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ID0110412000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1950 3791 104. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Dezember 1950. Nachruf für den verstorbenen Abg. Klabunde 3'792D Eintritt der Abgeordneten Majonica und Frau Lockmann in den Deutschen Bundestag 3792D, 3793A Austritt des Abg. Dr. Leuchtgens aus der DRP und Beitritt zur Fraktion der DP 3793A Beitritt des Abg. Friedrich als Hospitant zum BHE-DG 3793A Geschäftliche Mitteilungen . 3793A, 3847C, 3849C Zustimmung des Deutschen Bundesrats zu den Gesetzen über Änderung und Ergänzung des Personenstandsgesetzes 3793B Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts 3793B Schifferdienstbücher 3793B Ablauf der durch Kriegs- oder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen . 3793C Flaggenrecht der Seeschiffe und Flaggenführung der Binnenschiffe 3793C Anfrage Nr. 130 der Zentrumsfraktion über den Aufbau von militärischen und polizeilichen Dienststellen (Nrn. 1537 und 1663 der Drucksachen) 3793C Anfrage Nr. 132 der Zentrumsfraktion betr. Einsichtnahme von Steuerbehörden in Volkszählungsunterlagen (Nrn. 1542 und 1652 der Drucksachen) 3793C Anfrage Nr. 136 der Fraktion der KPD betr. Schließung des Eisenbahn-Ausbesserungswerks Heilbronn (Nrn. 1581 und 1656 der Drucksachen) 3793C Anfrage Nr. 139 der Zentrumsfraktion betr Aufenthalt von Fremden in den USA (Nrn. 1593 und 1673 der Drucksachen) . . 3793C Bericht des Bundeskanzlers vom 5. Dezember 1950 über den Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Nr. 1675 der Drucksachen) . . 3793C Beratung der Interpellation der Fraktion der CDU/CSU betr. Wiederbesiedlung der Stadt Kehl (Nr. 1493 [neu] der Drucksachen) 3793D, 3807B Zur Geschäftsordnung: Dr. Oellers .(FDP) 3807C, 3808B Rümmele (CDU) 3807D Mellies (SPD) 3808A Zur Sache: Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3808B Rümmele (CDU), Interpellant . . . 3808D Erler (SPD) 3810A Dr. Pünder (CDU) 3811D Dr. Hamacher (Z) 3812B Dr. Schäfer (FDP) 3812C Renner (KPD) 3813C Beratung der Interpellation der Fraktionen der BP, des Zentrums und der WAV betr. Gesetzentwürfe über eine Senkung der Tabak-, Kaffee- und Teesteuer (Nr. 1429 der Drucksachen) 3793D, 3796C Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Interpellant 3796D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 379&D Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. steuerlich abzugsfähige Mitgliedsbeiträge (Nr. 1516 der Drucksachen) 3793D Seuffert (SPD), Interpellant . . . 3794A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3795B Beratung der Interpellation der Fraktionen .der CDU/CSU, SPD, FDP, DP und BP betr. Ufi-Auktion in Wiesbaden (Nr 1590 der Drucksachen) 3800C Muckermann (CDU), Interpellant . 3800C Dr. Schalfejew, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 3801C Brunner (SPD) 3802D, 3807B Dr. Vogel (CDU) 3805A Müller (Frankfurt) (KPD) 3806D Erste Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichsautobahngesetzes vorn 29. Mai 1941 (Nr. 1571 der Drucksachen) 3813D Dr. Bertram (Z), Antragsteller . . 3813D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftssteuergesetzes (Nr. 1575 ,der Drucksachen) . . 3814C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3814C Erste Beratung des Entwurfs eines Anleihegesetzes von 1950 (Nr. 1576 der Drucksachen) 3815D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3815D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 3816B Dr. Bertram (Z) 3817D Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen (Nr. 1621 der Drucksachen) 3818B Dr. Kleindinst (CSU), Antragsteller 3818C, 3820A Arnholz (SPD) 3818D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" (Nr. 1638 der Drucksachen) 3820C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3820C Dr. Bucerius (CDU) . . . 3821A Seuffert (SPD) 3821B Paul (Düsseldorf) (KPD) 3822A Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abg. Dr. Greve u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung von Fristen auf dem Gebiete des Anwaltsrechts (Nr. 1615 der Drucksachen) . . . . 3822C Dr. Greve (SPD), Antragsteller 3822D, 3824D, 3825A, 3826D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz . . . . 3823C, 3826C, 3828A Ewers (DP) 3825C, 3827B Dr. Oellers (FDP) 3828C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des D-Markbilanzgesetzes (D-Markbilanzergänzungsgesetz) (Nr. 1293 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1622 der Drucksachen) 3829C Dr. Koch (SPD), Berichterstatter . 