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ID0110902300

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    5. Abgeordnete: 1
    6. Kohl.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 109. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Januar 1951 4109 109. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. Januar 1951. Wünsche des Präsidenten Dr. Ehlers für die Arbeit des Deutschen Bundestages im neuen Jahr 4111C Beglückwünschung und Würdigung des Abgeordneten und Bundeskanzlers Dr. Adenauer zum 75. Geburtstag 4111C Begrüßung des Abg. Dr. Köhler nach seiner Wiedergenesung 4111D Niederlegung des Bundestagsmandats durch den Abg. Dr. Baumgartner 4111D Eintritt des Abg. Fürsten zu OettingenWallerstein in den Bundestag 4111D Beitritt des Abg. Dr. Miessner als Mitglied zur Fraktion der FDP 4111D Geschäftliche Mitteilungen . 4112A, 4113B, 4152D Erkrankung des Abg. Etzel (Duisburg) und verantwortliche Arbeit der Bundestagsabgeordneten 4112B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz über die Vereinbarung über den Warenverkehr und das Protokoll vom 17. August 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Brasilien . . . . 4112C zum Dritten Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes 4112C zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 vom 23. Juni 1950 4112C Zum Gesetz zur Änderung und Ergänzung des D-Mark-Bilanzgesetzes 4112C zum Gesetz zur Änderung der Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts 4112C zum Gesetz zur Wiedererhebung der Beförderungsteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr und zur Änderung von Beförderungsteuersätzen . 4112C zum Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundespost 4112C zum Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs 4112C zum Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundesbahn 4112C zum Heimarbeitsgesetz 4112C zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" 4112C zum Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer von Anordnungen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft 4112D zur Zweiten Durchführungsverordnung zum ersten Teil des Soforthilfegesetzes 4112D zum Gesetz über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung 4112D zum Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes 4112D zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Nr. 1718 der Drucksachen) . 4112D zum Gesetz zur Verlängerung von Fristen auf dem Gebiet des Anwaltsrechts (Nr. 1716 der Drucksachen) 4112D zum Allgemeinen Eisenbahngesetz (Nr. 1717 der Drucksachen) 4112D zum Gesetz zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks 4113A zum Gesetz über das Allgemeine Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Soziale Sicherheit nebst vier Zusatzvereinbarungen und drei Protokollen . 4113A zum Gesetz betreffend die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutsch land und Frankreich über die Anwerbung von deutschen Arbeitskräften für Frankreich vom 10. Juli 1950 . . . 4113A zum Gesetz betreffend die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über Gastarbeitnehmer vom 10. Juli 1950 4113A zum Gesetz über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten . . . . 4113A zum Zweiten Gesetz zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) . . 4113A zum Gesetz über die Umstellung der Renten- und Pensionsrentenversicherungen nach der Währungsreform 4113A zum Gesetz über Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Unterbringung der unter Art. 131 GG fallenden Personen . . . 4113A Anfrage Nr. 129 der Abg. Spies, Loibl u. Gen. betr. Gesetzentwurf zur Besteuerung von Feuerzeugen und Zündsteinen (Nrn. 1489 und 1747 der Drucksachen) . . . . 4113A Anfrage Nr. 144 der Fraktion der KPD betr. Bundesversorgungsgesetz (Nrn. 1645 und 1725 der Drucksachen) - 4113B Anfrage Nr. 145 der Fraktion der KPD betr. Versteigerung von Möbeln durch das Besatzungskostenamt Offenbach (Nrn. 1661 und 1728 der Drucksachen) . . . . 4113B Anfrage Nr. 147 der Abg. Mensing u. Gen. betr. Importe mexikanischer Rindfleischkonserven (Nrn. 1706 und 1751 der Drucksachen) 4113B Zweiter Zwischenbericht des Haushaltsausschusses über die auf Grund des Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 vom 23. Juni 1950 beschlossenen Vorwegbewilligungen von Haushaltsmitteln (Nr. 1723 der Drucksachen) 4113B Änderung der Tagesordnung 4113C Beratung der Interpellation der Abg. Dr. Horlacher u. Gen. betr. Tagung des Verbandes der europäischen Landwirtschaft (CEA) (Nr. 1532 der Drucksachen) 4113C Dr. Horlacher (CSU), Interpellant . 