Rede:
ID0110609200

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
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    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Bundesarbeitsminister.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 106. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950 3913 106. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 3914D, 3925C, 3937D, 3981D Unfall des Abg. Schmidt (Bayern) 3914D Beitritt der Abg. Dr. Dorls und Dr. Richter (Niedersachsen) als Gäste zur Fraktion der WAV 3915A Ordnungsruf des Präsidenten gegen den Abg. Mellies wegen eines Zurufs in der 105. Sitzung 3915A Stellungnahme des Deutschen Bundesrats zu den Gesetzen zur Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes 3915B Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes stehenden Personen vom 17. Mai 1950 3915B Änderung der Tagesordnung 3915B Interpellation der Abg. Dr. Edert, Frau Krahnstöver, Dr. Oellers, Wittenburg u. Gen. betr. Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus Schleswig-Holstein (Nr. 1512 der Drucksachen) in Verbindung mit der der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Nr. 1618 der Drucksachen) 3915C .Zur Sache: Dr. Edert (CDU-Hosp.), Interpellant 3915C Ekstrand (SPD), Antragsteller . . 3918A Dr. Bartram, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein 3919C Albertz, niedersächsischer Minister für Vertriebene 3920B Dr. Seelos (BP) 3921C Tichi (BHE) 3922C Farke (DP) 3923D Kuntscher (CDU) 3924B Renner (KPD) 3925D Clausen (SSW) 3927A Frommhold (DRP) 3928B Goetzendorff (DRP-Hosp.) 3928D Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 3929A Dr. Trischler (FDP) 3931A Reitzner (SPD) 3931B Brookmann (CDU) 3932C Wittmann (WAV) 3933C Persönliche Bemerkungen: Dr. Baumgartner (BP) 3935A Clausen (SSW) 3935C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen über die Gründung einer Europäischen Zahlungsunion vom 19. September 1950 (Nr. 1655 der Drucksachen) 3935D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3935D Blücher, Bundesminister für den Marshallplan 3936B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) (Nr. 1611 der Drucksachen) 3937D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes (Nr. 1654 der Drucksachen) 3938B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1634 der Drucksachen) 3939C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3939C Lausen (SPD) 3944C Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 3945C Neuburger (CDU) 3946D Eickhoff (DP) 3947C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Nr. 1680 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Belastung des Straßenverkehrs (Nr. 1588 der Drucksachen) 3947D Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3947D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3948A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts (Nr. 1674 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1698 der Drucksachen) . . . 3948B Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 3948B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedererhebung der Beförderungssteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr und zur Änderung von Beförderungsteuersätzen (Nrn. 1214, 1420 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1616 der Drucksachen) 3948D Junglas (CDU), Berichterstatter . 3948D Dr. Bertram (Z) 3949D, 3951B Rademacher (FDP) 3950B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3950D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Vorschußzahlungen auf das Bundesversorgungsgesetz (Nrn. 1699, 1646 der Drucksachen) 3952B Arndgen (CDU), Berichterstatter . 3952B, 3957C Frau Arnold (Z) 3953A Renner (KPD) 3953C Storch, Bundesminister für Arbeit 3955B Bazille (SPD) 3956B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Steuersatz für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten (Nrn. 1496, 455 der Drucksachen) 3958A Dr. Bertram (Z), Berichterstatter . 3958A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) u. Gen. betr. Notstandsgebiet Wilhelmshaven (Nrn. 1523, 584 der Drucksachen) 3958D Schoettle (SPD), Berichterstatter . 3958D Cramer (SPD) 3959B von Thadden (DRP) . . . . 3960D, 3963A Gundelach (KPD) 3961B Bahlburg (DP) 3961D Kuntscher (CDU) 3962B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Vorlage eines Gesetzes zur Beschäftigung und Fachausbildung der .schulentlassenen Jugend (Nrn. 1641, 900 der Drucksachen) . 3963B Blachstein (SPD), Berichterstatter 3963C Berlin (SPD) 3963D D. Mende (FDP) 3964C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Dotationen aus der Nazizeit (Nr. 1592 der Drucksachen) 3965A Dr. Reismann (Z), Antragsteller . 3965B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Nr. 1609 der Drucksachen) . . 3966B Frau Kalinke (DP), Antragstellerin . 3966B, 3971D Storch, Bundesminister für Arbeit . 3968C Degener (CDU) 3970A Richter (Frankfurt) 3970C Bericht des Untersuchungsausschusses Nr. 40 über den Antrag der Fraktion der BP betr. Überprüfung der bisherigen Einfuhren in das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in das Gebiet der Bundesrepublik (Nrn. 381 u. 1596 der Drucksachen) 3915B, 3973B Kriedemann (SPD), Berichterstatter . 3973B, 3977B Dr. Baumgartner (BP) 3974D Dr. Horlacher (CSU) 3979C Strauß (CSU) 3980A Lange (SPD) 3980C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1677 der Drucksachen) 3981C Nächste Sitzung 3981D Die Sitzung wird um 9 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Heinz Renner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Die kommunistische Fraktion hat diesen Antrag am 24. November 1950 aus zwei Gründen eingebracht. Der eine Grund war der, den hungernden Kriegsopfern in etwa wenigstens zu Weihnachten eine kleine Beihilfe zu geben.

