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ID0110609400

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Metadaten
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    Vokabeln: 7
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    6. Abgeordnete: 1
    7. Bazille.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 106. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950 3913 106. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 3914D, 3925C, 3937D, 3981D Unfall des Abg. Schmidt (Bayern) 3914D Beitritt der Abg. Dr. Dorls und Dr. Richter (Niedersachsen) als Gäste zur Fraktion der WAV 3915A Ordnungsruf des Präsidenten gegen den Abg. Mellies wegen eines Zurufs in der 105. Sitzung 3915A Stellungnahme des Deutschen Bundesrats zu den Gesetzen zur Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes 3915B Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes stehenden Personen vom 17. Mai 1950 3915B Änderung der Tagesordnung 3915B Interpellation der Abg. Dr. Edert, Frau Krahnstöver, Dr. Oellers, Wittenburg u. Gen. betr. Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus Schleswig-Holstein (Nr. 1512 der Drucksachen) in Verbindung mit der der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Nr. 1618 der Drucksachen) 3915C .Zur Sache: Dr. Edert (CDU-Hosp.), Interpellant 3915C Ekstrand (SPD), Antragsteller . . 3918A Dr. Bartram, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein 3919C Albertz, niedersächsischer Minister für Vertriebene 3920B Dr. Seelos (BP) 3921C Tichi (BHE) 3922C Farke (DP) 3923D Kuntscher (CDU) 3924B Renner (KPD) 3925D Clausen (SSW) 3927A Frommhold (DRP) 3928B Goetzendorff (DRP-Hosp.) 3928D Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 3929A Dr. Trischler (FDP) 3931A Reitzner (SPD) 3931B Brookmann (CDU) 3932C Wittmann (WAV) 3933C Persönliche Bemerkungen: Dr. Baumgartner (BP) 3935A Clausen (SSW) 3935C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen über die Gründung einer Europäischen Zahlungsunion vom 19. September 1950 (Nr. 1655 der Drucksachen) 3935D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3935D Blücher, Bundesminister für den Marshallplan 3936B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) (Nr. 1611 der Drucksachen) 3937D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes (Nr. 1654 der Drucksachen) 3938B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1634 der Drucksachen) 3939C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3939C Lausen (SPD) 3944C Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 3945C Neuburger (CDU) 3946D Eickhoff (DP) 3947C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Nr. 1680 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Belastung des Straßenverkehrs (Nr. 1588 der Drucksachen) 3947D Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3947D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3948A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts (Nr. 1674 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1698 der Drucksachen) . . . 3948B Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 3948B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedererhebung der Beförderungssteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr und zur Änderung von Beförderungsteuersätzen (Nrn. 1214, 1420 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1616 der Drucksachen) 3948D Junglas (CDU), Berichterstatter . 3948D Dr. Bertram (Z) 3949D, 3951B Rademacher (FDP) 3950B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3950D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Vorschußzahlungen auf das Bundesversorgungsgesetz (Nrn. 1699, 1646 der Drucksachen) 3952B Arndgen (CDU), Berichterstatter . 3952B, 3957C Frau Arnold (Z) 3953A Renner (KPD) 3953C Storch, Bundesminister für Arbeit 3955B Bazille (SPD) 3956B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Steuersatz für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten (Nrn. 1496, 455 der Drucksachen) 3958A Dr. Bertram (Z), Berichterstatter . 3958A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) u. Gen. betr. Notstandsgebiet Wilhelmshaven (Nrn. 1523, 584 der Drucksachen) 3958D Schoettle (SPD), Berichterstatter . 3958D Cramer (SPD) 3959B von Thadden (DRP) . . . . 3960D, 3963A Gundelach (KPD) 3961B Bahlburg (DP) 3961D Kuntscher (CDU) 3962B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Vorlage eines Gesetzes zur Beschäftigung und Fachausbildung der .schulentlassenen Jugend (Nrn. 1641, 900 der Drucksachen) . 3963B Blachstein (SPD), Berichterstatter 3963C Berlin (SPD) 3963D D. Mende (FDP) 3964C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Dotationen aus der Nazizeit (Nr. 1592 der Drucksachen) 3965A Dr. Reismann (Z), Antragsteller . 3965B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Nr. 1609 der Drucksachen) . . 3966B Frau Kalinke (DP), Antragstellerin . 3966B, 3971D Storch, Bundesminister für Arbeit . 3968C Degener (CDU) 3970A Richter (Frankfurt) 3970C Bericht des Untersuchungsausschusses Nr. 40 über den Antrag der Fraktion der BP betr. Überprüfung der bisherigen Einfuhren in das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in das Gebiet der Bundesrepublik (Nrn. 381 u. 1596 der Drucksachen) 3915B, 3973B Kriedemann (SPD), Berichterstatter . 3973B, 3977B Dr. Baumgartner (BP) 3974D Dr. Horlacher (CSU) 3979C Strauß (CSU) 3980A Lange (SPD) 3980C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1677 der Drucksachen) 3981C Nächste Sitzung 3981D Die Sitzung wird um 9 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Anton Storch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut uns immer, wenn jemand wie der Herr Abgeordnete Renner mit einer derartigen Herzenswärme sich für die Kriegsbeschädigten einsetzt. Er ist ja auch sehr oft in der Ostzone, und ich wünschte nur, er würde dort einmal dieselben Forderungen für die Kriegsbeschädigten stellen.

