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ID0110612600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 106. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950 3913 106. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 3914D, 3925C, 3937D, 3981D Unfall des Abg. Schmidt (Bayern) 3914D Beitritt der Abg. Dr. Dorls und Dr. Richter (Niedersachsen) als Gäste zur Fraktion der WAV 3915A Ordnungsruf des Präsidenten gegen den Abg. Mellies wegen eines Zurufs in der 105. Sitzung 3915A Stellungnahme des Deutschen Bundesrats zu den Gesetzen zur Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes 3915B Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes stehenden Personen vom 17. Mai 1950 3915B Änderung der Tagesordnung 3915B Interpellation der Abg. Dr. Edert, Frau Krahnstöver, Dr. Oellers, Wittenburg u. Gen. betr. Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus Schleswig-Holstein (Nr. 1512 der Drucksachen) in Verbindung mit der der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Nr. 1618 der Drucksachen) 3915C .Zur Sache: Dr. Edert (CDU-Hosp.), Interpellant 3915C Ekstrand (SPD), Antragsteller . . 3918A Dr. Bartram, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein 3919C Albertz, niedersächsischer Minister für Vertriebene 3920B Dr. Seelos (BP) 3921C Tichi (BHE) 3922C Farke (DP) 3923D Kuntscher (CDU) 3924B Renner (KPD) 3925D Clausen (SSW) 3927A Frommhold (DRP) 3928B Goetzendorff (DRP-Hosp.) 3928D Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 3929A Dr. Trischler (FDP) 3931A Reitzner (SPD) 3931B Brookmann (CDU) 3932C Wittmann (WAV) 3933C Persönliche Bemerkungen: Dr. Baumgartner (BP) 3935A Clausen (SSW) 3935C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen über die Gründung einer Europäischen Zahlungsunion vom 19. September 1950 (Nr. 1655 der Drucksachen) 3935D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3935D Blücher, Bundesminister für den Marshallplan 3936B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) (Nr. 1611 der Drucksachen) 3937D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes (Nr. 1654 der Drucksachen) 3938B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1634 der Drucksachen) 3939C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3939C Lausen (SPD) 3944C Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 3945C Neuburger (CDU) 3946D Eickhoff (DP) 3947C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Nr. 1680 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Belastung des Straßenverkehrs (Nr. 1588 der Drucksachen) 3947D Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3947D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3948A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts (Nr. 1674 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1698 der Drucksachen) . . . 3948B Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 3948B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedererhebung der Beförderungssteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr und zur Änderung von Beförderungsteuersätzen (Nrn. 1214, 1420 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1616 der Drucksachen) 3948D Junglas (CDU), Berichterstatter . 3948D Dr. Bertram (Z) 3949D, 3951B Rademacher (FDP) 3950B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3950D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Vorschußzahlungen auf das Bundesversorgungsgesetz (Nrn. 1699, 1646 der Drucksachen) 3952B Arndgen (CDU), Berichterstatter . 3952B, 3957C Frau Arnold (Z) 3953A Renner (KPD) 3953C Storch, Bundesminister für Arbeit 3955B Bazille (SPD) 3956B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Steuersatz für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten (Nrn. 1496, 455 der Drucksachen) 3958A Dr. Bertram (Z), Berichterstatter . 3958A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) u. Gen. betr. Notstandsgebiet Wilhelmshaven (Nrn. 1523, 584 der Drucksachen) 3958D Schoettle (SPD), Berichterstatter . 3958D Cramer (SPD) 3959B von Thadden (DRP) . . . . 3960D, 3963A Gundelach (KPD) 3961B Bahlburg (DP) 3961D Kuntscher (CDU) 3962B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Vorlage eines Gesetzes zur Beschäftigung und Fachausbildung der .schulentlassenen Jugend (Nrn. 1641, 900 der Drucksachen) . 3963B Blachstein (SPD), Berichterstatter 3963C Berlin (SPD) 3963D D. Mende (FDP) 3964C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Dotationen aus der Nazizeit (Nr. 1592 der Drucksachen) 3965A Dr. Reismann (Z), Antragsteller . 3965B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Nr. 1609 der Drucksachen) . . 3966B Frau Kalinke (DP), Antragstellerin . 3966B, 3971D Storch, Bundesminister für Arbeit . 3968C Degener (CDU) 3970A Richter (Frankfurt) 3970C Bericht des Untersuchungsausschusses Nr. 40 über den Antrag der Fraktion der BP betr. Überprüfung der bisherigen Einfuhren in das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in das Gebiet der Bundesrepublik (Nrn. 381 u. 1596 der Drucksachen) 3915B, 3973B Kriedemann (SPD), Berichterstatter . 3973B, 3977B Dr. Baumgartner (BP) 3974D Dr. Horlacher (CSU) 3979C Strauß (CSU) 3980A Lange (SPD) 3980C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1677 der Drucksachen) 3981C Nächste Sitzung 3981D Die Sitzung wird um 9 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Margot Kalinke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Im Rahmen der deutschen Sozialpolitik sind die Rentenversicherung und die deutsche Angestelltenversicherung ein Kernstück. Die Deutsche Partei hat deshalb schon einen ihrer ersten Anträge — er trägt die Nr. 44 — am 27. September 1949 zu diesem Thema gestellt und mit diesem Antrag die Wiedererrichtung bzw. die Wiederherstellung der Geschäftsfähigkeit der Angestelltenversicherung gefordert. Freiheit und Sicherheit sollten auch in der Sozialpolitik die Grundlage jeder Entwicklung sein. Für die in der Angestelltenversicherung versicherten Rentner ist diese Freiheit und Sicherheit durch die Gesetzgebung der Militärregierung und durch die Gesetzgebung des Magistrats der Stadt Berlin nicht mehr gewährleistet gewesen. 3,8 Millionen Angestellte und Handwerker sind in der deutschen Angestelltenversicherung versichert. Davon erhalten schon heute 400 000 Rentner, 300 000 Witwen und 140 000 Waisen Renten.
    Es ist Ihnen bekannt, daß die Angestelltenversicherung, deren Hauptgebäude und Verwaltung sich in Berlin befanden, durch einen Befehl der russischen Militärregierung nicht mehr geschäftsfähig war und daß durch die Anordnung des Magistrats von Berlin vom 14. Juli 1945 dieser Befehl fortbestand, daß die Versicherungsanstalt für Angestellte, deren Träger sich in Berlin befand, nun auch für das gesamte Gebiet des Bundes ihrer Geschäftsfähigkeit beraubt wurde. Das bedeutet aber, daß die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die frühere Reichsversicherungsanstalt, de jure noch besteht, daß sie dem Recht nach von keiner Stelle aufgelöst worden ist, da auch die Reichsversicherungsordnung und das Angestelltenversicherungsgesetz, die die Grundlagen für die Gesetzgebung sind, noch in Kraft sind und durch eine Verordnung des Magistrats der Stadt Berlin auch nicht aufgehoben werden konnten.
    Unser Antrag vom September vorigen Jahres ist im Ausschuß deshalb nicht zur Erledigung gekommen, weil die Bundesregierung, und zwar in diesem Falle das Bundesarbeitsministerium, uns gebeten hatte, die Erledigung bis zur Erstellung einer versicherungsmathematischen Bilanz zurückzustellen.