    (Zuruf rechts: Den in der Ostzone hungernden?) — Nein, den bei uns hungernden. Oder wollen Sie das bestreiten? Dann sind Sie ein weißer Rabe selbst in diesem Hause. Das wagt Ihre eigene Fraktion nicht öffentlich zu bestreiten. —


    (Zuruf rechts: Wann waren Sie das letztemal dort?)

    Und zweitens, um zu klären, welche Gründe hinter der eigenartigen Behandlung dieses Gesetzentwurfs durch den Herrn Finanzminister stecken.
    Ich fange bei der letzteren Geschichte an. Am 19. Oktober ist das Gesetz hier in diesem Hause verabschiedet worden. Am 25. November, also einen Tag nachdem wir diesen Antrag und eine dazugehörige Anfrage gestellt hatten, ist es von dem Herrn Finanzminister — bzw. von dem Herrn Arbeitsminister, die Frage ist offen — an die Hohe Kommission weitergeleitet worden. Nicht nur wir Kommunisten haben uns Gedanken gemacht, wie diese lange Verschleppung zu erklären ist. Eine große Organisation der Kriegsopfer, die Organisation, die sich sonst gern rühmt, die größte zu sein, hat auf einer offiziellen Tagung, an der ihr Sozialpolitischer Ausschuß und ihr Vorstand teil- genommen haben, in Koblenz ausdrücklich darauf hingewiesen, wie unerklärlich es sei, daß dieses Gesetz so lange in der Schublade des Herrn Bundesfinanzministers liegt, und gefragt, welche Gründe dahinter steckten. Ich sage das an die Adresse der Kreise, die mir nachher in der Diskussion eventuell vorhalten werden, daß nur agitatorische Gründe diesen Antrag veranlaßt hätten. Sie, Herr Kollege Leddin, haben gestern einen Versuch in dieser Richtung gemacht.

    (Zuruf des Abg. Leddin.)

    — Ja, das war intern, und da kann man manches erzählen.
    Am 19. Oktober ist das Gesetz verabschiedet; wenige Tage später hat es der Bundesrat verabschiedet. Dann lag es in der Schublade des Herrn Finanzministers. Gestern ist uns durch den Herrn Arbeitsminister Storch gesagt worden, wie das zu erklären sei. Er sagte wörtlich: Wir haben uns dann, nachdem es vom Bundesrat zurückkam und nachdem wir die schriftliche Bestätigung der Annahme hatten, noch einmal im Kabinett mit dem Gesetzentwurf und der Deckungsfrage beschäftigt, und. nachdem sich in der Zwischenzeit ergeben hatte, daß die Deckung vorhanden ist, haben wir uns entschlossen, das Gesetz in Kraft zu setzen. — So war es doch wohl, Herr Kollege Leddin?


