zu einem rechtlich fundierten Vorschlag zu kommen, ist nach der Meinung der von mir vertretenen Ausschüsse zweierlei notwendig: erstens eine gründliche Vorbereitung und Materialsammlung bei jeder einzelnen Anfechtungssache, zweitens eine mit Rechtsgarantien ausgestattete mündliche Verhandlung, in der rechtlich Gehör gewährt wird und bei der die Beteiligten ihre Auffassung den Mitgliedern des Wahlpräfungsausschusses, die zur Entscheidung berufen sind, vorzutragen Gelegenheit haben werden. Dementsprechend wird, nachdem im Abs. 1 — entsprechend § 6 Abs. 1 der Regierungsvorlage — ein Berichterstatter bestimmt ist, zunächst einmal eine „Vorprüfung" angeordnet, in der auch die Formalien des Einspruchs zu erörtern sind. Die Vorprüfung hat, wie das im Gesetz in Abs. 2 zum Ausdruck kommt, den Zweck, die Sachlage so zu fördern, daß möglichst nach einem einzigen Verhandlungstermin eine Schlußentscheidung möglich erscheint. Der Abs. 3 des § 5 entspricht dem § 7 Abs. 1 der Regierungsvorlage. Es ist hier insbesondere angeordnet, daß Zeugen und Sachverständige schon im Rahmen der Vorprüfung vernommen und beeidigt werden können, insoweit allerdings nur im Wege der Rechtshilfe. Im Abs. 4 ist die Rechts- und Amtshilfeverpflichtung statuiert und weiter vorgeschlagen, daß bei gerichtlichen Vernehmungen die Hauptbeteiligten zu benachrichtigen sind, um ihre Rechte, wenn -sie wollen, in dem Termin wahrzunehmen. Wir kommen zu § 6. Im § 6 Abs. 1 ist die mündliche Verhandlung obligatorisch bestimmt. Nur wenn alle Beteiligten verzichten, kann davon abgesehen werden. Dadurch soll eine möglichst große Garantie für die Unmittelbarkeit und erschöpfende Behandlung der Einzelentscheidung gesichert sein. Als zunächst beteiligt an dem Verfahren sind im Abs. 2 des § 6 der Einsprechende und der Abgeordnete, um dessen Wahl es sich handelt, aufgeführt; der erstere ist beteiligt als derjenige, der das Verfahren in Gang gebracht hat, der letztere nicht etwa deshalb, weil es sich nur und ausschließlich um seine persönlichen Interessen drehte, sondern weil diese nach der Erfahrung auf jeden Fall irgendwie berührt werden. Die Wahlprüfung hat selbstverständlich nicht nur mit Privatrechten, sondern in erster Linie damit zu tun, daß der Bundestag den Gesetzen entsprechend zusammengesetzt ist. In Abs. 3 sind dann entsprechend dem Grundsatz, der im § 2 Abs. 2 aufgestellt ist, gewisse Amtspersonen als Nebenbeteiligte aufgeführt, die dem Verfahren beitreten können und denen in Abs. 4 auch dann ein besonderes Antragsrecht zuerkannt ist, wenn sie nicht etwa als Einsprechende ohnehin Hauptbeteiligte sind. Abs. 5 entspricht den Regeln eines geordneten Prozesses, indem er den Beteiligten die Akteneinsicht gestattet. § 7 enthält Bestimmungen, die den Ablauf des mündlichen Verhandlungstermins regeln sollen. Der Bericht des Berichterstatters ist obligatorisch, damit in der Verhandlung nichts unberücksichtigt bleibt, was etwa in den Akten enthalten ist, vor der Entscheidung aber in Gegenwart der Beteiligten gar nicht angesprochen wurde. Die weitere Regelung des Abs. 1 dürfte ohne weiteres verständlich sein, sie entspricht den Vorschlägen der Regierungsvorlage in ihrem § 7 Abs. 2. (Ewers) In Abs. 2 ist sodann die Beweisaufnahme angeordnet, die in der mündlichen Verhandlung stattfinden muß, soweit sie nicht in der Vorprüfung gemäß § 5 Abs. 3 angeordnet ist. Die Frage der Beeidigung ist in das Ermessen des Ausschusses gestellt. Sodann ist das Schlußwort nach der Beweisaufnahme dahin geregelt, daß der Anfechtende als derjenige, der im Normalfall der schwächere Teil ist, das Schlußwort hat. In Abs. 3 ist gemäß § 7 Abs. 3 der Regierungsvorlage eine Niederschrift gesetzlich vorgeschrieben, die allerdings zwangsläufig eine Wiedergabe der Aussagen der Zeugen und Sachverständigen enthalten muß, wenn sie ihrem Zweck, der Instanz des Verfassungsgerichtshofs als Material zu dienen, entsprechen soll. Im § 8 ist die äußere Form der mündlichen Verhandlung geregelt. Hier ist in Abs. 1 insbesondere klar vorgeschrieben, daß n u r diese mündliche Verhandlung öffentlich stattzufinden hat und nicht etwa, wie man es aus § 5 Abs. 1 der Regierungsvorlage herauslesen konnte, jede gewöhnliche Sitzung oder Zusammenkunft des Wahlprüfungsausschusses. Der Ausschuß hat sich überlegt, ob eine Vorschrift möglich sei, daß eine mündliche Verhandlung nur stattfinden solle, wenn alle Mitglieder des Ausschusses selbst oder ihre Stellvertreter anwesend sind. Diese Vorschrift kann aber im Rahmen eines Parlaments nicht erzwungen werden. Sie schien daher praktisch nicht möglich. Es ist deshalb eine Sondervorschrift aufgenommen worden, durch die insbesondere herbeigeführt werden soll, daß der Vorsitzende sich, ehe er einen Sitzungstag für die mündliche Verhandlung bestimmt, nach Möglichkeit davon überzeugen soll, ob alle Mitglieder oder ihre Stellvertreter zur Verfügung stehen, und die Ausschußmitglieder dazu anhalten soll, ihrer gesetzlichen Sollverpflichtung wenn irgend angängig zu genügen. Tatsächlich und rechtlich aber kann der Ausschuß nach Abs. 2 schon entscheiden, wenn nur vier Mitglieder oder Stellvertreter anwesend sind. In § 8 Abs. 3 ist ebenso wie generell im § 9 nach dem Muster der Wahlprüfungsordnung des früheren Wahlprüfungsgerichts des alten Reichstags vom 8. 10. 1920 der Zivilprozeß als die generelle Prozeßform bestimmt, nach der sich das Verfahren richten soll. Dadurch soll insbesondere ein Hinweis darauf geschehen, daß jeder Abgeordnete ohne jedes eigene Verschulden in die Rolle kommen kann, daß seine Wahl angefochten ist, daß es sich also in aller Regel keineswegs um die Nachprüfung irgendwelcher Beanstandungen handelt, die den Abgeordneten selbst treffen, sondern um die Nachprüfung der Formvorschriften, an deren Verletzung er selbst völlig unbeteiligt ist. § 9 ist dem § 9 der soeben genannten Wahlprüfungsordnung nachgebildet, um diejenigen allgemeinen Bestimmungen für anwendbar zu erklären, die in jedem Falle zu beachten sind. Mit diesem besonderen Hinweis auf Einzelbestimmungen sowohl im § 8 Abs. 3 wie im § 9 soll hervorgehoben werden, daß die Form des Verfahrens im übrigen im Ermessen des Wahlprüfungsausschusses liegt, soweit nicht in dem Gesetz selbst, wie es insbesondere in den §§ 5 bis 8 geschehen ist, besondere Vorschriften erlassen sind. Dazu ist noch weiterhin folgendes zu bemerken. Die Gesetzesvorlage sieht absichtlich keinerlei Bestimmungen für die Zulassung von Vertretern im Wahlprüfungsausschuß oder die Erscheinungspflicht von Beteiligten vor. Daraus ergibt sich also, daß jeder als Vertreter bestellt werden kann —und nicht etwa nur Rechtsanwälte — und daß niemand verpflichtet ist, auf eine Terminsnachricht hin zu erscheinen, es sei denn, er ist als Zeuge oder als Sachverständiger geladen. In § 10 Abs. 1 ist entsprechend § 8 Abs. 1 der Regierungsvorlage die geheime Beratung über das Ergebnis der mündlichen Verhandlung angeordnet. Diese Bestimmung erscheint selbstverständlich, wenn man den „quasi-richterlichen" Charakter des Wahlprüfungsausschusses bedenkt. Um die Unmittelbarkeit der Verhandlung und Entscheidung zu gewährleisten, ist in Abs. 2 ausdrücklich vorgeschrieben, daß nur diejenigen Mitglieder des Ausschusses an der Schlußberatung teilnehmen dürfen, die der mündlichen Verhandlung beigewohnt haben, so daß also jeder Mitentscheidende über alle Gesichtspunkte, die etwa geltend gemacht sind, unterrichtet ist. Eine sehr wesentliche Bestimmung ist sodann Abs. 3 des § 10, in der, da in einer Gerichtssache eine Entscheidung gefällt werden m u ß , eine Stimmenthaltung mit der Maßgabe, daß der Betreffende bei der Mehrheit oder bei der Minderheit nicht mitgezählt werden will, nicht möglich ist. Wenn also bei voller Besetzung des Wahlprüfungsausschusses drei Abgeordnete für die Ungültigkeit der Wahl, zwei dagegen sprechen und zwei sich der Stimme enthalten möchten, so ist die Entscheidung dahin gefallen, daß die Wahl gültig ist; denn die Stimmenthaltung bedeutet jedenfalls keine Jastimme, und jeder Abgeordnete muß konkret, also entweder mit Ja oder Nein Stellung nehmen. § 11 gehört ebenfalls noch zu den nötigen Formalien des Wahlprüfungsverfahrens und regelt die Form, in der der Wahlprüfungsausschuß seinen Vorschlag dem Bundestag zur Entscheidung vorlegen muß. Der Beschluß selbst ist schriftlich zu f assen. Dieser muß zunächst einmal die dem Bundestag vorzuschlagende „Entscheidung" im Wortlaut wiedergeben. Diese „Entscheidung" muß in ihrem Tenor entweder die Wahl für gültig erklären oder die Ungültigkeit und die sich daraus ergebenden Folgerungen aussprechen. Der Beschluß ist mit Tatbestand und Gründen zu versehen; er muß also alles in allem den Charakter einer verwaltungsrechtlichen Entscheidung haben. Die im Schlußsatz vorgesehene Möglichkeit, auf den Akteninhalt Bezug zu nehmen, entspricht der gerichtlichen Praxis. § 12. Dem Plenum des Bundestags gegenüber hat der Beschluß des Wahlprüfungsausschusses nur die Qualität eines Antrags. Die Vorschriften, wie und innerhalb welcher Fristen er im Bundestag zu behandeln ist, gehören als wesentliche Formvorschriften, die der Bundestag beachten muß, in dieses Gesetz. Dabei ist, wie auch im § 8 Abs. 3 der Regierungsvorlage vorgesehen, im § 12 Wert darauf gelegt, daß jedes einzelne Mitglied des Bundestags Gelegenheit hat, sich über die Begründetheit der vorgeschlagenen, vom Bundestag zu fassenden Entscheidung selbst Gedanken zu machen. Eine mündliche Berichterstattung ist, wie der letzte Satz des § 12 ergibt, in aller Regel nicht vorgesehen, aber selbstverständlich ergänzenderweise zulässig und möglicherweise dann zweckmäßig, wenn es sich um besonders grundsätzliche und schwierige Entscheidungen handeln sollte. Im § 13 ist sodann im Abs. 1 entsprechend der Regierungsvorlage § 9 Abs. 1 angeordnet, daß der Bundestag wie in aller Regel mit einfacher Mehrheit zu beschließen hat. Es ist weiter angeordnet, daß eine Ablehnung des Vorschlages des Wahlprü- (Ewers) fungsausschusses eine Zurückverweisung der Sache an den Wahlprüfungsausschuß bedeutet, also im Einzelfalle nicht etwa besonders beschlossen zu werden braucht. Entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag kann dabei die ablehnende Mehrheit dem Ausschuß die Nachprüfung einzelner Zweifelsumstände aufgeben. Die Regierungsvorlage sah darüber hinaus vor, daß das Plenum dem Ausschuß sogar „bestimmte Weisungen erteilen" könne. Das ist von beiden Ausschüssen, für die ich berichte, einstimmig abgelehnt worden, da damit das Recht eines Abgeordneten entgegen der Bestimmung im Art. 38 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes verletzt wäre. Der Abs. 2 bestimmt dann, daß nach Zurückverweisung der Wahlprüfungsausschuß im Bundestag einen neuen Antrag vorzulegen hat. Das kann natürlich schon deshalb nur nach erneuter mündlicher Verhandlung geschehen, weil möglicherweise der zweite zu erarbeitende Vorschlag des Ausschusses nicht von den gleichen Mitgliedern des Ausschusses vorgenommen wird, die an der ersten Verhandlung teilgenommen haben. Darüber hinaus muß selbstverständlich, sobald Anregungen wegen der Nachprüfung vom Bundestag erteilt werden, das insoweit vorhandene Material der mündlichen Verhandlung einer besonders sorgfältigen und eingehenden Prüfung unterzogen und mit den Beteiligten besprochen werden. Die Frage, wie der Bundestag nach Zurückverweisung und nach Vorlage