    (Zuruf von der SPD: Welchen Antrag meinen Sie denn?)

    — Ich meine den Antrag Nr. 44, Herr Richter.

    (Abg. Richter: Dieser Antrag ist ja schon längst erledigt!)

    — Es handelt sich um den Antrag zur Wiedererrichtung der Anstalt, und dieser Antrag ist nicht erledigt, weil die Anstalt nicht geschäftsfähig gemacht worden ist. Es ist außerdem der zweite Teil unseres Antrages auf Drucksache Nr. 44 nicht erledigt, in dem wir gefordert haben, die kriegsbedingte Treuhänderschaft der Landesversicherungsanstalten aufzuheben. Diese Aufhebung hat deshalb unter Schwierigkeiten gestanden, weil für die britische Zone eine treuhänderische Anordnung noch von der RfA ergangen war, weil aber in den übrigen Ländern Landesgesetze geschaffen waren, auf Grund deren die Geschäfte der Angestelltenversicherung durch die Landesversicherungsanstalten treuhänderisch wahrgenommen worden sind. Die Bundesregierung hätte also diese treuhänderischen Anweisungen durch Bestimmungen mit Gesetzeskraft inzwischen aufheben müssen.
    Die Behauptung, daß die mathematischen Grundlagen nicht vorhanden waren, entbehrt in der augenblicklichen Situation jeder Begründung, da auch dem Arbeitsministerium im Augenblick bekannt ist, daß die Vermutungen, die in der Öffentlichkeit so oft genährt wurden, die Angestelltenversicherung sei pleite oder sie sei mehr pleite als die Invalidenversicherung, nicht zutreffen. Es ist ja bekannt, daß die Angestelltenversicherung auch heute noch in der Lage ist, 79,7 % ihrer Leistungen aus Beiträgen zu decken, während die Invalidenversicherung nur 52,8 % ihrer Leistungen aus Bei-. trägen decken kann. Wenn man das verlorengegangene Vermögen der Angestelltenversicherung im Rahmen einer Regelung der Kriegsfolgelasten erstatten würde, würde die Angestelltenversicherung durchaus in der Lage sein, einen Überschuß von 6,4 % auszuweisen, während die Invalidenversicherung noch ein Minus von 21,4 % hätte. Soviel


    (Frau Kalinke)