4113D Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 4116D Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neugliederung der die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete (Nr. 821 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Antrags der Abg. Hilbert u. Gen. betr. Entwurf eines Gesetzes über die Neugliederung der die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete (Nr. 1752 der Drucksachen) 4113C, 4118C Hilbert (CDU), Antragsteller . . . . 4118D Mayer (Stuttgart) (FDP), Antragsteller 4122C Dr. Seelos (BP) 4125A Farke (DP) 4126D Kiesinger (CDU) 4126D Schoettle (SPD) 4127D Freudenberg (FDP-Hospitant) . . 4129D Kohl (Stuttgart) (KPD) 4131D Dr. Hamacher (Z) 4133A Dr. Jaeger (CSU) 4134B Ausschußüberweisung 4135C Erste Beratung des von der Fraktion der KPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Sofortmaßnahmen für die schaffende, lernende und arbeitslose Jugend (Nr. 1535 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (33. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zum Schutze der heimat- und berufslosen Jugend (Nrn. 1681, 572 der Drucksachen) 4135D, 4141A Paul (Düsseldorf) (KPD), Antragsteller 4135D Frau Ilk (FDP), Berichterstatterin 4138A Strauß (CSU) 4138C Frau Schanzenbach (SPD) 4138D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern . . . 4140C Erler (SPD) 4140D Beschlußfassung 4142A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung . . 4142B Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . 4142B Ausschußüberweisung 4143B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität in Amnestiefällen (Nr. 1732 der Drucksachen) 4143C' Dr. Arndt (SPD), Berichterstatter . 4143C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 4143D Dr. von Brentano (CDU) 4144A Ritzel (SPD) 4145B Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 4146D Dr. von Merkatz (DP) 4147A Gengler (CDU) . . 4147A Beschlußfassung 4147B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Hedler gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 31. Oktober 1950 (Nr. 1733 der Drucksachen) 4147B Gengler (CDU), Berichterstatter . . 4147B Beschlußfassung 4148D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität der Abg. Frau Thiele gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 2. Dezember 1950 (Nr. 1734 der Drucksachen) 4149A Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 4149A Paul (Düsseldorf) (KPD) 4150A Beschlußfassung 4150B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Wönner gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 18. Juni 1950 (Nr. 1735 der Drucksachen) 4150D Mende (FDP), Berichterstatter . . 4151A Beschlußfassung 4151D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Marx gemäß Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 4. Dezember 1950 (Nr. 1736 der Drucksachen) 4151D Muckermann (CDU), Berichterstatter 4151D Beschlußfassung 4152A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Brünen gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 27. Oktober 1950 (Nr. 1737 der Drucksachen) 4152A Muckermann (CDU), Berichterstatter 4152B Beschlußfassung 4152C Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1741 der Drucksachen) 4152C Margulies (FDP) 4152C Beschlußfassung 4152D Nächste Sitzung 4152D Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Richard Freudenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Ich glaube, unsere Debatte wäre sehr einseitig, wenn nicht auch ein Abgeordneter von Nordbaden zu dem Problem sprechen würde. Auch ich will versuchen, die Frage, die uns heute beschäftigt, losgelöst von Polemik zu behandeln. Ich glaube, daß in den letzten zwei Jahren, insbesondere im letzten Jahr, unendlich viel Unglück dadurch geschehen ist, daß man, obwohl unser Land besetzt ist, so viel gegenseitige Gehässigkeit gezeigt hat. Schande soll auf die fallen, die diesen Ton in die Auseinandersetzung hineingebracht haben!
    Wenn ich nun von Nordbaden aus zu dem Problem spreche, so will ich dabei nicht allzusehr in die Geschichte zurückgehen. Aber für den, der das badische Gefüge kennt, steht doch das eine fest, daß Baden, das vor 150 Jahren durch einen Willensakt Napoleons zustande gekommen ist, im letzten Grunde durch unser großherzogliches Haus zusammengehalten wurde. Nach 1918, als das groß-