3829D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs '(Nr. 802 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1519 der Drucksachen) . 3832B Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter 3832B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundesbahn (Nr. 1023 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 1556 der Drucksachen) 3834C Rümmele (CDU), Berichterstatter . 3834C Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1653 der Drucksachen) 3836A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3836A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen (Nr. 801 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1518 der Drucksachen) . . . 3836B Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter 3836C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3838B Rademacher (FDP) 3839A Dr. Fecht, Justizminister von Baden 3839B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundespost (Nr. 976 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen (28. Ausschuß) (Nr. 1635 der Drucksachen) 3840A Cramer (SPD), Berichterstatter . . . 3840B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über die Anträge der Abg. Rademacher, Dr. Schäfer u. Gen. und der Abg. Ollenhauer u. Gen. betr. Küstenkohlentarife (Nrn. 1309, 72, 76 der Drucksachen) 3841C Dr. Bucerius (CDU), Berichterstatter 3841D Schröter (CDU) 3842D Dr. Oellers (FDP) 3844A Ewers (DP) 3844D Clausen (SSW) 3845C Blachstein (SPD) 3845D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Deutsche Bundesbahn (Nr. 1533 der Drucksachen) 3847C Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 3847D Rademacher (FDP) 3819A Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1624 [neu] der Drucksachen) 3849B Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . 3849B Änderung der Tagesordnung der nächsten Sitzung 3849C Dr. Oellers (FDP) 3849D Nächste Sitzung 3849D Die Sitzung wird um 9 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Carl Schröter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie der Herr Berichterstatter bereits gesagt hat, berührt die Frage der Küstenkohlentarife ganz besonders das Land Schleswig-Holstein. Wir haben in der letzten Zeit wiederholt gehört, daß Schleswig-Holstein ein völlig lebensunfähiges Land sei. Es lohne sich nicht, dieses Land durch Finanzausgleich und andere Maßnahmen künstlich am Leben zu erhalten. Man hat uns ein besonderes Rezept vorgeschlagen: man solle doch die Masse Schleswig-Holstein zusammen mit Hamburg, Bremen und Niedersachsen in einen Nordweststaat einbringen. In der Zwischenzeit wird die Antwort, die von Hamburg, von Niedersachsen und auch von Bremen gekommen ist, vielleicht die Befürworter eines derartigen Vorschlages eines Besseren belehrt haben, und ich glaube, auch wir in Schleswig-Holstein haben keine Absicht, Mitglieder eines Nordweststaates zu werden.
    Aber, meine Damen und Herren, wie steht es denn damit? Ist Schleswig-Holstein wirklich ein lebensunfähiges Land? Ich glaube, es muß einmal


    (Schröter)

    darauf hingewiesen werden, daß wir immer und immer wieder die Erfahrung machen, daß alles, was nördlich der Elbe liegt, im allgemeinen im deutschen Vaterlande nicht bekannt ist. Das war früher so und ist noch heute so. Ist SchleswigHolstein wirklich ein lebensunfähiges Land? Schleswig-Holstein ist eines der wenigen deutschen Länder, das eine historisch gewachsene Einheit ist; Schleswig-Holstein ist eine stärkere geschichtliche Einheit als manches andere deutsche Land. Schleswig-Holstein ist nicht von Haus aus lebensunfähig, sondern Schleswig-Holstein ist lebensunfähig gemacht worden. Die Umstände, unter denen das erfolgt ist, sind allgemein bekannt. Lassen Sie mich nur einige Tatsachen noch einmal aufzählen. Es ist Tatsache, daß gewaltige Massen von Heimatvertriebenen bei Kriegsende nach Schleswig-Holstein hineingepumpt worden sind und daß durch diese Tatsache das Land Schleswig-Holstein vor soziale und finanzielle Probleme gestellt worden ist, die Schleswig-Holstein aus eigener Kraft nicht lösen kann und, meine Damen und Herren, auch nicht verpflichtet ist zu lösen, weil die Aufgabe, für die Heimatvertriebenen zu sorgen, keine spezifisch schleswig-holsteinische, sondern eine gesamtdeutsche Aufgabe ist, wie ja überhaupt das Land Schleswig-Holstein auch in anderer Hinsicht gesamtdeutsche Aufgaben löst. Ich darf nur erinnern an den Nationalitätenkampf, den Schleswig-Holstein oben gegen die kulturelle Offensive des Neudänentums führt; ich darf Sie erinnern an die Arbeiten, die Schleswig-Holstein für die Landerhaltung und für die Landgewinnung an der Westküste seines Landes leistet.