    (Renner)

    Nun ist der springende Punkt: Was hat die Frage der Deckung mit der Zurückhaltung des Gesetzes zu tun? Hinterher wurde uns die kleine Zeitspanne zwischen dem 25. November und der Klärung der Deckungsfrage so erklärt, daß man in dem Ministerium - man bedenke: in jedem Ministerium gibt es einen Stab von Übersetzern — Schwierigkeiten gehabt habe, diesen Gesetzentwurf in die zwei vorgeschriebenen Fremdsprachen zu übersetzen. Das ist nur ein Grund mehr, zu wünschen, daß die Besatzungsmächte uns bald verlassen.

    (Zuruf rechts: Russisch ist schwerer!)

    — Nun, russisch ist schwerer. Es ist immerhin nur eine Fremdsprache, während wir uns mit drei oder vier herumzuschlagen haben. Aber es ist immerhin nicht so schwer, daß auch Sie vielleicht es nicht noch lernen könnten.

    (Lachen.)

    Nun zur Sache. Als das Gesetz hier verabschiedet wurde, hat der Herr Bundesfinanzminister erklärt, daß die Frage der Deckung noch zu klären sei. Er hat ein offizielles Veto nach dem Recht, das ihm das Grundgesetz bedauerlicherweise zugesteht, nicht eingelegt. Aber für jeden, der Ohren hat zu hören, war es ganz klar: er war der Auffassung, daß das Gesetz erst dann weitergeht und dann in Kraft tritt, wenn er seine Deckung hat.

    (Zuruf rechts: Natürlich!)

    — Wieso natürlich? Die Deckung haben Sie ihm heute mit der Erhöhung der Mineralölsteuer bewilligt, und bei der Begründung der Erhöhung dieser Mineralölsteuer wird ganz klar das Junktim sichtbar, also die Verbindung der Bewilligung dieser einseitigen Belastung eines Teils der Bevölkerung mit dem Bundesversorgungsgesetz. Hier heißt es:
    Mangels jeglicher Reserven im Bundeshaushalt 1950/51 war nach der Verabschiedung des Bundesversorgungsgesetzes die Gefahr entstanden, daß entgegen der zwingenden Vorschrift .... der bis dahin ausgeglichene Haushaltsplan 1950/51 nicht mehr abgeglichen werden könnte.
    Also hier liegt das Junktim. Die ganze Last der Erhöhung der Versorgungsaufwendungen wird hier auf einen Teil der Bevölkerung abgewälzt

    (Zuruf rechts: Sie haben wohl nicht richtig gehört!)

