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ID0110603200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 106. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950 3913 106. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 3914D, 3925C, 3937D, 3981D Unfall des Abg. Schmidt (Bayern) 3914D Beitritt der Abg. Dr. Dorls und Dr. Richter (Niedersachsen) als Gäste zur Fraktion der WAV 3915A Ordnungsruf des Präsidenten gegen den Abg. Mellies wegen eines Zurufs in der 105. Sitzung 3915A Stellungnahme des Deutschen Bundesrats zu den Gesetzen zur Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes 3915B Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes stehenden Personen vom 17. Mai 1950 3915B Änderung der Tagesordnung 3915B Interpellation der Abg. Dr. Edert, Frau Krahnstöver, Dr. Oellers, Wittenburg u. Gen. betr. Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus Schleswig-Holstein (Nr. 1512 der Drucksachen) in Verbindung mit der der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Nr. 1618 der Drucksachen) 3915C .Zur Sache: Dr. Edert (CDU-Hosp.), Interpellant 3915C Ekstrand (SPD), Antragsteller . . 3918A Dr. Bartram, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein 3919C Albertz, niedersächsischer Minister für Vertriebene 3920B Dr. Seelos (BP) 3921C Tichi (BHE) 3922C Farke (DP) 3923D Kuntscher (CDU) 3924B Renner (KPD) 3925D Clausen (SSW) 3927A Frommhold (DRP) 3928B Goetzendorff (DRP-Hosp.) 3928D Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 3929A Dr. Trischler (FDP) 3931A Reitzner (SPD) 3931B Brookmann (CDU) 3932C Wittmann (WAV) 3933C Persönliche Bemerkungen: Dr. Baumgartner (BP) 3935A Clausen (SSW) 3935C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen über die Gründung einer Europäischen Zahlungsunion vom 19. September 1950 (Nr. 1655 der Drucksachen) 3935D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3935D Blücher, Bundesminister für den Marshallplan 3936B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) (Nr. 1611 der Drucksachen) 3937D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes (Nr. 1654 der Drucksachen) 3938B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1634 der Drucksachen) 3939C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3939C Lausen (SPD) 3944C Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 3945C Neuburger (CDU) 3946D Eickhoff (DP) 3947C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Nr. 1680 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Belastung des Straßenverkehrs (Nr. 1588 der Drucksachen) 3947D Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3947D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3948A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts (Nr. 1674 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1698 der Drucksachen) . . . 3948B Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 3948B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedererhebung der Beförderungssteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr und zur Änderung von Beförderungsteuersätzen (Nrn. 1214, 1420 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1616 der Drucksachen) 3948D Junglas (CDU), Berichterstatter . 3948D Dr. Bertram (Z) 3949D, 3951B Rademacher (FDP) 3950B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3950D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Vorschußzahlungen auf das Bundesversorgungsgesetz (Nrn. 1699, 1646 der Drucksachen) 3952B Arndgen (CDU), Berichterstatter . 3952B, 3957C Frau Arnold (Z) 3953A Renner (KPD) 3953C Storch, Bundesminister für Arbeit 3955B Bazille (SPD) 3956B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Steuersatz für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten (Nrn. 1496, 455 der Drucksachen) 3958A Dr. Bertram (Z), Berichterstatter . 3958A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) u. Gen. betr. Notstandsgebiet Wilhelmshaven (Nrn. 1523, 584 der Drucksachen) 3958D Schoettle (SPD), Berichterstatter . 3958D Cramer (SPD) 3959B von Thadden (DRP) . . . . 3960D, 3963A Gundelach (KPD) 3961B Bahlburg (DP) 3961D Kuntscher (CDU) 3962B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Vorlage eines Gesetzes zur Beschäftigung und Fachausbildung der .schulentlassenen Jugend (Nrn. 1641, 900 der Drucksachen) . 3963B Blachstein (SPD), Berichterstatter 3963C Berlin (SPD) 3963D D. Mende (FDP) 3964C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Dotationen aus der Nazizeit (Nr. 1592 der Drucksachen) 3965A Dr. Reismann (Z), Antragsteller . 3965B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Nr. 1609 der Drucksachen) . . 3966B Frau Kalinke (DP), Antragstellerin . 3966B, 3971D Storch, Bundesminister für Arbeit . 3968C Degener (CDU) 3970A Richter (Frankfurt) 3970C Bericht des Untersuchungsausschusses Nr. 40 über den Antrag der Fraktion der BP betr. Überprüfung der bisherigen Einfuhren in das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in das Gebiet der Bundesrepublik (Nrn. 381 u. 1596 der Drucksachen) 3915B, 3973B Kriedemann (SPD), Berichterstatter . 3973B, 3977B Dr. Baumgartner (BP) 3974D Dr. Horlacher (CSU) 3979C Strauß (CSU) 3980A Lange (SPD) 3980C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1677 der Drucksachen) 3981C Nächste Sitzung 3981D Die Sitzung wird um 9 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Abgeordneter Goetzendorff, noch zwei Minuten!


