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ID0110901300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 109. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Januar 1951 4109 109. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. Januar 1951. Wünsche des Präsidenten Dr. Ehlers für die Arbeit des Deutschen Bundestages im neuen Jahr 4111C Beglückwünschung und Würdigung des Abgeordneten und Bundeskanzlers Dr. Adenauer zum 75. Geburtstag 4111C Begrüßung des Abg. Dr. Köhler nach seiner Wiedergenesung 4111D Niederlegung des Bundestagsmandats durch den Abg. Dr. Baumgartner 4111D Eintritt des Abg. Fürsten zu OettingenWallerstein in den Bundestag 4111D Beitritt des Abg. Dr. Miessner als Mitglied zur Fraktion der FDP 4111D Geschäftliche Mitteilungen . 4112A, 4113B, 4152D Erkrankung des Abg. Etzel (Duisburg) und verantwortliche Arbeit der Bundestagsabgeordneten 4112B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz über die Vereinbarung über den Warenverkehr und das Protokoll vom 17. August 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Brasilien . . . . 4112C zum Dritten Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes 4112C zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 vom 23. Juni 1950 4112C Zum Gesetz zur Änderung und Ergänzung des D-Mark-Bilanzgesetzes 4112C zum Gesetz zur Änderung der Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts 4112C zum Gesetz zur Wiedererhebung der Beförderungsteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr und zur Änderung von Beförderungsteuersätzen . 4112C zum Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundespost 4112C zum Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs 4112C zum Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundesbahn 4112C zum Heimarbeitsgesetz 4112C zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" 4112C zum Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer von Anordnungen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft 4112D zur Zweiten Durchführungsverordnung zum ersten Teil des Soforthilfegesetzes 4112D zum Gesetz über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung 4112D zum Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes 4112D zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Nr. 1718 der Drucksachen) . 4112D zum Gesetz zur Verlängerung von Fristen auf dem Gebiet des Anwaltsrechts (Nr. 1716 der Drucksachen) 4112D zum Allgemeinen Eisenbahngesetz (Nr. 1717 der Drucksachen) 4112D zum Gesetz zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks 4113A zum Gesetz über das Allgemeine Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Soziale Sicherheit nebst vier Zusatzvereinbarungen und drei Protokollen . 4113A zum Gesetz betreffend die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutsch land und Frankreich über die Anwerbung von deutschen Arbeitskräften für Frankreich vom 10. Juli 1950 . . . 4113A zum Gesetz betreffend die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über Gastarbeitnehmer vom 10. Juli 1950 4113A zum Gesetz über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten . . . . 4113A zum Zweiten Gesetz zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) . . 4113A zum Gesetz über die Umstellung der Renten- und Pensionsrentenversicherungen nach der Währungsreform 4113A zum Gesetz über Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Unterbringung der unter Art. 131 GG fallenden Personen . . . 4113A Anfrage Nr. 129 der Abg. Spies, Loibl u. Gen. betr. Gesetzentwurf zur Besteuerung von Feuerzeugen und Zündsteinen (Nrn. 1489 und 1747 der Drucksachen) . . . . 4113A Anfrage Nr. 144 der Fraktion der KPD betr. Bundesversorgungsgesetz (Nrn. 1645 und 1725 der Drucksachen) - 4113B Anfrage Nr. 145 der Fraktion der KPD betr. Versteigerung von Möbeln durch das Besatzungskostenamt Offenbach (Nrn. 1661 und 1728 der Drucksachen) . . . . 4113B Anfrage Nr. 147 der Abg. Mensing u. Gen. betr. Importe mexikanischer Rindfleischkonserven (Nrn. 1706 und 1751 der Drucksachen) 4113B Zweiter Zwischenbericht des Haushaltsausschusses über die auf Grund des Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 vom 23. Juni 1950 beschlossenen Vorwegbewilligungen von Haushaltsmitteln (Nr. 1723 der Drucksachen) 4113B Änderung der Tagesordnung 4113C Beratung der Interpellation der Abg. Dr. Horlacher u. Gen. betr. Tagung des Verbandes der europäischen Landwirtschaft (CEA) (Nr. 1532 der Drucksachen) 4113C Dr. Horlacher (CSU), Interpellant . 4113D Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . . 4116D Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neugliederung der die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete (Nr. 821 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Antrags der Abg. Hilbert u. Gen. betr. Entwurf eines Gesetzes über die Neugliederung der die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete (Nr. 1752 der Drucksachen) 4113C, 4118C Hilbert (CDU), Antragsteller . . . . 4118D Mayer (Stuttgart) (FDP), Antragsteller 4122C Dr. Seelos (BP) 4125A Farke (DP) 4126D Kiesinger (CDU) 4126D Schoettle (SPD) 4127D Freudenberg (FDP-Hospitant) . . 4129D Kohl (Stuttgart) (KPD) 4131D Dr. Hamacher (Z) 4133A Dr. Jaeger (CSU) 4134B Ausschußüberweisung 4135C Erste Beratung des von der Fraktion der KPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Sofortmaßnahmen für die schaffende, lernende und arbeitslose Jugend (Nr. 1535 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (33. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zum Schutze der heimat- und berufslosen Jugend (Nrn. 1681, 572 der Drucksachen) 4135D, 4141A Paul (Düsseldorf) (KPD), Antragsteller 4135D Frau Ilk (FDP), Berichterstatterin 4138A Strauß (CSU) 4138C Frau Schanzenbach (SPD) 4138D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern . . . 4140C Erler (SPD) 4140D Beschlußfassung 4142A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung . . 4142B Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . 4142B Ausschußüberweisung 4143B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität in Amnestiefällen (Nr. 1732 der Drucksachen) 4143C' Dr. Arndt (SPD), Berichterstatter . 4143C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 4143D Dr. von Brentano (CDU) 4144A Ritzel (SPD) 4145B Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 4146D Dr. von Merkatz (DP) 4147A Gengler (CDU) . . 4147A Beschlußfassung 4147B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Hedler gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 31. Oktober 1950 (Nr. 1733 der Drucksachen) 4147B Gengler (CDU), Berichterstatter . . 4147B Beschlußfassung 4148D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität der Abg. Frau Thiele gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 2. Dezember 1950 (Nr. 1734 der Drucksachen) 4149A Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 4149A Paul (Düsseldorf) (KPD) 4150A Beschlußfassung 4150B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Wönner gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 18. Juni 1950 (Nr. 1735 der Drucksachen) 4150D Mende (FDP), Berichterstatter . . 4151A Beschlußfassung 4151D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Marx gemäß Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 4. Dezember 1950 (Nr. 1736 der Drucksachen) 4151D Muckermann (CDU), Berichterstatter 4151D Beschlußfassung 4152A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Brünen gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 27. Oktober 1950 (Nr. 1737 der Drucksachen) 4152A Muckermann (CDU), Berichterstatter 4152B Beschlußfassung 4152C Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1741 der Drucksachen) 4152C Margulies (FDP) 4152C Beschlußfassung 4152D Nächste Sitzung 4152D Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Zur Begründung des Antrags der FDP auf Drucksache Nr. 821 hat das Wort Herr Abgeordneter Mayer.
    Mayer (Stuttgart) (FDP), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst einen kleinen Irrtum unseres Kollegen Hilbert richtigstellen: Es handelt sich nicht um einen Gesetzentwurf Euler, sondern es handelt sich um einen Gesetzentwurf, den die württembergischen und badischen Mitglieder der FDP-Fraktion einmütig unterschrieben haben. Herr Hilbert muß sich also mit uns als der Fraktion und vornehmlich mit uns, den Württembergern und den Badenern, statt mit Herrn August Euler auseinandersetzen.
    Das Schicksal dieses unseres Initiativgesetzentwurfs ist irgendwie symptomatisch für das Schicksal der in ihm behandelten Frage. Unser Antrag blieb zehn Monate in der Schwebe. Die Frage der Neuordnung des deutschen Südwestens befindet sich seit Jahren in einem Schwebezustand, und die Bevölkerung befindet sich in einem Zustand,