    nur zu dem Argument, daß eine versicherungsmathematische Bilanz die Grundlage sein muß!
    Rechtlich ist aber inzwischen durch das Selbstverwaltungsgesetz, das von Bundestag und Bundesrat mit Mehrheit beschlossen wurde, auch die Geschäftsfähigkeit schon wiederhergestellt worden, indem nämlich die Einsetzung von Organen für die Angestelltenversicherung beschlossen worden ist. Diese Organe werden, wenn sie zusammengetreten sind, die alleinigen Träger der Selbstverwaltung und in der Lage sein, die Angestelltenversicherung wieder in ihre treuhänderische Verwaltung zu nehmen.
    Auf unsere verschiedenen Bitten an die Bundesregierung, die treuhänderische Verwaltung der Angestelltenversicherung in die Hände der Regierung zu legen und auch den Treuhänder in Berlin abzuberufen, hat uns der Herr Bundesminister für Arbeit mitgeteilt, daß er den Antrag bei den Hohen Kommissaren bereits seit Monaten gestellt hat, die Bundesregierung mit der treuhänderischen Verwaltung zu betrauen. Er hat mir aber gleichzeitig mitgeteilt, daß bei der treuhänderischen Verwaltung auch so etwas wie eine Kommission eingesetzt werden soll, bei der dann denjenigen Organisationen, die daran beteiligt sind, ein Auftrag gegeben werden soll.
    Meine Freunde und ich halten eine solche treuhänderische Kommission nicht mehr für notwendig, da durch das Selbstverwaltungsgesetz ja die Angestellten selbst durch ihre Organe wieder die Verwaltung ihrer Versicherung übernehmen können und das auch zweifelsohne tun werden.
    Was nun die Vermögensverwaltung der alten Sozialversicherungsträger angeht, so ist in diesem unserem Antrage zwar von allen Sozialversicherungsträgern gesprochen, die Vermögensverwaltung in Berlin betrifft aber, was die Höhe des Vermögens angeht, in der Hauptsache die Angestelltenversicherung. Daneben werden auch noch die Restvermögen der Krankenversicherung und der Unfallversicherung in Berlin durch einen Treuhänder, den die britische Militärregierung eingesetzt hat, verwaltet. Es ist bemerkenswert, daß dieser Treuhänder weder dem Bundesarbeitsministerium noch dem Verband der Rentenversicherungsträger im Bundesgebiet bisher eine Auskunft über die Vermögensverhältnisse gegeben hat.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Es ist außerdem bemerkenswert, daß deswegen die Grundlagen, wie sie das Arbeitsministerium über das Vermögen der Angestelltenversicherung erstellen kann, wahrscheinlich nicht vollständig sein können, da ihnen ein klarer Überblick über das Vermögen fehlt, das treuhänderisch verwaltet wird.
    Der Herr Arbeitsminister hat bei einer Gelegenheit gesagt, daß dieser Treuhänder eine Einnahme hat, die sicher weit über der unseres Bundespräsidenten liegt. Ich möchte dem beipflichten, halte das für möglich. Wir glauben aber, es ist nicht mehr an der Zeit, daß irgendeine militärische Dienststelle in einer Stadt darüber verfügen kann, was mit dem Vermögen von Sozialversicherungsträgern geschieht, das von allen deutschen Angestellten im ganzen Bundesgebiet aufgebracht worden ist und ihnen gehört, auch den Vertriebenen aus der Ostzone, die hier durch unsere Landesversicherungsanstalten jetzt treuhänderisch die Renten bekommen. Aus diesem Grunde fordern wir erneut, daß endlich die Regierung auch bei den Hohen Kommissaren alles tut, um die Erledigung ihres Antrages zu beschleunigen.
