Rede von
Dr.
Hermann
Ehlers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Dr. Baumgartner, ich muß in dieser Ihrer Erklärung eine Beleidigung aller Flüchtlinge Westdeutschlands sehen. Ich rufe Sie zur Ordnung.
Tich! : Das ist unerhört, und das will der künftige Innenminister von Bayern sein!
Die zur Debatte stehende Umsiedlungsaktion ist ein trauriges Kapitel für die Lösung des Flüchtlingsproblems in den westdeutschen Ländern. Ich muß dabei auch dem Herrn Kollegen Edert etwas sagen. Auch er hat in seiner Rede wohl der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß die Kommunalwahlen für Schleswig-Holstein eine Gefahr bedeuten würden, wenn die Heimatvertriebenen die Mehrheit bekommen würden. Auch das möchte ich zurückweisen. Wenn es ein demokratisches Wahlrecht gibt, dann muß es auch für alle gelten.
Dann müssen sich die andern ganz einfach damit abfinden. Darüber kommen wir nicht hinweg. Das ist eine Frage, über die wir uns vollständig klar sein müssen. Es geht nicht, daß es Länder gibt, die sich ganz einfach der deutschen Schicksalsgemeinschaft entziehen und der Aufnahme von Flüchtlingen ungeheure Schwierigkeiten bereiten.
Wir haben aus den Ausführungen des Herrn Ministers Albertz gehört und wissen es auch selbst, welche Schwierigkeiten bestehen. Aber gerade wegen des Auslandes müssen diese Schwierigkeiten behoben werden; denn im Ausland verfolgt man die Verhältnisse bei uns und die Entwicklung des Flüchtlingsproblems auf das genaueste. Wenn wir selber nicht imstande sind, auf diesem Gebiet Ordnung zu schaffen, dann können wir auf ausländische Hilfe kaum rechnen. Die Ordnung durch uns selbst ist eine Voraussetzung für eine ausländische Hilfe.
Meine sehr Verehrten! Wenn wir uns einmal mit den Dingen so ernst befassen, dann sehen wir, daß das reiche Land Nordrhein-Westfalen, das bis zum Ende des Jahres 1950 90 000 Heimatvertriebene aufnehmen sollte, bis heute noch 51 400 Heimatvertriebene aufzunehmen hat. Nicht anders ist es im Lande Rheinland-Pfalz. In der vergangenen Woche war eine Abordnung meiner engeren Landsleute aus Bayern, die das Schicksal nach Rheinland-Pfalz verschlagen hat, hier, und sie haben bittere Klage darüber geführt, daß sie monatelang in Massenlagern sitzen müssen, keine Arbeit bekommen und daß sich niemand um diese Leute kümmert.
Wir haben einen 'gleichen Fall in Frankenthal. In Frankenthal sind die Flüchtlinge ebenfalls in einem Massenlager untergebracht. Der Oberbürgermeister der Stadt hat wiederholt erklärt: Es ist unmöglich, für die Flüchtlinge Wohnraum zu schaffen.
Eine überörtliche Wohnungskommission hat festgestellt, daß in der Stadt Frankenthal 750 unterbelegte Wohnungen vorhanden sind.
Und trotzdem diese Härte und Herzlosigkeit.
Meine sehr Verehrten! Es ist sehr richtig: man hat durch das Ministerium für Heimatvertriebene für die Umsiedlung ,den Aufnahmeländern Millionenbeträge zur Verfügung gestellt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat 100 Millionen DM zur Schaffung von Wohnungen für die Umsiedler bekommen und hat bis heute von diesen Geldern nicht einen Pfennig beansprucht.
Unter diesen Umständen ist es vollständig klar, daß die Lösung dieses Problems nur auf einem gesetzlichen Wege möglich ist. Wir begrüßen deshalb den Antrag der SPD und werden uns für ihn einsetzen.