    (Freudenberg)

    herzogliche Haus verschwunden war, sind die Spannungen im badischen Land niemals zur Ruhe gekommen. Nord- und Südbaden — ich brauche nur an die Spannungen Mannheim—Karlsruhe usw. zu denken — haben keine einheitliche Sprache gesprochen. So waren schon 1918 und danach nicht die Schlechtesten im badischen Land in Nord und Süd der Meinung, daß es zweckmäßig wäre, die Länder Baden und Württemberg zu einer Verwaltung zusammenzuführen. Lassen Sie uns doch nicht immer das bombastische Wort „Länder" gebrauchen, sondern lassen Sie uns doch bedenken, daß das, was wir in Deutschland suchen müssen, eigentlich eine vernünftige Verwaltungsorganisation unseres deutschen Gebietes ist!

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Die Stadt Pforzheim, auch das Bodenseegebiet, die
    Gebiete in Nordbaden, das Bauland, aber auch das
    Gebiet Mannheim, Heidelberg haben niemals Verständnis dafür gehabt, daß man eine Art badischer
    Irredenta aufzieht. Das ist erst eine Errungenschaft
    neuester Zeit, und ich glaube, die besten Badener
    schämen sich dessen; denn schließlich war es die
    Tradition Badens, daß wir immer in erster Linie
    Deutsche und erst in zweiter Linie Badener waren.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP.)

    Meine Damen und Herren, nach diesen Ausführungen darf ich nun auf einige Irrtümer hinweisen, die sich in die Darstellung des Kollegen Hilbert eingeschlichen haben. Herr Kollege Hilbert, es ist nicht richtig, daß die Zusammenfügung von Nordbaden und Nordwürttemberg nach 1945 ein Willensakt der Besatzungsmacht ist, sondern die erste Anregung, Nordbaden und Nordwürttemberg zu vereinigen, nachdem der Besatzungsstrich durch Württemberg-Baden gezogen worden ist, ist von dem damals verantwortlichen Leiter der nordbadischen Verwaltung ausgegangen, dem Professor Holl.
    Und nicht nur mit Herrn Professor Holl, sondern auch mit anderen maßgebenden Leuten in Nordbaden, darunter auch mit mir, der ich damals Landrat und Bürgermeister in Nordbaden gewesen bin, hat die amerikanische Besatzungsmacht darüber gesprochen, was wir wollen. Ich kenne keine Stimme, die im Jahre 1945 auch nur einen Augenblick anders gedacht hätte, als daß es vernünftig wäre, Nordbaden und Nordwürttemberg zu einer Verwaltungseinheit zusammenzufügen.

    (Hört! Hört! bei der FDP.)

    Ich glaube, auch in Südbaden hat man im Grunde in der damaligen Zeit gar nicht anders gedacht; denn es ist doch bekannt, daß zwischen Südbaden und Südwürttemberg 1945/46 auch sehr lebhafte Unterhaltungen darüber im Gange waren, ob es nicht zweckmäßiger wäre, Südbaden und Südwürttemberg zu einer Verwaltungseinheit zusammenzuführen. Wenn aber die Württemberger in der damaligen Zeit nicht so schlechten Charakters waren, daß man sich in Südbaden mit ihnen zusammenfinden wollte, so verstehen wir in Nordbaden nicht, warum sie jetzt, zwei Jahre später, so furchtbar schlecht geworden sein sollten.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Die Zusammenlegung der Verwaltung von Südbaden und Südwürttemberg ist damals nicht zustande gekommen, und wir in Nordbaden machen uns Gedanken darüber. Ich glaube, daß sie deswegen nicht zustandegekommen ist, weil in Südbaden eine Linienrichtung von West nach Ost gesucht worden ist, während man in Südwürttemberg die Linie sehr stark von Süd nach Nord gesehen hat. Man wollte sich nicht von Stuttgart, von Nordwürttemberg lösen,