    Wenn wir mit unserem Antrag weiter Fragen gestellt haben, die die finanziellen Verhältnisse der Angestelltenversicherung betreffen, so deshalb, weil wir bisher leider auf unseren Antrag sowohl zum Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz wie zur Angestelltenversicherung noch kein klares Bild über die echten Verhältnisse in der Angestelltenversicherung und Invalidenversicherung bekommen haben. Die mir zur Verfügung stehenden Zahlen weisen ganz eindeutig aus, daß sowohl in der Invalidenversicherung wie in der Angestelltenversicherung zwar die Grundbeträge der Länder gezahlt worden sind, daß aber zweifelhaft ist, ob die Zahlung nach § 168 a AVG auch aus Mitteln der Länder erfolgt ist. Es ist außerdem zweifelhaft, ob das stimmt, was hier von der Tribüne des Hauses gesagt worden ist, daß die Invalidenversicherung weitgehend die Angestelltenversicherung finanziert hat. Es ist möglich, daß die Invalidenversicherung im Jahre 1945 vorübergehend in Vorlage getreten ist. Es steht aber auch fest — und das ist sehr bemerkenswert —, daß durch das Vorhandensein der treuhänderischen Verwaltung in den Landesversicherungsanstalten nur vier Landesversicherungsanstalten — und das sind diejenigen, die besonders unter der Flüchtlingsnot leiden, nämlich Schleswig- Holstein, Hannover, Oldenburg und Braunschweig nicht in der Lage waren, im Jahre 1949 Vermögensanlagen zu machen. Diese vier Landesversicherungsanstalten mußten Kredite aufnehmen, für die sie sehr hohe Zinsen zahlen. Dagegen haben die übrigen Landesversicherungsanstalten eine wesentliche, in die Millionen gehende Summe als Neuanlagen den Wohnungsbaugesellschaften, besonders dem sozialen Wohnungsbau, für einen viel geringeren Zinssatz zur Verfügung gestellt. Hätten wir eine einheitliche Anstalt für die Angestelltenversicherung gehabt, wäre der Lastenausgleich innerhalb dieser Angestelltenversicherung so gewesen, daß niemals höhere Zinsen ausgegeben worden wären. Der Lastenausgleich, der jetzt laut Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz zwischen den Landesversicherungsanstalten besteht, beschränkt sich nämlich nur auf die Rentenausgaben.
    Es ist außerdem wichtig und nicht uninteressant, daß der Verband der Rentenversicherungsträger sich restlos in Widerspruch zu der Tatsache gestellt hat, daß er zwar die Restanstalt der RfA in Berlin laufend in Anspruch genommen hat, daß er von ihr Auskünfte und Kontoauszüge angefordert hat, daß er sich aber andererseits in keiner Weise verpflichtet hat, das Zusammengehörigkeitsgefühl auch mit den Angestellten und Beamten der alten RfA nicht nur zu pflegen, sondern zu verteidigen. Es wird in der Geschichte der Sozialversicherung ein dunkler Fleck sein, daß der Betriebsrat der Angestelltenversicherung mir in zwei Fällen mit einem Hilfeschrei hier nach Bonn melden mußte, daß der Verband der Rentenversicherungsträger die Restanstalt in Berlin zu prüfen versucht hat, daß er versucht hat, die Gehälter und Löhne dort zu drücken, und daß der Betriebsrat mir schreiben mußte:
    Wenn wir auch Grobheiten und Mißverständnisse gewohnt sind, so möchten wir doch in diesem Fall mit aller Energie darauf hinweisen, daß wir, die Angestellten und Beamten der RfA, die heute noch hier tätig sind und die den Herren vom Verband deutscher Rentenversicherungsträger jetzt zu teuer werden, es waren, die unter der Drohung der sowjetischen Bajonette und der kommunistischen Politik das Eigentum der ver-