    Daraus ergibt sich aber auch, daß SchleswigHolstein Anspruch auf Unterstützung vom Bunde hat. Ich will hier nicht bestreiten, daß der Bund sich bemüht hat, Schleswig-Holstein eine gewisse Unterstützung zuteil werden zu lassen. Aber die Unterstützung, die wir bekommen haben, ist in keinem Falle ausreichend gewesen. Unter keinen Umständen haben wir deswegen aber erwartet, daß man zu Maßnahmen greifen würde, die geradezu eine Schädigung Schleswig-Holsteins darstellen. Das aber ist in dem vorliegenden Falle Tatsache.
    Ich will dem Herrn Bundesverkehrsminister Seebohm zugeben, daß er sich zu wiederholten Malen bemüht hat und auch eine Verlängerung durchgesetzt hat. Aber heute weigert er sich, 6 B 11 und 6 B 14 beizubehalten. Er lehnt jeden Vermittlungsvorschlag ab. Dadurch wird der Schaden für Schleswig-Holstein um so größer, weil wir doch bereits durch die Tariferhöhung vom 15. August 1948 eine 40%ige Frachterhöhung erlebt haben. Die Folge ist, daß Schleswig-Holstein noch revierferner liegt, während es doch die Aufgabe einer gesunden Tarifpolitik sein sollte, Schleswig-Holstein an den Wirtschaftskern der westdeutschen Bundesrepublik heranzubringen. Das ist notwendig mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Entwicklung Schleswig-Holsteins. Es ist unverkennbar, daß in den letzten Jahrzehnten die industrielle Entwicklung Schleswig-Holsteins einen hohen Grad erreicht hat, und diesen hohen Grad verdankt Schleswig-Holsteins Industrie nur den Frachtvorteilen, die sich aus dieser Küstenkohlentarifpolitik ergaben. Dadurch haben wir es erreicht, daß Schleswig-Holsteins Industrie sich so entfalten konnte. Die Küstenkohlentarife sind also Bestandteile der wirtschaftlichen Struktur SchleswigHolsteins.
    Durch die Beseitigung dieser Küstenkohlentarife erleidet Schleswig-Holstein jetzt aber ungeheuren
    Schaden. Wir befinden uns mit dem Herrn Bundesverkehrsminister nicht auf einer gleichen Basis, wenn er noch im Juni des letzten Jahres den Schaden, den Schleswig-Holstein erlitten hat, mit 8,5 Millionen DM und neuerdings nur mit 3,3 Millionen DM errechnete. Das Wirtschaftsministerium Schleswig-Holsteins hat einen Schaden von 10 Millionen DM festgestellt. Diese Summe wird von allen Industrieunternehmen, vor allem auch von den drei Industrie- und Handelskammern, die wir in Schleswig-Holstein haben, bestätigt. Man hat uns den Rat gegeben, auf die Binnenschiffahrt abzuwandern. Dieser Weg ist unmöglich, weil wir keinen direkten Wasserweg vom Ruhrgebiet nach Schleswig-Holstein haben. Auch die Abwanderung auf die Küstenschiffahrt ist aus dem einfachen Grunde nicht möglich, weil verschiedene verteuernde Umladungen die Folge sein müßten und dadurch die Kohle noch teurer werden würde.