    (Sehr gut! bei der FDP)

    und ich glaube, man wäre in Südbaden klüger gewesen, wenn man sich an die Südnordrichtung gehalten und sich mit uns immer in Verbindung gehalten hätte. Es ist kein Zufall, daß der südbadische Landtag mit Einstimmigkeit seinen Staatspräsidenten Wohleb im Jahre 1948 beauftragt hat, die Verhandlungen mit dem ausschließlichen Ziel der Herbeiführung der Vereinigung

    (Abg. Hilbert: Stimmt ja nicht!) von Süd- und Nordbaden zu führen.


    (Abg. Hilbert: Ich 'habe die Entschließung hier!) — Sie haben auch zugestimmt!


    (Abg. Hilbert: Es stimmt gar nicht! Ich habe die Entschließung hier! — Gegenrufe rechts.)

    Der zweite Irrtum, der in die Zukunft weist und deswegen so ungeheuer ernst ist, ist der, daß man unter Hinweis auf irgendwelche Ziffern nun glaubt, das badische Land in seiner alten Form sei ein lebensfähiges Land und stark genug, um ein wirklicher Träger eines gesunden Föderalismus in Deutschland zu sein. Meine Damen und Herren; die Ziffern, die von Südbaden vorgelegt worden sind, hören beinahe sämtlich vor 1914 auf, also in der Zeit, als Baden kein Grenzland, sondern in andere deutsche Länder eingebettet war, weil damals Elsaß-Lothringen in deutscher Verwaltung war. Seit 1914 haben sich die Dinge aber zweimal grundsätzlich gewandelt. Nach 1918 ist es doch immer so gewesen, daß das badische Land in sich nicht mehr die Finanzkraft gehabt hat, die es vor 1914 hatte. Ich glaube daher, Herr Hilbert, daß Sie sich von Grund auf irren, wenn Sie glauben, daß Nordbaden heute noch die Finanzkraft hat, um in gleichem Maße die Verwaltung eines badischen Landes mitzutragen, wie das in früheren Jahrzehnten immer eine Selbstverständlichkeit gewesen ist. Ich weiß nicht, ob Sie oder andere Diskussionsredner schon darauf hingewiesen haben, daß von den Verwaltungskosten Nordbaden gut zwei Drittel getragen hat. Die Stadt Mannheim allein hat 35% des gesamten Gewerbesteueraufkommens des damaligen Landes Baden aufgebracht. Die Stadt Mannheim ist aber heute nicht mehr das, was sie gewesen ist; sie wird heute keinen höheren Prozentsatz mehr darstellen können als 15%.
    Und wie ist es denn seit 1945 in unserer Ehe mit den Nordwürttembergern gewesen? Was hat denn die Abstimmung ergeben? Es ist doch immerhin merkwürdig, daß trotz der unerhört scharfen Agitation — wer die Versammlung in Karlsruhe miterlebt hat, kann sich nur schämen, wie es damals zugegangen ist — alle Grenzbezirke mit Ausnahme von Karlsruhe, das seinen Landeshauptstadtkomplex hat, sich mit einer absoluten Majorität für das Zusammengehen und das Zusammenbleiben mit Württemberg bekannt haben.

    (Zuruf in der Mitte: Stimmt nicht! —Abg. Hilbert: Vergessen Sie nicht den Terror der Großindustrie! — Weitere Zurufe.)

    — Also, Herr Hilbert, — —

    (Abg. Hilbert: Sie dürfen das nicht vergessen!)

    — Der Terror der Großindustrie, Herr Hilbert, ist vielleicht doch etwas bescheidener als der starke Einfluß der Staatsverwaltung in Südbaden auf das Abstimmungsergebnis.