Rede von Günter Goetzendorff
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz einer Auffassung entgegentreten, die Staatsrat Seelos hier geäußert hat. Es ist immerhin erstaunlich, daß ein solcher Superföderalist eindeutiger Prägung sich immer dann an dem Problem der Flüchtlinge mit dem Herzen erwärmt, wenn es darum geht, sie loszuwerden. Herr Staatrat Seelos hat sinngemäß gesagt, es sei wichtig, die Flüchtlinge in anderen Ländern unterzubringen, es sei nicht wichtig, daß dort schon vorher Wohnraum zu schaffen sei. Ich möchte folgendes erklären: Ich warne vor einer Entwicklung nach dem Rezept meines Herrn Kollegen Dr. Seelos. Man kann von den Menschen, die in den Ländern schon wieder Wurzel gefaßt haben, nicht verlangen, daß sie jetzt wiederum auf die große Wanderung gehen. Man kann es nicht dem Zufall überlassen, ob in den Aufnahmeländern für Arbeitsplätze und für Wohnraum gesorgt ist.
Ich bitte daher das Hohe Haus, ganz besonders darauf zu achten, daß bei der Umsiedlungsaktion unter allen Umständen dafür gesorgt wird, daß die Länder nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch entsprechenden Wohnraum bereitstellen.

(Abg. Dr. Seelos: Das ist eine üble Verdrehung meines guten Willens! Das ist selbstverständlich!)



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    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich nehme an, daß jetzt der Herr Bundesminister für Vertriebene die Interpellation beantworten will.

    (Zurufe.)

    — Ich bitte, Wortmeldungen schriftlich hierher zu
    geben. Die Aussprache ist keineswegs geschlossen.
    Dr: Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße die Interpellation, und ich begrüße auch die Einbringung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD in der Frage der Umsiedlung. Ich begrüße die Interpellation deshalb, weil sie uns Veranlassung gegeben hat, die große Problematik und die ganze Schwere des Vertriebenenproblems einmal vor aller Öffentlichkeit aufzurollen.

    (Zuruf von der SPD: Was Aufgabe Ihres Ministeriums gewesen wäre!)

    — Ich möchte darauf hinweisen, daß mein Ministerium über diese Dinge immer ganz offen gesprochen und die Dinge insbesondere mit den Ländervertretungen in vollstem Einvernehmen erörtert hat, denn die ganze Flüchtlingsfrage ist nach dem Grundgesetz eine Länderfrage, und der Bund ist nur koordinierend tätig. Ich sage das nicht, um hinsichtlich der Verpflichtung des Bundes zur Lösung dieses schwersten Problems der Bundesrepublik beizutragen, irgendwie abzuschwächen, etwa wegen mangelnder Zuständigkeit. Ich habe die bayerische Interpellation bereits schriftlich eingehend beantwortet, und dort ist sehr viel Material unterbreitet.
    Ich will kurz zusammenfassen: Ich kann vollinhaltlich unterstreichen, was hier von Vertretern aller Parteien — abgesehen von den rein politischen Bemerkungen — gesagt worden ist. Das ist erfreulich, denn es zeigt, daß die Frage der Vertriebenen weit hinaus über das Niveau jeder Parteipolitik reicht. Ich möchte am Anfang meiner Ausführungen unterstreichen, daß den Ländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern unbedingt geholfen werden muß, und ich darf hervorheben, daß der Bund bisher getan hat, was nur irgendwie in seinen Kräften stand, um die Dinge vorwärtszutreiben.

    (Zuruf: Wird bezweifelt!)