    Aber lassen Sie mich nur an einem Beispiel die katastrophalen Folgen der Beseitigung der Küstenkohlentarife nachweisen. Wir haben in Schleswig-Holstein eine vorzügliche Zementindustrie. Man weiß, daß der Kohleanteil an den Gesamtproduktionsunkosten 38 % ausmacht und daß gerade die Zementindustrie im gegenwärtigen Augenblick exportintensiv ist. Ein Drittel der Zementproduktion von Schleswig-Holstein wird ausgeführt. Unter diesen Umständen wird aber die Wettbewerbsfähigkeit unserer Zementindustrie in Schleswig-Holstein beseitigt oder zumindest gefährdet. Ich darf doch den Herrn Staatssekretär Frohne, den ich auf der Ministerbank sehe, daran erinnern, daß man in demselben Augenblick, in dem man Schleswig-Holstein den Genuß der Küstenkohlentarife versagen und nehmen will, den Zementwerken von Nordrhein-Westfalen den Ausnahmetarif 4 S 2 gegeben und damit die Zementwerke von NordrheinWestfalen zu Küstenwerken gemacht hat. Ich will nicht von den Schäden reden, die die Gas- und Elektrizitätswerke und die Bäckereibetriebe erleiden. Die Folge muß sein, daß in Schleswig-Holstein eine Abwanderung der noch vorhandenen Industrien nach frachtgünstigeren Gegenden stattfindet. Auf der anderen Seite wird die Bereitschaft industrieller Werke, nach Schleswig-Holstein zu gehen, geringer werden, und dadurch werden wir niemals das Mißverhältnis, das zwischen Bevölkerungszahl und der Wirtschaftskraft des Landes Schleswig-Holstein besteht, überwinden können.
    Meine Damen und Herren! Ich will nur nebenbei die politischen Auswirkungen erwähnen. Wir erleben doch bereits, daß heute die dänische Presse oder die dänisch gesinnte Presse einen Angriff auf die Bundesregierung und auf die Landesregierung macht. Schleswig-Holstein ist sich der Lage der Bundesbahn bewußt. Schleswig-Holstein weiß, daß es vielleicht nicht möglich ist, die Küstenkohlentarife gänzlich beizubehalten. Aber wenn der Herr Bundesverkehrsminister jede Verhandlung über einen Vermittlungsvorschlag abgelehnt hat, so muß ich ihm sagen: so geht es wirklich nicht. Wir halten mit allem Nachdruck an unserer Forderung fest, daß ein Entgegenkommen gegenüber dem Lande Schleswig-Holstein, das mit so vielen Nöten vorbelastet ist, auf mittlerer Linie gezeigt wird.

    (Beifall bei der DP. — Zuruf von der BP: Es gibt noch Föderalisten!)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Oellers.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Oellers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle im Namen derjenigen meiner politischen Freunde, die als Abgeordnete des nordwestdeutschen Raums an der Frage der Küstenkohlentarife ein besonderes Interesse haben, den lediglich hinsichtlich des Termins geänderten Antrag, den meine Fraktion bereits in der Drucksache Nr. 72 vom 5. Oktober 1949 gestellt hat, nämlich:
    Die Bundesregierung wird ersucht, die im Tarif- und Verkehrsanzeiger der Deutschen Eisenbahnen Nr. 30 vom 21. 9. 1949 unter lfd. Nr. 881 veröffentlichten Änderungen der Küstenkohlentarife 6 B 11 und 6 B 14 mit Wirkung vom 1. Januar 1951 ab wieder rückgängig zu machen.
    Es hat meines Erachtens den Anschein, als ob der Herr Bundesverkehrsminister bei seinen Überlegungen, auf Grund deren er die Küstenkohlentarife zur Aufhebung gebracht hat, nicht gewußt hat, daß es sich um eine Einrichtung handelt, die inzwischen 90 Jahre alt ist.

    (Abg. Schröter: Sehr richtig!)

    Jedenfalls habe ich mich davon überzeugen können, daß die Kabinettsmitglieder, die diesen Beschlüssen zugestimmt haben, von dieser Tatsache nicht unterrichtet waren.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Es muß aber jedem Einsichtigen klar sein, daß es eine Standortbedingung für eine Industrie ist, wenn eine Frachtvergünstigung bereits 90 Jahre läuft. Ebensosehr wie andere Industrieunternehmen aus dem gleichen Grunde an den Rhein und die Ruhr gehen oder wie sich Industrieunternehmen in der Gegend der Wasserkräfte Bayerns ansiedeln, so war es für die schleswig-holsteinische Industrie eine Grundlage ihrer Kostenkalkulation, sich auf die Küstenkohlentarife berufen zu können. Wenn man die schleswig-holsteinische Industrie nicht in die ernstesten Schwierigkeiten bringen will, ist es meines Erachtens völlig unmöglich, diese Dinge von heute auf morgen zu beseitigen.
