Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Edert und die Angriffe — ich will sie so bezeichnen —, die er gegen die dänische Bewegung gestartet hat, veranlassen mich, einiges zu erwidern und richtigzustellen. Herr Dr. Edert hat davon gesprochen, daß die dänische Bewegung eine Flüsterpropaganda treibe. Ich weiß nicht, Herr Dr. Edert, ob das richtig ist. Ich möchte betonen, daß die dänische Bewegung und deren politische Organisation, der Südschleswigsche Wählerverband eine politische Partei ist, wenn Sie wollen; mit einem Parteiprogramm, das bekannt ist. Die Funktionäre des Wählerverbandes arbeiten für die Durchführung dieses Parteiprogramms, und ihnen zur Seite stehen zwei Zeitungen oben an der Grenze,
und zwar eine dänisch und eine deutsch geschriebene Zeitung: „Flensborg Avis" und „Südschleswigsche Heimatzeitung". Daneben müßte Herr Dr. Edert wissen, daß gerade wir in der letzten Zeit überall im Lande Protestversammlungen abgehalten haben, die von Tausenden von Personen besucht waren, und daß in diesen Versammlungen eine Resolution angenommen worden ist, die ich persönlich dem Herrn Bundeskanzler übersandt habe, in welcher die Nöte dieses Landes nochmals dargestellt werden. All das ist keine Flüsterpropaganda, alles das ist offene Arbeit!
Einiges zu der Bezeichnung „nationale Gefahr". Meine Damen und Herren, ich bin gefragt worden, warum ich als schleswig-holsteinischer Abgeordneter nicht unterschrieben habe. Ich muß darauf antworten: Das mit der „nationalen Gefahr" muß ich Herrn Dr. Edert überlassen. Wenn das wirklich zuträfe, müßte ich für das Verbleiben der Vertriebenen in unserem Lande sein. Fest steht aber, daß gerade wir von unserer Organisation aus von Anfang an — seit 1945 — mit aller Entschiedenheit für eine Umsiedlung eingetreten sind. Warum Herr Dr. Edert erst fünf Jahre später hier diese Forderung erhebt, darüber, Herr Dr. Edert, wollen wir uns in Schleswig-Holstein in dem kommenden kommunalen Wahlkampf unterhalten. Ich glaube, daß man dies auf die Parteienbildung in Schleswig-Holstein, auf den BHE, zurückführen kann. Fünf Jahre lang waren wir vom Südschleswigschen Wählerverband mit unserer Forderung auf eine gründliche Umsiedlung so ziemlich allein.
— Doch, hier an dieser Stelle, meine Damen und
Herren, habe ich zu dieser Frage dreimal das Wort
genommen und die Not dieses Landes geschildert.
Meine Damen und Herren, ich freue mich, daß wir jetzt in Schleswig-Holstein eine ganz einheitliche Front haben, und ich will gerne sagen, daß ich auch mit dieser Interpellation voll und ganz einverstanden bin, weil — ich wiederhole das noch einmal — der Südschleswigsche Wählerverband diese Forderung als Programmforderung schon seit fünf Jahren vertritt.
Nun einiges zu den nationalen Minderheiten.
Nationale Minderheiten hat es auf beiden Seiten
der Grenze gegeben, solange diese besteht, und
jede kommende Regierung muß sich damit abfinden, daß diesseits der Grenze eine dänische Minderheit besteht. Diese Minderheiten haben aber im
Verlauf der Jahrzehnte in ihrer Mitgliederzahl
ständig geschwankt. Die dänische Minderheit hat in
den letzten Jahrzehnten eine gute, ja teilweise eine
starke Entwicklung genommen, und gute Demokraten haben sich seit Jahrzehnten bemüht, diesen
Minderheiten die freiheitlichen Rechte zu geben.