    Mit der Notverordnung auf Grund des Art. 119 haben wir es unternommen, in diesem Jahr 300 000 Flüchtlinge umzusiedeln. Diese Notverordnung ist Gesetz; sie hat Gesetzeskraft, völlig gleichgültig, ob der Bundestag sie beschlossen hat oder nicht. Jedes Land ist verpflichtet, diesem Gesetz Folge zu leisten. Von den 300 000 Flüchtlingen sind bis zum 15. November 220 000 umgesiedelt worden, davon in gelenkten Transporten 148 000. Wir werden bis zum Ende dieses Jahres noch weitere 30 000 Flüchtlinge umgesiedelt haben, so daß 250 000 umgesiedelt worden sind. Ein Überhang von 50 000 Flüchtlingen wird bis zum 1. April nächsten Jahres umgesiedelt sein. Daß dieser Rest nicht umgesiedelt worden ist, liegt daran, daß die Wohnungen nicht fertig geworden sind. Das ist der Grund dafür, daß diese sehr bedauerlichen Stockungen eingetreten sind, die auch zum plötzlichen Zurückrufen von Transporten geführt haben, wodurch ein sehr schwerer individueller Mißstand eingetreten ist. Es sind dabei auch Verschulden vorgekommen, Verschulden mancher Behörden. Sie wissen, daß der Sozialminister von Rheinland-Pfalz erklärt hat, er habe ein Disziplinarverfahren gegen den Oberbürgermeister von Frankenthal eröffnet, weil dieser seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei.
    Ich habe es, ganz offen gesagt, bedauert, daß sich die Aufnahmeländer bei dieser Debatte nicht zum Wort gemeldet haben, denn die Aufnahmeländer weisen ja mit allem Nachdruck darauf hin, daß sie „nicht mehr können". Ich könnte Ihnen unzählige Schreiben vorlegen, worin mir erklärt wird: Wir können nicht mehr. Ich bin jedoch verpflichtet, in aller Objektivität auch für die Aufnahmeländer ein Wort zu sagen. Die Aufnahmeländer haben sich alle Mühe gegeben. Sie haben darauf hingewiesen, daß es keinen Sinn habe, Flüchtlinge aus einem Massenlager in Schleswig-Holstein in ein Massenlager nach Rheinland-Pfalz oder Baden zu überführen. Sie haben errechnet, daß die Aufnahmefähigkeit ihrer Länder soundso groß ist und daß die Möglichkeit, neue Flüchtlinge aufzunehmen, nur dann bestehe, wenn für die Vertriebenen Wohnungen gebaut werden und wenn ihnen die Gründung einer Existenz ermöglicht wird. Davon ist das richtig, daß das ganze Problem der Umsiedlung überhaupt nur gelöst werden kann im Zusammenhang mit der Lösung der Frage des Wohnungsbaues und der Schaffung einer Existenz für die Vertriebenen.
    Aber ich möchte gleichzeitig auch ein Wort der Kritik sagen. Die mit Flüchtlingen überlasteten Länder weisen mit Recht darauf hin, daß sie seinerzeit nicht gefragt worden sind, sondern daß sie aus einer selbstverständlichen Haltung heraus die Vertriebenen haben aufnehmen müssen, und daß es deshalb nicht ganz begründet sei, wenn von den Aufnahmeländern jetzt diese Frage aufgeworfen wird. Ich möchte feststellen, daß die Rechnung der Aufnahmeländer wissenschaftlich begründet ist. Aber es handelt sich hier nicht darum, diese Dinge jetzt mit rein rechnerischen Maßnahmen zu lösen, sondern darum, daß man sie auch mit dem Herzen lösen muß, und daß man etwas mehr tun muß, als sich unter Anwendung nur des Rechenschiebers ergibt. Und die Aufnahmeländer haben ja auch fünf Jahre Zeit gehabt, sich einzurichten. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß die Länder der französischen Zone überhaupt keine Vertriebenen aufzunehmen brauchten, weil die französische Militärregierung erklärt hat, das Potsdamer Abkommen sei von ihr ja nicht mit unterzeichnet worden, und deshalb könne sie auch nicht verpflichtet sein, Vertriebene aufzunehmen. Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Belegung der Wohnungen in Rheinland-Pfalz und in Baden nicht so groß ist wie in 'den Flüchtlingsländern. Aber unterdessen ist ja die Wohnungsgesetzgebung gelockert worden. Es müßte da erst ein anderes Wohnungsgesetz erlassen werden.
    Noch eines kommt hinzu: Wir- können die Umsiedlung natürlich nur vornehmen auf Grund von freiwilligen Meldungen. Derjenige aber; der sich freiwillig meldet, hat den verständlichen Wunsch, sein Leben nun etwas besser einzurichten. Er will also vor allen Dingen eine Wohnung haben, und er will eine Existenz haben. Er muß also, um eine Existenz zu finden, also um Arbeit zu finden, in der Nähe der Städte angesiedelt werden. Die Städte der Aufnahmeländer leiden aber auch stark unter den Kriegsverwüstungen. In solche Gegenden, in denen es zwar Wohnungen, aber keine Arbeit gibt, will der Heimatvertriebene nicht angesiedelt werden; er kann dort auch nicht angesiedelt werden. Im hohen Hunsrück und im hohen Schwarzwald können zwar Heimatvertriebene unterge-