    (Lebhafte Zustimmung bei der FDP.)



    (Freudenberg)

    Im übrigen danke ich Ihnen, daß Sie mich so stark einschätzen.

    (Heiterkeit in der Mitte und rechts.)

    Warum ist es denn Südbaden in der ersten Zeit einigermaßen erträglich gegangen? Weil Südbaden zwei Steuereinnahmen hatte: die Tabaksteuern und die Zölle. Diese haben nahezu 30% des steuerlichen Aufkommens von Südbaden erbracht. Seitdem diese Steuerquellen auf den Bund übergegangen sind, sind in Südbaden die Verhältnisse außerordentlich ernst geworden. Sie sind auch in Südwürttemberg sehr ernst. Deswegen, Herr Dr. Seelos, können wir die Dinge nicht mehr allzulange treiben lassen; denn schließlich haben wir doch die Verantwortung dafür, daß in unserem Südwestraum nicht irgendein Unglück geschieht.
    Wie immer wir diese Dinge ansehen, möchte ich bitten, daß das Hohe Haus und seine Ausschüsse möglichst rasch an die Arbeit gehen.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Es scheint mir jetzt wirklich an der Zeit zu sein, daß dieser Froschmäusekrieg zu einem Ende kommt und daß wir uns dazu durchringen, mit einer vernünftigen Neugliederung Westdeutschlands bei uns im Südwesten den Anfang zu machen.
    Meine Damen und Herren, wo liegt denn der alte Streitpunkt, über den wir uns in den letzten zwei Jahren nicht einig geworden sind? Er liegt darin, daß wir in Nordbaden — ich betone ausdrücklich: wir in Nordbaden — uns dagegen gewehrt haben, daß man die Stimmen durch das ganze Land Baden durchzählt. Denn wir waren uns darüber im klaren, daß in Nordbaden das Zusammenfügen unserer Länder eine so große Selbstverständlichkeit ist, daß sehr viele da waren die sich einfach auf den Standpunkt gestellt haben: warum soll man denn über eine solche Selbstverständlichkeit eigentlich abstimmen? —, während es uns bei der Agitation, wie sie in Südbaden entfaltet worden ist, ganz klar war, daß dort mindestens der letzte Badener auf den Trab gebracht worden ist. Wir haben uns dagegen gewehrt, daß wir in Nordbaden von Südbaden majorisiert werden. Wir haben uns auch dagegen gewehrt, daß wir von Württemberg aus majorisiert werden sollten.
    Ich will in dem Zusammenhang sagen, daß auch wir — wie Sie, Herr Kiesinger, von Südwürttemberg —durchaus willens sind, einer Regelung zuzustimmen, die etwa in der Richtung gedacht sein kann, daß dann, wenn drei von den vier Landesbezirken sich für die Bildung des Südweststaates aussprechen, der Südweststaat gebildet ist. Man kann sogar darüber noch hinausgehen, Herr Hilbert, daß dann der Vierte, das Recht haben soll, sich zu entscheiden, ob er sich später anschließen will oder ob er das nicht will.

    (Abg. Hilbert: Vogel friß oder stirb!)

    — Herr Hilbert, ich glaube, diese Abstimmungsmethoden sind unendlich viel demokratischer als die Fassung Ihres Artikel 4, und ich bedauere, Herr von Brentano, daß Sie den Artikel 4 unterschrieben haben. Ich bin überzeugt, wenn Sie den genauen Wortlaut lesen, dann sind Sie der erste der den Antrag auf Abänderung stellt.

    (Abg. Dr. von Brentano: Ich habe ihn vorher gelesen, Herr Kollege Freudenberg!)

