Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ich gleichzeitig die Ehre habe, der Vertreter des Bundeswahlkreises Passau zu sein, glaube ich, dem Herrn Vorredner nicht eigens versichern zu müssen, daß ich persönlich für die Bedürfnisse der bayerischen Ostwirtschaft und für die gesamte Lage des Bayerischen Waldes das engste Interesse und wohl auch eine gewisse Sachkunde habe. Es wäre mir eine Freude gewesen, wenn es von vornherein möglich gewesen wäre, den Weg, den der Beschluß des Deutschen Bundestags vom 23. Juni 1950 vorgezeichnet hat, zu gehen. Die Bundesregierung hat sich auf Grund dieses Beschlusses sofort mit der bayerischen Landesregierung, dem Herrn bayerischen Ministerpräsidenten in seiner Eigenschaft als bayerischem Staatsminister der Finanzen und mit den Wirtschaftsvertretern der bayerischen Ostmark in das Benehmen gesetzt.
Der in dem Beschluß vorgesehene Weg, der Deutschen Bundesbahn 30 Millionen DM für Frachterleichterungen zugunsten der bayerischen Ostmark zur Verfügung zu stellen, ist aber leider in der Form nicht gangbar. Bei der äußerst angespannten Lage des Bundeshaushaltes muß ich grundsätzlich Wert darauf legen, daß die Deutsche Bundesbahn, die als Sondervermögen des Bundes eine eigene Haushaltsführung hat, nicht unmittelbar dem Bund und damit dem Steuerzahler zur Last fällt. Wenn ich im vorliegenden Falle einen Anspruch der Bundesbahn auf Schadloshaltung für einen unter den Selbstkosten liegenden Tarif anerkennen müßte, wäre es nicht möglich, gleichliegende Fälle anders zu behandeln. Die späteren Auswirkungen auf die Bundesfinanzen wären dann unübersehbar.
Wie die Debatte über den Haushalt dem Hohen Hause gezeigt haben dürfte, gelingt es bis heute nur mit der größten Anstrengung, den Bundeshaushalt auszugleichen. Wie sehr diese Befürchtungen berechtigt sind, hat sich in der Zwischenzeit gezeigt, weil unter dem Hinweis auf den Beschluß vom 23. Juni 1950 bereits verschiedene Anträge von anderen Gebieten, z. B. aus dem Land Schleswig-Holstein, dem Land Baden etc. etc., vorliegen, frachtmäßig genau so behandelt zu werden wie die bayerische Ostmark. Im Laufe der Untersuchungen haben sich dann aber auch erhebliche rechtliche Bedenken ergeben, da nach der im Grundgesetz vorgesehenen Aufgabenteilung die Betreuung wirtschaftlich schwach entwickelter Bezirke Länderaufgabe ist. Soweit das Land Bayern haushaltsmäßig nicht in der Lage ist, die hierfür erforderlichen Mittel aufzubringen, wäre der im
Grundgesetz vorgesehene Weg der, die Hilfsmaßnahmen aus Finanzausgleichszahlungen nach Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes zu bestreiten.
Wir haben in dem Entwurf über den horizontalen Finanzausgleich, also den Finanzausgleich unter den Ländern, für das Rechnungsjahr 1950 zwei Gesichtspunkte eingesetzt, die gerade auf die bayerische Ostmark abgestellt sind. Es ist die, insbesondere die ja dann im Bundesrat umstrittene Bestimmung wegen der Berücksichtigung der Dauerarbeitslosigkeit. Wir wollten damit die Nachteile, die durch die Lage der bayerischen Ostmark entstehen und die die Grundursache der Dauerarbeitslosigkeit sind, im Wege des horizontalen Finanzausgleichs ausgleichen.
Eine Untersuchung der Deutschen Bundesbahn hat sodann erwiesen, daß die Gewährung der vom Bundestag gewünschten Frachtverbilligung für ein halbes Jahr nicht den Betrag von 15 Millionen DM, sondern den Betrag von 7,5 Millionen DM erfordert. Für die besonders vordringliche Verbilligung der Frachten für Holz und Holzwaren sowie für Steine und Erden wird in der zweiten Hälfte des Rechnungsjahres ein Betrag von etwa 3 Millionen DM benötigt, so daß unter Einbeziehung einer Vergünstigung für Umwegentfernungen 4 bis 5 Millionen DM ausreichend sind.