    (Bundesminister Dr. Lukaschek)

    bracht werden; sie finden dort aber niemals Arbeit, und sie passen nicht dorthin.
    Die Gründe also, die die Aufnahmeländer für ihre Weigerung anführen, entbehren nicht der Berechtigung, wenn ich auch immer sage, ,daß eine rein rechnerische Begründung nicht genügt und daß man etwas mehr von ihnen verlangen muß. Das, was Herr Abgeordneter Dr. Edert so stark hervorgehoben hat, müßte auch hinzukommen. — Es ist also unsere Aufgabe, die Dinge zu koordinieren mit dem Wohnraum und mit der Schaffung einer Existenz.
    Herr Abgeordneter Albers hat vorhin gesagt, er habe den Verdacht, daß die Notverordnung erst auf Grund der Interpellation erlassen worden sei. Lieber Herr Kollege Albers, das können Sie wohl nicht mit Recht behaupten, denn Sie waren ja seit Monaten an den vorbereitenden Arbeiten beteiligt. Wenn ich nicht vorige Woche darum hätte bitten müssen, die Beantwortung und Besprechung der Interpellation auf den heutigen Tag zu verschieben, dann wäre diese Interpellation in der vorigen Woche beantwortet worden, ohne daß die Notverordnung vorlag. Aber ich bin doch froh, diese Notverordnung jetzt zu haben.
    Es ist Kritik daran geübt worden, daß wir nur 200 000 Heimatvertriebene umsiedeln wollen. Ich bitte aber zu bedenken, daß diese 200 000 Heimatvertriebenen bis zum 15. September umgesiedelt werden sollen, und wir werden dann zur gegebenen Zeit eine neue Verordnung erlassen. Wenn Sie mich fragen, warum wir nur 200 000 Heimatvertriebene umsiedeln, so will ich Ihnen ganz offen sagen, daß wir erst nach sehr mühevollen Erwägungen zu dieser Zahl gekommen sind, nachdem wir auch ein großes Gutachten des Instituts für Raumforschung beim Marshall-PlanMinisterium eingeholt haben, in dem uns gesagt wurde, daß nach dem Ergebnis der wissenschaftlichen Arbeiten, die dort durchgeführt worden sind, die Möglichkeit bestehe, in diesem Jahre, wenn eine intensive Koppelung mit Wohnungsbau und Existenzgründung erfolge, 200 000 Heimatvertriebene umzusiedeln.
    Wir werden uns im Bundesrat über alle diese Dinge noch eingehend unterhalten müssen. Ich für meine Person kann erklären, daß ich in diesem Jahre lieber 600 000 als nur 200 000 Heimatvertriebene umsiedeln würde. Für mich ist selbstverständlich der Beschluß des Bundestages, wonach außer diesen 200 000 Heimatvertriebenen noch weitere 600 000 Heimatvertriebene umgesiedelt werden sollen, eine Verpflichtung. Nur kommt es darauf an, innerhalb welcher Zeit das geleistet werden soll. Mit der Nennung der Zahl von 200 000 umzusiedelnden Heimatvertriebenen soll also nicht etwa der Beschluß des Bundestags, der die Umsiedlung von weiteren 600 000 Heimatvertriebenen fordert, unter den Tisch fallen.
    Ich darf aber noch etwas anführen, meine Damen und Herren, um Ihnen zu zeigen, wie schwer dieses Problem zu lösen ist. Wenn wir 200 000 Menschen umsiedeln, so müssen für sie 50 000 Wohnungen erstellt werden. 50 000 Wohnungen zu erstellen bedeutet aber, daß wir zu ihrer Finanzierung ein Kapital von 500 000 Millionen DM aufbringen müssen. Sie sehen also, daß es nicht so einfach ist, dieses Problem zu lösen. Und wir müssen alles tun, damit die Gelder, von denen Herr Abgeordneter Kuntscher vorhin gesprochen hat und für deren Nennung ich dankbar bin, so schnell wie möglich aufgebracht werden, damit die Umsiedlung überhaupt finanziert werden kann. Die Gelder müssen rechtzeitig kommen, damit wir nicht wie in diesem Jahre nachhinken. Von den in den Aufnahmeländern zu bauenden Wohnungen für Vertriebene sind in diesem Jahr bisher 25°/o fertig geworden, daher auch der Überhang, der tief bedauerlich ist. Alle diese Dinge sind wichtig.