    (Sehr richtig! und Bravo! rechts.)

    Ich glaube, es würde ihm dann sehr bald Gelegenheit gegeben sein, mit seinem Kollegen Müller zusammen zu sein.

    (Zuruf bei der KPD: Alte Walze!—Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Aber zur Sache selbst möchte ich noch folgendes sagen. Das Kriegsopferversorgungsgesetz ist am 27. 10. 1950 vom Bundesrat verabschiedet worden. Nehmen Sie an, daß die schriftliche Übermittlung der Beschlüsse des Bundesrats 5 oder 6 Tage später bei der Bundesregierung eingegangen ist, dann finden Sie, da$ für alle anderen Maßnahmen, die die Bundesregierung treffen mußte, im allerhöchsten Fall 3 Wochen zur Verfügung standen. Es ist nach der ganz klaren Erklärung, die der Herr Bundesfinanzminister vor der Verabschiedung des Gesetzes hier abgegeben hat, völlig unverständlich, wie man die Kriegsbeschädigten wieder in die Unruhe bringen konnte, als wenn die Bundesregierung nun in der einen oder anderen Form der Durchführung dieses Gesetzes Schwierigkeiten machen wollte. Die Dinge liegen genau umgekehrt. Der Herr Bundesfinanzminister hat sofort, nachdem dieses Hohe Haus das Gesetz verabschiedet hat, sich um die Deckungsvorlage gekümmert. Sie ist zum Bundesrat gegangen. Nach den Erklärungen, die nachher auch von den maßgeblichen Parteien dieses Hohen Hauses gegeben worden sind, lag kein Grund für die Bundesregierung vor, noch irgendwelche Schwierigkeiten zu machen.
    Wenn nun der Herr Abgeordnete Renner hier noch große Zahlenspiele aufführt und sagt, daß ja bei all diesen Fragen immer noch die alten Ziffern im Haushaltvoranschlag gestanden hätten, dann darf ich doch den Herrn Abgeordneten Renner darauf aufmerksam machen, daß das Haushaltsjahr des Bundes am 1. April beginnt. Für das erste halbe Jahr hatten wir also in den Haushalt das einzusetzen, was tatsächlich nach den alten Rechten an die Kriegsbeschädigten zu zahlen war, und wir hatten nur für das zweite Halbjahr die erhöhten Beträge einzusetzen. Im Haushalt des Bundes ist für die Durchführung der Kriegsheschädigtenrenten ein Betrag von 2,6 Milliarden DM enthalten.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Dazu kommen nunmehr die Mehrbeträge, die durch die Beschlüsse dieses Hohen Hauses zustande gekommen sind. Sie werden in einem Nachtragshaushaltsentwurf enthalten sein, und die Deckung dafür wird gegeben sein.
    Ich möchte also zusammenfassend folgendes sagen. Wir werden alles tun, damit die Kriegsbeschädigten so schnell wie möglich in den Besitz der neuen Renten kommen. Dabei will ich allerdings nicht verhehlen, daß es noch allerlei Schwierigkeiten geben wird, weil wir selbstverständlich verpflichtet sind, vorher die Behörden zu schaffen. Der Herr Bundesfinanzminister hat gestern an den Haushaltsausschuß die Eingabe gerichtet, die hierfür notwendigen Mittel vorweg zu bewilligen. Ich habe gestern im Ausschuß für Kriegsbeschädigte gesagt: „Ich werde Anfang nächsten Jahres mit den Arbeitsministern oder den zuständigen Stellen der Länder zusammenkommen und habe die Absicht, mit ihnen die Wege zu besprechen, die uns in die Lage versetzen, den Kriegsbeschädigten ihre Renten so schnell wie möglich zuteil werden lassen". Es ist mir unverständlich, woher Herr Renner die Grundlage für seine Berechnung nimmt, die ihn dazu kommen läßt, daß die Kriegsbeschädigten erst in drei oder vier Jahren zur Befriedigung ihrer Rentenansprüche kommen könnten. So liegen ja die Dinge nicht. Zur Zeit laufen 3,8 Millionen Renten. Für sie sind alle Vorbereitungen gegeben, die nach dem ersten Weltkrieg und nach der damaligen Gesetzesschaffung durchgeführt werden mußten. Wir brauchen also rein büromäßig nur die Umrechnungen vorzunehmen und haben nur für einen Kreis von 620 000 Men-