eines zweiten Vorschlags des Ausschusses zu einer endgültigen Entscheidung kommt — und das muß das Ziel jedes Verfahrens sein —, hat die Ausschüsse sehr lange und eingehend beschäftigt. Selbstverständlich kann der Bundestag nicht verpflichtet sein, dem zweiten Vorschlag des Ausschusses, der vielleicht dasselbe enthält wie der erste, zuzustimmen; denn dann wäre die Entscheidung nicht in die Hände des Bundestags, sondern allein in die Hand des Wahlprüfungsausschusses gelegt. Eine abweichende Entscheidung kann aber auf ganz verschiedenen Gründen und Erwägungen beruhen. Es ist daher hier nach dem Vorbild des konstruktiven Mißtrauensvotums — Art. 67 des Grundgesetzes — vorgesehen, daß die Ablehnung nur in der Weise erfolgen kann, daß statt dessen der Bundestag einem andern seiner ihm zur Annahme vorgelegten Anträge zustimmt, der ebenfalls den Anforderungen des § 11 entspricht, also einen Entscheidungsvorschlag enthält mit Tenor, Tatbestand und Gründen, so daß das Bundesverfassungsgericht in der Lage ist, die so gefällte Entscheidung nachzuprüfen, wenn Beschwerde eingelegt werden sollte. Wenn in einem einzelnen Falle ein solcher Antrag, der natürlich gewisser Vorbereitung bedarf, nicht vorliegt, wird die Mehrheit, die dem Ausschußvorschlag nicht zustimmen will, in aller Regel Aussetzung der Verhandlung beantragen, um einen dem § 13 Abs. 2 genügenden Gegenvorschlag dem Bundestag zur Entscheidung vorlegen zu können. Der Abs. 3 entspricht dem § 9 Abs. 2 der Regierungsvorlage. Der § 14 entspricht dem § 10 der Regierungsvorlage. Es ist nur vorgesehen, daß nicht die Mitglieder des Bundestags selbst, sondern auf ihr Verlangen hin der Präsident die Wählbarkeit eines Abgeordneten nachprüfen lassen kann, der dazu aber auch ohne das Verlangen von Abgeordneten von Amts wegen berechtigt ist. Diese Nachprüfung ist an keine Frist gebunden. Der § 15 entspricht dem § 11 der Regierungsvorlage. Die Formulierung, daß „nach den Vorschriften des Gesetzes zu verfahren ist", ist deshalb gewählt, um klarzustellen, daß bei diesem Verfahren das Antragsrecht sich nach § 2 richtet. Hier ist irgendeine Frist nicht vorgesehen. Der § 16 behandelt die Frage der vorläufigen Wirksamkeit der Entscheidung des Bundestags schon vor ihrer Rechtskraft. Hier sind drei Regelungsmöglichkeiten denkbar, jede wieder mit gewissen Abwandlungen. Erstens: die Entscheidungen haben erst mit Rechtskraft Wirksamkeit. Zweitens: die Entscheidungen haben schon v o r Rechtskraft Wirksamkeit. Drittens: der Bundestag kann von Fall zu Fall entscheiden, ob und welche Wirksamkeit die Entscheidung schon vor der Rechtskraft haben soll. Die Regierungsvorlage ist den Weg gegangen, daß sie im § 12 die Möglichkeit 2 mit der Möglichkeit 3 kombiniert hat, indem sie die Regel aufstellte, daß die Rechte und Pflichten des Abgeordneten, dessen Wahl für ungültig erklärt ist, zu ruhen hätten, daß aber der Bundestag von Fall zu Fall etwas anderes bestimmen könne. Der Wahlprüfungsausschuß hielt es für in hohem Maße bedenklich, im einzelnen Fall diese für die politische Zusammensetzung des Parlaments unter Umständen sehr bedeutsame Frage von einer Entscheidung des Bundestags abhängig zu machen, da hierbei der Tendenz seiner Vorlage zuwider unzweifelhaft politische Möglichkeiten und Machtverhältnisse eine kaum zu vermeidende Rolle spielen könnten. Er lehnte daher die Entscheidungsbefugnis des Bundestags ab und sprach sich einstimmig für eine klare Regelung im Gesetz aus. Der inzwischen von der SPD-Fraktion vorgelegte Änderungsantrag schlägt den Weg der Möglichkeit 1 vor, daß also in keinem Fall die Entscheidung des Bundestags vor Rechtskraft irgendwelche Wirksamkeit äußert. Die Ausschußvorlage schlägt den dritten Weg mit der Maßgabe vor, daß nicht etwa das Mandat des Abgeordneten erloschen, wohl aber seine Tätigkeit als Abgeordneter lahmgelegt ist. Er behält also seine fixen Diätenbezüge, er behält seine Immunität und bleibt im übrigen Abgeordneter; er kann sich aber an den Arbeiten des Plenums und der Ausschüsse während des Schwebezustandes nicht mehr beteiligen. Für den Vorschlag der Ausschüsse, der mit überwiegenden Mehrheiten gefaßt ist, waren folgende Gründe maßgebend. Der Ausschuß glaubt, durch die Gestaltung des Wahlprüfungsrechts im einzelnen größtmögliche Vorsorge getroffen zu haben, daß der Bundestag in jedem einzelnen Fall soweit irgend möglich nur auf Grund gesetzlicher Vorschriften und nicht unter dem Gesichtspunkt politischer Zweckmäßigkeit seine Entscheidungen fällen wird. Wenn man demgegenüber aber eine Norm einführt, durch die dieser Entscheidung, solange sie nicht rechtskräftig geworden ist, jegliche Bedeutung abgesprochen wird, entwertet man den Beschluß des Parlaments vollständig. Die Tatsache, daß in einem gewissen Umfang, nämlich in Ansehung der Mandatsausübung, die Entscheidung des Bundestages alsbald von einer gewissen Bedeutung sein m u ß , dürfte darüber hinaus dem Bundestag Veranlassung geben, sich nicht mit flüchtigen und nicht bis ins letzte durchdachten Entscheidungen zu begnügen, sondern mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob im einzelnen Fall eine Wahl für ungültig erklärt werden muß. Wenn die Entscheidung des Bundestags daher vorläufig und zunächst für den beteiligten Abgeordneten keinerlei Bedeutung hat, so besteht die Gefahr, daß sich der Bundestag von dem Gedanken leiten läßt, (Ewers) daß es auf seine Entscheidung ja ohnehin nicht ankomme, sondern daß das Wahlprüfungsgericht schon Recht sprechen werde. Eine solche Haltung, die hier selbstverständlich nur als Möglichkeit angedeutet werden soll, erschien im Ausschuß als für das Ansehen des Bundestags in hohem Maße bedenklich. Dann soll noch darauf hingewiesen werden, daß die Erklärung der Ungültigkeit einer Wahl zumeist keinerlei Kritik gegen den Abgeordneten enthält, sondern auf von seinem Verhalten völlig unabhängigen Umständen beruht, die er weder rechtlich noch moralisch zu vertreten hat. Es ist also keineswegs damit, daß dem Ausspruch des Bundestags eine gewisse vorläufige Wirksamkeit verliehen wird, irgendein Werturteil über die Person des beteiligten Abgeordneten gefällt. Allerdings hat die Vorlage des Ausschusses von der Regel des Abs. 1 des § 16 eine Ausnahme vorgesehen, und zwar dann, wenn es sich in einem einzelnen Einspruchsverfahren um das Mandat von mehr als neun Abgeordneten handelt, wenn also möglicherweise eine ganze Fraktion von dem Verfahren betroffen ist. Diese Ausnahme mit einer gewissen Mindestzahl — man hat sich auf die Mindestfraktionsstärke geeinigt — war schon deshalb geboten, weil zur Zeit dem Ausschuß Anfechtungen vorliegen, in denen die Wahlen, die in ganzen Ländern vorgenommen worden sind, aus formalen Gründen für ungültig gehalten werden. Wenn man also diese Massenanfechtung sofort irgendwie wirksam werden ließe, wenn der Bundestag seinerseits glaubt, daß man ihnen entsprechen muß, so würde man die Arbeiten des Bundestags unter Umständen lahmlegen. Bei solchen Massenanfechtungen handelt es sich natürlich stets um formale Wahlrechtsbestimmungen, ) die, wie anzunehmen ist, im einzelnen Fall in hohem Maße zweifelhaft sein dürften, da ja nach der Meinung des Anfechtenden der Wahlleiter des Landes eine offenbare Fehlentscheidung bei Feststellung des Wahlergebnisses getroffen haben müßte. Es wird bemerkt, daß die Gestaltung des § 16 im Wahlprüfungsausschuß zu sehr langwierigen Erörterungen geführt hat und erst nach wiederholten Überlegungen die jetzt vorgelegte Form fand. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat sich nach Darlegung aller Umstände der Meinung des Wahlprüfungsausschusses angeschlossen. § 17. Diese Vorschrift ist auf Anregung des Bundesrats aufgenommen; sie entspricht der allgemeinen Regel, daß niemand zur Entscheidung in eigener Sache berufen sein kann. Sie bezieht sich sowohl auf die Mitwirkung im Ausschuß wie im Plenum. Auch in diesem Falle ist wieder die Ausnahme entsprechend dem § 16 Abs. 2 vorgesehen, wenn eine einzelne Anfechtungssache mehr als neun Abgeordnete berührt. § 18. Nach einem Beschluß des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht soll entsprechend der Gesamtgestaltung des Gesetzes betreffend den Bundesverfassungsgerichtshof das bestehende Verfahren nicht im Wahlprüfungsgesetz, sondern in dem eben genannten Gesetz geregelt werden. Der Wahlprüfungsausschuß hat dies zur Kenntnis genommen. Im Rahmen meines Berichts habe ich daher zur Frage der Gestaltung des Beschwerderechts keine Stellung zu nehmen. Zu § 19. Die Vorschrift ist gleichlautend mit dem § 15 der Regierungsvorlage. Daß das Wahlprüfungsverfahren, soweit es sich vor dem Bundestag vollzieht, keine Kosten verursachen darf, dürfte der normalen Rechtsgestaltung entsprechen. Gleiches war schon im § 15 der Wahlprüfungsordnung vom 8. Oktober 1920 vorgesehen. Das gleiche gilt für die Nichterstattung der Auslagen. Zu § 20. Der § 16 der Regierungsvorlage ist auf Wunsch des Bundestags dahin ergänzt worden, daß noch ein Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes neue Einsprüche ermöglicht werden, weil dies einer rechtsstaatlichen Regelung entsprechen dürfte. Praktisch wird diese Bestimmung, wie man im Ausschuß annimmt, keine besondere Bedeutung haben. Bedeutsam ist, daß die Worte „beim Bundestag eingelegt" in der Regierungsvorlage geändert sind in „beim Bundestag eingegangen". Diese Änderung erschien erforderlich, weil die bisher vorliegenden Einsprüche ausnahmslos bei den zuständigen Wahlleitern eingelegt und durch diese dem Bundestag vorgelegt sind; sie sind also im Sinne des Gesetzes inzwischen beim Bundestag „eingegangen" und damit ohne weiteres formal wirksam. Bei der Formulierung der Regierungsvorlage käme in Betracht, daß alle bisherigen Einsprüche noch einmal formell erneuert werden müßten. Der § 21 entspricht dem § 17 der Regierungsvorlage. Die möglichst eilige Inkraftsetzung des Wahlprüfungsgesetzes ist ein selbstverständliches Erfordernis. Zum Schluß darf bemerkt werden, daß der Wahlprüfungsausschuß glaubt, mit diesem Gesetz eine Handhabe zu haben, um praktisch und so rasch wie möglich seinen Aufgaben zu genügen, und daß die Einzelbestimmungen sich als beweglich genug herausstellen, um eine sachgemäße Handhabung aller Wahlprüfungssachen auch vor dem Bundestag zu gewährleisten. Nachrichtlich sei bemerkt, daß dem Wahlprüfungsausschuß zirka 70 Einsprüche vorliegen. Ob die Hoffnung begründet ist, daß der Wahlprüfungsausschuß mit der Erledigung der Einsprüche bis Ende des laufenden Jahres fertig wird, muß abgewartet werden. Ewers Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich steile fest, daß Frau Dr. Steinbiß im Saal ist. Weiter bin ich gebeten worden, mitzuteilen, daß auch die Abgeordnete Frau Thiele und der Abgeordnete Harig entschuldigt sind.
    Meine Damen und Herren, ich bitte weiter, von einer geschäftsordnungsmäßigen Einzelheit Kenntnis zu nehmen. In Punkt 3 der Tagesordnung ist vermerkt: „Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht und des Wahlprüfungsausschusses". Nach der Geschäftsordnung wird der Bericht nur von dem federführenden Ausschuß erstattet, der die Aufgabe hat, die abweichenden Meinungen und Anträge der anderen Ausschüsse bekanntzugeben. Ich bitte also, freundlichst davon Kenntnis zu nehmen, daß es sich um die Berichterstattung des nach meiner Kenntnis federführenden Wahlprüfungsausschusses handelt.