    — Herr von Brentano, ich kann mir nicht denken, daß Sie dem zustimmen können,

    (Abg. Dr. von Brentano: Doch!) daß für den einen Fall festgelegt wird, daß die Mehrheit der Abstimmenden entscheiden soll und daß in dem anderen Fall nur die an der Abstimmung Beteiligten — —(Abg. Hilbert: Herr Freudenberg, wir müssen

    doch auch was zum Aushandeln haben! —
    Heiterkeit.)
    — Herr Hilbert, das kommt mir ungefähr so vor

    (Zuruf von der FDP: Was kostet's denn?)

    wie das, was mir einmal ein neugebackener Minister' gesagt hat, ,der furchtbar bissige Reden gehalten hat. Es war in der nationalsozialistischen Zeit. Als ich dann zu ihm kam und mich mit ihm darüber auseinandersetzte, sagte er mir: Ja, Herr Freudenberg, das Volk will doch irgendwas haben.
    — Ich glaube, wir sollten uns mit einer solchen Leerlaufarbeit hier im Parlament nicht abgeben.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Wenn es aber wirklich dahin käme, daß das Land Baden in seiner alten Form wiedererstehen sollte, ja, meine Damen und Herren, abgesehen von seiner finanziellen Schwäche, die es als Grenzland hat, käme dann noch hinzu, daß weite Teile des badischen Landes sich gar nicht davon abhalten lassen werden, von dem Artikel 29 des Grundgesetzes Gebrauch zu machen.

    (Sehr gut! und Hört! Hört! bei der FDP.)

    Wir sind uns gar nicht darüber klar, ob sich nicht in dem Augenblick, in dem der Artikel 29 des Grundgesetzes in Kraft gesetzt wird — und daß er nicht in Kraft ist, ist ja lediglich eine Folge der Besetzung —, von Konstanz über den Schwarzwald rauf bis Wertheim manche Bezirke finden werden, die sagen, daß sie lieber zu den Nachbarländern stoßen würden.
    Ich glaube also, wir würden unserer badischen Heimat einen sehr schlechten Dienst erweisen, wenn wir jetzt versuchen würden, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Ich kann das Hohe Haus nur mit allem Nachdruck bitten, sich erstens dafür einzusetzen, daß diese Dinge jetzt rasch zu einem Ende kommen, und zweitens nicht zu vergessen, daß wir letzten Endes eine deutsche Lösung zu suchen haben.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Die in den beiden Gesetzentwürfen behandelte Frage der Bildung eines Südweststaates oder der Wiederherstellung der alten Länder hat in den letzten Jahren im südwestdeutschen Raum eine entscheidende Rolle gespielt. Bereits Ende vorigen Jahres wurde die südwestdeutsche Bevölkerung zu einem sogenannten Volksentscheid aufgerufen, in dem es sich für oder gegen die Bildung eines Südweststaates aussprechen sollte. Man hat damals in den davon betroffenen Ländern in der Propaganda, die dabei betrieben worden ist, einen ungeheuren Aufwand getrieben und dabei vergessen, die wahren Hintergründe dieser Südweststaatfrage überhaupt einmal aufzuzeigen.
    Die Bevölkerung selbst hat ihr Desinteresse an dieser Frage — darüber soll man sich nicht täuschen — sehr eindeutig dadurch zum Ausdruck gebracht, daß sie in ihrer übergroßen Mehrheit der Wahlurne ferngeblieben ist. So ist, wie bereits von einigen Rednern festgestellt wurde, in einigen


    (Kohl [Stuttgart] )