    Herr Kollege Albertz hat insbesondere auf die Frage der gesetzlichen Grundlage hingewiesen. Nach den Artikeln 83 und 84 des Grundgesetzes ist die Ausführung der Gesetze des Bundes, also auch der Notverordnung, ausschließlich Sache der Länder. Der Bund hat gesetzlich nicht die Möglichkeit, das durchzuführen. Wenn man das ändern will, braucht man ein verfassungänderndes Gesetz. Alle die Bedenken, die heute dagegen bestehen, die Verfassung zu ändern, sind auch Ihnen bekannt. Ich weiß nicht, ob ein Gesetz, mit dem die Verfassung geändert würde, indem nämlich in den Ländern Auftragsverwaltungen für das Flüchtlingswesen geschaffen würden, von allen Flüchtlingsländern, selbst Bayern, angenommen würde. Ich habe erhebliche Bedenken, ob nicht der Bundesrat diese Dinge ablehnen würde. Mir würde es natürlich recht sein, wenn es so wäre.
    Nun zu dem Gesetzentwurf der SPD. Auch ich begrüße an sich diesen Gesetzentwurf, möchte aber erklären, ,daß er noch ganz erheblich der Ergänzung bedarf. Daher bitte ich, ihn außer dem Vertriebenenausschuß und dem Verfassungsausschuß auch dem Wohnungsbauausschuß zu überweisen; die Dinge sind nicht voneinander zu trennen. Der Entwurf muß insbesondere hinsichtlich der Kontingente ergänzt werden. Wir müssen zu festen Kontingenten kommen und fragen, was nach der soziologischen Struktur. aus den Ländern umgesiedelt werden soll. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß ja bisher die Aufnahme- und Abgabekommissionen ausgesucht haben und dabei die Arbeitsfähigen, möglichst die Facharbeiter, auszuwählen versuchten, die Sozialrentner, die Pensionäre aber zurückließen. Da besteht für die Flüchtlingsländer die Gefahr, daß sie Armenhaus und Altersheim werden.
    Alle diese Dinge regelt nun die Notverordnung, die ich dem Bundesrat vorlege. Will der Bundesrat sie annehmen — und wir kommen ja mit dem Bundesrat schneller zum Ziel als über die gewöhnliche Gesetzgebungsmaschine —, dann ist es recht; hält er eine Gesetzgebung für richtiger wie zum Beispiel bei dem Notaufnahmegesetz, — nun, auch gut; mir ist es gleichgültig. Aber dann müssen wir diesen Gesetzesvorschlag der SPD ganz erheblich durcharbeiten, und da wird die Notverordnung, die das Kabinett gestern beschlossen hat, eine sehr gute Grundlage sein.
    Sie wissen, wir haben vorgeschlagen, im nächsten Jahre aus Schleswig-Holstein 120 000, aus Niedersachsen 50 000 und aus Bayern 30 000 umzusiedeln. Diese Zahlen werden erheblicher Kritik unterliegen, und auch für mich besteht kein Zweifel, daß es zu wenig sind, wie ja überhaupt über der Vertriebenenpolitik das Wort „zu wenig" steht. Nur: es einzuordnen und das meiste herauszuholen, das ist die Schwierigkeit. An mir und der Bundesregierung soll es nicht fehlen. Ich kann auch nur betonen, daß die Vertriebenenfrage der Frage einer Verteidigung zum mindesten gleichwertig ist, weil ihre Lösung die Voraussetzung für die Möglichkeit einer Verteidigung ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)