    (Abg. Hilbert: Dank Ihnen!)

    der zwischen Hoffnung und Ärger schwankte und schwankt. Wir haben unseren Entwurf im März eingebracht, zu einem Zeitpunkt, als wir an den guten Willen aller Beteiligten für eine Lösung in unserem Sinne nicht mehr glauben konnten. Wir haben ihn zurückgestellt, als sich auf einmal wieder die Hoffnung und die Möglichkeit abzeichneten, auf dem Wege einer Volksbefragung zu einem Ergebnis zu kommen.
    Ich will zur Begründung unseres Gesetzentwurfs kein geschichtliches Kolleg halten. Ich danke Herrn Kollegen Hilbert dafür, daß er einiges aus dem geschichtlichen Werden der letzten fünf Jahre aufgezeigt hat. Einiges sieht allerdings aus unserer Sicht etwas anders aus, als er es dargestellt hat. Ich will meinerseits auch keine Neuauflage der Reden aus dem Abstimmungskampf hier veranstalten. In ihnen wurde so viel echtes und falsches Pathos und so viel Leidenschaft investiert, daß es mir fürs erste zu genügen scheint. Ich will versuchen, unseren Gesetzentwurf sachlich zu begründen, obwohl ich aus Stuttgart und deswegen in den Augen unseres Freundes Hilbert reichlich verdächtig bin.

