Rede von
Oskar
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Muckermann hat bei der Begründung der Interpellation davon gesprochen, daß bei der Behandlung dieses Komplexes einige mysteriöse Vorgänge vorhanden wären, die noch in einem späteren Zeitpunkt, wie er meinte, zu beleuchten und zu klären wären. Ich glaube, Herr Kollege Muckermann hätte doch sicherlich Veranlassung gehabt, auf das, worum es sich hier handelt, näher einzugehen, also zum mindesten an- und auzusprechen, welches die Triebkräfte und die Motive sind, die bei dem Gesetz Nr. 32 seitens der Amerikaner eine maßgebende Rolle spielen. Herr Kollege Brunner hat in einer etwas ironisierenden, aber angesichts des Petersberges doch nicht so offen zum Ausdruck kommenden Sprache einige Hinweise gegeben.
Ich möchte in diesem Zusammenhang an das erinnern, was ich vor kurzer Zeit bei der Behandlung des Gesetzes Nr. 35 des Petersberges, als es sich um die IG-Farben-Industrie und der mit ihr zusammenhängenden Unternehmungen handelte, zum Ausdruck brachte, als ich hier einleitend erklärte, der Raubzug der amerikanischen Beutemacher findet kein Ende. Damals gab es eine Reihe von Kollegen in diesem Hause, die darüber lachten. Aber diese Interpellation beweist nicht nur allein die Richtigkeit der von der kommunistischen Fraktion getroffenen Feststellungen, sie erhärtet sie nur noch.
Ich glaube, es muß mit aller Deutlichkeit gesagt werden, daß das, was in Verfolg und bei der Durchführung des Gesetzes Nr. 32 beabsichtigt
und in der Realisierung begriffen ist, nichts anderes ist, als daß die Herren Amerikaner die deutsche Filmwirtschaft und die deutschen Filmtheater in ihre Hände bekommen wollen und damit das deutsche Volk und insbesondere die deutsche Jugend mit den amerikanischen Kitsch- und Gangsterfilmen bescheren wollen; daß sie mit dieser Ausplünderung aber nicht nur allein ihr wirtschaftliches Interesse im Auge haben, sondern in der Konsequenz naturgemäß auch eine Verseuchung der deutschen Jugend herbeizuführen beabsichtigen. Eine ganze Reihe von Tatsachen, auch Gerichtsverhandlungen über Jugendliche in der letzten Zeit, beweisen, wie und in welchem Umfange das Überschwemmen der westdeutschen Kinos mit amerikanischen Gangster- und Kitschfilmen dazu geführt hat, daß die Jugend oder zum mindesten einige Jugendliche, dadurch beeinflußt, in eine Situation geraten sind, daß sie vor dem Richter und vor dem Gericht nicht mehr zu retten waren. Also sowohl das wirtschaftliche Interesse der Herren Amerikaner wie auch das Ziel, die deutsche Jugend zu verseuchen, sind die Triebkräfte, die bei diesem Gesetz Nr. 32 eine entscheidende Rolle spielen.
Ich glaube, dagegen muß sich unser deutsches
Volk zur Wehr setzen. So, wie ich im Zusammenhang mit dem Gesetz Nr. 35 gesagt habe, daß sich alle guten Deutschen zusammenfinden müssen, um sich dagegen zu wehren, daß das, was dem deutschen Volke gehört, von den Amerikanern nicht an sich gerissen und gestohlen wird, müssen sich auch in diesem Zusammenhang alle zusammenfinden, um zu verhindern, daß seitens der amerikanischen Interessenten und der Profitjäger auf dem Wege über die Inbesitznahme und den Ankauf der Filmindustrie und der Theater eine Entwicklung begünstigt wird, die nur zum Schaden unseres deutschen Volkes und unserer deutschen Jugend sein kann.