Rede von
Dr.
Hugo
Decker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der interfraktionelle Antrag, Drucksache Nr. 1722, will erreichen, daß Goldmünzen von historischem oder künstlerischem Wert unter den gleichen Schutz gestellt werden wie anderes Kulturgut, das von historischer oder künstlerischer Bedeutung ist. Das Gesetz Nr. 53 der amerikanischen Militärregierung und die Verordnung Nr. 235 des französischen Hohen Kommissars sehen die Anmeldungs- und Ablieferungspflicht von Goldmünzen vor. Nach Art. III Ziffer 36 des Gesetzes Nr. 53 — Neue Fassung — kann die Bank deutscher Länder verlangen, daß Goldmünzen mit höchstem numismatischem Wert ins Ausland gegen Devisen verkauft werden und diese Devisen der Bank deutscher Länder zum Ankauf angeboten werden. Nun stehen Kunstwerke durch internationales Übereinkommen unter Schutz gegen Verschleppung. Auch Münzen können Kunstwerke höchsten Ranges sein und sind es zum großen Teil, auch bei ihnen tritt der Materialwert gegenüber dem ideellen Wert als bedeutungslos zurück. Der Art. X d des Gesetzes nennt aber Goldmünzen ohne Unterschied in einem Zuge mit Goldbarren als ablieferungspflichtig. Er macht also keinen Unterschied zwischen einem rohen, ungeformten Block Goldes und einer Münze z. B. aus Selinunt.
Man kann die Auswirkungen des Gesetzes Nr. 53 auf die in Deutschland gesammelten, numismatisch bedeutungsvollen Goldmünzen zweifach betrachten. Entweder werden uns diese Münzen um ihres künstlerischen und historischen Wertes willen weggenommen. Dann ist dieser Vorgang nichts anderes als ein Kunstraub. Erfolgt aber die Wegnahme wegen des Materialwertes, dann steht diese Zwangsmaßnahme auf durchaus keinem höheren Niveau als seinerzeit das Verbrennen von antiken Marmorstatuen im Kalkofen, lediglich um das Material zu gewinnen.
Wir haben allen Grund, die bestehenden deutschen Münzsammlungen zu schützen. Vielleicht besuchen sogar einmal die Väter des neuen Markstückes eine solche Münzsammlung, um sich inspirieren zu lassen. Vielleicht aber verlassen sie eine solche Münzsammlung auch nur mit schamrotem Kopf.
Jedenfalls ist Eile geboten. Ich bitte das Hohe Haus, diesen Antrag nicht einem Ausschuß zu überweisen, sondern durch unmittelbare Zustimmung den Auftrag an die Regierung möglichst rasch wirksam zu machen.