    (Präsident Dr. Ehlers)

    Meine Damen und Herren! Ich habe dann noch folgendes zu sagen. Heute vor 80 Jahren ist in Versailles das deutsche Kaiserreich ausgerufen worden. Wenn ich dieses Vorganges gedenke, geschieht es nicht, um eine historische Erinnerung mit einer gegenwärtigen politischen Zielsetzung zu versehen.

    (Unruhe und Zurufe bei der KPD.)

    Wir haben durch bitteres Erleben unseres Volkes genügend Abstand von den Vorgängen vor 80 Jahren, um noch versucht zu sein, den 18. Januar 1871 in einer unechten Weise zu glorifizieren. Dieser Abstand bewahrt uns aber auch davor, an die damaligen Ereignisse die Maßstäbe unseres Erlebens und Erleidens zu legen. Was uns mit der Zeit vor 80 Jahren verbindet, ist der Wille, mit den Mitteln und Möglichkeiten der Zeit der Einheit, Freiheit und Unabhängigkeit des deutschen Volkes zu dienen.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. — Zurufe links.)

    Was uns unterscheidet, ist die Erkenntnis, daß uns heute geboten ist, unseren Weg im Willen zum Frieden und zur wachsenden Gemeinschaft der freien europäischen Völker zu gehen. Weil das unser Wille ist, können wir des Tages der Reichsgründung 1871 als eines bedeutsamen Ereignisses unserer Geschichte in Achtung gedenken.

    (Erneuter lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.)

    Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
    a) Beratung der Interpellation der Abgeordneten Strauß und Genossen betreffend Verwendung der Besatzungskosten (Nr. 1530 der Drucksachen);
    b) Beratung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei betreffend Inanspruchnahme von Gebäuden und Wohnungen durch die Besatzungsmächte (Nr. 1721 der Drucksachen);
    c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Beschlagnahme von Wohnraum für alliierte Truppenangehörige (Nr. 1726 der Drucksachen);
    d) Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films (34. Ausschuß) über die Petition Nr. 8341 (Nr. 1753 der Drucksachen).
    Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, daß für die Begründung der Interpellation und der Anträge eine Zeit von 15 und 15 und 10 Minuten und für die gesamte Aussprache eine Zeit von 90 Minuten vorgesehen wird. — Das Haus ist damit einverstanden.
    Ich bitte zunächst Herrn Abgeordneten Strauß, zur Begründung der Interpellation Drucksache Nr. 1530 das Wort zu nehmen.
    Strauß (CSU), Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Interpellation Drucksache Nr. 1530 ist veranlaßt worden durch das große Interesse der deutschen Öffentlichkeit an der Frage der Höhe und der Verwendung der Besatzungskosten

    (Abg. Dr. Horlacher: Sehr richtig!)

    sowie durch das Interesse an bestimmten Einzelfällen, die der Öffentlichkeit zur Kenntnis gekommen sind, und speziell durch einen Artikel mit ziemlich aufsehenerregenden Einzelheiten, der in
    einer deutschen Wochenzeitung veröffentlicht worden ist.
    Wir sind uns völlig dessen bewußt, daß das Thema der Besatzungskosten zu den heikelsten Themen der gegenwärtigen Politik oder Besatzungspolitik oder Außenpolitik, wie man es nennen mag, überhaupt gehört. Dieses Thema ist von zwei Seiten her als ein heißes Eisen anzusehen und anzufassen. Es hat auch gar keinen Sinn — weder von unserer Seite noch von seiten der Alliierten —, bei der Erörterung dieses Themas etwa mit Empfindlichkeit oder mit Ressentiment zu reagieren.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Es handelt sich lediglich darum, daß wir unsern Standpunkt, nicht nur den formellen Rechtsstandpunkt etwa, sondern auch den volkswirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen und den allgemein politischen Standpunkt in dieser Frage angesichts des Wandels der Verhältnisse in voller Offenheit vortragen und daß auf der andern Seite die Besatzungsmächte, die die Demokratie bei uns wieder eingeführt haben, auch den Mut aufbringen, das Recht einer demokratischen Kritik zu vertrager und unsere Kritik in ebenso großer Offenheit ohm Empfindlichkeit anzunehmen.
    Das Thema der Besatzungskosten ist für uns von zwei Gesichtspunkten aus von einer besonderen Bedeutung: einmal für unsere Finanz- und Haushaltswirtschaft und das andere Mal, in einem größeren Zusammenhang gesehen, hinsichtlich unserer heutigen Stellung unter den Völkern der freien Welt und unserer Stellung in der Frage der europäischen Sicherheit. Wenn man das Thema der Besatzungskosten umreißen will, genügt es nicht, einige allgemeine Angaben dazu zu machen; es ist notwendig, auch Einzelzahlen dazu zu bieten. Der Besatzungskostenhaushalt des Jahres 1950 sieht rund 4,6 Milliarden DM für die drei Besatzungszonen und für die einzelnen Verwendungszwecke vor. Wenn wir diesen 4,6 Milliarden DM, die einen der größten, den zweitgrößten Posten des gesamten Haushaltes des Bundes ausmachen, einen anderen Pauschalposten gegenüberhalten, so stellen wir fest, daß die gesamten Sozialausgaben des Bundes sich in diesem Jahre auf rund 5,3 Milliarden DM belaufen. Man stellt damit fest, daß weit über 9 Milliarden DM, knapp 10 Milliarden DM, praktisch feste Posten in unserem Haushalt sind, an deren Höhe wir, was die Besatzungskosten anbetrifft, infolge der Lage, und was die sozialen Ausgaben anbetrifft, infolge der Notwendigkeiten nichts ändern können.
    Ich darf einleitend bemerken, daß diese Interpellation auch dazu dienen soll, die Frage der Besatzungskosten nicht nur in eine Frage über einen Sicherheitsbeitrag umzuwandeln, sondern auch in der Art der Behandlung von einem bisher erfolgten Diktat zu einer vernünftigen gegenseitigen Aussprache zu kommen, die auch auf die Finanz- und Wirtschaftsverhältnisse Rücksicht nehmen muß, welche bei uns durch Kriegs- und Nachkriegsfolgen eingetreten sind.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Besatzungskosten machen in diesem Haushaltsjahr 36 Prozent der Haushaltssumme des Bundes und — wenn wir die Länderhaushalte zu dem Haushalt des Bundes hinzurechnen — 22 Prozent der Gesamthaushaltssumme des Bundes und der Länder aus. In diesem Haushaltsjahr sind pro Einwohner des Bundesgebiets 95 DM an Besatzungskosten aufzubringen, je Werktätigen


    (Strauß)