    (Abg. Hilbert: Hinreichend verdächtig! Heiterkeit.)

    — Aber, lieber Herr Kollege Hilbert, ein Pfälzer, der sich nach einer langjährigen Tätigkeit in Baden freiwillig in die Tyrannei der Schwaben begeben hat, kann, glaube ich, wenigstens mit einigermaßen Sachkenntnis die Argumente beider Teile würdigen; er kann vielleicht auch in Kenntnis beider Länder die „tiefgreifenden Stammesunterschiede" erkennen. Er kann vielleicht aber auch die Notwendigkeit für eine Lösung in unserem Sinne besser erkennen als jemand, der in einer allzu engen, allzu starren landsmannschaftlichen Bindung befangen ist.
    Was geschah denn vor fünf Jahren im deutschen Südwesten? Dort haben die Besatzungsmächte, ohne das Volk zu fragen, irgend etwas veranstaltet.

    (Zurufe aus der Mitte.)

    — Jawohl. Aber es wiederholte sich doch letztlich 1945, nur mit negativen Vorzeichen, etwas, was sich in diesen Bezirken dort schon einmal abgespielt hatte. In diesen Bezirken hatte damals ein fremder Eroberer aus strategisch-politischen Gründen, nach den Interessen seines Volkes ausgerichtet,


    (Mayer [Stuttgart])

    Länder sehr willkürlich zusammengefügt, und 150 Jahre später haben andere Besatzungsmächte wiederum aus strategisch-politischen Gründen und wiederum entgegen den deutschen Interessen diese Länder unsinnig und sinnlos auseinandergerissen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Die Beendigung der widernatürlichen Aufspaltung wollen wir — so möchte ich wenigstens hoffen — alle. Die einen wollen sie auf dem Weg der Restitution der napoleonischen Länder, die andern, und zwar in diesem Fall die Mehrheit in Nordbaden, die Mehrheit in Nordwürttemberg und die Mehrheit in Württemberg-Hohenzollern, möchten die Revision im Sinne eines Zusammenschlusses des deutschen Südwestens zu einem den anderen Ländern in etwa gleichgewichtigen, sozial ausgeglichenen, wirtschaftlich gesunden und finanziell lebensfähigen deutschen Bundesland. Die Mehrheit in den drei Landesteilen will, daß— zum ersten Mal in der Geschichte der süddeutschen Länder — die deutschen Interessen und der deutsche Wille für die Formgebung und Gestaltung dieser deutschen Länder maßgebend sind; und dieser Teil

    (Abg. Hilbert: Wollen Sie damit sagen, daß die Badener keine guten Deutschen sind? — Gegenrufe rechts)

    wartet seit fünf Jahren auf diese Lösung. Wir haben zunächst auf Beschlüsse der Ministerpräsidenten unserer Länder, der Ministerpräsidenten der deutschen Länder, gewartet, die damals auf dem Rittersturz ihre historische Aufgabe, ihre historische Möglichkeit entweder nicht gesehen haben oder sie nicht haben sehen wollen. Wir haben das Ergebnis der langjährigen Verhandlungen abgewartet, die unsere Länderregierungen zweieinhalb Jahre hindurch führten. Das Ergebnis hat Kollege Hilbert bereits festgestellt. Ich will jetzt nicht den Versuch machen, die Schuld festzustellen. Letztlich war es so, daß immer zwei gezogen haben und einer gehalten hat.

    (Heiterkeit.)

    Auch die Volksabstimmung, das Referendum, hat keine Entscheidung gebracht; mindestens haben es die Regierungen nicht zuwege gebracht, die vom Volk gewollte, die vom Volk gefällte Entscheidung einheitlich auszudeuten. Südbaden deutet sie aus als den Willen des Volkes auf die Wiederherstellung der alten Länder. Die anderen, einschließlich Nordbaden, deuten das Ergebnis der Volksabstimmung als ein Bekenntnis zum Südweststaat.
    Fest steht nur das eine, daß die Länder gemäß Art. 118 des Grundgesetzes erklärt haben, daß sie nicht einig geworden sind. Damit steht fest, daß die Initiative auf den Bund übergegangen ist. Wir hier, der Deutsche Bundestag, müssen dieser Anforderung genügen. Dabei müssen wir einige Tatsachen, die der Herr Kollege Hilbert, glaube ich, vergessen hat, beachten, etwa die, daß die Gespräche um die Vereinigung der beiden südwestdeutschen Länder nicht erst nach 1945 begonnen haben, sondern daß man sich nach 1918 sehr ernsthaft und sehr intensiv auch über diese Frage unterhalten hat. Man muß etwa auch an die andere Tatsache denken, daß, ehe die beiden Nordhälften der Länder Württemberg und Baden 1945 von den Amerikanern zusammengeschlossen wurden, von nordbadischer Seite her, von den damals verantwortlichen Männern in Nordbaden an die Amerikaner bereits der Wille zu einem Zusammenschluß der Länder herangetragen worden war.

