Meine Damen und Herren! Die Tatsache, daß die CDU am 26. Oktober, also vor dem Stattfinden gewisser Wahlen, diese Inter-
pellation eingebracht hat, scheint mir ein eklatanter Beweis dafür zu sein, wohin uns der dem föderalistischen System eigene und angeborene Egoismus zu führen geeignet ist. Die Tatsache der Interpellation ist aber auch gleichzeitig eine eklatante Verurteilung der Politik der Bundesregierung, die ja — in diesem Punkt ganz offensichtlich — von zwei Mitgliedern der Fraktion der Interpellanten verantwortlich geführt wird.
Wir Kommunisten stehen auf dem Standpunkt, daß die Umsiedlung der Menschen aus den überstark belegten Ländern eine Notwendigkeit ist. Wir glauben, daß das Problem der Beschaffung von Arbeit für diesen Personenkreis unter dem kapitalistischen System nicht in der Form gelöst werden kann, daß man in den an und für sich industriearmen Ländern, die diese Übervölkerung aufweisen, künstlich neue Industrien anpflanzt, die ja doch nur lebens- und konkurrenzfähig wären, wenn sie dauernd verlorene Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln erhalten. Wir sind also der Auffassung, daß die Umsiedlung eine Notwendigkeit ist, und wir sind bereit, allem zuzustimmen, was diese Umsiedlung nach vernünftigen Prinzipien zu fördern geeignet ist.
Wenn hier der Sprecher der CDU das schöne, stolze und richtige Wort geprägt hat „Unser Haus ist deutsch", wenn er am Schluß gesagt hat „Das ganze Deutschland soll es sein", wie kann man dann, wenn das Herzensüberzeugung ist, gleichzeitig die Tatsache, daß sich die Vertriebenen, Flüchtlinge und Umsiedler, wie Sie sie bezeichnen, politisch zu Parteien zusammengeschlossen haben, als die Gefahr einer Überfremdung bezeichnen? Wie ist es zu erklären, daß man als CDU, wenn man an ganz Deutschland denkt, in Schleswig-Holstein eine Abwehrorganisation der Einheimischen gegen die Fremden gründen konnte?
— Wer denn sonst, wenn nicht die CDU?
Sehr erstaunlich war es auch für mich, daß der Sprecher der CDU den Begriff des Eisernen Vorhangs mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes Schleswig-Holstein in Verbindung gebracht hat.
— Natürlich stimmt es. Aber es stimmt auch, und kein Mensch wird mir widersprechen, wenn ich sage, daß z. B. die Fischereiprodukte in der DDR liebend gern abgenommen worden wären. Also zumindest in einem Punkt kann die DDR kein Interesse daran gehabt haben, den „Eisernen Vorhang", von dem nur Sie faseln, aufrechtzuerhalten.
Wie ist es zu erklären, daß eine der ersten Handlungen der neu eingesetzten CDU-Regierung in Schleswig-Holstein darin bestand, aus der Verfassung die Agrarreform herauszunehmen?
— Richtig, darauf gebe ich Ihnen auch eine Antwort! Sie geben mir direkt ein Stichwort.
Wenn man Mitglied der NSDAP war und heute
durch Zufall, unter der Hut der amerikanischen Demokratie, Chef einer Länderregierung werden konnte, dann soll man sich nicht hier hinstellen und von der Not dieses Personenkreises reden.
— Es gibt darum Vertriebene, weil es eine NSDAP, einen Hitler und einen totalen Krieg gab.
— Ich halte Sie für viel zu klug, als daß Sie diesen Witz, den Sie eben gemacht haben, glauben.
Prasident Dr. Ehlers: Herr Abgeordneter Renner, darf ich Sie bitten, etwas vorsichtiger zu formulieren. Es handelt sich hier um einen sehr blutigen Witz.