Rede von
Anton
Sabel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst etwas über die Auswirkungen des gestellten Antrages sagen. Dieser Antrag würde beispielsweise in der Arbeitlosenversicherung dazu führen, daß ein Mehraufwand von etwa 180 Millionen DM erforderlich wäre. Im ersten Halbjahr, also im Sommerhalbjahr dieses Jahres, hat die Arbeitslosenversicherung 280 Millionen DM für Arbeitslosenunterstützung aufwenden müssen. Da man annehmen muß, daß im Winter diese Aufwendungen etwas höher liegen werden, kann man sie wohl mit 320 Millionen DM ansetzen. Das wäre ein Gesamtaufwand von 600 Millionen DM. 30 % davon wären 180 Millionen DM Mehraufwand.
Da, wie auch der Herr Abgeordnete Harig sagte, dann automatisch auch eine Erhöhung der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung Platz greifen müßte —
— Ja, Kurzarbeiter!
— Nein, es war eben in den Ausführungen von Herrn Abgeordneten Harig von der Arbeitslosenfürsorge die Rede.
— Doch, lesen Sie das Protokoll nach; dann werden Sie das feststellen. Es ist ja auch so, Sie können diese Dinge nicht voneinander trennen. Es ist klar, daß das zusammengehörige Dinge sind. Da haben wir folgende Situation: Im ersten Halbjahr dieses Jahres ein Aufwand von 425 Millionen DM. Würden wir auch hier im Winter etwas mehr ansetzen, kämen wir etwa auf einen Gesamtaufwand von 900 Millionen DM. Davon 30 %, ergibt einen Mehraufwand von 270 Millionen DM.
Ich glaube, es ist auch den Antragstellern bekannt, daß die Arbeitslosenversicherung wenigstens in dem größten Teil der Länder diese Mehrleistungen mit den vorhandenen Mitteln nicht erfüllen kann. Es müßte hier also praktisch eine Erhöhung der Beiträge eintreten, um diesen Mehraufwand leisten zu können. Bei den Mitteln für die Arbeitslosenfürsorge müßte der Antragsteller auch einmal verraten, woher diese 270 Millionen DM kommen sollen. Ich möchte nichts sagen über die sehr netten Deckungsvorschläge, die da gemacht werden und die zweifellos auch von den Antragstellern nicht ernst genommen werden.
Nun ist die Frage ernstlich zu prüfen: Was kann in bezug auf die Höhe der Arbeitslosenunterstützung, in bezug auf die Höhe der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung geschehen? Diese Unterstützungen sind ja von der Höhe des Lohnes abhängig, so daß also auch laufend eine Korrektur entsprechend den Löhnen, die im Augenblick gezahlt werden, erfolgt. Schwierigkeiten entstehen bei den langfristig Arbeitslosen. Da ist es oft so, daß die Unterstützungen aus einem Verdienst früherer Jahre errechnet worden sind, was unter Umständen dazu geführt hat, daß eine niedrige Unterstützung gezahlt wird. Wir hatten Ende August dieses Jahres bei den vorhandenen Arbeitslosen 31,5 %, die länger als 12 Monate arbeitslos waren. Es müßten Überlegungen angestellt werden, wie hier eine Anpassung der Arbeitslosenfürsorge erfolgen kann.
Nun ist nochmals die Frage zu prüfen: Ist der Vorschlag der KP durchführbar, ist er vernünftig? — Schon immer galt es als ein fester Grundsatz, daß zwischen Unterstützung und Lohn eine bestimmte Spanne sein muß, eine Spanne, die verhütet, daß der Arbeitswille unterminiert wird. Nun schlagen Sie vor, eine 30 %ige Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung durchzuführen. Ich darf Sie darauf hinweisen, daß nach dem AVAVG die Unterstützungshöhe bis zu 80 % des Lohnes geht. Nach § 107, den Sie ja geändert haben wollen, beträgt die Höchstunterstützung bei Verdiensten bis 42 DM 80 %. Nehmen Sie dazu 30 % Zuschlag, wie Sie wollen, dann kämen wir zu dem Ergebnis, daß in diesen Fällen 104 % des Lohnes gezahlt werden könnten. Ob das vernünftig ist, das überlasse ich Ihrer Beurteilung. Bei den übrigen mit einem Verdienst von über 42 DM könnte es dazu führen, daß — dort ist die Begrenzung auf 70 % festgelegt — der Unterstützungssatz mit den 30 % bis zu 91% des verdienten Lohnes erreichte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, solche Vorschläge kann man nicht als ernsthaft bezeichnen. Wir sind jedenfalls der Auffassung, daß diese Vorschläge keine geeignete Grundlage für eine Reform sein können. Wir bitten daher, den Vorschlag, der in Drucksache Nr. 1434 enthalten ist, ablehnen zu wollen.
Bezüglich des Antrages Drucksache Nr. 1470 verweise ich nur darauf, daß diese Frage ja durch die Beschlüsse der 103. Sitzung vom 16. 11. 1950 erledigt wurde. Da haben wir uns über die Frage der Winterhilfe unterhalten und haben entsprechende Beschlüsse im Bundestag gefaßt. Ich bitte, auch diesen Antrag ablehnen zu wollen.