    mit dem Ergebnis, das dieser Teil der Bevölkerung auf die Kriegsopfer automatisch gehetzt wird. So liegen die Dinge.
    Ich stelle hier fest, daß dieser Teil unserer Anfrage und unseres Antrages immerhin dazu geführt hat, daß der Herr Bundesarbeitsminister und auch sein Kollege, der Herr Bundesfinanzminister, persönlich in den Ausschuß geladen wurden.
    In einem Punkt hat der Bundesarbeitsminister dem Ausschuß eine gewisse Beruhigung gegeben, indem er sagte: Kommt. das Gesetz jetzt vom Petersberg herunter, dann wird der Herr Bundeskanzler es unterschreiben und in Kraft setzen. Damit ist eine Sorge aus der Welt geschafft, aber nicht die andere mindestens ebenso große Sorge, die Sorge nämlich, wann der letzte Kriegsbeschädigte in den Genuß der zum Teil wenigstens erhöhten Rente kommen wird und was in der Zwischenzeit mit denen wird, die auf Grund der derzeitigen Hungerrenten nicht leben und nicht sterben können. Da hat sich gestern in der Aussprache einiges sehr Erstaunliche herausgestellt. Die Herren Landesarbeitsminister sind für Januar kommenden Jahres nach Bonn geladen. Man will mit ihnen weitere Besprechungen wegen der Durchführung dieses neuen Gesetzes in den einzelnen Ländern führen. Die Formulare für die Neuanträge liegen nach wie vor —
    ich hatte wenigstens so den Eindruck, und ich bitte mich zu korrigieren, wenn ich mich irre — noch bei uns in Bonn. Sie sind nicht einmal an die Länder hinausgegangen.
    Die zweite Frage: Wie lange dauert die Durchführung dieses neuen Gesetzes bei dem derzeitigen Stab der Beamten, die es zu praktizieren haben? Als das Reichsversorgungsgesetz im Jahre 1920 durchgeführt wurde, dauerte es fast viereinhalb Jahre, bis der letzte Rentenberechtigte seinen endgültigen Bescheid in der Tasche hatte. Heute bei dem zersplitterten Versorgungsapparat, bei den nach förderalistischen Prinzipien ländermäßig aufgezogenen Versorgungsapparaten, in denen es an Fachmännern fehlt, denen zum Teil sogar nicht einmal die baulichen Voraussetzungen für die Unterbringung der Behörden gegeben sind, darf man, ohne irgendwie an der Wahrheit vorbeizureden, feststellen, daß die Durchführung der neuen Rentenversorgungsgesetzgebung drei oder vier Jahre in Anspruch nehmen wird.
    Was soll in der Zwischenzeit geschehen? In der Zwischenzeit muß doch irgendwie weiter gezahlt werden. Sollen die derzeitigen Renten weiter gezahlt werden, sollen Teile der derzeitigen Renten gezahlt werden? Was soll in der französischen Zone gezahlt werden, wo in einer großen Anzahl der Fälle die alten Renten höher sind als die neuen? Das sind alles ungeklärte Dinge. Darum waren wir der Meinung, daß zur Klärung all dieser Fragen, ob das Gesetz Rechtskraft hat, und der Frage, in welcher Form die Kriegsopfer ihre neuen Bezüge oder Teile ihrer neuen Bezüge in die Hand bekommen sollen, eine gründliche Aussprache stattfinden muß. Und die hat stattgefunden und hat mit der Feststellung geendet, daß man auch die Zuschüsse für den Ausbau des Versorgungsapparates in etwa erhöhen sollte. Der Herr Berichterstatter hat davon gesprochen. Aber das, was in dem derzeitigen Etat für diesen Zweck vorgesehen ist, wird, soweit es nicht von Bayern absorbiert wird, das in diesem Fall einmal sehr wachsam gewesen ist, so gering sein, daß auch nicht ein Bruchteil der notwendigen baulichen Veränderungen und personellen Verstärkungen in den Versorgungsbehörden der Länder erzielt werden kann. So lingen doch wohl die Dinge.
    Hinzu kommt noch ein dritter Tatbestand. Im Haushalts-Voranschlag 1950/51, mit dem sich jetzt der Haushaltsausschuß beschäftigt, steht unter „Soziale Kriegslasten" ein Betrag für die Rentenversorgung. Dieser Betrag lautet auf 2,3 Milliarden DM.

    (Abg. Arndgen: Das ist schon heute morgen berichtigt worden!)

    — Diese Berichtigung war Schwindel. Ich habe mir in der Zwischenzeit den Etat noch einmal angesehen und festgestellt, daß ich recht hatte. 2,3 Milliarden stehen da für die eigentliche Rentenversorgung. Diese Zahl muß uns aber irgendwie bekannt vorkommen. Das ist die Zahl, die in der ganzen Periode der Vorbesprechung dieses Gesetzes hier immer weder als die Zahl genannt wurde, die heute schon fällig ist oder fällig wird durch die Rentenleistungen der Länder auf Grund der bisher noch geltenden differenzierten Rentenversorgungsgesetze und auf Grund des im Früh-


    (Renner)

    fahr dieses Jahres hier beschlossenen sogenannten Rentenverbesserungsgesetzes. Im Etat steht also nur der Betrag, der damals hier als Gegenwert für die damaligen Verpflichtungen angemeldet worden war. Wie kommt es denn, daß in dem Etat nicht die Mehrausgabe steht? Warum steht hier im Etat nicht die Summe, die man uns damals als angebliche Gesamtkosten für die Finanzierung des Bundesversorgungsgesetzes genannt hatte? Damals sprach man doch von über mehr als 3 Milliarden DM. Wo ist denn die Differenz? Sehen Sie, weil diese Frage sogar nicht einmal im Haushaltsvoranschlag geklärt ist, werden Sie verstehen können, daß die Kriegsopfer draußen mit einer gewissen Sorge die Entwicklung dieser Angelegenheit verfolgt haben.
    Nun zu dem Beschluß des zuständigen Ausschusses. Der Herr Berichterstatter, der Herr Kollege Arndgen, hat gesagt, der KPD-Antrag sei „umgeformt" worden. Das stimmt zwar nicht ganz, aber ich freue mich insofern, als er damit zugegeben hat, daß ein Prinzip, das in unserem Antrag gefordert wird, in diesem Antrag zum Teil wenigstens realisiert ist, nämlich die Anerkennung der Notwendigkeit, Rentenvorschüsse zu zahlen.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Das ist anerkannt.