    (A: 225 DM. Das Institut für Wirtschaftsforschung hat, um einer falschen Auswertung dieser Zahlen entgegenzutreten, auch darauf hingewiesen, daß in der sowjetisch besetzten Zone pro Kopf der Einwohner 350 Ostmark im Jahr an Besatzungskosten aufzuwenden sind. Wenn wir die heutigen Besatzungskosten, die von einem Gebiet, wie es das Bundesgebiet darstellt, mit einer Bevölkerung von 48 Millionen Menschen aufgebracht werden müssen, einem Gebiet, das seiner natürlichen Ergänzung im Osten beraubt worden ist, einem Gebiet, das durch Bombenkrieg, durch Demontage, durch Überfüllung mit Menschen, durch Restition, durch Produktionsverbote, durch Handelsbeschränkungen, durch Schiffahrtsbeschränkungen usw. schwersten wirtschaftlichen Folgen und Nachteilen unterworfen worden ist, wenn wir also die Besatzungskosten, die heute aus diesem Gebiete aufzubringen sind, mit jährlich — nur mal für heuer rund angenommen — 4,6 Milliarden DM den gesamten Reparationsund Besatzungskosten der Jahre zwischen 1920 und 1930 gegenüberstellen, dann stellen wir fest, daß im Durchschnitt der Jahre 1924 bis 1931 im damaligen gesamten Reichsgebiet 1 bis 2 Milliarden RM für Reparationen aufgebracht werden mußten. Das volkswirtschaftliche und das weltwirtschaftliche Ergebnis der Reparationspolitik der Alliierten ist uns in den folgenden Jahren — nicht nur uns, sondern auch ihnen — nur allzu deutlich durch die auftretenden Krisen und letzten Endes auch Katastrophen bekannt geworden. Damals war ein Aufwand von 50 RM pro Kopf der Bevölkerung als Reparationsbeitrag in Gesamtdeutschland auf die Dauer nicht tragbar. Heute ist dieser Betrag doppelt so hoch und soll auf eine unbestimmte Anzahl von Jahren aufgebracht werden. Es ist müßig zu erwähnen, daß die Besatzungskosten in noch höherem Umfang als die gleichartigen Staatsausgaben nicht zu den produktiven, sondern zu den konsumtiven Ausgaben gerechnet werden müssen. Die konsumtiven Staatsausgaben — die Polizei, die Schulen — dienen eigentlich noch irgendeinem Zweck, während es sich hier bei dieser Art von Ausgaben um konsumtive Ausgaben im echtesten Sinne des Wortes überhaupt handelt. Kriegsund Nachkriegsfolgen haben eine ungewöhnliche Belastung des deutschen Volkseinkommens durch Steuern und Soziallasten mit sich gebracht. Wir stehen heute vor zum Teil erschütternden Zahlen. Im Jahre 1913 betrug die Belastung des deutschen Steuerzahlers durch Steuern und Soziallasten, also die Belastung des Volkseinkommens, 12°/o, im Jahre 1929 25°/o. Wir sind im Jahre 1949 bei über 42°/o angekommen. Die Frage der Besatzungskosten ist für uns keine Frage der subjektiven Tragwilligkeit; sie ist in größerem Ausmaße eine Frage der objektiven Tragfähigkeit. Es hat keinen Sinn, meine sehr verehrten Damen und Herren, sich in diesem Zusammenhang etwa auf die Haager Landkriegsordnung zu berufen, die Argumente zu hören, warum sie angewandt werden müßte, und die Gegenargumente der Alliierten zu hören, warum sie infolge der besonderen Verhältnisse nach dem Jahre 1945 nicht mehr angewandt wird. Dort ist festgelegt, daß Besatzungskosten nur für den unmittelbaren Bedarf der BeSatzungstruppen und in einem Ausmaß entnommen werden dürfen, das in einem vernünftigen Verhältnis zu den Gesamthilfsquellen des Landes steht. Ohne Zweifel sind nach dem Kriege besondere Verhältnisse eingetreten, so daß diese Rechtsfrage in diesem Zusammenhang vielleicht nicht die entscheidende Rolle spielt. Wenn wir eine grobe Aufgliederung der Besatzungskosten vornehmen, so handelt es sich um einen Aufwand von 2 Milliarden DM für etwa 170 000 Besatzungssoldaten, über deren Kampfkraft oder Verteidigungswert hier kein Urteil abzugeben ist, und um einen Aufwand von etwa 1,4 Milliarden DM für die gesamte Besatzungsverwaltung. Es müßte bei Anwendung und Einhaltung der nunmehr vom Bundesfinanzministerium und der in ihm geschaffenen Dienststelle eingereichten Vorschläge möglich sein, die Besatzungskosten für den gegenwärtigen Truppenbestand auf etwa 1,6 Milliarden DM zu senken und die Verwaltung so abzubauen, daß ihr jährlicher Aufwand in Zukunft nicht mehr als 400 Millionen DM beträgt, im Gegensatz zu 1,4 Milliarden DM der Gegenwart. In dem Zusammenhang ist es interessant, einen Vergleich mit den Besatzungskosten nach dem ersten Weltkrieg anzustellen. Wir hatten damals im Rheinland insgesamt eine Besatzungsarmee von 75 000 Mann. Diese 75 000 Mann Rheinland-Besatzungsarmee erforderten im Jahre einen Aufwand von 73,5 Millionen Goldmark, d. h. je Kopf des Besatzungssoldaten 1000 Goldmark, wobei man damals auch diejenigen Ausgaben einrechnete, die heute von den Alliierten noch selbst getragen werden. Rechnen wir heute rund 200 000 Besatzungssoldaten mit 2 Milliarden DM Ausgaben für die eigentliche Truppe, dann kommen wir auf einen Betrag von 10 000 DM je Kopf des Besatzungssoldaten, die Verwaltung noch nicht eingerechnet. Selbst wenn die verschiedene Kaufkraft der Goldmark von damals und der DM von heute berücksichtigt wird, handelt es sich, wenn diese Relation eingehalten wird, immer noch darum, daß pro Kopf eines Soldaten aus Besatzungsmitteln heute ein siebenmal so hoher Betrag aufzubringen ist wie damals während der Rheinland-Besetzung in den zwanziger Jahren. Wenn die Ausgaben für die Truppe auf 1,6 Milliarden DM gesenkt werden, ist der Betrag pro Kopf immer noch sechsmal höher als die damaligen Aufwendungen. Ein Vergleich mit dem gesamten französischen Heereshaushalt ist in diesem Zusammenhang interessant. Frankreich unterhält nach eigenen Angaben ein stehendes Heer von rund 500 000 Mann. Die Gesamtausgaben für dieses stehende Heer einschließlich Ausrüstung, Bewaffnung, Bekleidung, Verpflegung, Besoldung, Anlegen und Erhaltung von Baracken, Kasernen, Truppenübungsplätzen, Flugplätzen, einschließlich des bestimmt sehr kostspieligen Krieges in Indochina betragen insgesamt etwa 5 Milliarden DM, gleich 400 Milliarden französische Francs. Das heißt, daß Frankreich in der Lage ist, mit einem Betrag, der nur um 400 Millionen DM höher ist als der von Deutschland aufzubringende, seine gesamte Armee einschließlich aller Hauptund Nebenausgaben zu unterhalten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verwaltungskosten der Rheinlandkommission von damals lassen sich mit den Verwaltungskosten von heute nicht vergleichen, selbst wenn man die veränderte Bevölkerungszahl des Besatzungsgebietes und das größere Gebiet mit einrechnet. Man muß zugrunde legen, daß damals die Rheinlandkommission im Jahre 20 Millionen Goldmark gekostet hat. Heute, umgerechnet auf das gesamte Besatzungsgebiet, umgerechnet auf die gesunkene Kaufkraft der Mark, würde das einen Betrag von 300 Millionen DM für die gesamte Verwaltung ausmachen, statt 1400 Millionen DM, die zur Zeit erhoben werden. Wenn man ein weiteres Vergleichsbeispiel nimmt und sich dafür interessiert, wie hoch die Haushaltsansätze für die Reichswehr der Weimarer Republik in den zwanziger Jahren gewesen sind, so stellt man mit Erstaunen fest, daß die gesamte Reichswehr, wenn sie auch nur leicht bewaffnet war und 100 000 Mann umfaßte, im Durchschnitt der Haushaltjahre etwa 700 Millionen RM gekostet hat, während wir heute allein für den Truppenaufwand, ohne die erhöhten Besatzungskosten, auf etwas über 2 Milliarden DM kommen. Es ist nicht die Aufgabe bei der Begründung dieser Interpellation, hier sensationelle Einzelfälle zu bringen, die sich ohne Zweifel in reicher Fülle aus den Beispielen entnehmen lassen. Diese zahlreichen Einzelfälle sind zum Teil in der Presse gebracht worden. Es ist aber bedauerlich, daß bei der Diskussion um die Besatzungskosten auch im Zusammenhang mit der heute hier zu begründenden Interpellation eine deutsche Zeitschrift — „Der Stern" — verboten worden ist, nicht etwa weil seine Angaben im einzelnen unwahr gewesen wären, sondern weil es dem Ansehen und der Sicherheit der Besatzungsmacht abträglich war oder sein soll, die an sich nicht bestrittenen Zahlen zu veröffentlichen. (Lebhafte Rufe rechts und in der Mitte: Hört! Hört!)


    (Sehr richtig! bei der CDU.)


    (Hört! Hört! bei der CDU.)


    (Beifall in der Mitte und rechts.)


    (Zuruf rechts: Unerhört!)


    (Hört! Hört! rechts.)


    (Strauß)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man uns heute mit Recht das demokratische Gebot der Berichterstattung der Wahrheit und der objektiven Kritik gegenüber der eigenen Regierung und gegen die eigene Regierung auferlegt — und mit Recht — und die deutsche Presse ermuntert wird, sogar scharfe Kritik an der eigenen Regierung zu üben und dem Volk die Wahrheit zu sagen, dann darf zwischen Wahrheit bei der eigenen Regierung und bei der Besatzungsregierung nicht ein Millimeter Unterschied bestehen.

    (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.)

    Es wird heute von uns gefordert, daß wir ebenso wie die anderen Völker des freien Teiles der Welt im Jahr etwa 10 % unseres Sozialproduktes für Verteidigung und Sicherheit — d. h. bei uns in erster Linie Besatzung mit etwas Sicherheit — aufbringen. Diese 10 % des Sozialproduktes würden bei uns, gemessen an dem Sozialprodukt dieses Wirtschaftsjahres, rund 8 Milliarden DM ausmachen. Wir haben deshalb auch in die Interpellation die Frage aufgenommen, inwieweit die Bundesregierung eine Erhöhung der Besatzungskosten für möglich hält und woraus sie die Deckung dieser Erhöhung vorzunehmen gedenkt.

    (Zuruf von der KPD: Fragen Sie Schäffer!)

    — Wenn niemand ein Recht hat, hier ein Wort zu sagen, sind Sie es.

    (Sehr richtig! rechts. — Abg. Renner: Ich werde Ihnen gleich beweisen, wer hier recht hat!)

    — Ihre Beweise sind genau so wie der Grotewohl-Brief anderswo fabriziert und nicht auf Ihrem Mist gewachsen.

    (Beifall und Heiterkeit. — Zuruf von der KPD: Schweigen Sie!)

    Wir erheben heute die Frage der Erhöhung der Besatzungskosten im Zusammenhang mit den geforderten 10 % unseres Sozialproduktes deshalb — und das ist auch ein Beitrag zur objektiven geschichtlichen Wahrheit der Nachkriegszeit —, weil unsere finanzielle Kraft für die Beteiligung an der europäischen Verteidigung, wenn wir den Krieg und seine unmittelbaren Wirkungen nicht mit einberechnen, genau um die Summe, die heute mehr gefordert wird, durch sinnlose Nachkriegsmaßnahmen geschwächt worden ist.

    (Sehr wahr! rechts.)

    Dieser Beweis läßt sich bis auf einige Millionen genau führen. Wenn man die Austreibung der Heimatvertriebenen, wofür ja Ihre Gesinnungsgenossen (zur KPD) in erster Linie wohl zeichnen dürften,

    (Beifall in der Mitte und rechts; — Zurufe von der KPD)

    wenn man die Frage Berlin, die Frage der Demontagen, die Frage des Wiederausgleichs der Demontagen, die Fragen des Wiederaufbaus unseres Außenhandels, des Wiederaufbaus unserer Schiffahrt und der großen Investitionsnotwendigkeiten berücksichtigt, so machen diese Beträge, die nicht durch den Krieg, sondern erst durch sinnlose Nachkriegsmaßnahmen notwendig geworden sind — deren Sinnlosigkeit sich innerhalb kurzer Jahre erwiesen hat —, zusammen noch eine größere Summe aus, als sie heute zusätzlich von uns für die europäische Verteidigung gefordert wird oder gefordert werden könnte.
    Die 10 0/0 des Sozialprodukts für unsere Verteidigung stehen unter einem ganz besonderen Gesetz. Ich habe schon eingangs meiner Ausführungen erläutert: wenn wir bei den zwei großen festen Posten unseres Haushalts, die schon 10 Milliarden DM ausmachen, nämlich Sozialausgaben mit 5,3 Milliarden DM und Besatzungskosten mit 4,6 Milliarden DM, zwischen sachlichen Notwendigkeiten zu entscheiden haben, dann werden wir, ohne die äußere Sicherheit zu gering zu schätzen, die innere Sicherheit — aufbauend auf dem sozialen Ausgleich und dem sozialen Frieden — hoch genug schätzen, um die Ausgaben für Sozialzwecke nicht zugunsten der anderen Ausgaben kürzen zu wollen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn ich zu dieser Frage — ich will nicht die hier abgedruckten Fragen, die einen sehr großen Umfang haben, etwa im einzelnen verlesen — abschließend meiner Meinung Ausdruck verleihen darf, so handelt es sich nicht darum, etwa eine kleine Kritik an der Besatzungsmacht zu üben. Es handelt sich auch nicht darum, jetzt etwa zu sagen: Wir haben doch recht gehabt.

