Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Interpellation der Fraktionen der Bayernpartei, des Zentrums und der WAV werden der Bundesregierung drei Fragen vorgelegt:
1. aus welchen Gründen die termingemäße Einbringung der vom Bundestag geforderten Gesetzentwürfe über eine Senkung der Kaffee-, Tabak- und Teesteuer unterblieben ist;
2. was die Bundesregierung zu tun gedenkt, um nunmehr alsbald dem Ersuchen des Bundestages zu entsprechen;
3. bis zu welchem Zeitpunkt die Bundesregierung glaubt, die Gesetzentwürfe einbringen zu können.
Ich darf zu diesen drei Fragen Stellung nehmen.
Erstens. Die Gründe, aus denen die termingemäße Einbringung der vom Bundestag durch Entschließung vom 2. Juli 1950 gewünschten Gesetzentwürfe über eine Senkung der Tabak-, Kaffee- und Teesteuer unterblieben ist, hat die Bundesregierung durch ein Schreiben vom 27. Juli 1950 an den Herrn Präsidenten des Bundestages dargelegt. In diesem Schreiben ist folgendes ausgeführt worden — ich wiederhole es —:
Nach dem 2. Juni 1950 sind die vorbereiteten
Maßnahmen zur verstärkten Bekämpfung des
Schmuggels angelaufen. Außerdem ist sofort
mit den Vorarbeiten für die Entwürfe der Gesetze zur Senkung der Tabak-, Kaffee- und Teesteuer begonnen worden.
Der verstärkte Kampf gegen den Schmuggel hat bereits zu beachtlichen Erfolgen geführt, obwohl erst ein Teil der eingeleiteten Maßnahmen sich hat auswirken können. Die Bemühungen, den Schmuggel zu unterdrücken, werden mit allen Mitteln fortgesetzt. Nach den erfreulichen Anfangserfolgen ist zu hoffen,
a) daß ein höheres Steueraufkommen erzielt wird,
b) daß der drohenden Gefährdung des redlichen Handels Einhalt geboten werden kann.
Bei der Kürze der verflossenen Zeit lassen sich die Auswirkungen des Kampfes gegen den Schmuggel noch nicht genau überblicken. Insbesondere ist noch nicht zu übersehen, wie sich die verstärkte Schmuggelbekämpfung auf die Schwarzmarktpreise auswirkt. Statistische Unterlagen werden beschleunigt beschafft. Die weitere Entwicklung muß daher abgewartet werden.
Im gegenwärtigen Augenblick läßt sich auch nicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussagen, wie sich bei einer Steuersenkung das Aufkommen der Verbrauchsteuer entwickeln wird. Jede Senkung der Steuersätze bedeutet deshalb ein gewagtes Experiment, das zu Einnahmeausfällen führen kann. Die ernste Haushaltslage des Bundes gestattet aber derartige Maßnahmen nicht. Die Bundesregierung verweist dazu auf die Übersicht über die Finanz- und Haushaltslage des Bundes und der Länder im Rechnungsjahr 1950, Drucksache Nr. 1000 des Deutschen Bundestages.
Außerdem darf auch bei allen steuerlichen Maßnahmen die Entwicklung der Ausgabenseite des Bundeshaushalts nicht außer acht gelassen werden. Es ist noch ganz offen, welche Belastungen für den Bundeshaushalt unter anderem das Gesetz zur Durchführung des Art. 131 GG, die ungelösten Fragen der Subventionierung und der Lastenausgleich bringen werden.
Die Bundesregierung vertritt deshalb den Standpunkt, daß die Weiterentwicklung sowohl der Einnahmeseite ,des Bundeshaushalts als auch der Ausgabenseite abgewartet werden muß, ehe die -Gesetzentwürfe zur Senkung der Tabak-, Kaffee- und Teesteuer eingebracht werden können.
Der Bundesminister der Finanzen wird die
Gesetzentwürfe weiter bearbeiten lassen und
vorlegen, sobald Klarheit über die Auswirkung
der Schmuggelbekämpfung und die Entwicklung des Bundeshaushalts gewonnen ist.
