Meine Damen und Herren! Die Interpellation der CDU und der Antrag dazu kommen aus den Erfahrungen des jetzt ablaufenden Baujahres. Diese Erfahrungen sind tatsächlich so, wie sie in dem Antrag und der Interpellation ihren Niederschlag gefunden haben. Aber ich glaube, daß noch ein geradezu aktueller Anlaß besteht, darauf hinzuweisen, daß sich tatsächlich eine Entwicklung anzubahnen scheint, die dahingeht, die Raumgrößen und damit die Wohnungsgrößen zu vermindern, um auf diese Weise zu möglichst billigen — ja, das sagt man irrtümlich — Baukosten zu kommen. In Wirklichkeit sind das erhöhte Baukosten. Wir haben als Mitglieder des Ausschusses des Bundestages vom Ministerium eine Mappe erhalten, in der eine Reihe von Beispielen mit Zeichnungen, mit Kostenberechnungen aus einer Reihe von Städten angegeben sind. Wenn ich mir diese Mappe ansehe und feststelle, daß bei diesen ganzen Beispielen nur zwei Städte verzeichnet sind, die bei ihren Wohnungstypen Wohnungen über 50 qm haben, dann ist das doch sehr bezeichnend.
Der allergrößte Teil liegt unter 50 qm. Bei den Musterbeispielen von Nordrhein-Westfalen, die ja als Muster für die „Besatzungs- oder Kasernenverdrängten" gelten sollen, sind bei 17 Wohnungstypen überhaupt nur 2 mit über 50 qm Wohnfläche.
Das Bild wird Ihnen sofort klar, wenn Sie dann in dieser Fülle von Wohnungstypen feststellen, daß die Größen der elterlichen Schlafzimmer sich zwischen 10,8 und 13,2 qm bewegen. Meine Damen und Herren, wenn man auf diese Weise eine Verbilligung des Wohnungsbaus erzielen will, dann ist Glas, glaube ich, der falsche Weg. Ich glaube, daß
wir dringendst darauf sehen müßten, nun bei der
nächstjährigen Zuteilung der Bundesmittel an die Länder zu verlangen, daß die Wohnungsgrößen des Bundeswohnungsbaugesetzes nicht unterschritten werden. Man kann da auch nicht mit einem neuen Begriff kommen, der sagt: Schlichtwohnungen. Das ist nach meinem Dafürhalten nicht möglich, denn man wird j a — das hat die Praxis auch schon bewiesen — kaum private oder genossenschaftliche Bauträger finden, die das ungeheure Risiko eingehen werden, das damit verbunden ist.
Meine Damen und Herren, woher kommt denn aber diese kolossale Diskrepanz in den Auffassungen? Woher kommt es, daß man jetzt beim Neubau auf diese Verminderung der Wohnungsgrößen kommen will? — Hätten wir in diesem Jahre den größeren Teil der Wohnungsbaumittel insgesamt mehr für den Wiederaufbau und weniger für den Neubau verwandt, dann wären automatisch dadurch, daß ja die Grundrisse im großen und ganzen bereits gegeben sind, beim Wiederaufbau größere Wohnungen geschaffen worden. Ich fürchte, wenn ich mir das Programm der Länder für das nächste Jahr ansehe, daß man da auch den Wiederaufbau zu sehr zugunsten eines Neubaus vernachlässigt. Wenn ich sage „Neubau", dann meine ich damit die mehrgeschossige Bauweise und nicht etwa die Eigenheime und Kleinsiedlungen.
Wie die Länderauffassungen da durcheinander gehen, ist geradezu interessant festzustellen aus der Aufstellung des Wohnungsbauprogramms. Während Bayern beispielsweise 42 000 Wohnungen im Wiederaufbau bauen will und nur 8 000 Neubauwohnungen, ist es bei Württemberg-Baden geradezu umgekehrt. Hier will man nur 8 000 Wiederaufbauten gegen 22 000 Neubauten machen. Das liegt zum Teil ja auch daran, daß in diesem Jahre die Wohnungsbaumittel zu sehr an die größeren Wohnungsbauunternehmen gegeben worden sind und daß dann diese Wohnungsbauunternehmen mit einem großen Programm zu den Kapitalsammelstellen hinkamen. Sie bekamen dann viel leichter als die privaten Leute, die j a in erster Linie den Wiederaufbau machen, ihre erststellige Beleihung, und dann konnten sie bauen.
So haben Sie in sehr vielen Städten der Bundesrepublik das Bild, daß in dem zerstörten Stadtkern fast nichts — mit Ausnahme der eingeschossigen Ladenbauten — gemacht worden ist, und daß die Neubauten sich mehrgeschossig im Kranz um diesen zerstörten Stadtkern herum ziehen.
Man überlegt nicht, daß Gas, Strom, Wasser ja
durch die zerstörten Straßen hindurchlaufen müssen bis draußen hin, wo sie abgenommen werden.
Meine Damen und Herren! Wir werden einen Teil des durch den Antrag Gewünschten automatisch erreichen, wenn wir die Aufbaumittel mehr für den Wiederaufbau einsetzen.
Zu dem Antrag der KPD ist lediglich zu sagen, daß er praktisch gar nicht durchzuführen ist. Sehen Sie bitte die Spezialprogramme an: in NordrheinWestfalen Arbeiterwohnungen, Stahlarbeiterwohnungen, die von vornherein nur für einen bestimmten Personenkreis vorgesehen sind. Wenn wir das annehmen wollten, dann würden wir — wie Herr Kollege Stierle mit Recht gesagt hat — eine große Finanzierungslücke haben, die gar nicht
zu schließen ist. Wir werden diesen Antrag ablehnen; wir werden den Antrag der CDU CSU annehmen und werden auch den Antrag des Zentrums annehmen.
Zu dem Problem der Beschlagnahme deutscher Wohnungen: Wir müssen unter allen Umständen dafür sorgen, daß die Leute, die seit 1945 aus ihren Wohnungen herausgeflogen sind, bevorzugt berücksichtigt werden. Es ist nicht länger vertretbar, daß diese Leute nicht wieder in ihre Wohnungen hineinkommen. Leider muß damit gerechnet werden, daß es nicht schnell geschieht; diese Hoffnung ist ja allmählich entschwunden.
Nur einen Satz will ich noch zu dem Besatzungswohnungsbau sagen Ich unterstreiche das, was der Kollege Lücke gesagt hat; aber es ist doch sowohl vom Standpunkt der Sicherheit wie vom Standpunkt des Zusammenarbeitens auf internationaler Basis wie auch vom sozialen und wirtschaftlichen Standpunkt aus ein Unfug, daß für eine belgische Division, die in den Raum Köln-Aachen gelegt werden soll, nicht weniger als 2 000 Wohnungen vorgesehen sind. Ich glaube, daß diese Division genau so wertvoll ist, wenn sie in Belgien liegt. Denn wahrscheinlich ist sie doch motorisiert, und in Belgien sind die erforderlichen Wohnungen höchstwahrscheinlich vorhanden. Man sollte uns nicht zwingen, für diese 2 000 Wohnungen 100 Millionen DM aufzubringen, wofür wir nicht 2 000, sondern 10 000 Wohnungen bauen können.