Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß der Abgeordnete Cramer bereits mancherlei Dinge gesagt hat, die ich hier auf meinem Konzept stehen habe. Der Antrag des Haushaltsausschusses — ich möchte an das anknüpfen, was der Kollege Cramer sagte — geht an den Dingen, die in Wilhelmshaven auf der Tagesordnung stehen, wirklich vorbei. Es ist doch nicht damit getan, daß man für die Ausführung von Dachreparaturen, für einige Reparaturen an Kasernen sowie für die Reparatur eines Deiches und für die Reparatur einiger Dinge im Werftgelände Mittel zur Verfügung stellt, um dann zu erklären, daß damit der Antrag, in dem die Erklärung zum Notstandsgebiet gefordert wird, hinfällig wird. Selbstverständlich sind diese Maßnahmen, die mit diesen Mitteln durchgeführt werden können, dringend erforderlich. Sie führen aber nur dazu, daß einige Bauarbeiter kurzfristig Arbeit bekommen, daß aber eines nicht geschaffen wird, nämlich Dauerarbeitsplätze, und die fehlen in Wilhelmshaven. Die Werft, die dem ganzen Stadtleben ihren Stempel aufdrückte, ist zur Ankurbelung der russischen Friedenswirtschaft nach Rußland überführt wor-
den. Die Belegschaft von • ehemals 30 000 Mann konnte nur zu einem ganz geringen Teil in Nachfolgeindustrien untergebracht werden. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, daß die Pläne, Wilhelmshaven totzumachen, auch insofern realisiert wurden, als man dazu überging, das zweite Gleis der Reichsbahn, das nach Wilhelmshaven hinführte, abzuwracken. Halten Sie sich bitte vor Augen, daß in Wilhelmshaven Tausende von Menschen wohnen, die 500, 600, 700 ja bis zu 800 DM Mietrückstände haben, daß dort Tausende von Menschen sind, die sich seit der Währungsreform, wie mir einer sagte, nicht mehr anschaffen konnten als einen Schlips, einen Kragen oder ein Paar Strümpfe. Die Menschen sind seit 1945 arbeitslos. Was das für die Familien bedeutet, welche Familienzerrüttung es zur Folge hat, brauche ich nicht zu erläutern.
Das Schicksal von Wilhelmshaven, so wurde kürzlich auf einer großen Versammlung in Wilhelmshaven, auf der Kollege Cramer und ich sprachen, erklärt, entscheide sich hier in Bonn. Das Schicksal dieser Stadt kann sich nur dann zum Guten wenden, wenn das Parlament unserm Antrag, Wilhelmshaven zum Notstandsgebiet zu erklären, folgt. Es ist nicht allein damit getan, daß die Bundesregierung Wilhelmshaven Zusagen macht. Wir verlangen, daß die Bundesregierung den Auftrag vom Parlament in der entsprechenden Form erhält.
Meine Damen und Herren, obwohl ich als Antragsteller gehofft hatte, meinen Antrag etwas begründen zu können, ist meine Redezeit bereits abgelaufen, und ich muß mich auf das bisher Gesagte beschränken. Den Abänderungsantrag, den die Fraktion der SDP eingebracht hat, können wir nicht unterstützen. Wir verlangen vielmehr, daß, unabhängig davon, was der Haushaltsausschuß beschlossen hat, unser alter Antrag angenommen wird, nämlich Wilhelmshaven zum Notstandsgebiet zu erklären, damit die Regierung dann die Maßnahmen trifft, die sie treffen muß, wenn der Beschluß hier gefaßt ist.