    (Abg. Rische: Warum denn entschuldigen?)

    — Wenn etwas zu entschuldigen ist, — so alt können Sie gar nicht werden, daß Sie sich für das entschuldigen können, was Sie und Ihre Freunde dem deutschen Volk angetan haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es handelt sich auch nicht darum, jetzt etwa den
    Standpunkt einzunehmen, als ob wir nachträglich
    doch recht gehabt und es besser gewußt hätten.
    Wir erheben aber heute eine Forderung, eine For-


    (Strauß)

    derung nicht allein etwa im Interesse des deutschen Volkes, am allerwenigsten etwa vom Standpunkt eines deutschen Nationalismus aus. Wir erheben sie vom Standpunkt des Rechts, der Vernunft und der Notwendigkeit der Zukunft aus. In einem Zeitpunkt, in dem 10 000 amerikanische Mütter bereits ihre gefallenen Söhne beklagen, in dem Zehntausende von Müttern bereits um das Schicksal ihrer Söhne, die im Felde stehen, zittern und Tage und Nächte in Ungewißheit verbringen, hat nicht nur das deutsche Volk, sondern haben auch die Heimatvölker unserer Besatzungsmächte einen Anspruch darauf, daß die letzte Mark, die von uns an Besatzungskosten aufgebracht wird, für echte Sicherheit und nicht für Bürokratie und Bequemlichkeit verwendet wird.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rische: Deutschland den Deutschen!)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich freue mich darüber, daß die Tribüne an den Verhandlungen dieses Hauses einen lebendigen Anteil nimmt. Ich darf aber darauf hinweisen, daß dieser Anteil sich weder in Beifalls- noch in Mißfallensäußerungen kundtun darf. Andernfalls müßte ich weitere Maßnahmen ergreifen.
Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß ich des 18. Januar 1871 gedacht habe, jedoch nicht des 18. Januar 1888, an dem der Herr Kollege Dr. Horlacher geboren ist.

(Große Heiterkeit und Händeklatschen im ganzen Haus.)

Meine Damen und Herren! Wenn ich mir den Weg von der etwas gezwungenen Freiwilligkeit, mit der 1 Bayern 1871 in das Deutsche Reich einging, bis zur gesamtdeutschen Initiative vorstelle, die Herr Kollege Horlacher unter uns entfaltet hat, glaube ich, daß es gerechtfertigt ist, ihm unsere herzlichsten Glückwünsche auszusprechen.

(Erneuter lebhafter Beifall und Heiterkeit.) Zur Beantwortung der Interpellation hat das Wort der Herr Bundesminister der Finanzen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz Schäffer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und' Herren! Zu der Interpellation der Abgeordneten Strauß und Genossen vom 27. Oktober 1950 betreffend Verwendung der Besatzungskosten, Drucksache Nr. 1530, nehme ich wie folgt Stellung:
    Die Interpellation befaßt sich mit der in letzter Zeit in der Öffentlichkeit viel diskutierten Frage, wie die auf Anordnung der Besatzungsmächte von der Bevölkerung der Bundesrepublik auf zubringenden Besatzungskosten verwendet worden sind. Das in der Interpellation wiedergegebene Zahlenmaterial geht auf gewisse Veröffentlichungen in der Presse zurück. Ich habe dieses Material auf seine Richtigkeit nachprüfen lassen. Dabei hat sich im einzelnen folgendes ergeben.
    Die Frage 1 betrifft die Zahl der Beschäftigten. Die Gesamtzahl der bei den Besatzungsmächten und bei einzelnen Besatzungsangehörigen Beschäftigten hat bis Ende September 1950 laufend abgenommen. Es waren am 31. März 1950 471 496 Personen, am 30. Juni 1950 454 920 Personen, am 30. September 1950 446 304 Personen beschäftigt. Eine Aufgliederung der Beschäftigten nach insgesamt 28 Berufsgruppen hat letztmalig zum Stichtag vom 31. März 1950 stattgefunden. Die an diesem Tage vorhandenen 471 496 Beschäftigten verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Berufsgruppen:
    Hausangestellte und verwandte Berufe 60162,
    Verkehrsberufe 65 522, Gaststättenberufe 39 347,
    kaufmännische Büro- und Verwaltungsberufe
    97 957, technische Berufe 137 846, Ackerbau-, Tierzucht-, Jagd- und Fischerei-Berufe 9966, Hilfsarbeiter aller Art 31 383, sonstige Berufe 29 313,

    (Abg. Rische: Fehlen nur noch die Jasager!)

    zusammen die angegebene Zahl. In den von mir angegebenen Zahlen sind auch die bei Besatzungsangehörigen auf Privatdienstvertrag und privat entlohnten Arbeitnehmer — vorwiegend Hausangestellte — enthalten. Ihre Zahl wird auf etwa 10 vom Hundert der Gesamtzahl der Arbeitnehmer geschätzt.
    Die in der Interpellation genannten Zahlen dürften daher nach dem Stande vom 31. März 1950 im wesentlichen zutreffen.
    Zur Frage 2: Die einzelnen Angaben in der Interpellation entsprechen den Tatsachen. Die Ausgaben beziehen sich auf die Ausstattung von — teilweise repräsentativen — Dienst- und Wohnräumen im Zuge der organisatorischen und räumlichen Zusammenfassung der Dienststellen eines Hohen Kommissars.
    Zur Frage 3: In dem Alliierten Besatzungskosten- und Auftragsausgabenhaushalt für das Rechnungsjahr 1950, der der Bundesregierung mit der Note vom 8. März 1950 zum Vollzug übergeben worden ist und der als Einzelplan XXIV in den Bundeshaushaltsplan aufgenommen worden ist, sind unter der Zweckbestimmung „Barzahlungen an die Besatzungsmacht für Besatzungsbedarf" veranschlagt: für die französische Zone 162 291 900 DM, für die britische Zone 26 009 000 DM, für die amerikanische Zone 0,00 DM. Von diesen Beträgen sind in der Zeit vom 1. April 1950 bis 30. November 1950 bereits ausgegeben: in der französischen Zone 108 216 726 DM, in der britischen Zone 7 041 747,69 DM. Die betreffenden Besatzungsmächte haben weder früher den Ländern noch jetzt der Bundesregierung den Verwendungszweck der Pauschzahlungen mitgeteilt.
    Zur Frage 4: Die Angaben sind zutreffend. Die Ausgaben sind im Rechnungsjahr 1949 zur Deckung des Bedarfs der im Lande Nordrhein-Westfalen untergebrachten DP's gemacht worden, die damals in vollem Umfang von den Besatzungsmächten betreut wurden.
    Zur Frage 5: Es konnte nicht festgestellt werden, ob die in der Interpellation erwähnten Waren in dem genannten Zeitraum tatsächlich beschafft worden sind. Aus deutschen Unterlagen ergibt sich aber, daß durch Dienststellen der amerikanischen und britischen Besatzungsmacht während dieses Zeitraumes folgende Beträge für die Beschaffung von Waren zu Lasten des Alliierten Besatzungskosten- und Auftragsausgabenhaushalts ausgegeben worden sind:
    12 136 978 DM für Teppiche und Gardinen

    (Hört! Hört!)

    — bei den Teppichen handelt es sich zum Teil um über Holland eingeführte Importware im Betrage von rund 2,5 Millionen DM —,

    (Zuruf rechts: Auch das noch!)

    16 160 437 DM für Kühlschränke,

    (Hört! Hört!)

    41 201 062 DM für Möbel, 1 199 660 DM für Frauenkleider,

    (Hört! Hört!)