    (Abg. Hilbert: Ach woher!)

    — Vielleicht ist der Kollege Freudenberg nachher so freundlich und sagt Ihnen Näheres darüber'

    (Abg. Hilbert: Das ist kein Kronzeuge!)

    Im übrigen ist der Wille zur Zusammengehörigkeit der beiden Landesteile Nordwürttemberg und Nordbaden nicht nur durch die gemeinsam angenommene Verfassung bekräftigt, nicht nur durch die fünf Jahre lange, sehr erfolgreiche Zusammenarbeit — —

    (Abg. Hilbert: Unter welchem Druck! — Gegenrufe rechts.)

    — Ach, Druck! Herr Kollege Hilbert, lassen Sie sich doch nicht auslachen! — Sie ist auch in Nordbaden bestätigt worden durch die Volksabstimmung des letzten Herbstes. Im übrigen, Herr Kollege Hilbert, Sie haben vorhin schon angedeutet, man habe verfassungsrechtliche Bedenken vorgeschoben. Es ist aber so, daß es — ganz abgesehen von den wirtschaftlich-verwaltungsmäßigen Bildungen und Bindungen, die in den letzten fünf Jahren entstanden sind — ein Trugbild darstellt, wenn man der Bevölkerung etwa jetzt die Auffassung beibringen würde, daß durch eine Ablehnung des Südweststaates die alten Länder wiederhergestellt seien.

    (Abg. Hilbert: Selbstverständlich!)

    — So ist es nicht; denn inzwischen ist einiges geschehen. Eine neue Staatspersönlichkeit Nordwürttemberg-Nordbaden ist entstanden, mit der Sie sich irgendwie auseinandersetzen müssen.

    (Abg. Hilbert: Also bekennen Sie sich zur Besatzungsmaßnahme?)

    — Lieber Herr Hilbert, ich habe Sie auch nicht gefragt, ob Sie sich zu Napoleon bekennen!

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und SPD.)

    Dazwischen kamen die wiederholten Willensäußerungen der badischen und der württembergischen Städte und kamen die unzweideutigen Willensäußerungen der badischen und württembergischen Wirtschaftskreise und die unzweideutigen Willensäußerungen der Gewerkschaften, der einheitliche Wille der Parteien, der nur leider in Ihrer Partei nicht sehr einheitlich ist. Die anderen wollen alle das gleiche. Südwürttemberg hat nie einen Zweifel daran gelassen, wohin es will und was es will; und wenn ich mich recht erinnere, hat auch der Landtag von Südbaden vor etwa zwei Jahren seine Regierung beauftragt, Verhandlungen mit dem Ziele des Zusammenschlusses der südwestdeutschen Länder zu führen.
    Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf nicht, Herr Kollege Hilbert, wie Sie uns unterstellen, die Volksmeinung ausschalten. Wir wollen genau das Gegenteil. Wir wollen, daß der Volkswille endlich über die verschiedenen hemmenden Kräfte siegen kann.

    (Bravo! bei der FDP.)

    Wir entsprechen mit unserem Gesetzentwurf dem Willen des Volkes, und zwar auch dem Willen des überwiegenden Teiles des badischen Volkes.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Im übrigen hat der Herr Kollege Hilbert gemeint, daß unser Antrag ein Ausfluß zentralistischer Gesinnung sei. Ich will jetzt hier keine Debatte über Zentralismus - und Föderalismus entfesseln. Ich selbst bin nicht das, was Herr Hilbert einen Zentralisten nennt, ebenso dürfte auch der


    (Mayer [Stuttgart]):

