Rede von
Dr.
Erich
Mende
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Jugend wird das Parlament und die einzelnen Fraktionen des Parlaments nicht nach den Anträgen beurteilen, die hier gestellt werden, auch nicht nach den Daten, die die einzelnen Anträge tragen, sondern lediglich nach den praktischen Ergebnissen unserer Bemühungen hier im Hause, in der Regierung und draußen im Lande_ Ich glaube, es ist daher müßig, zu versuchen, hier einen Primat und eine Priorität der Initiative irgendwie herauszufinden. Ich glaube, die Fraktionen dieses Hauses — von einer abgesehen, und bei der ist ja die Qualifikation als Fraktion durchaus bestritten — sind sich einig in dem Bemühen, alles zu tun, damit das, was bisher in diesem Hause an theorethischen Erörterungen über das Jugendproblem geführt wurde, endlich realisiert werden kann.
Unser Antrag betreffs Schaffung von vermehrten Lehrstellen ist in einer Zeit geboren worden, als die Lehrstellennot besonders akut war. Wir hatten 750 000, also eine Dreiviertelmillion, Lehrstellensucher. Inzwischen ist gottlob eine Besserung eingetreten, insbesondere im Land Nordrhein-Westfalen. Wir können mit Freude feststellen, daß der Aufruf um vermehrte Schaffung von Lehrstellen, den die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände und die Spitzen von Staat und Parteien an die Öffentlichkeit gerichtet haben, einen großen Erfolg gezeitigt hat. Das ist wiederum ein Beweis dafür, daß der Appell an die Freiwilligkeit wesentlich effektiver werden kann, wenn er richtig durchgeführt wird, als irgendwelche Zwangs- und Planungsmaßnahmen. Wir wollen hoffen, daß dieser Appell, möglichst viel Lehrlinge freiwillig einzustellen, auch im kommenden Frühjahr, wenn die schulentlassenen Menschen in das Berufsleben eintreten wollen, Früchte tragen wird und daß dann die gleiche gute Zusammenarbeit zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden, den politischen Parteien und den Behörden auf Bundes- und Landesebene stattfindet, wie sie beim letzten gemeinsamen Aufruf zu beobachten war.
Wir dürfen bei der Lehrstellenfrage eines nicht vergessen: Wir haben bis zum Jahre 1955 eine Entlassung von zahlenmäßig starken Jahrgängen zu erwarten. Nachher tritt ein Vakuum ein. Daher ist es zweckmäßig, in dieser Zeit bis zum Jahre 1955 vermehrte Lehrstellen zu schaffen, vermehrte
Fachkräfte auszubilden, um nachher in den kommenden Jahren des Minderangebots an Lehrlingen und Fachkräften den Ausgleich zu haben.
Ich glaube, es ist nicht der Sinn des Berichts, heute in eine Grundsatzdebatte um das Jugendwerk einzutreten. Das Deutsche Jugendwerk wird ja in Kürze nach vielen Beratungen in einzelnen Verbänden und in Arbeitsgemeinschaften endlich verkündet werden. Wir sehen mit großer Genugtuung dem 18. Dezember entgegen, wo sich hier in Bonn unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten das Deutsche Jugendwerk konstituieren soll. Wir wollen hoffen, daß damit eine neue Periode praktischer Erfolge im Dienste der Jugend beginnt und daß die gute Zusammenarbeit aller Teile dieses Hauses f ü r die Jugend auch von der Jugend richtig gewürdigt wird.