Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich in einer Reihe von Sitzungen eingehend mit dem Entwurf des Gesetzes über den Verkehr mit Milcherzeugnissen und Fetten befaßt; ferner hat der Wirtschaftspolitische Ausschuß des Hauses das Gesetz beraten. Ich darf auf die Erörterungen in diesem Hause anläßlich der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs sowie auf die Ihnen bekannte .gedruckte amtliche Begründung des Gesetzentwurfs Bezug nehmen und mich darauf beschränken, folgendes hervorzuheben.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß nach dem Wegfall der Zwangswirtschaft eine gesetzliche Regelung für den Verkehr mit Milch sowohl im Interesse des Erzeugers als auch im Interesse des Verbrauchers erforderlich ist, um die Qualität der Milch zu erhalten und zu steigern, unnötige Transportwege zu vermeiden und eine Rationalisierung und Leistungssteigerung der Betriebe zu fördern. Die Regelung der Trinkmilchmärkte ist also auch für den Verbraucher von erheblicher Bedeutung, da sie ihm eine gleichmäßige Belieferung mit Milch einwandfreier Qualität gewährleisten soll.
Daß zur Regelung der Trinkmilchmärkte Molkerei-Einzugsgebiete und Molkerei-Absatzgebiete vorhanden sein müssen, ist in Fachkreisen unbestritten. Zweifelhaft war nur, wie weit der Kreis der Erzeugnisse zu ziehen ist, die der Liefer- und Bezugspflicht der Milcherzeuger, der Molkereien und des Milchhandels unterliegen. Nach mehrfachen eingehenden Erörterungen hat sich der Ausschuß für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten entschlossen, dem Hohen Hause vorzuschlagen, daß die Regelung der Molkerei-Absatzgebiete sich auf Milch, Sahne, entrahmte Milch, Buttermilch und geschlagene Buttermilch erstrecken soll. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß wollte die Buttermilch aus dem Kreis der Erzeugnisse, die von der Regelung der Molkereiabsatzgebiete betroffen werden, streichen. Wir sind jedoch der Auffassung, daß nur eine umfassende Regelung für alle wichtigen flüssigen Milcherzeugnisse, zu denen die Buttermilch unzweifelhaft gehört, die gewünschte Ordnung auf dem Trinkmilchmarkt garantieren kann.
Hervorzuheben ist das Problem des sogenannten Ab-Hof-Verkaufs, d. h. des Verkaufs unmittelbar vom Bauernhof an den Verbraucher. Nicht nur aus marktordnenden, sondern insbesondere aus hygienischen Gründen soll der Ab-Hof-Verkauf auf Ausnahmen beschränkt bleiben, wie es § 1 Abs. 3 des Gesetzentwurfes vorsieht. Danach ist die Gestattung des Ab-Hof-Verkaufs in das Ermessen der zuständigen Landesbehörden gestellt. Die Fassung dieser Bestimmung entspricht der einhelligen Auffassung des Ernährungsausschusses. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß wollte den Ab-Hof-Verkauf grundsätzlich zulassen, „sofern die Versorgung hierdurch nicht gefährdet wird". Der Ernährungsausschuß bittet das Hohe Haus, seinem Vorschlag zu folgen und den Ab-Hof-Verkauf auf Ausnahmen zu beschränken, da sonst die gesamte Ordnung der Milchmärkte durchlöchert würde und erhebliche gesundheitliche Gefahren nicht auszuschließen wären.
Beide Ausschüsse haben sich in der Frage des Milchabsatzes im Straßenhandel zu der Auffassung bekannt, daß man zur Förderung eines gesunden Wettbewerbes und zur Steigerung des Milchverbrauchs mehreren Milchhändlern den Absatz von Milch und Milcherzeugnissen in einem sogenannten Milchhandelsbezirk — erforderlichenfalls unter Zusammenlegung oder Vergrößerung von Bezirken — übertragen soll. Diesem Gedanken trägt § 5 des Entwurfes Rechnung.