— Gewiß, diese freiheitlichen Rechte haben wir durch das Kieler Abkommen erhalten, und wir sind als politische Partei anerkannt worden. Darum geht es, meine Damen und Herren, das ist meines Erachtens das Wichtigste. Zu den freiheitlichen Rechten aber gehört das Recht des freien Bekenntnisses und das Elternrecht. Alles andere und alle anderen Abmachungen sind meines Erachtens Gesinnungszwang. Eine Minderheit kann nur mit dem freien Recht des Bekenntnisses leben.
Noch ein Wort zur Kulturoffensive. Meine Damen und Herren, freuen wir uns doch, daß wir heute nur noch Kulturoffensiven haben und keine blutigen mehr.
Auch zu der Frage, ob es richtig ist, Menschen aus einer Hundertmillionen-Kulturgemeinschaft in eine Viermillionen-Kulturgemeinschaft umzusiedeln, ein Wort. In einem kommenden vereinten Europa werden die Kulturgemeinschaften bestehen bleiben, und in einem kommenden vereinten Europa müßten wir gute Europäer schaffen. Die besten Europäer aber werden wir haben, wenn sie sich freiwillig einer Kulturgemeinschaft anschlieBen, und niemals dann, wenn sie zwangsweise in eine große Kulturgemeinschaft hineingepreßt werden.
Abschließend möchte ich dann noch zu den Geldern, von denen so oft geredet wird, sagen: Tatsache ist, daß die Minderheiten auf beiden Seiten der Grenze — drüben mit deutschem Geld und auf dieser Seite mit dänischem Geld — unterstützt worden sind, solange sie bestehen. Wenn jetzt erhöhte Beträge verwendet werden, dann liegt es hauptsächlich daran, daß diese Beträge — in Flensburg und in Schleswig — für Schulneubauten gebraucht werden, die erforderlich geworden sind, weil eine schleswig-holsteinische Regierung die bestehenden Kommunalschulen aufgehoben hat. Früher waren die Gemeinden in Flensburg und Schleswig verpflichtet, Schulräume für dänische Kinder zur Verfügung zu stellen; heute müssen wir für die dänischen Kinder sorgen. und für sie Schulräume bauen. Dazu werden heute
in erster Linie die Gelder verwendet, und daher kommen die hohen Summen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend erklären: Wir wenden uns vor allen Dingen dagegen — das möchte ich dem Herrn Abgeordneten Tichi sagen — und sehen es als eine Ungerechtigkeit an, wenn wir in unserer gewerblichen Wirtschaft nahezu 80 °Io Heimatvertriebene unterbringen müssen,
die die Arbeitsplätze einnehmen. Wir sehen das als eine Ungerechtigkeit an. Es gibt in Westdeutschland noch unbelegte Länder, die diese Nachteile nicht haben. Daher, sagen wir, werden die kommenden Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein ein Bild geben, mit dem die Einheimischen in Schleswig-Holstein nicht zufrieden sein können.
Meine Damen und Herren, ich möchte nun abschließend sagen: Auch ich begrüße die Gesetzesvorlage. Ich begrüße es, daß die Frage der Umsiedlung nun, endlich gesetzmäßig geregelt wird. Wir haben auch hei uns den Widerstand in den unterbelegten Ländern gespürt. Wir können nicht so lange warten, bis sie in den unterbelegten Ländern Häuser gebaut haben. Es ist hier von dieser Stelle schon gesagt worden: auch sie müssen nun endlich einmal in den Wohnungen zusammenrücken. Wir haben schon im Winter 1945/46 jedes einzelne Zimmer hergeben und registrieren müssen, um unglücklichen Menschen Obdach zu geben. Es müßte auch in anderen Ländern durch Bewirtschaftung des Wohnraums möglich sein, noch mehr Menschen unterzubringen. Ich begrüße den Gesetzentwurf, ich halte allerdings die Zahl von 300 000 für 1951 nicht für ausreichend. Aber der Gesetzentwurf wird ja dem Ausschuß überwiesen werden, und ich will hoffen, daß er dem Lande Schleswig-Holstein endlich die Entlastung bringt, auf die es einen Anspruch hat.