Was die Frachtverbilligung für Kohle und Koks betrifft, so muß ich darauf hinweisen, daß diese Frage deswegen wesentlich erschwert ist, weil sie in einem inneren, psychologischen Zusammenhang mit der Frage der Küstenkohlentarife steht und diese Frage in der letzten Zeit im Sinne der Aufhebung der Küstenkohlentarife entschieden worden ist.
Im Hinblick auf die äußerst fragliche Zuständigkeit des Bundes und die Unmöglichkeit, Deckung für die genannten Beträge im Bundeshaushalt zu schaffen, habe ich einen anderen Weg versucht. Die Bundesregierung hat sich mit Bayern unmittelbar in das Benehmen gesetzt und hat Bayern eine Kassenhilfe von 2 Millionen DM für den Rest des Haushaltsjahres in Aussicht gestellt, um die Zeit bis zum Eingang der Finanzausgleichsbeträge zu überbrücken, wenn Bayern einen ähnlichen Zuschuß leistet. Der Herr bayerische Staatsminister für Finanzen hat geglaubt, diesen Vorschlag nicht annehmen zu können. Ich habe daraufhin die Verhandlungen weitergeführt, um unter allen Umständen die vom Bundestag verfolgten Absichten im Rahmen des Möglichen zu fördern. Mit Schreiben vom 27. 10. 1950 habe ich mich bereit erklärt, zunächst einmal als ersten Übergang einen Kassenkredit von 1 Million DM zum sofortigen Anlaufen der Maßnahmen zur Verfügung zu stellen und mich im Bundestag dafür einzusetzen, daß für einen neuen Ansatz im Einzelplan XII des ordentlichen Haushalts 1950 für Zuschüsse für Frachterleichterungen in Ostbayern Deckung erfolgt. Ich konnte mich dazu unter Zurückstellung verfassungsrechtlicher Bedenken deshalb entschließen, weil es im Bundeshaushalt 1950 ohnedies noch nicht restlos und überall gelungen ist, eine dem Grundgesetz entsprechende Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern bei den Haushaltsansätzen zu berücksichtigen. Ich habe jedoch zum Ausdruck gebracht, daß die wirtschaftliche Förderung der Industrie in erster Linie dem Sitzland obliegt und es deshalb weder nach dem Grundgesetz noch nach der Lage des Bundeshaushalts vertretbar ist, die Gesamtkosten durch den Bund tragen zu lassen. Dabei muß immer davon ausgegangen werden, daß
Bayern voraussichtlich aus dem Finanzausgleich einen Zuschuß erhalten wird, der sich auf der Grundlage der sogenannten Dauerarbeitslosigkeit und damit gerade auf der Grundlage der Verhältnisse der bayerischen Ostmark bemißt.
Auf den Vorschlag eines solchen Kassenvorschusses hat die bayerische Staatsregierung bis heute leider noch nicht entscheidend geantwortet. Ich hoffe, daß diese Verhandlungen in einem positiven Sinne geführt werden können. Ich möchte dazu bemerken, daß es sich bei dieser Sachlage nur um eine Überbrückung für das Haushaltsjahr 1950/51 handelt. Ich nehme an, daß wir die ganze Frage der Frachtverbilligung hinsichtlich der bayerischen Ostmark und anderer Grenzdistrikte in dem Haushalt des Haushaltsjahres 1951/52 einer grundsätzlichen Bereinigung zuführen müssen. Ich hoffe, daß es dann gelingt, nicht auf dem Wege eines Zuschusses für die Bundesbahn, sondern auf dem Wege der Dotierung eines Grenzlandfonds,
aus dem das betreffende Land u. a. auch Zuschüsse für Frachterleichterungen geben kann, die Schwierigkeiten, die hier bezeichnet sind und die in anderen Gegenden auch vorhanden sind, umso leichter beheben zu können.