    Herr Bundesfinanzminister Schäffer nicht das sein, was man einen Zentralisten nennt. Wenn wir nämlich noch etwas zur Begründung unseres Antrags gebraucht hätten, dann brauchten wir Sie nur auf das zu verweisen, was der Herr Bundesfinanzminister Schäffer vor wenigen Wochen hier ausgeführt hat, als er sagte, daß der deutsche Föderalismus nicht lebensfähig bleiben kann, wenn wir nicht zu einer Revision unserer Ländergrenzen und der Größe unserer Länder kommen, — aus finanziellen, aber auch aus politischen Gründen.
    Der Weg für diese Neuordnung ist im Grundgesetz gewiesen. Herr Kollege Hilbert hat in dankenswerter Weise den Passus zitiert. Entschuldigen Sie, daß ich Wert darauf- lege, ihn zu wiederholen; er ist für uns gültig, auch wenn er einstweilen durch die Besatzungsmächte für das gesamte Bundesgebiet noch suspendiert ist. Der Art. 29 des Grundgesetzes schreibt vor:
    Das Bundesgebiet ist unter Berücksichtigung der landsmannschaftlichen Verbundenheit, der geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und des sozialen Gefüges durch Bundesgesetz neu zu gliedern. Die Neugliederung soll Länder schaffen, die nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können.
    Sehr geehrter Herr Hollege Hilbert, jeder Satz und jedes Wort dieses Verfassungsartikels bestätigt die Richtigkeit unseres Wollens und den Sinn unseres Entwurfes und widerspricht Ihrem Entwurf. Ich bin sehr damit einverstanden, daß sie im Ausschuß miteinander behandelt werden. Ich bin auch sehr damit einverstanden, daß wir uns darüber Gedanken machen, wie man das Gute aus Ihrem und unserem Entwurf zusammenbringen kann. Ich habe dabei allerdings ein Bedenken. Wir hatten ja nur wenig Zeit, uns über Ihren sehr umfänglichen Entwurf zu orientieren, er ist vorhin erst verteilt worden; aber ich bin gerne bereit, alles zu prüfen. Ich bin deswegen skeptisch, weil Ihr Entwurf von dem Willen zum Nein und der unsere vom Willen zum Ja getragen ist. Dort werden die Grenzen einer Vereinigung beider Entwürfe liegen. Ich bin durchaus der Meinung, daß in unserem Entwurf vielleicht dieses oder jenes geändert werden kann. Ich habe vor allem den Willen — meine Freunde haben ihn wahrscheinlich grundsätzlich genau so —, daß nichts darin stehenbleibt, was je Veranlassung geben könnte, nachher zu behaupten, es sei ein Teil vom anderen Teil majorisiert worden. Wir verlangen aber auch Sicherung dagegen, daß der größere Teil des badischen Volkes, der nordbadische, vom kleineren Teil, dem südbadischen, durch Ausklügelung von irgendwelchen Auszählungsgeschichten majorisiert werden könnte.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Herr Kollege Hilbert, Sie haben uns vorhin die Lebensfähigkeit Badens zu beweisen und weiter zu beweisen geglaubt — ich weiß es, und meine politischen Freunde wissen es auch —, daß das Baden von vor 1945 etwas anderes war als das Südbaden von heute. Aber auch hier hat der Herr Kollege Freudenberg wahrscheinlich viel mehr zu sauen als ich. Ich will nur an einige Bundestagsdebatten der letzten Monate erinnern, etwa an den Versuch, Baden aus von uns anerkannten Gründen an der Berlin-Hilfe zu beteilig en. Ich erinnere Sie an die von Ihnen selbst sehr betonten Schwierigkeiten, die Südbaden mit seinem Aufbau hat; ich erinnere Sie an die Schwierigkeiten — die wir hier selbst festgestellt haben —, die Südbaden bei der Erfüllung seiner Bundespflicht bezüglich der Unterbringung der Flüchtlinge hat. Wir haben uns hier erst vor wenigen Wochen über 10 Millionen DM für die Stadt Kehl unterhalten. Herr Kollege Hilbert, die 10 Millionen für den Wiederaufbau der Stadt Kehl wären für den Etat eines Südweststaates eine Kleinigkeit.

    (Abg. Hilbert: 50 Millionen kostet das!)

    Herr Kollege Hilbert, wir möchten, daß alle Länder
    vom Wohlwollen der anderen unabhängig werden,
    weil wir uns nur so einen föderativen Aufbau eines
    Staates denken können. Wir möchten aber vor
    allem, daß deutsche Länder aus dem peinlichen
    Zwang befreit werden, sich weiterhin und noch
    öfter bei einer ausländischen Besatzungsmacht für
    Geldspenden zum Wiederaufbau etwa von Brücken
    oder Schulhäusern oder Städten zu bedanken.

    (Bravo! bei der FDP. — Abg. Dr. Oellers: Hört! Hört!)

    Wir denken auch nicht gering von der Geschichte der süddeutschen Länder. Ich bin als Pfälzer und als Adoptiv-Schwabe — wenn Sie so wollen — sehr stolz auf die Geschichte des deutschen Südens, wenn ich auch weiß, daß wir auf unsere Geschichte nicht so stolz sein dürfen wie etwa die bayerischen Kollegen auf die ihrige. Von der wissen wir nämlich aus authentischer Quelle schon seit längerem, daß Bayern bekanntlich bereits ein Kulturzentrum war, als diese „minderwertigen" Preußen da oben noch die Knochen der Missionare abgenagt haben.

    (Heiterkeit.)