    (Frau Kalinke)

    sicherten Angestellten in der Reichsversicherungsanstalt gerettet und bis heute verwahrt haben.
    Es ist mir peinlich, daß ich so etwas hier von der Tribüne des Hauses sagen muß. Aber es ist zur Ehrenrettung jener aufrechten Männer und Frauen notwendig, die unter sehr turbulenten Verhältnissen in Berlin die Angestelltenversicherung verteidigt haben. Es ist für mich unverständlich, daß der Verband der Rentenversicherungsträger die dann später in einem Übereinkommen — er hat in Berlin ein Büro der Rentenversicherungsträger errichtet — zugesagte monatliche Unterstützung von 45 000 Mark für die Führung der für die britische, amerikanische und französische Zone arbeitenden Büros in Berlin nicht mehr überwiesen hat, so daß nach einem Bericht vom November heute schon ein Rückstand von über 300 000 DM angelaufen ist. Es ist außerdem in der Öffentlichkeit, in Zeitschriften und auch hier von der Tribüne des Hauses behauptet worden, daß das Vermögen der Sozialversicherungsträger und der Angestelltenversicherung im besonderen durch die britische Militärregierung oder andere Militärregierungen genommen sei. Das trifft bei weitem nicht zu. Ich besitze Auszüge, wonach die Konten sowohl bei der Deutschen Bank, Filiale Hannover, an die Niedersächsische Landesversicherungsanstalt als auch bei der Bayerischen Landeskulturrentenbank an die Landesversicherungsanstalt Oberbayern, Darlehensrückzahlungen der Bayernwerk A.-G. und viele Hypothekenbriefe und Effektenbestände den Landesversicherungsanstalten laufend übergeben worden sind. Seit einiger Zeit werden auch die Hypothekenbriefe und Effekten, die hier im Bundesgebiet von der Restanstalt in Berlin zur Einziehung gegeben werden, nicht der ) Restanstalt und der Vermögensverwaltung, sondern den Landesversicherungsanstalten zur Verfügung gestellt.

    (Abg. Neumann: Das ist auch richtig!)

    Wir hoffen, daß es uns nun bald möglich ist, über das Arbeitsministerium zu erfahren, wie die Abrechnung der Landesversicherungsanstalten wirklich aussieht, und wir hoffen, daß dieser Bericht dann erweist, daß nicht die Arbeiter mit ihren Groschen etwa die Renten für die Angestellten und Handwerker aufbringen mußten.
    Ich bedaure, daß bei dieser so wichtigen Materie die Redezeit auch für die Begründung so begrenzt ist.

    (Unruhe und Zurufe.)