    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    im wesentlichen für DP's, 3 987 482 DM für Glühlampen, 5 130 976 DM für Holzverpackungen:
    Entsprechende statistische Erhebungen für die französische Zone sind bisher nicht durchgeführt worden, weil sie kein zuverlässiges Bild geben würden, da die Beschaffungen dort zu einem wesentlichen Teil von der Besatzungsmacht in eigener Regie mit Hilfe der Pauschzahlungen durchgeführt werden.
    Die weiteren in der Interpellation unter den Ziffern 6, 7 und 8 gestellten Fragen stehen in engstem Zusammenhang miteinander und berühren nicht nur Grundfragen des gegenwärtigen Besatzungskostenrechts, sondern auch solche der Besatzungskostenpolitik. Bevor ich zu diesen Fragen im einzelnen Stellung nehme, möchte ich mir daher einige allgemeine Bemerkungen gestatten.
    Es darf nicht übersehen werden, daß die den deutschen Behörden der Besatzungslastenverwaltung zur Verfügung stehenden Unterlagen über die von den Besatzungsbehörden vorgenommenen Beschaffungen nicht vollständig sind. Denn die deutschen Behörden sahen sich bisher in aller Regel darauf beschränkt, die ihnen zum Vollzug vorgelegten Rechnungen zu bezahlen. Eine völlige Klarheit, insbesondere über die Art der Verwendung der requirierten Gegenstände, läßt sich daher nicht gewinnen. Auf jeden Fall muß aber festgestellt werden, daß das Gesamtbild — soweit es die Zeit vor dem 1. April 1950 betrifft, auf die es hier im wesentlichen ankommt — höchst unerfreulich ist.
    In der in- und ausländischen Öffentlichkeit ist versucht worden, diesen Eindruck dadurch abzuschwächen, daß geltend gemacht wurde: durch die ) Beschäftigung Deutscher bei den Besatzungsmächten sei die Zahl der Arbeitslosen verringert worden; private Organisationen, insbesondere der Vereinigten Staaten, hätten ihrerseits erhebliche Aufwendungen zum Zwecke der Hilfeleistung für das deutsche Volk erbracht; auf jeden Fall bleibe das für Besatzungszwecke aufgewendete Geld im Lande und komme der deutschen Wirtschaft zugute.
    Ich halte diese Einwendungen nicht für begründet. Wenn der Bundesrepublik freie wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeit zugestanden würde, so wäre sie — darüber kann es auf deutscher Seite keinen Zweifel geben — selbst in der Lage, ihren Arbeitskräften Beschäftigung zu geben, und zwar in einer produktiveren Weise.
    Weiter wird ohne jede Einschränkung dankbar anerkannt, daß private Organisationen in den Ländern der Besatzungsmächte — insbesondere in den Vereinigten Staaten — seinerzeit dem not-leidenden deutschen Volke wertvolle Hilfe geleistet haben. Dazu kommt die große Hilfe, die der Marshall-Plan der deutschen Volkswirtschaft gebracht hat und noch bringt. Es handelt sich jedoch bei der Frage der Besatzungskosten um ganz andere Dinge. Hier geht es darum, in welchem Umfang die dem Bund auferlegten Besatzungslasten im Hinblick auf seine wirtschaftliche und finanzielle Lage als vertretbar anzusehen sind, und vor allem darum, ob die für die Zwecke der Besatzungsmacht aufgebrachten Mittel in einer Weise verwandt worden sind, welche die damit verbundene schwere Belastung als zumutbar erscheinen läßt. Ich glaube nicht, daß die Tatsache freiwillig gewährter Hilfeleistung diese Nachprüfung erübrigt.
    Es mag richtig sein, daß, von der Geldseite gesehen, der größte Teil der für Besatzungskosten aufgewandten Mittel im Lande bleibt. Das ist aber nicht entscheidend. Wesentlich für die Beurteilung ist vielmehr, welchem Verwendungszweck die für die Besatzungskosten in Anspruch genommenen Bundesmittel zugeführt werden. Dieser Verwendungszweck ist überwiegend ein konsumtiver. Nur ein Bruchteil der Besatzungskosten findet eine Verwendung, durch die Werte geschaffen werden, z. B. durch die Errichtung von Neubauten für Besatzungsangehörige. Auch in diesen Fällen handelt es sich aber nur insoweit um echte produktive Ausgaben, als die Besatzungsbauten nach Freigabe durch die Besatzungsmächte künftig tatsächlich für deutsche Zwecke verwendet werden können, was bei den Besatzungsbauten oft nur in beschränktem Umfang der Fall sein wird.
    Die deutsche Bevölkerung würde auch für eine konsumtive Verwendung der Mittel des Besatzungskosten- und Auf tragsausgabenhaushalts Verständnis haben, wenn diese Mittel voll für Sicherheitszwecke verwandt werden würden. Für die Vergangenheit muß jedoch festgestellt werden, daß der insoweit etwa erzielte Erfolg in keinem Verhältnis zu der Höhe der aufgewandten Mittel steht.

    (Zustimmung.)

    Wenn man bedenkt, daß die Besatzungskosten mehr als ein Drittel des angespannten und mit festen Ausgaben, besonders auf dem Gebiete der Soziallasten, ohnehin schwer belasteten Bundeshaushalts betragen, so können gegen eine sachliche, ruhige und konstruktive Kritik an der Verwendung der Mittel des Alliierten Haushalts berechtigte Einwendungen nicht erhoben werden, Das gilt um so mehr, als in der zweiten Hälfte des Jahres 1950 ein grundlegender Wandel in den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den Alliierten eingetreten ist, der in den Beschlüssen der New Yorker Außenministerkonferenz vom September 1950 seinen Niederschlag gefunden hat. Mit der Einbeziehung der Bundesrepublik in das wirtschaftliche und politische Sicherheitssystem der demokratischen Welt änderten sich auch die mit der Besetzung Deutschlands verfolgten Ziele. Diese Änderung der Besatzungsziele muß sich notwendig auch auf die Besatzungskosten und deren Verwendungszweck auswirken.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wenn die demokratische Seite von der Bundesrepublik einen Sicherheitsbeitrag erhofft, der nach Presseverlautbarungen des Auslandes eine zusätzliche Belastung neben den bisherigen Besatzungskosten darstellen soll, so kann die Bundesrepublik ihrerseits erwarten, daß auch die Alliierten die Mittel des Alliierten Besatzungskosten- und Auftragsausgabenhaushalts für echte Sicherheitszwecke einsetzen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Bei der Entwicklung der Dinge in den letzten Monaten scheint es gerechtfertigt, den dringenden Wunsch auszusprechen, daß man sich überall der Notwendigkeit, der gegenüber dem Jahre 1949 eingetretenen Veränderung der Verhältnisse' Rechnung zu tragen, stets voll bewußt sein sollte. Gewisse positive Anzeichen in dieser Richtung dürfen nicht unerwähnt bleiben. Eine der Ursachen für die Unzuträglichkeiten, die sich bei der Beschaffung von Sach- und Werkleistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft ergeben haben, liegt darin, daß seitens der mit der Beschaffung


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    befaßten unteren Dienststellen der Besatzungsmächte Anforderungen gestellt worden sind, deren völkerrechtliche Zulässigkeit nach Gegenstand und Umfang der geforderten Leistungen zu berechtigten Zweifeln Anlaß gibt. Eine weitere Ursache ist darin zu erblicken, daß die Auswahl der Lieferanten und die Vergebung der Aufträge in aller Regel unmittelbar durch die Besatzungsbehörden unter Ausschaltung der deutschen Dienststellen erfolgen.
    Der Herr Britische Hohe Kommissar hat nunmehr eine zentrale Dienststelle für das Beschaffungswesen auf dem Gebiete der Sach- und Werkleistungen errichtet. Er hat weiter angeregt, auch auf deutscher Seite eine entsprechende Zentralstelle zu schaffen, und hat dazu mitgeteilt, daß beabsichtigt sei, die Vergebung der Aufträge künftig einheitlich der deutschen Seite zu überlassen.

    (Sehr gut!)

    Auf deutscher Seite ist als Zentralstelle die Sonderabteilung Besatzungslastenverwaltung des Bundesministeriums der Finanzen bestimmt woren, die eng mit dem Bundesministerium für Wirtchaft zusammenarbeiten wird. Die Ausgestaltung aer Zusammenarbeit im einzelnen wird Gegenstand von Verhandlungen mit den britischen Dienststellen in den nächsten Wochen sein. Mit Bestimmtheit ist zu erwarten, daß durch diese Maßnahme weitgehende Einsparungsmöglichkeiten bei der Beschaffung von Sach- und Werkleistungen für die britische Besatzungszone erzielt werden können. Die Bundesregierung hofft auf Grund in neuester Zeit geführter Verhandlungen, daß auch in den beiden anderen Besatzungszonen das Beschaffungsverfahren in ähnlicher, den dortigen Verhältnissen entsprechender Weise umgestaltet wird.
    Der Herr Britische Hohe Kommissar hat in einem Aide Memoire vom 20. November 1950 ferner mitgeteilt, die britische Regierung prüfe seit einiger Zeit eingehend die Frage etwaiger Einsparungen bei den Besatzungskosten. Im laufenden Jahre hätte bereits eine erhebliche Kürzung durchgeführt werden können. Um noch größere Einsparungen vorzunehmen, habe die britische Regierung beschlossen, einen hohen Beamten in Deutschland einzusetzen, der dafür verantwortlich bei, daß beim Heer, bei der Marine, bei der Luftwaffe und der Kontrollkommission soweit wie möglich gespart wird. Inzwischen ist der für diese Maßnahmen zuständige Beamte in der Person von Sir Sidney Kirkman ernannt worden. Die Bundesregierung hofft auf Grund der bisherigen Verhandlungen, daß die anderen Besatzungsmächte diesem Beispiel folgen und in Kürze ähnliche Maßnahmen treffen werden.
    Die Bundesregierung ist ihrerseits bereits seit längerer Zeit bemüht, auf eine sparsame Verwendung und einen zweckmäßigen Einsatz der Mittel des Alliierten Besatzungskosten- und Auftragsausgabenhaushalts hinzuwirken. Ich darf insoweit auf meine Denkschrift vom 25. August 1950 verweisen, die dem Hohen Hause als Drucksache Nr. 1308 vorgelegt worden ist. Die Bundesregierung wird der alliierten Hohen Kommission weitere eingehende Vorschläge für Einsparungsmaßnahmen mit dem Ziel, die Besatzungskosten zu senken und Mittel für einen echten Sicherheitsbeitrag freizumachen, vorlegen. Die alliierte Seite hat mir erklärt, daß sie bereit ist, solche Vorschläge entgegenzunehmen.