    Unsere württembergische, unsere badische, unsere Geschichte dort unten im Süden ist nicht so alt, das gebe ich zu. Aber wir wissen von ihr, daß unsere südwestdeutsche Kultur älter ist als die Grenzen, die man nachher über das Gebiet dieser Kultur geworfen hat, daß unsere Dome in Freiburg und in Ulm und unsere alten Städte von Menschen gebaut worden sind, die von Baden und Württemberg überhaupt noch nichts gewußt haben.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Wir wissen, daß dort unten eine kulturelle und volkliche Einheit war, lange bevor Napoleon die Notwendigkeit spürte, in einem Falle eine Morgengabe an Stephanie Beauharnais zu konstruieren und im anderen Falle ein Benefiz oder Trinkgeld für den Verrat am deutschen Reich zusammenzubauen.
    Aber wir haben noch mehr Respekt vor der Aufgabe, die Zukunft sicherzustellen, die Zukunft unserer südwestdeutschen Länder und die Zukunft unseres gesamtdeutschen Vaterlandes; und die scheint uns in der Vereinsamung nicht gewährleistet, sie scheint uns nur in der Vereinigung gewährleistet. Meine Freunde haben hier vor mehr als einem Dreivierteljahr die Initiative ergriffen, weil sie mit uns der Meinung sind, daß es nicht eine badische Frage und nicht eine württembergische Frage zu lösen gilt, sondern daß das, was wir dort zu lösen haben, eine deutsche Aufgabe ist.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Meine Damen und Herren im Deutschen Bundestag: Lösen wir diese Aufgabe!

    (Beifall bei der FDP und SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich bin gebeten worden, bekanntzugeben, daß der wirtschaftspolitische Ausschuß um 16 Uhr 30 zusammentritt.


(Präsident Dr. Ehlers)

Im übrigen haben wir eine offenbar lebendige und interessante Aussprache vor uns. Es liegen bereits Wortmeldungen für 117 1/2 Minuten vor. — Zunächst der Abgeordnete Dr. Seelos.

(Abg. Erler: Als Sprecher für den bayerischen Regierungsbezirk Schwaben!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gebhard Seelos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bejahe durchaus das Schlußwort, das mein Vorredner geprägt hat: Es ist eine deutsche Aufgabe, eine glücklichere Länderregelung, eine Neuverteilung der Ländergebiete zu finden. Aber ich bedaure, daß diese Regelung trotz der jahrelangen Verhandlungen der drei betroffenen Länder nicht in einer direkten Fühlungnahme gelungen ist, sondern daß wir uns jetzt im Bundestag mit dieser Frage befassen müssen. Es ist auch viel zu spät zu einer Abstimmung gekommen, die sich aber doch mit Mehrheit für die Wiederschaffung des alten Landes oder Staates Baden ausgesprochen hat.
    Wenn man einen Föderalismus in Deutschland will — und den will ja die Bonner Verfassung —, dann muß man auch Länder wollen, die organisch gewachsen sind und die in einer sicheren einzelstaatlichen Tradition ruhen. Da sowohl Baden wie Württemberg — das hat uns der Einbringer des CDU-Gesetzentwurfes eindeutig dargelegt — wirtschaftlich durchaus immer konsolidiert waren,

    (Zuruf von der SPD: Sie vergessen Hohenzollern!)

    so sollte man jedenfalls das Volk, wie es der CDU-Entwurf vorsieht, durch eine Abstimmung entscheiden lassen, welchen Weg es wünscht. Wir sind deshalb gewillt, für den CDU-Entwurf zu stimmen und nicht etwa diese undemokratische Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes zu billigen, wie es der FDP-Entwurf vorsieht.

    (Zuruf rechts: Jedes Dorf für sich abstimmen lassen!)