    Der Herr Arbeitsminister hat die Forderung erhoben, daß die Kapitaldeckung in der Rentenversicherung, in der Angestellten- und Invalidenversicherung, die vordringlichste Aufgabe des neuen Jahres ist. Diese Kapitaldeckung, so wie sie heute laut einem Bericht in der „Welt" auch als Forderung des Bundesarbeitsministers veröffentlicht worden ist, muß nun wirklich die Grundlagen für die Wiederherstellung einer sicheren Angestelltenversicherung geben, in der Angestellte und Handwerker nach den Prinzipien der Freiheit wieder die Möglichkeit haben, über ihre eigene Versicherung in echter Selbstverantwortung zu bestimmen.

    (Beifall bei der DP und rechts.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich eröffne die Aussprache über den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei. Zunächst hat der Herr Bundesminister für Arbeit das Wort.

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    Rede von Anton Storch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich, daß es mir auf Grund des vorliegenden Antrages möglich ist, etwas über die Fragen der Rentenversicherungsträger sagen zu können. Ich verstehe Frau Kalinke nicht ganz, wenn sie sagt, es sei hier von diesem Pult aus die Behauptung aufgestellt worden, die Invalidenversicherung hätte in der Vergangenheit Gelder für die Rentenversicherung der Angestellten aufbringen müssen. Ich weiß wirklich nicht, wer zu einer derartigen Schlußfolgerung gekommen ist. Sie entspricht nicht der Wahrheit. Sie wissen, daß wir in der ersten Zeit nach dem Krieg durch das Recht, das die Besatzungsmächte aufgestellt haben, nicht mehr in der Lage waren, die Träger unserer Sozialversicherung, vor allen Dingen die Angestelltenversicherung, in der alten Form weiterarbeiten zu lassen. Sie war eine zentrale Organisation für das ganze frühere Reichsgebiet und hatte ihren Träger nicht im heutigen Bundesgebiet, sondern in Berlin. Sie war nicht in der Lage, ihre Aufgaben fortzuführen, und deshalb war es gar nicht anders möglich, als' daß man für die Übergangszeit bestimmte, daß die Träger der Invalidenversicherung auch die Belange der Angestelltenversicherung mit wahrzunehmen hatten. Dabei ist es doch, seitdem wir das Sozialversicherungsanpassungsgesetz in Frankfurt geschaffen haben, so daß wir die eingehenden Gelder für die beiden Sozialversicherungsträger getrennt verwalten lassen. Was vordem war, sollte man zwar geschichtlich gesehen sich noch einmal ansehen, eine wirkliche Bedeutung hat die ganze Sache nicht mehr.
    In Berlin hat man auf Grund der gegebenen Verhältnisse eine ganz andere Art der Versicherung für alle Menschen aufgebaut. Wir haben auf Grund des Besatzungsrechtes in der englischen Zone das Verhältnis gehabt, daß die Versicherungsträger gezwungen waren, die bei ihnen einlaufenden Beträge zur Abdeckung der alten Verpflichtungen gemeinschaftlich zu verwenden, und nur das darüber hinaus Notwendige mußte damals von den Ländern aufgebracht werden. Ich wäre Frau Kalinke wirklich sehr denkbar, wenn sie mir sagen würde, wo in der Zeit Gelder als Rücklagen von Landesverasicherungsanstalten geschaffen werden konnten. Mir ist von derartigen Rücklagen nichts bekannt; ich weiß nur. daß alle Landesversicherungsanstalten in der Zeit bis zum Sozialversicherungsanpassungsgesetz Zuschüsse von den Ländern bekommen mußten, um die Rentenverpflichtungen abzudecken.
    Wenn ich mir nun das jetzige Verhältnis ansehe, dann frage ich mich: Kommt es dem Versicherten darauf an, daß er einen Versicherungsträger in dieser oder jener Form bekommt. oder ist es wichtig, daß dem Versicherten seine Rechtsansprüche gewährleistet werden. Das Letztere scheint mir im jetzigen Moment das Notwendigste zu sein!