    (Bundesarbeitsminister Storch)

    schen, deren Rentenanträge heute noch laufen, die grundsätzlichen Arbeiten vorzunehmen.

    (Abg. Renner: Also gibt es keine ärztliche Nachuntersuchung, Herr Minister!)

    — Selbstverständlich gibt es ärztliche Nachuntersuchungen. Aber es gibt sie nicht für alle. Es gibt sie beispielsweise für Leute, Herr Renner, die in der ersten Zeit nach dem Kriege, als die amerikanische Besatzungsmacht sagte: „Wer 50 % kriegsbeschädigt ist, braucht kein Entnazifizierungsverfahren durchzumachen", zum Arzt gegangen sind. Wenn jemand von diesen Kriegsbeschädigten zu einem Arzt ging und ihm sagte „Bitte, bestätigen Sie mir doch, daß ich 50 % kriegsbeschädigt bin, dann brauche ich diesen Entnazifizierungsrummel nicht durchzumachen", dann hat er in vielen Fällen diese Bescheinigung bekommen. Wenn er aber auf Grund dieser Bescheinigung nachher einen Antrag auf Kriegsrente gestellt hat, dann ist das meines Erachtens etwas ganz anderes. Die Kriegsbeschädigten haben selbst das allergrößte Interesse daran, daß die Kriegsopferversorgung auf den Kreis der Menschen beschränkt wird, die auf Grund des Gesetzes diese Versorgung erhalten sollen.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    So liegen die Dinge. Es denkt niemand daran, durch die ärztlichen Nachuntersuchungen, die hier oder da vorgenommen werden müssen, die endgültige Durchführung der Versorgung auch nur im entferntesten aufzuhalten.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Niebergall: Sind Sie überzeugt von dem, was Sie gesagt haben?)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bazille.

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    Rede von Helmut Bazille


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zweifelsohne kann der Bundesregierung nicht der Vorwurf erspart werden, daß sie durch eine psychologisch sehr ungeschickte Behandlung des Kriegsopferproblems die heutige Aussprache heraufbeschworen hat.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Zunächst war es die sehr unglückliche Verbindung der Kriegsopferversorgung mit Steuerabsichten auf einem der problematischen Gebiete, nämlich dem der Verkehrssteuern. Zum andern war es das Schweigen der Bundesregierung zu den Gerüchten im Lande, daß das Bundesversorgungsgesetz von der Bundesregierung unabdingbar mit diesen Steuerabsichten verknüpft worden sei, daß es nicht verkündet und in Kraft gesetzt werden könne, ehe nicht der Bundestag neue Steuern beschlossen habe.