    Stimmkreisen nur eine Beteiligung von 41% erreicht worden. Wenn man die riesigen finanziellen Mittel berücksichtigt, die hierbei aufgewendet, die Demagogie und die Intrigen, die angewendet wurden — für oder gegen den Südweststaat —, so kann man wirklich sagen, daß die Kraft, die dafür vergeudet worden ist, einer besseren Sache würdig gewesen wäre.
    Man soll doch wirklich nicht versuchen, mit der Südweststaat-Frage eine so starke politische Propaganda zu entfesseln, als ginge es hierbei um das Schicksal Deutschlands. Die Grenzziehung im südwestdeutschen Raum erfolgte auf Befehl der Besatzungsmächte im Jahre 1945. Dabei wurden die alten Länder Württemberg und Baden in unsinniger Weise zerrissen. Die Besatzungsmächte dachten nicht daran, auf die politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammengehörigkeit Rücksicht zu nehmen, sondern dieses Staatsgebilde wurde gegen den Willen der dortigen Bevölkerung geschaffen, weil die Besatzungsmächte ihren militärischen Interessen Rechnung tragen wollten. Entscheidend für diese Grenzziehung war die Tatsache, daß die amerikanische Besatzungsmacht ein starkes Interesse an dem Rheinhafen Mannheim und darüber hinaus an der Autobahn Frankfurt—München hatte, während die Bestrebungen Frankreichs darauf abgestellt waren, Karlsruhe und Mannheim zu bekommen. Die Gegensätze wollten auch im alliierten Lager niemals ruhen.
    Die jetzigen 'Bestrebungen, einen Südweststaat zu schaffen, entspringen nach unserer festen Überzeugung viel mehr der politischen Konzeption der Alliierten als den Bedürfnissen der deutschen Bevölkerung.

    (Zuruf von der FDP: Nein! Nein!) Darüber können auch nicht die offiziellen Erklärungen hinwegtäuschen, die von alliierten Kreisen und deutschen Stellen abgegeben worden sind. Seit Jahren geht der Kampf um die Frage des Südweststaates. Ich hatte Gelegenheit, in einer Reihe von Monaten den Kampf um die SüdweststaatFrage in Württemberg-Baden persönlich zu erleben. Seit Jahren erklären aber auch wir Kommunisten — und wir haben das wiederholt im württembergbadischen Landtag zum Ausdruck gebracht —, daß mit der Bildung des Südweststaates irgendeine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der dortigen Bevölkerung in keiner Form in Erscheinung tritt.


    (Abg. Kalbfell: Na! Na!)

    — Das müßte nachgewiesen werden, Herr Kollege Kalbfell! — Dabei ist nicht uninteressant, daß bereits Staatsverträge abgeschlossen worden sind, die das Gegenteil von dem beweisen, was Sie zu bezweifeln wagen. Ich erinnere an den Staatsvertrag von Karlsruhe, der abgeschlossen worden ist und der wahrscheinlich auch durch die Annahme dieses Gesetzes keineswegs außer Kraft gesetzt wird. Dieser Staatsvertrag sieht vor, daß bei der Bildung des Südweststaates vorläufig einmal vier eigene Regierungsbezirke gebildet werden sollen: ein Regierungsbezirk für Nordbaden mit Karlsruhe, ein Regierungsbezirk für Südbaden mit Freiburg, ein Regierungsbezirk für Südwürttemberg mit Tübingen und ein Regierungsbezirk für Nordwürttemberg mit Ludwigsburg als Sitz der Bezirksregierung.

    (Abg. Kalbfell: Das ist noch gar nicht gesagt!) Als Krönung hätten wir dazu in Stuttgart die Regierung des Südweststaates.

    Schon seit Jahren — und hier wende ich mich an die FDP — wird gerade von Ihrer Partei bei jeder Gelegenheit die Frage der Verwaltungsreform propagandistisch herausgestellt.

    (Zuruf von der FDP: Jawohl!)

    Man zitiert besonders stark die württembergische Sparsamkeit, die als Grundlage für die Verwaltungsreform zu gelten habe, und man vertritt gerade von dieser Seite aus die Meinung, daß die Verwaltungsreform sich in erster Linie einmal um die vorhandenen Ministerien gruppieren müsse, deren Zahl man auf die der fünf klassischen Ministerien beschränken solle. Man sollte vermeiden, den in allen südwestdeutschen Ländern stark übersetzten Ministerien-Apparat noch zu vergrößern.

    (Zuruf von der FDP: Richtig!)