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    In welcher Intensität bei uns im Bundesarbeitsministerium an den Dingen gearbeitet wird, ist den sezialversicherungsinteressierten Mitgliedern dieses Hohen Hauses wohl bekannt. Ich habe vor einiger Zeit die Herren aus den Regierungsparteien gebeten, zu mir zu kommen, um ihnen im groben gesehen einen Überblick über den jetzigen Stand der Sozialversicherungsträger zu geben. Heute abend wollten die Herren von der Sozialdemokratischen Partei zu mir kommen. Sie werden wahrscheinlich morgen abend bei mir sein. Die Überblicke, die Sie


    (Bundesarbeitsminister Storch)

    dort bekommen, zeigen Ihnen, daß sich unsere Sozialversicherungsträger, soweit die Rentenversicherungen in Frage kommen, bestimmt in einer sehr ernsten Situation befinden.
    Ich habe hier schon mehrfach angedeutet, daß es vielleicht die größte Aufgabe der nächsten Zeit ist, daß die Bundesregierung und mit ihr das Hohe Haus durch geeignete Gesetze dafür sorgen, daß die Rentenversicherungsträger unserer Sozialversicherung finanziell gesichert werden. Neben der Angestelltenversicherung waren eine ganze Reihe von Berufgenossenschaften in Berlin ansässig, die ihr Tätigkeitsgebiet weit über die Grenzen Berlins hinaus hatten. Nach 1945 hat man in Berlin alle Versicherungsträger stillgelegt. Man hat ihnen die Fortsetzung ihrer Tätigkeit verboten und auch die Vermögen beschlagnahmt. Später ist man dazu übergegangen und hat von der englischen Besatzungsmacht in Berlin einen Treuhänder eingesetzt, der die vorhandene Vermögenssubstanz, auch soweit sie über das Gebiet der Stadt Berlin hinausging, zu verwalten hat. Als die Bundesregierung gebildet war, habe ich den Herrn Bundeskanzler veranlaßt, den englischen Hohen Kommissar zu bitten, man möge uns — der Bundesregierung — die treuhänderische Verwaltung dieser Vermögen übertragen. Das war angeblich nicht möglich. Man hat sich auf dem Petersberg auf den Standpunkt gestellt, das seien Berliner Angelegenheiten, und sagte, der Magistrat von Berlin sei damit nicht einverstanden. Darüber hinaus sagte man, daß die Arbeitgeber und Arbeitnehmer ebenfalls nicht damit einverstanden wären.
    Ich habe später den Herrn Bundeskanzler gebeten, in einer Eingabe an die Hohen Kommissare noch einmal auf die Notwendigkeit hinzuweisen, daß die Vermögensverwaltung der Sozialversicherungsträger in deutsche Hände übergeben werden müßte. Als ich vor 14 Tagen in Berlin war, habe ich über die Angelegenheit auch mit dem Herrn Oberbürgermeister Reuter und mit dem zuständigen Vertreter im Magistrat gesprochen. Sie waren mit mir hundertprozentig darüber einig, daß man diese Übertragung von seiten der Besatzungsmächte vornehmen müsse. Es handelt sich meines Erachtens um sehr große Wertsubstanzen, die dort verwaltet werden, und sie sind keinerlei deutscher Kontrolle unterstellt. Der Mann, der die treuhänderische Verwaltung hat, bekommt aus den Einnahmen 2% als persönliche Vergütung. Der Herr Oberbürgermeister von Berlin sagte, als ich mit ihm vor der Presse über diese Dinge sprach: „Hier handelt es sich um etwas, was man als einen Skandal bezeichnen kann", denn der führende Mann, der die Kontrolle ausübt, wird wahrscheinlich das Doppelte an Einnahmen haben, was er als Oberbürgermeister und ich als Minister zusammen an jährlichem Einkommen beziehen.
    Wenn man überhaupt dazu kommen will, eine ehrliche Sozialversicherungsbilanz aufzustellen, dann muß man die Möglichkeit haben, festzustellen, was von dem früheren Vermögen der Sozialversicherungsträger überhaupt noch vorhanden ist. Es handelt sich ja nicht allein um die Verwaltung der Gelder, die die Angestelltenversicherung oder die Invalidenversicherung in Berlin als Hypotheken herausgegeben haben. Es handelt sich auch darum, daß die in die GAGFAH und ähnliche Tochtergesellschaften der Sozialversicherungsträger gesteckten Vermögen einer geordneten Verwaltung unterstellt und die Nutznießung aus diesen Kapitalsubstanzen den Versicherungsträgern zugeleitet werden, die heute die Renten dieser Versicherungsträger bezahlen müssen.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Das ist meines Erachtens das Allerwichtigste.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Das ist aber in unserer Bundesrepublik der Fall, Herr Minister!)