    Wir kommen damit überhaupt zu der grundsätzlichen Frage der Neugliederung des Bundesgebiets, die nicht bloß von den Zentralisten, sondern noch viel starker von den echten, vernünftigen Föderalisten als notwendig erkannt worden ist, um überhaupt die Idee und den Sinn des Föderalismus zu erhalten. Die Alliierten haben mit der Schaffung des Bundes nicht bloß einen deutschen Torso hingestellt, sondern sie haben diesen Torso schon in der ersten Phase mit den schwierigsten, fast nicht lösbaren Aufgaben belastet, wie Lastenausgleich, Flüchtlingsfrage, und schließlich vor allem mit der Neugliederung des Bundesgebiets. Wenn man die Neugliederung des Bundesgebiets als eine partikularistische Auseinandersetzung oder als einen Interessenkonflikt zwischen benachbarten Gebietskörperschaften ansieht, dann wird diese Frage Jahre hindurch eine gesunde, echte, vernünftige Neuregelung verhindern und dem Gedanken des Föderalismus schwer schaden.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Meiner Ansicht nach ist es deshalb auch zu wenig, nur die Südweststaat-Frage vorwegnehmen zu wollen. Es ist vielmehr nötig, eine Gesamtlösung ins Auge zu fassen.
    Wenn Art. 118 geschaffen worden ist, um die Neugliederung des Südwestgebietes vorwegzunehmen, so geschah das, weil man es in dem durch das Besatzungsstatut geschaffenen Zustande als besonders unnatürlich hielt und die willkürliche Zerschneidung von zwei historischen Ländern wie Baden und Württemberg abschaffen wollte und weil man annahm, daß eine Verständigung zwischen den beteiligten Ländern unschwer zu erreichen wäre. Nachdem dies aber nicht der Fall ist und bald zwei Jahre vergangen sind, sollte auch der Art. 29, der eine Neugliederung des gesamten Bundesgebietes drei Jahre nach der Verkündung des Grundgesetzes vorsieht, durchgeführt werden, wenn auch zur Zeit seine Anwendung noch durch die Besatzungsmächte ausgesetzt ist.
    Der neue deutsche Staat ist auf dem föderalistischen Grundsatz aufgebaut. Der Föderalismus der Bonner Verfassung hat dadurch eine schwere Belastung erfahren, daß durch die laufenden Einwirkungen der Alliierten auf die Arbeiten des Parlamentarischen Rats und den hierbei zum Ausdruck gekommenen Wunsch nach einem weitgehend föderalistischen Aufbau der Verfassung der Anschein erweckt worden ist, als ob der Föderalismus eine Forderung der Besatzungsmächte und nicht vor allem auch ein eigener deutscher Wunsch wäre. Wie echt aber der föderalistische Wille in Süddeutschland immer noch zur Zeit der Abstimmung war, geht daraus hervor, daß die Bonner Verfassung vom bayerischen Landtag, dem damals die Bayernpartei noch nicht angehörte, ohne jede alliierte Einwirkung als zu wenig föderalistisch abgelehnt worden ist und daß sich auch in WürttembergHohenzollern und in Baden starke Minderheiten dagegen gefunden haben, die bei einer noch weniger föderalistischen Gestaltung der Bonner Verfassung zu Mehrheiten geworden wären und damit die Bonner Verfassung überhaupt gefährdet hätten. Wenn die Alliierten nun solchen Wert auf eine föderalistische Gestaltung dieses neuen Deutschlands legten, so taten sie es keineswegs aus Liebe zum Föderalismus, sondern um eine etwaige Machtzusammenballung eines zentralistischen Deutschlands unmöglich zu machen. Trotz dieser Absicht haben sie nichts getan, um den föderalistischen Aufbau des Bundes wirklich lebensfähig zu machen; denn ein Bund kann nur dann leben, wenn er von gesunden Gliedstaaten bzw. Ländern getragen wird, wenn sie, wie es in der Verfassung heißt, nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirklich erfüllen können.

    (Zustimmung rechts.)

    Ich nenne gerade die Flüchtlingsfrage, in der die Länder gezwungen sind, besonders beim Flüchtlingsausgleich, die Zentrale als Instanz anzurufen, da eine Ländervereinbarung an dem Egoismus mancher Länder scheitert.
    Die Alliierten haben aber auch so künstliche Ländergebilde geschaffen, daß sie niemals ein dauerndes Fundament für einen wahrhaft föderalistischen Bund sein können. Die Grenzen von Württemberg-Hohenzollern und Baden sind nach Norden hin durch den Verlauf der Autobahn bestimmt worden. Hessen — Groß-Hessen damals — verdankt seine Existenz in der jetzigen Form einer Addierung all der alten Gebiete, die nach der Festlegung von Bayern und Württemberg-Baden in der amerikanischen Zone noch übrig geblieben sind.

    (Rufe bei der SPD: Na, na!)

    Bremen wurde nach monatelangem Streit, ob es zu Niedersachsen geschlagen oder ob es in seiner Eigenschaft als amerikanischer Hafen zum süddeutschen Staat befördert werden sollte, schließlich mit einer Ländereigenschaft beehrt. In der britischen Zone wollten die Engländer lange Zeit bekanntlich eine Zweiteilung vornehmen, um gegenüber Rheinland-Westfalen ein starkes Gegengewicht zu haben. Jedenfalls kann bei all diesen