    (Sehr wahr! links.)

    Es war notwendig, eine Behandlung des gesamten Komplexes im Kriegsopferausschuß durchzuführen, um diese offenen Fragen zu klären, weil der soziale Frieden, der durch die Verabschiedung des Bundesversorgungsgesetzes erzielt werden sollte, empfindlich gestört war.
    Es ist mir, der ich selbst Kriegsbeschädigter bin, als Vertreter einer großen deutschen Kriegsopferorganisation ein aufrichtiges Bedürfnis, hier zu erklären, daß die nunmehrige Behandlung des Komplexes im Kriegsopferausschuß und die Erklärungen, die der Herr Bundesarbeitsminister seitens der Regierung dort abgegeben hat, den Tatbestand sehr günstig beeinflußt und eine Wendung in der öffentlichen Diskussion des Problems herbeigeführt haben.
    Auf der andern Seite müssen die Fragen, die mit der Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zusammenhängen, denkbar nüchtern und sachlich und losgelöst von der Atmosphäre der parteipolitischen Spannungen diskutiert werden. Das Bundesversorgungsgesetz ist nicht vergleichbar mit dem früheren Reichsversorgungsgesetz und auch nicht mit den Gesetzen, die zur Zeit noch in den Ländern gelten. Es ist wesentlich differenzierter und wird an die Durchführungsbehörden sehr hohe Anforderungen stellen, wenn befriedigende Ergebnisse erzielt werden sollen. Ich bin deshalb der Überzeugung, daß es notwendig sein wird, zunächst einmal auf dem Weg über Abschlagszahlungen die geldlichen Leistungen dieses Gesetzes dem von sozialen Gefahren besonders bedrohten Personenkreis zugänglich zu machen und in der Zwischenzeit die Versorgungsstellen aufzubauen sowie das Personal zu schulen, um dann Zug um Zug an die endgültige Erteilung von Bescheiden heranzugehen. Wenn wir bedenken, daß ein großer Teil der Versorgungsbeamten der alten Zeit entweder aus Gründen der Entnazifizierung oder altershalber ausgeschieden ist, daß auf der anderen Seite die Behandlung der vier Millionen Anträge wenig Spielraum für eine Personalschulung ließ, kommen wir zu dem Ergebnis, daß hier eine Reform an Haupt und Gliedern durchgeführt werden muß. Ich möchte mich hier über die Frage einer Reform bei den Gliedern nicht auslassen. Dazu ist heute nicht der Zeitpunkt. Man wird allerdings bei der Beratung des sogenannten Organisationsgesetzes darüber sehr viel sagen müssen. Was das Haupt angeht, so glaube ich dem Herrn Bundesarbeitsminister doch sagen zu müssen, daß auch hier einiges grundsätzlich geändert werden muß. Es ist ausgeschlossen, daß die beiden riesigen Komplexe Sozialversicherung und Kriegsopferversorgung von einem Herrn seines Ministeriums leitend bearbeitet werden. Dazu reicht nun einmal die rein physische Arbeitskraft eines Menschen nicht aus, um sich mit diesem wohl größten sozialen Problem unserer Gegenwart ständig auseinanderzusetzen und dabei die wichtigsten Gesichtspunkte nicht miteinander zu vermischen bzw. durch diese Behandlung nicht das eine hinter das andere treten zu lassen. Das Ministerium muß gestützt auf die zu erwartenden Beschlüsse des Haushaltsausschusses danach streben, rein personell für den Komplex der Kriegsopferversorgung einen Personalstand zu erreichen, der in der Lage ist, wesentlich schneller zu arbeiten, als das seither der Fall war. Ich will damit den Herren im Ministerium des Herrn Arbeitsministers keinen Vorwurf machen; denn für sie hat der Tag auch nur 24 Stunden. Immerhin wäre es bei Berücksichtigung der von mir dargestellten Sachlage schon zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt möglich gewesen, das Bundesversorgungsgesetz in das Haus zu bringen und zu verabschieden sowie auch die notwendigen Durchführungsverordnungen so rechtzeitig vorzubereiten, daß wir uns nicht wieder zum Weihnachtsfest mit einem Antrag der Kommunisten auseinanderzusetzen haben.
    Zu dem Antrag der Kommunisten selber möchte ich folgendes sagen. Durch die ständige Wiederholung dieser Anträge fällt es einem langsam schwer, überhaupt sachlich zu ihnen noch Stellung zu nehmen. Ich glaube, man muß diese Dinge langsam humoristisch betrachten.