Hervorzuheben ist § 6 des Entwurfes, wonach die bisherigen Liefer- und Annahmebeziehungen zwischen Milcherzeuger und Molkereien und zwischen Molkereien und ihren Abnehmern bis zu einer anderweitigen Regelung bestehen bleiben.
Dagegen sieht der § 7 des Entwurfes die Möglichkeit von Änderungen dieser Liefer- und Annahmebeziehungen sowie von Ausnahmen hinsichtlich der Regelungen der Milcheinzugs- und Milchabsatzgebiete vor. Die Ihnen vorliegende Fassung ist nach eingehenden Beratungen zustande gekommen und soll die individuellen Rechte der Erzeuger, Milchhändler usw. nach Möglichkeit schützen, sofern eine Änderung oder Aufhebung „bei Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten" geboten erscheint.
Der Belieferung der Verbraucher mit hygienisch einwandfreier Milch sowie der Rationalisierung in der Milchwirtschaft dienen insbesondere die Bestimmungen über die Förderung und Erhaltung der Güte der Milch sowie die Ermächtigung des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, ein Gütezeichen für Milch und Milcherzeugnisse einzuführen (§ 20). Dem gleichen Zweck gilt § 9 a des Entwurfes, der den Fettgehalt der Milch behandelt.
Die bisher schon üblichen Ausgleichsmaßnahmen bei der Verwertung von Trinkmilch und Werkmilch, durch die insbesondere die großen und marktfernen Werkmilchgebiete an den wirtschaftlichen Ergebnissen der Trinkmilchverwertung beteiligt werden sollen, werden durch § 10 des Gesetzentwurfes geregelt. Beide Ausschüsse waren übereinstimmend der Auffassung, daß die Höhe der Ausgleichsabgaben zunächst landesrechtlich festgesetzt werden soll, soweit sie einen Dpf je Kilogramm abgesetzter Trinkmilch usw. nicht überschreitet, daß aber außerdem ein Betrag bis zu einem Dpf je Kilogramm abgesetzter Trinkmilch für den Bund erhoben werden kann, um auf diese Weise einen gerechten Ausgleich zwischen den Ländern herbeiführen zu können. Diese Ausgleichsmaßnahmen — einerseits zwischen Trinkmilch und Werkmilch und andererseits zwischen den Ländern des Bundes — sind für die Hebung unserer Milchwirtschaft und damit zugleich für die Förderung unserer Butter- und Käseerzeugung von besonderer Bedeutung. Zu betonen ist noch, daß die erhobenen Mittel nach dem Gesetzentwurf zweckgebunden sind, d. h. nur für den Ausgleich zwischen den Erträgnissen der Trinkmilch und der Werkmilch verwendet werden dürfen.
Für besondere Fälle sieht der Gesetzentwurf die Erhöhung der Ausgleichsabgabe des Landes auf mehr als einen Dpf je Kilogramm vor, jedoch ist hierzu die Zustimmung des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft erforderlich. Abweichend von der Auffassung des Ernährungsausschusses hat der Wirtschaftpolitische Ausschuß den Wunsch geäußert, daß bei der Festsetzung einer Ausgleichsabgabe des Landes über einen Dpf hinaus nicht der Bundesernährungsminister allein, sondern der Bundesernährungsminister und der Bundesminister für Wirtschaft entscheiden sollten. Eine Mitwirkung des Bundeswirtschaftsministers erscheint dem Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft jedoch nicht erforderlich, da es sich um einen inneren Ausgleich hinsichtlich der Milchverwertung handelt und Preisfragen nicht berührt werden.
Vorschriften über die Marktgemeinschaften, die sich in den Ländern aus den Organisationen der an der Milchwirtschaft beteiligten Wirtschaftskreise und der Verbraucher freiwillig bilden, geben der Wirtschaft selber die Möglichkeit, an der Milchwirtschaft maßgeblich mitzuarbeiten. Allerdings dürfen den Marktgemeinschaften hoheitliche Aufgaben nicht übertragen werden. Der § 11 des Gesetzentwurfes regelt im einzelnen die Voraussetzungen für die Anerkennung der Marktgemeinschaften sowie deren Tätigkeitsbereich.