    (Abg. Arndgen: Ein blindes Huhn findet manchmal auch ein Korn!)

    Über die Frage, was blind ist, sind sich sogar die Gelehrten nicht einig. Und, Herr Kollege Arndgen, noch weniger ist man sich einig über den Begriff soziales Empfinden. Man kann christlich-sozial sein und bar jeder Spur von sozialem Mitgefühl.
    Nun das Schlußwort, damit Sie gleich drankommen, Herr Kollege Arndgen! Wir haben mit unserem Antrag nicht das erreicht, was wir wollten. Wir haben nur erreicht, daß klargestellt ist, daß der Herr Bundeskanzler endlich gezwungen ist, das Gesetz durch seine Unterschriftvollziehung zur Rechtswirksamkeit zu bringen. Wir haben ferner erreicht, daß durch einen einstimmigen Beschluß der beiden Ausschüsse anerkannt ist, daß Rentenberechtigte aus diesem neuen Bundesversorgungsgesetz einen Anspruch auf Zahlung von Vorschüssen haben. Das ist kein voler Erfolg, aber wir freuen uns dieses Teilerfolges, und wir sind der Überzeugung, daß die Kriegsopfer uns dankbar sind, daß wir diese Klarheit geschaffen haben.

    (Beifall bei der KPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Anton Storch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut uns immer, wenn jemand wie der Herr Abgeordnete Renner mit einer derartigen Herzenswärme sich für die Kriegsbeschädigten einsetzt. Er ist ja auch sehr oft in der Ostzone, und ich wünschte nur, er würde dort einmal dieselben Forderungen für die Kriegsbeschädigten stellen.

    (Sehr richtig! und Bravo! rechts.)

    Ich glaube, es würde ihm dann sehr bald Gelegenheit gegeben sein, mit seinem Kollegen Müller zusammen zu sein.

