Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus der Begründung, die zu der Demontageangelegenheit Töging gegeben wurde, hätte man beinahe den Schluß ableiten können, daß es eine sehr einfache Sache gewesen sei, den Demontagestop in Töging zu bewirken.
Um nun die Dinge irgendwie richtigzustellen, halte ich mich für verpflichtet, den Ablauf in etwa darzustellen. Dabei möchte ich von vornherein darauf hinweisen, daß es eines mehr als einjährigen heftigen Kampfes bedurft hat, um sich insoweit durchzusetzen, als es bis jetzt geschehen ist.
Ich lege besonderen Wert darauf, die Situation Tögings dem Hause darzulegen, weil Töging eine
Gemeinde ist, die noch im Jahre 1919 nur insgesamt rund 500 Einwohner gehabt hat, deren Leben und Sterben also vom Bestehen dieses Werkes abhängig war. Es ist bekannt, daß ursprünglich von einer Demontage der Aluminiumindustrie überhaupt nie die Rede war, daß es sich hier lediglich um ein Produktionsverbot gehandelt hat, das dann im Jahre 1948 aufgehoben worden ist, und zwar auch einschließlich des Ofenhauses III in Töging. Erst zum 1. Dezember 1949 kam völlig unerwartet der Demontagebefehl für das Ofenhaus III. Das ist besonders interessant, weil man die merkwürdigsten Begründungen für diesen Demontagebefehl gegeben hat. Man wies zum ersten darauf hin, daß Töging ja gar nicht in der Lage wäre, mit seinem Ofenhaus III zu arbeiten, weil die notwendige Energie nicht zur Verfügung stehe. Wir haben leider - es muß gesagt werden — noch nicht einmal ein gutes Argument gehabt, um dieser Behauptung entgegenzutreten. Töging hatte tatsächlich nicht eine ausreichende Energie, um das Ofenhaus III zu betreiben; aber es mußten doch auch irgendwie die politischen Hintergründe dieser Tatsache aufgezeigt werden. Diese lagen darin, daß Bayern nach 1945 eben nicht mehr die Energiemengen beziehen konnte, die früher aus Mitteldeutschland zur Verfügung standen; aber nicht nur das. sondern es war darüber hinaus noch gezwungen, Österreich in weitem Umfang mit zu versorgen.
Als das nicht zog. kam man mit der Begründung, daß das Ofenhaus III in Töging ja unrentabel sei, daß es sich gar nicht lohne, es weiter zu betreiben. Wir hatten „sehr viel" Verständnis für soviel „Fürsorge", die man uns da angedeihen lassen wollte. Wir hatten aber dafür wieder das gute Argument auf unserer Seite, daß Töging — das Ofenhaus III insbesondere — ja jene Aluminiumproduktionsstätte ist, die mit den niedrigsten Produktionskosten zu arbeiten in der Lage ist, wenn auch nur während acht Monaten im Jahr. Das war immer so, und das war zu keiner Zeit anders; denn Töging war grundsätzlich auf der Basis aufgebaut, daß es nur während der acht Monate die sonst überschüssig abfließenden Wassermengen aus den oberbayerischen Flüssen mit einem Strompreis von 1,2 Pfennig pro kWh verarbeiten sollte. Also auch dieser Einwand zog nicht. Wir waren um so erstaunter, als wir feststellten, daß zu einem späteren Termin — es war, wenn ich mich recht erinnere. im Februar dieses Jahres - die Hohe Kommission mitteilte, es sei sehr viel zweckmäßiger. statt 40 000 Tonnen Kupfer vom Ausland einzuführen einige zehntausend Tonnen Aluminium mehr zu produzieren, um es an Stelle des Kupfers zu verwenden.
Unsere Bemühungen, diese Demontage irgendwie zu stoppen, sind ohne Unterlaß weitergegangen. Ich bin gerne bereit, zuzugeben, daß es möglicherweise nicht gelungen wäre, die Demontage dort zu stoppen, wenn nicht die grundlegend veränderte weltpolitische Situation ihren Beitrag dazu geleistet hätte.
Dazu kam allerdings noch etwas anderes. Es war gerade noch der richtige Augenblick. Wären die Demontagearbeiten noch 14 Tage, äußerstenfalls noch drei Wochen fortgeführt worden, dann wäre es vergeblich gewesen, auch nur noch das geringste zu tun. Die Öfen sind ohnehin abgebaut. Es handelt sich darum, wenigstens die elektrischen Anlagen, die Transformatoren und die Gleichrichteranlage zu retten, um die Basis dafür zu erhalten, daß wenigstens innerhalb einer erträglichen Frist das Ofenhaus III in seinem ursprünglichen Zustand wiederhergestellt werden kann. Das ist für Töging
eine Lebensfrage und auch für die deutsche Aluminiumindustrie eine sehr wichtige Frage. Das Ofenhaus III produziert 7000 Jahrestonnen. Wir können selbst bei den gegebenen Verhältnissen die uns zugebilligten 75 000 Tonnen nicht ausschöpfen. Nur, 7000 Tonnen sind für uns wichtig, um den Bedarf zu decken.
Töging als Gemeinde, das in der Zwischenzeit, seit das Aluminiumwerk dort ist, von 500 auf mehr als 6000 Menschen angewachsen ist, schätzt sich glücklich, die Möglichkeit zu haben, auf diese Weise weitere 500 Leute in Töging zu beschäftigen; denn anderweitig können sie im Bezirk nicht untergebracht werden.
Ich muß, weil es viel zu weit führen .würde, darauf verzichten, alle einzelnen Vorstöße bei allen Instanzen darzulegen, die durchgeführt worden sind, um die Demontage des Ofenhauses III in Töging zur Einstellung zu bringen.
Zuletzt — und wir glauben, daß das einer der wichtigsten Vorstöße war — ist es uns gelungen, auch den CIO-Kongreß in Amerika für diese Töging-Demontagegeschichte zu interessieren und ihn zu veranlassen, auf Grund eines Kongreßbeschlusses ein entsprechendes Telegramm an Truman heranzubringen. Auf diese Weise, glauben wir, konnte in der letzten Minute diese Demontage noch gestoppt werden, nebenbei bemerkt, nicht gestern, sondern vorgestern vor acht Tagen.
— Es tut mir sehr leid, ich habe ihn auch hier. Aber wir wollen darüber nicht streiten.
Leider ist es nicht so, daß das Töginger Aluminium-Werk bereits wieder volles Verfügungsrecht erhalten hätte. Es ist nur der Demontagestop angeordnet. Das Verfügungsrecht ist noch nicht wieder zurückgegeben. Aber wir hoffen zuversichtlich, es wird möglich sein, auch das Verfügungsrecht in kürzester Zeit wiederzubekommen, damit mit dem Wiederaufbau begonnen werden kann. Dann würde es trotz der kritischen Versorgungssituation möglich sein, im Herbst 1951 im Töginger Ofenhaus III mit der Produktion zu beginnen. Ich hoffe zuversichtlich, daß das von uns noch zusätzlich Erwartete von den Hohen Kommissaren, von den Besatzungsmächten, sehr bald genehmigt wird, damit dort die Arbeit wieder aufgenommen werden kann.