    (Abg. Renner: Können Sie, wenn es um uns Kommunisten geht, überhaupt sachlich sprechen?)

    Herr Kollege Renner, es steht mir an sich auf


    (Bazille)

    Grund meiner Jahre nicht an, Ihnen in puncto Lebenserfahrung in irgendeiner Form etwas zu sagen. Aber wenn ich sehe, wie verzweifelt Sie Ihre Liebesbezeugungen den Kriegsopfern gegenüber in diesem Hause machen, dann glaube ich, daß auf dem Gebiet der Liebeserklärungen mein Lebensalter mich mit diesen Dingen vielleicht vertrauter macht als das Ihre.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wissen Sie, Herr Kollege Renner, wenn man nämlich spürt — und ich glaube, die letzten Wahlen hätten Ihnen das zeigen müssen —, daß auf der andern Seite

    (Abg. Niebergall: Es ist noch nicht aller Tage Abend!)

    so wenig Gegenliebe zu verspüren ist, dann bewirkt eine Forcierung dieser Gefühle genau das Gegenteil von dem, was man beabsichtigt.

    (Abg. Renner: Nein, Weihnachten ist nur einmal im Jahr! Vor einem Jahr haben wir denselben Antrag gestellt!)

    — Herr Kollege Renner, ich darf Ihnen versichern,

    (Zuruf von der KPD: Reden Sie doch einmal bei den Kriegsbeschädigten über das Thema! Wo bleiben Sie denn da?)

    daß das draußen bei den Kriegsbeschädigten genau so ist wie bei den gewöhnlichen Beziehungen der Menschen untereinander. Wenn Sie Ihre Liebesbeteuerungen hier noch so feurig gestalten, sie wirken langsam auf die Kriegsopfer nur lächerlich. Und das, Herr Kollege Renner, beruhigt uns so, daß wir es gar nicht notwendig haben, uns immer wieder hier mit Ihnen auseinanderzusetzen.

    (Abg. Niebergall: Dann beruhigen Sie sich weiter!)

    Die Kriegsopfer haben nämlich selber ein sehr feines Gefühl dafür, wem es sachlich ernst ist mit ihren Anliegen

    (Zuruf von der KPD: Das müssen Sie aus eigener Erfahrung wissen!)

    und wer dieses Anliegen nur als einen geschickten Köder benutzt, um damit propagandistische Erfolge zu erzielen.

    (Abg. Niebergall: Das ist ja eine alte Walze!)

    Wenn Sie am 24. November einen Antrag einbringen, daß man den Kriegsopfern nach dem Bundesversorgungsgesetz Vorschußzahlungen leisten solle, und zwar einer Zahl von 4 Millionen Versorgungsberechtigten — und diese Zahl ist in dieser Höhe zum Teil auch durch das Verhalten Ihrer Freunde jenseits des Eisernen Vorhangs, durch die Behandlung unserer Kameraden in der Gefangenschaft, so hoch angestiegen —,

    (Zuruf von der KPD; — Gegenruf von der SPD: Wo bleiben die Heimkehrer?)

    Herr Kollege Renner, dann müßte Ihnen eigentlich Ihr nüchterner Menschenverstand sagen, daß man bis zum 24. Dezember — auch nach Ihrem scheinbar so einfachen Modos — nicht Zahlungen leisten kann. Sie haben damit Ihren Antrag selbst ad absurdum geführt und bewiesen, daß es Ihnen nicht um das konkrete Anliegen der Kriegsopfer geht, sondern lediglich darum, hier im Hause wieder einmal den Anschein zu erwecken, als hätten die Kriegsopfer lediglich in den Kommunisten die eigentlichen und wahren Vertreter ihrer Interessen in der Bundesrepublik.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und in der Mitte.)