    (Zuruf bei der KPD: Alte Walze!—Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Aber zur Sache selbst möchte ich noch folgendes sagen. Das Kriegsopferversorgungsgesetz ist am 27. 10. 1950 vom Bundesrat verabschiedet worden. Nehmen Sie an, daß die schriftliche Übermittlung der Beschlüsse des Bundesrats 5 oder 6 Tage später bei der Bundesregierung eingegangen ist, dann finden Sie, da$ für alle anderen Maßnahmen, die die Bundesregierung treffen mußte, im allerhöchsten Fall 3 Wochen zur Verfügung standen. Es ist nach der ganz klaren Erklärung, die der Herr Bundesfinanzminister vor der Verabschiedung des Gesetzes hier abgegeben hat, völlig unverständlich, wie man die Kriegsbeschädigten wieder in die Unruhe bringen konnte, als wenn die Bundesregierung nun in der einen oder anderen Form der Durchführung dieses Gesetzes Schwierigkeiten machen wollte. Die Dinge liegen genau umgekehrt. Der Herr Bundesfinanzminister hat sofort, nachdem dieses Hohe Haus das Gesetz verabschiedet hat, sich um die Deckungsvorlage gekümmert. Sie ist zum Bundesrat gegangen. Nach den Erklärungen, die nachher auch von den maßgeblichen Parteien dieses Hohen Hauses gegeben worden sind, lag kein Grund für die Bundesregierung vor, noch irgendwelche Schwierigkeiten zu machen.
    Wenn nun der Herr Abgeordnete Renner hier noch große Zahlenspiele aufführt und sagt, daß ja bei all diesen Fragen immer noch die alten Ziffern im Haushaltvoranschlag gestanden hätten, dann darf ich doch den Herrn Abgeordneten Renner darauf aufmerksam machen, daß das Haushaltsjahr des Bundes am 1. April beginnt. Für das erste halbe Jahr hatten wir also in den Haushalt das einzusetzen, was tatsächlich nach den alten Rechten an die Kriegsbeschädigten zu zahlen war, und wir hatten nur für das zweite Halbjahr die erhöhten Beträge einzusetzen. Im Haushalt des Bundes ist für die Durchführung der Kriegsheschädigtenrenten ein Betrag von 2,6 Milliarden DM enthalten.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Dazu kommen nunmehr die Mehrbeträge, die durch die Beschlüsse dieses Hohen Hauses zustande gekommen sind. Sie werden in einem Nachtragshaushaltsentwurf enthalten sein, und die Deckung dafür wird gegeben sein.
    Ich möchte also zusammenfassend folgendes sagen. Wir werden alles tun, damit die Kriegsbeschädigten so schnell wie möglich in den Besitz der neuen Renten kommen. Dabei will ich allerdings nicht verhehlen, daß es noch allerlei Schwierigkeiten geben wird, weil wir selbstverständlich verpflichtet sind, vorher die Behörden zu schaffen. Der Herr Bundesfinanzminister hat gestern an den Haushaltsausschuß die Eingabe gerichtet, die hierfür notwendigen Mittel vorweg zu bewilligen. Ich habe gestern im Ausschuß für Kriegsbeschädigte gesagt: „Ich werde Anfang nächsten Jahres mit den Arbeitsministern oder den zuständigen Stellen der Länder zusammenkommen und habe die Absicht, mit ihnen die Wege zu besprechen, die uns in die Lage versetzen, den Kriegsbeschädigten ihre Renten so schnell wie möglich zuteil werden lassen". Es ist mir unverständlich, woher Herr Renner die Grundlage für seine Berechnung nimmt, die ihn dazu kommen läßt, daß die Kriegsbeschädigten erst in drei oder vier Jahren zur Befriedigung ihrer Rentenansprüche kommen könnten. So liegen ja die Dinge nicht. Zur Zeit laufen 3,8 Millionen Renten. Für sie sind alle Vorbereitungen gegeben, die nach dem ersten Weltkrieg und nach der damaligen Gesetzesschaffung durchgeführt werden mußten. Wir brauchen also rein büromäßig nur die Umrechnungen vorzunehmen und haben nur für einen Kreis von 620 000 Men-


    (Bundesarbeitsminister Storch)

    schen, deren Rentenanträge heute noch laufen, die grundsätzlichen Arbeiten vorzunehmen.

    (Abg. Renner: Also gibt es keine ärztliche Nachuntersuchung, Herr Minister!)

    — Selbstverständlich gibt es ärztliche Nachuntersuchungen. Aber es gibt sie nicht für alle. Es gibt sie beispielsweise für Leute, Herr Renner, die in der ersten Zeit nach dem Kriege, als die amerikanische Besatzungsmacht sagte: „Wer 50 % kriegsbeschädigt ist, braucht kein Entnazifizierungsverfahren durchzumachen", zum Arzt gegangen sind. Wenn jemand von diesen Kriegsbeschädigten zu einem Arzt ging und ihm sagte „Bitte, bestätigen Sie mir doch, daß ich 50 % kriegsbeschädigt bin, dann brauche ich diesen Entnazifizierungsrummel nicht durchzumachen", dann hat er in vielen Fällen diese Bescheinigung bekommen. Wenn er aber auf Grund dieser Bescheinigung nachher einen Antrag auf Kriegsrente gestellt hat, dann ist das meines Erachtens etwas ganz anderes. Die Kriegsbeschädigten haben selbst das allergrößte Interesse daran, daß die Kriegsopferversorgung auf den Kreis der Menschen beschränkt wird, die auf Grund des Gesetzes diese Versorgung erhalten sollen.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    So liegen die Dinge. Es denkt niemand daran, durch die ärztlichen Nachuntersuchungen, die hier oder da vorgenommen werden müssen, die endgültige Durchführung der Versorgung auch nur im entferntesten aufzuhalten.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Niebergall: Sind Sie überzeugt von dem, was Sie gesagt haben?)