Die gesamten bisher erwähnten Vorschriften des Gesetzes, die die Regelung der Milchmärkte zum Gegenstand haben, machen natürlich die Aufhebung des § 38 des Milchgesetzes vom Jahre 1930 notwendig; denn die jetzige Regelung soll auf freiwilliger Basis, soweit als möglich, durch die beteiligten Wirtschaftskreise durchgeführt werden, während § 38 von Zwangszusammenschlüssen ausgeht. Für marktordnende Zwangsmaßnahmen ist aber unter den heutigen wirtschaftspolitischen und staatsrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich kein Raum mehr.
§ 12 des Gesetzes sieht — nach dem Vorbild des Getreide- und Zuckergesetzes — die Errichtung einer Einfuhr- und Vorratsstelle für Fette als Anstalt des öffentlichen Rechts vor. Der § 12 enthält u. a. die Vorschriften über die Zusammensetzung des Verwaltungsrates, auf die ich hier im einzelnen wohl nicht einzugehen brauche.
Gegenstand sehr eingehender Überlegung war der § 13 des Gesetzentwurfes, der die Aufgaben der Einfuhr- und Vorratsstelle umreißt. Hier hat sich eine völlige Übereinstimmung zwischen dem Ernährungsausschuß und dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß nicht erzielen lassen. Der Ernährungsausschuß hat — über die Regierungsvorlage hinausgehend — die sogenannte Einfuhrschleuse für eingeführte Erzeugnisse über Butter und Schmalz hinaus auf Margarine, Kunstspeisefette und ähnliche Fertigerzeugnisse ausgedehnt, während der Wirtschaftspolitische Ausschuß Margarine, Kunstspeisefette usw. in der Weise berücksichtigen wollte, daß der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ermächtigt sein soll, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Einbeziehung dieser Erzeugnisse in die Einfuhrschleuse anzuordnen. Wir schlagen dem Hohen Hause vor, es bei dem Beschluß des Ernährungsausschusses, der einstimmig gefaßt wurde, zu belassen, weil es uns erforderlich erscheint, Margarine, Kunstspeisefette usw. von vornherein in die Einfuhrschleuse hineinzubeziehen, um die Einfuhren erforderlichenfalls hinsichtlich Umfang, Zeit und Preis beeinflussen zu können. Die Margarinerohstoffe, d. h. alle tierischen und pflanzlichen Öle und Fette, soweit sie nicht raffiniert und gehärtet sind, fallen nicht unter die Einfuhrschleuse und können daher eingeführt werden, ohne daß Beschränkungen durch die Vorrats- und Einfuhrstelle möglich sind.
Die Vorratshaltung kann je nach Marktlage unter Verwendung von im Haushalt bereitgestellten Mitteln auf alle Erzeugnisse der Milch-, Fett- und Eierwirtschaft erstreckt werden, wie es im § 13 Abs. 5 des Gesetzentwurfes vorgesehen ist. Die im Interesse der Versorgung notwendige Bevorratung von Eiern ist in dem vorliegenden Gesetzentwurf mit geregelt worden, da sie stets im Rahmen der gesamten Milch- und Fettwirtschaft durchgeführt worden ist und andere Einfuhr- und Vorratsstellen für eine solche Aufgabe nicht in Betracht kommen.
Die allgemeinen Bestimmungen des Gesetzentwurfes entsprechen im wesentlichen den gleichartigen Vorschriften des Getreidegesetzes und des Zuckergesetzes.