    — Wir kennen gar nicht die Wertsubstanzen, die heute über die GAGFAH auch bei uns noch vorhanden sind.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Die Landesversicherungsanstalten kennen sie, Herr Minister!)

    — Na, ich versichere Ihnen, daß mir die Vertreter der.Landesversicherungsanstalten etwas anderes darüber sagen. Die Leute, die in Berlin in die Verwaltung etwas hineingesehen haben, sagen, es würden dort sehr groß e Teile einer Wertsubstanz verwaltet, die nicht in Berlin, sondern im Bundesgebiet oder in der russischen Zone lägen.

    (Abg. Richter [Frankfurt] : In der russischen Zone, ja!)

    Wir müssen uns darüber klar sein, daß derjenige, der die Verwaltung dieser Wertsubstanzen übernimmt, die Verpflichtung hat, für alle früheren Beteiligten auch den Teil sicherzustellen, der auf sie entfällt. Ich bin der Meinung, daß, nachdem nunmehr eine klare Erklärung des Berliner Magistrats und auch der Angestelltengewerkschaft auf dem Petersberg vorliegt, man sich entschließen muß, auf diesem Gebiet endlich Ordnung zu schaffen. Das ist nur möglich, indem man der Regierung, die von den Hohen Kommissaren bzw. von den westlichen Alliierten als die einzig wirklich demokratische Regierung des deutschen Volkes angesprochen wird, auch diese Dinge überträgt. Wir denken nicht daran — das möchte ich auch in diesem Hohen Hause sagen —, für die Verwaltung dieser Wertsubstanzen einen neuen bürokratischen Apparat aufzubauen. Ich kann mir vorstellen, daß man aus meinem Ministerium zwei Leute abkommandiert, die Beamte des Ministeriums bleiben und auch von uns ihr Gehalt bekommen, und daneben der Magistrat von Berlin einen seiner fähigsten Männer für diese Aufgabe zur Verfügung stellt und daß man, solange die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung noch nicht durchgeführt ist, auch den Arbeitgebern und den Gewerkschaften die Möglichkeit gibt, an der Verwaltung dieser Wertsubstanzen mitzuwirken. Es ist unerläßlich, diese Vermögen so bald wie möglich wieder ihrem ureigensten Zweck zuzuführen, nämlich den Versicherungsträgern, die wir heute als Nachfolger der früheren Versicherungsanstalten oder der Einrichtungen, die wir dort gehabt haben, anzusehen haben. Es ist ein unmögliche Zustand, daß wir heute aus den verschiedensten Gebieten Deutschlands Rentenverpflichtungen aus Beiträgen der bei uns Versicherten abdecken, die letzten Endes zum Teil noch in diesen Wertsubstanzen ihre Deckung finden können.
    Ich bin also der Meinung, wir sollten diese Frage jetzt nicht überstürzen. Wir sollten in diesem Hohen Hause in Verbindung mit meinem Ministerium die Voraussetzungen dafür schaffen, damit wir recht bald durch eine ausgiebige Gesetzgebung dafür sorgen können, daß unsere Sozialversicherungsträger gesund gestaltet werden, damit unsere arbeitenden Menschen darin wieder die Lebenssicherung für ihren Lebensabend sehen können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)