    (Zuruf von der KPD: Aber nicht mehr!)

    Als ein wesentlicher Fortschritt für alle drei Zonen ist es weiter anzusehen, daß die Alliierte Hohe Kommission den Bundesrechnungshof und die Rechnungshöfe der Länder einheitlich mit der Rechnungsprüfung der Besatzungskosten beauftragt hat.
    Schließlich hat der Alliierte Unterausschuß für Besatzungskosten in einem Memorandum vom 6. Januar 1951 mitgeteilt, daß die Alliierte Hohe Kommission beschlossen habe, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, deren Aufgabe die Vereinheitlichung der besatzungskostenrechtlichen Bestimmungen für das ganze Bundesgebiet sein soll. Diese alliierte Arbeitsgruppe würde mit dem Bundesministerium der Finanzen in Verbindung treten und auch deutsche Vorschläge behandeln. Es wird das Bestreben der Bundesregierung sein, zu erreichen, daß diese Arbeit zu einer wirklichen Reform des Besatzungskostenrechts führt.
    Im übrigen wird die Bundesregierung auch weiterhin bemüht sein, im Wege der Verhandlungen mit der Alliierten Hohen Kommission, den Hohen Kommissaren und deren Dienststellen die berechtigten deutschen Forderungen, wie sie sich insbesondere auch aus der Veränderung der Besatzungszwecke ergeben, nachdrücklich zur Geltung zu bringen mit dem Ziel, das gegenwärtige System der einseitigen Requisitionen zu ersetzen durch ein System der Beschaffung des Besatzungsbedarfs auf vertraglicher Grundlage. Damit ist die Frage Nr. 6 — Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um zu erreichen, daß die aufgewendeten Besatzungskosten in der Zukunft für echte Sicherheitszwecke verwendet werden? — beantwortet.
    Die Frage Nr. 7 geht dahin, ob die Bundesregierung bereit ist, bei der Oberkommission vorzuschlagen, daß durch eine gemischte alliiert-deutsche Kommission die bisherige Verwendung der Besatzungskostenmittel nachgeprüft und ihre Umstellung für echte Sicherheitszwecke eingeleitet wird. Ich darf dazu folgendes bemerken. Das Ergebnis einer solchen Nachprüfung, die eine außerordentlich große Verwaltungsarbeit erfordern würde. könnte nur darin bestehen, die dabei festgestellten Mißstände für die Zukunft abzustellen. Dieses Ergebnis wird sich auch ohne die vorgeschlagene Nachprüfung erreichen lassen. Denn die in der Vergangenheit aufgetretenen Mißstände sind den maßgebenden Stellen der alliierten Seite ohnehin nicht unbekannt geblieben.

    (Abg. Rische: Deshalb: Ami, go home! — Lachen in der Mitte und rechts.)

    Die Bundesregierung freut sich, mitteilen zu können, daß ihr in einer der letzten Besprechungen von maßgebender alliierter Seite zugesichert worden ist, daß man dort gewillt ist, aus dieser Kenntnis der Dinge die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und künftig Ausgaben zu Lasten des alliierten Haushalts nur noch in dem unbedingt erforderlichen Umfang zuzulassen.
    Die Frage Nr. 8 — In welchem Umfange hält die Bundesregierung eine von den Alliierten angekündigte Erhöhung der Besatzungskosten für möglich und aus welchen Einnahmen gedenkt sie die Dekkung vorzunehmen? — beantworte ich dahin: Der Rat der Alliierten Hohen Kommission hat der Bundesregierung mit einer Note vom 14. Dezember 1950 den Nachtragshaushalt überreicht. Dieser weist einen Ansatz aus von 1,414 Milliarden DM. Es wurde der Bundesregierung mitgeteilt, daß von diesem Betrage bis zum 1. April 1951 voraussichtlich eine Summe von 664 Millionen DM in Anspruch genommen werden wird. Die alliierten Finanz-


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    berater haben sich bereit erklärt, sich mit der Bundesregierung über die Durchführung des Nachtragshaushalts zu besprechen. Ich darf mir die Unterrichtung des Hohen Hauses nach Abschluß dieser Besprechungen vorbehalten.
    Schon jetzt darf ich bemerken, daß die Bundesregierung bei diesen Besprechungen davon ausgehen muß, daß die Besatzungskosten und ein etwaiger deutscher Sicherheitsbeitrag eine Einheit darstellen, das heißt, daß für beide Zwecke nur ein einheitlicher, der Leistungskraft der deutschen Volkswirtschaft und den besonderen deutschen sozialen Verhältnissen angepaßter Betrag in Betracht kommen kann.

    (Abg. Rische: Werden wir ja sehen!)

    Sind die Besatzungskosten hoch, dann kann nur
    ein entsprechend geringer sonstiger deutscher Sicherheitsbeitrag geleistet werden und umgekehrt.

    (Zuruf von der KPD: Wir zahlen!)

    Im übrigen wird die Bundesregierung mit Entschiedenheit zur Geltung bringen, daß die Bundesrepublik in Form ihrer Leistungen für die Opfer des Krieges, für die Flüchtlinge und überhaupt für die soziale Befriedung bereits Vorleistungen größten Ausmaßes für die europäische Sicherheit erbracht hat.
    Für die erhöhten Ausgaben werden zweifellos neue Deckungsmöglichkeiten geschaffen werden müssen. Ich habe der Bundesregierung ein Steuerprogramm vorgelegt, das die Erschließung neuer Steuerquellen vorsieht. Nach der Verabschiedung im Kabinett wird die Vorlage dem Bundesrat und dem Bundestag zugehen.

    (Abg. Rische: Ohne uns! — Lachen in der Mitte und rechts.)

    I Da das neue Steuerprogramm eine gewisse Anlaufzeit brauchen wird, muß jedoch davon ausgegangen werden, daß aus diesem Steuerprogramm für das laufende Rechnungsjahr 1950 Deckungsmittel noch nicht verfügbar sein werden. Es wird im gegebenen Fall zu erwägen sein, die erforderlichen Deckungsmittel überbrückungsweise im Kreditwege zu beschaffen.

    (Abg. Rische: Das ist der Bankrott!)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die tatsächliche Entwicklung der Ausgaben des Alliierten Besatzungskosten- und Auftragsausgabenhaushalts in den vergangenen Monaten des Rechnungsjahres 1950 hat gezeigt, daß an sich die veranschlagten Mittel ausgereicht hätten, wahrscheinlich nicht einmal voll in Anspruch genommen worden wären. Wenn die Alliierten einen Nachtragshaushalt für erforderlich gehalten haben, so ist dies im Hinblick darauf geschehen, daß im Zusammenhang mit der Verstärkung der alliierten Truppen im Bundesgebiet mit neuen Ausgaben zu rechnen ist. Die zusätzlichen Ausgaben, die auf den Bund zukommen werden, stehen also im unmittelbaren Zusammenhang mit den Maßnahmen, die auf Grund der Beschlüsse der New-Yorker Außenministerkonferenz vom 12. September 1950 zum Schutz der demokratischen Welt, einschließlich des deutschen Bundesgebietes, gefaßt worden sind.

    (Lachen und Widerspruch bei der KPD. — Zuruf von der KPD: „Zum Krieg" meinen Sie!)

    Diese Konferenz bedeutet eine Wende für die Gestaltung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den Besatzungsmächten. Wie ich bereits ausgeführt habe, ist man sich auf alliierter
    Seite darüber klar, daß die Veränderung der Verhältnisse gegenüber dem Jahre 1949 sich auch auf
    die Besatzungskosten und deren Verwendung auswirken muß.
    Das Bild, das ich Ihnen von der Verwendung der Besatzungskosten in der Vergangenheit zeichnen mußte, mag manchen trüben und für uns bitteren Zug aufweisen. Um so mehr haben wir Anlaß, dafür zu sorgen, daß für die Zukunft gemäß den neuesten alliierten Erklärungen die Besatzungskosten sich zunehmend in unseren Beitrag zur gesamteuropäischen Sicherheit verwandeln und jede ausgegebene Mark dazu beiträgt, das Sicherheitsgefühl eines jeden Bürgers der Bundesrepublik zu stärken. Wir haben nach einer bedeutsamen Aussprache in der vergangenen Woche keinen Grund, an dem guten Willen der alliierten Seite und ihrer maßgeblichen Vertreter zu zweifeln. Es kommt deshalb jetzt vor allem darauf an, vorwärts zu blicken und gemeinsam die Gestaltung der Dinge auf dem schwierigen Gebiet der Besatzungskosten im Geist europäischer Zusammenarbeit in die Hand zu nehmen.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Dann wird sich auch die westdeutsche Bevölkerun der Erkenntnis nicht verschließen, daß mit de Einbeziehung der Bundesrepublik in das demokratische Sicherheitssystem die Übernahme von gewissen Lasten verbunden sein muß. Sie wird bereit sein, diese Lasten zu tragen,

    (Zuruf links: Woher weißt Du?!)

    wenn sie die Gewißheit haben darf, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit unseres jungen Staates beachtet werden und daß die aufgebrachten Mittel für den gemeinsamen Zweck des Schutzes der demokratischen Welt verwendet werden.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. — Zuruf von der KPD: Für Kanonen! — Ami, go home!)