Hervorzuheben ist § 17 des Gesetzentwurfes, die Preisregelung. Danach können die Landesbehörden Erzeuger- und Verbraucherpreise für Milch sowie Verarbeitungs- und Handelsspannen nach bundesrechtlichen Richtlinien festsetzen; im übrigen entspricht die Preisregelung im wesentlichen den Vorschriften des Entwurfes eines Preisgesetzes und sieht darüber hinaus die Einführung von amtlichen Notierungskommissionen für Butter und Käse vor. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß schlägt zu § 17, Abs. 2 die Streichung der Bestimmung vor, nach der Preisvorschriften für Butter, Schmalz, Speisefette usw. vom Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft — an Stelle der Bundesregierung — erlassen werden können. Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hält es nach wie vor für zweckmäßig, daß an Stelle der Bundesregierung auch der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft solche Preise festsetzen kann, daß also die Federführung für die Preisfestsetzung bei diesen landwirtschaftlichen Erzeugnissen dem Bundesernährungsminister zufällt. Eine endgültige Klärung dieser Zuständigkeitsfrage mag dem dem Bundestag vorliegenden Preisgesetz vorbehalten bleiben.
Auf die einzelnen Vorschriften über Melde- und Auskunftspflicht usw. sowie auf die Strafbestimmungen glaube ich nicht eingehen zu müssen.
Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, daß die Ihnen vorliegende Drucksache Nr. 1696 über den Entwurf des Milch- und Fettgesetzes einiger redaktioneller Verbesserungen bedarf, die sich infolge der großen Eile, in der der Bericht fertiggestellt und gedruckt werden mußte, als erforderlich erwiesen haben. Es handelt sich um folgendes:
1. In § 9 a Abs. 1 ist hinter den Worten „der zum unmittelbaren Genuß bestimmten Milch" einzufügen „", da der Begriff Trinkmilch auch an anderer Stelle des Gesetzes verwendet wird.
2. Im § 10 Abs. 1 des Entwurfes muß noch auf den neuen Abs. 3 des § 10 Bezug genommen werden; es sind also hinter den Worten „aus den nach Abs. 2 erhobenen" die Worte einzufügen „oder den nach Abs. 3 zugeteilten".
3. § 10 Abs. 2 Satz 4, § 10 a, § 18 Abs. 3 und § 22 Abs. 4 enthalten insofern einen Schreibfehler, als es dort an Stelle der Worte „nach Landesrecht zuständigen Behörde" bzw. „nach Landesrecht zuständigen Behörden" richtig heißen muß „oberste Landesbehörde" bzw. „obersten Landesbehörden"; dies entspricht der allgemeinen Terminologie des Gesetzes.
4. Zwischen § 17 Abs. 2 und § 17 Abs. 3 des Entwurfes ist eine engere Verbindung herzustellen, um zum Ausdruck zu bringen, daß Preisnotierungskommissionen nur in Betracht kommen, wenn ein Molkereiabgabepreis für Butter nicht festgesetzt ist. Es wird daher vorgeschlagen, die einleitenden Worte des § 17 Abs. 3 wie folgt zu fassen:
Soweit Preise bei Abgabe durch die Molkereien nicht festgesetzt werden, kann der Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft durch Rechtsverordnung bestimmen, . . .
5. Im § 19 muß auch der neue § 10 Abs. 3 erwähnt werden, so daß es richtig heißen muß: Die Ausgleichsabgaben .. .
6. Schließlich sind — der jetzigen gesetzgeberischen Übung entsprechend — im § 28 Abs. 3 Ziffer 1 die Worte „des Reichspräsidenten" zu streichen.
Ich bitte das Hohe Haus, diesen redaktionellen Änderungen am Gesetzentwurf zuzustimmen.
Zusammenfassend möchte ich als Berichterstatter des Ernährungsausschusses dem Hohen Hause die Annahme des Gesetzentwurfs, der im Rahmen der Neuordnung der landwirtschaftlichen Märkte unsere Milch- und Fettwirtschaft zum Nutzen der Landwirtschaft, der Verbraucher und aller sonst Beteiligten ordnen soll, dringend empfehlen.
Ich darf dem Herrn Präsidenten die Abänderungsvorschläge überreichen.