    Nun, wir haben die Tatsache zu verzeichnen — das dürfte auch von Ihrer Seite nicht abgestritten werden —, daß mit der Bildung des Südweststaates auf der Grundlage dieses noch bestehenden Staatsvertrages ein bürokratischer Apparat ins Leben gerufen wird, der zu einer ungeheuer starken Belastung der Bevölkerung dieses Kreises führen muß.

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Herr Kohl, lassen Sie" das doch ruhig unsere Sorge sein!)

    Nun gestatten Sie, Herr Kollege Mayer, noch ein Wort zu Ihrem Gesetzentwurf. In Ihrem Gesetzentwurf scheint mir ein gewisser Widerspruch vorhanden zu sein, der vor allen Dingen in § 2 zum Ausdruck kommt und der gegenüber der Fragestellung im vergangenen Jahr eigentlich insofern als etwas rückschrittlich anzusprechen ist, als man im vergangenen Jahr bei der Volksbefragung dem Volke wenigstens zwei Fragen vorlegte, während Sie in § 2 ganz konkret die Frage stellen: Sind Sie für oder gegen den Südweststaat? Dabei können Sie — und Sie sind ja die „Hüter der Demokratie" — nach meiner Auffassung von Demokratie nicht mehr reden,

    (Sehr richtig! bei der KPD)

    wenn Sie in einer solchen aggressiven Form das Volk einfach vor die Frage stellen: Wollen Sie oder wollen Sie nicht?

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Herr Kohl, nehmen Sie einen ostzonalen Wahlzettel! — Weiterer Zuruf von der FDP: Wir fragen aber wenigstens!)

    Das Volk wird sich für diese Fragestellung zu bedanken wissen.
    Hinzu kommt der § 3 Ihres Gesetzentwurfs,' der sehr konkret sagt: Wenn die Mehrheit des Volkes nicht damit einverstanden ist oder die Bildung des Südweststaates nicht wünscht, dann bleibt es bei dem alten Zustand; dann bleibt es bei einem Zustand — und das ist die Konsequenz, Herr Kollege Mayer —, der nach Ihrer Begründung und nach Ihrer Definition- unhaltbar ist, der auch nach unserer Meinung deshalb unhaltbar ist, weil dieses künstliche Ländergebilde im südwestdeutschen Raum auch staatsrechtlich gesehen eine Unmöglichkeit darstellt.

    (Zuruf von der FDP: Na also!)

    Ihr Gesetzentwurf scheint mir also in den entscheidenden §§ 2 und 3 etwas unlogisch zu sein; er kann uns deshalb in keiner Weise befriedigen.

    (Abg. Schoettle: Es ist aber schwer, eine Form zu finden, die Sie befriedigt. Das wird nie der Fall sein!)



    (Kohl [Stuttgart])

    — Ich werde nie zu Ihrer Zufriedenheit sprechen.

    (Abg. Schoettle: Genau das wollte ich auch gesagt haben!)

    Wenn Sie so sehr die Volksbefragung herausstellen, sollten Sie doch konsequent sein und sollten die entscheidenden Lebensfragen, die das Volk angehen, beispielsweise die Frage 'des Friedens oder die Frage der Beantwortung des Briefes von Grotewohl, dem Volk ebenso offen zur Entscheidung vorlegen.

    (Abg. Mayer [Stuttgart]: Das ist ein anderer Punkt!)

    — Das ist eine andere Frage, richtig; aber es ist
    für das Leben des Volkes eine entscheidende Frage.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Wir Kommunisten sind der Auffassung — das wollte ich zum Abschluß sagen —, daß die alten Lander Württemberg und Baden wiederhergestellt werden sollten und daß man über die Neuordnung im gesamtdeutschen Raum dann reden kann, wenn Sie einmal die Einheit Deutschlands hergestellt haben.

    (Bravo-Rufe bei .der KPD. — Abg. Mayer [Stuttgart]: Glückwunsch, Herr Staatspräsident, zum Zuwachs!)