    Ziffernmäßig ergibt sich folgende Situation. In die 40%ige Tariferhöhung vom 15. 8. 1948 wurden bereits die Küstenkohlentarife eingezogen. Durch diese lineare Erhöhung wurden bereits die Nachteile für das Grenzland Schleswig-Holstein erheblich verschärft. Die Situation ist mit der Aufhebung der Küstenkohlentarife unhaltbar geworden, seitdem mit dem 1. 10. 1950 die bisherige Aussetzung für Schleswig-Holstein aufgehoben worden ist. Ein einziges ziffernmäßiges Beispiel: vor dem 15. 8. 1948 betrug der Frachtsatz ab Gelsenkirchen für eine Station im 100-km-Umkreis 4,30 DM und für Kiel 8,10 DM, nach dem 15. 8. 1948 ist sie für die Station im Umkreis von 100 km von 4,30 auf 6,02 DM gestiegen — das sind 40% —, für die Station Kiel aber von 8,10 DM auf 16,40 DM, das sind 102%.

    (Hört! Hört! rechts,)

    Die jährliche Mehrbelastung des Landes SchleswigHolstein beläuft sich, wie Herr Kollege Schröter bereits dargelegt hat, auf über 10 Millionen DM. Wenn der Herr Bundesverkehrminister diese Ziffern weiterhin bezweifeln sollte, bin ich in der Lage, ihm das Unterlagenmaterial dafür zur Verfügung zu stellen.
    Darüber hinaus kann es gar keinem Zweifel unterliegen, daß die Aufhebung der Küstenkohlentarife zu einer völligen Katastrophe führt, wenn demnächst wieder unter Einbeziehung dieser Aufhebung neue Frachterhöhungen eingeführt werden. Ich möchte die Beispiele, die Herr Schröter hier angeführt hat, insbesondere das der Zementindustrie, nicht weiter erläutern. Ich glaube, es muß jedem
    Einsichtigen klar sein, daß eine solche Verschiebung der Konkurrenzlage für die schleswig-holsteinische Industrie zu katastrophalen Folgen führen muß.
    Ich bin keineswegs gewillt, hier als Vertreter für irgendeine Industrie eines Landes zu sprechen. Aber schließlich muß man die Dinge im politischen Raum sehen. Solange wir das Armenhaus Schleswig-Holstein haben, das mit allen Kräften einigermaßen in Ordnung zu bringen unser Bemühen sein sollte, so lange ist es doch absurd, Maßnahmen zu treffen, die in ihren Folgen genau das Gegenteil mit sich bringen müssen. Wenn schon die Umsiedlung nicht klappt und gewissen Ländern in dieser Beziehung nicht unberechtigte Vorwürfe zu machen sind, muß man doch zumindest alle Möglichkeiten erschöpfen, um in dem Lande selbst der Bevölkerung zu einer Arbeitsmöglichkeit zu verhelfen. Man darf keine Maßnahmen treffen, die die Industrie dieses Elendslandes einfach konkurrenzunfähig machen. Man darf keine Maßnahmen treffen, die verhindern, daß im Lande Schleswig-Holstein eine neue Industrialisierung, die dringend notwendig ist, vorgenommen wird.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Ich spreche das zu diesem Hause, weder zu Ihnen noch zu einer anderen Seite. — Was man hier tut, ist praktisch etwas, was man beim besten Willen nicht tun darf. Wir müssen uns nach allen Kräften bemühen, die schleswig-holsteinische Industrie zu stützen und neue Industrieunternehmen nach Schleswig-Holstein zu bringen. Wir dürfen aber keine Maßnahme treffen, die dem Abwanderungsdrang der Industrie aus Schleswig-Holstein, der sich jetzt bereits bemerkbar macht, noch Tür und Tor öffnen. Ich meine, auch diejenigen, die an der Erhöhung dieser Tarife ein Interesse haben, sollten nicht so kurzsichtig sein. Es kommt ja auch einmal wieder die Zeit, wo der Import englischer Kohle nicht mehr so schwierig ist wie heute, und wenn ich Ihnen sage, daß bereits heute die englische Kohle cif Kiel billiger ist als die Ruhrkohle, dann sollte auch das ein Mahnmal sein für diejenigen, die glauben, daß man jetzt den ursprünglichen Grund, warum man diese Küstenkohletarife eingeführt hat, beiseite lassen könne.

    (Beifall bei der FDP.)