    (Dr. Seelos)

    künstlichen Gebilden niemals von dem Vorhandensein eines Staatsgefühls gesprochen werden, das eben zu einem Staat gehört.
    Daß die Deutschen diese Ländereinteilung als Basis ihres Bundes so lange hingenommen haben, zeigt, wie sehr wir uns heute schon fürchten, Entscheidungen zu treffen, und wie phantasielos wir geworden sind. Wir sehen im Gegenteil jetzt schon überall in diesen Ländern, die oft nur fünf Jahre bestehen, Bestrebungen, diese Länderherrlichkeit wie ihr höchstes Gut, ihr Leben, zu verteidigen. In Wirklichkeit sind es aber Interessenbestrebungen, die für einen gesunden Föderalismus und einen gesunden föderalistischen Aufbau des Bundes nur verhängnisvoll sind. Niemals werden diese kleinen Länder in der Lage sein, die großen Nachkriegsaufgaben des Wiederaufbaues, der Eingliederung der Flüchtlinge, des horizontalen Finanzausgleichs zu lösen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Die Bayernpartei hat deshalb schon vor etwa drei Jahren die Idee vertreten, daß gemäß einer natürlichen Schwergewichtsverteilung der Bund in etwa fünf bis sechs Länder aufgeteilt werden müsse.

    (Zuruf rechts.)

    Wenn wir die Frage der Neugliederung nur so anfassen würden, als ob dieser oder jener Gebietsstreifen zu dem einen oder anderen Land kommen
    soll, dann werden wir hier viel schwerer zu einer
    Lösung kommen, als wenn wir wirklich großzügig
    und radikal an das Problem herangehen, und da
    sehe ich vor allem nur die eine Möglichkeit, daß die
    vier Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen,
    Bremen und Hamburg untereinander möglichst zu
    einer Lösung kommen, um eine Erleichterung —

    (Abg. Dr. Greve: Bleiben Sie doch nur im Südwesten, Herr Seelos! Was geht Sie unsere Ecke oben an?)

    — Diese ganze Frage muß man in der grundsätzlichen ersten Debatte mitbehandeln; denn man kann darüber sehr verschiedener Auffassung sein, ob man einen Teil vorwegnehmen soll oder ob man die Frage im Gesamten einmal regeln soll, um nicht die ganzen kommenden Jahre hindurch den Bundestag immer wieder damit zu befassen.

    (Abg. Dr. Greve: Was ist, wenn Bayern sich mit Schleswig-Holstein zusammentut? Was halten Sie davon? — Heiterkeit.)

    Eine Vorwegnahme der Neugliederung des Bundes nur im Südwesten würde auch eine starke politische Gewichtsverlagerung im Bundesrat bedeuten. Man muß diese Folge klar erkennen und sie offen aussprechen. Durch einen Zusammenschluß der drei Südweststaaten im Rahmen der jetzigen Bundesorganisation würde Süddeutschland fünf bis sechs Stimmen verlieren, je nachdem, ob dieser neue Staat die Einwohnerzahl von 6 Millionen erreicht oder nicht.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Man soll die Stimmen nicht zählen, sondern wägen, Herr Seelos!)

    Denn 15 1/5 Millionen in Süddeutschland mit neun bis zehn Stimmen im Bundesrat stehen also 25 Millionen Einwohner in Norddeutschland mit 20 Stimmen — das ist das Doppelte - gegenüber, wobei ich die Mittelländer Rheinland-Pfalz und Hessen mit acht Stimmen bei 7 Millionen Einwohnern hier nicht zähle.

    (Zurufe von der SPD: Deswegen also! — Da liegt der Hase im Pfeffer!)

    Das ist ein Grund! Die föderalistischen Kreise und, parteipolitisch gesehen, die föderalistischen Parteien würden durch den Ausfall der südbadischen und südwürttembergischen Stimmen einen sehr schweren Verlust erleiden.

    (Hört! Hört! und Aha! bei der SPD.)

    Man muß das aussprechen, denn die Konsequenzen nachher erst zu erkennen, ist falsch.

    (Abg. Dr. Greve: Die Katze ist aber blind, die Sie da aus dem Sack gelassen haben!)

    Eine Gesamtregelung der Territorialverteilung des Bundesgebietes erscheint nötig, um einen gesunden Föderalismus im Bund zu erhalten. Wenn es auch im Bund nur ein Land gibt, nämlich Bayern, wo es in ungezwungener und glücklicher Weise möglich ist, neben einem deutschen auch ein bayerisches Staatsgefühl zu haben,

    (Heiterkeit in der Mitte und links)

    so sollen doch wenigstens die anderen Länder in einer Weise geschaffen werden, daß sie politisch und wirtschaftlich ausgeglichenere Gebietskörper sind, als es bisher der Fall ist. Sonst sehe ich eine schwere Gefährdung des Föderalismus, der für Deutschland historisch richtig erscheint und der ein notwendiges Gegengewicht gegen die gleichmacherischen, undemokratischen, zentralistischen Bestrebungen darstellt.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]:: Fragt mal die Nürnberger, was sie meinen!)