Ich darf betonen, daß in der Zwischenzeit die Verhandlungen insbesondere mit den Antragstellern der Entschließung vom 2. Juli 1950 und ebenso Besprechungen mit den beteiligten Wirtschaftskreisen fortlaufend geführt worden sind. Daß die beteiligten Wirtschaftskreise es an Eifer in der Verfolgung ihrer Wünsche nicht fehlen lassen, brauche ich ja nicht zu betonen. Darüber hinaus ist dieses Schreiben der Bundesregierung in einer Sitzung des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen am 27. September 1950 Gegenstand der Erörterung gewesen. In der Diskussion sind dem Ausschuß genaue Zahlen über die Tabaksteuer, Kaffeesteuer und Teesteuer und ihre voraussichtliche Entwicklung im Falle einer Steuersenkung gegeben worden. Das Zahlenmaterial ist dem Ausschuß auf seinen Wunsch schriftlich zur Verfügung gestellt worden. Ferner hat das Bundesfinanzministerium in einem Schreiben vom 8. November 1950 dem Herrn Vorsitzenden des Finanz-und Steuerausschusses nochmals eine eingehende Darstellung gegeben. Nach der darin aufgemachten Berechnung muß im Falle einer Steuersenkung mit Mindereinnahmen auf alle Fälle gerechnet werden. Die Verhandlungen mit dem Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen dauern noch an.
Zweitens. Bei den Verhandlungen vor dem Ausschuß hat das Bundesfinanzministerium grundsätzlich zur Frage der Senkung der Steuern für Tabakwaren, Kaffee und Tee Stellung genommen. Es hat dabei folgende Erklärung abgegeben.
Unabdingbare Voraussetzung einer Steuersenkung ist, daß das Steueraufkommen nach der Senkung nicht absinkt, d. h. daß der Verbrauch an den steuerpflichtigen Erzeugnissen erheblich ansteigt. In diesem Zusammenhang mahnen die Erfahrungen nach der Steuersenkung für Zigarren zur Vorsicht. Es hat sich gezeigt, daß die Verbraucher nach der Steuersenkung nicht mehr den gleichen Geldbetrag für den Zigarrenkonsum anlegen wie vorher. Sie haben ihren Verbrauch zahlenmäßig zwar stark gesteigert, aber nicht um das volle Ausmaß der Verbilligung. Der Verbrauch liegt vielmehr, wertmäßig ausgedrückt, etwa in der Mitte des Verbilligungsbetrages.
Nebenbei bemerkt: es ist natürlich für das Bundesministerium der Finanzen unmöglich, eine Politik zu betreiben, die eine Verbilligung von Nahrungs- und Genußmitteln, wie in der Begründung der Interpellation gesagt worden ist, verhindert. Der Zweck der Senkung der Verbrauchssteuern ist, die Lebenshaltung des kleinen Mannes zu erleichtern. Infolgedessen ist es gerade der Zweck, verbilligte Lebensmittel zur Verfügung zu stellen.
Die gemachten Erfahrungen verpflichten das Bundesfinanzministerium zur Vorsicht vor ungewissen Experimenten, um so mehr. als die Maßnahmen zur Schmuggelbekämpfung bisher erfolgreich sind, so daß die Steuererträge von dieser Seite her gegenwärtig nicht mehr so gefährlich beeinflußt werden wie bisher. Es muß insbesondere angestrebt werden, die Frage der Verbrauchssteuersenkung im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt zu sehen. dessen angespannte Lage keinerlei Verzicht auf der Einnahmeseite zuläßt.
Ich muß betonen, daß ich es gerade aus dem letzten Grund nach wie vor für nicht möglich halte. Gesetzentwürfe über die Senkung der Steuern für Tabak, Kaffee und Tee schon jetzt vorzulegen. Das könnte allenfalls nur im Rahmen eines großen Steuerprogramms geschehen, bei dem es vielleicht möglich ist, Einnahmeausfälle durch Mehreinahmen bei anderen Steuern auszugleichen. Ich sage diesem Hohen Haus nichts Neues, wenn ich darauf hinweise, daß ich vermutlich schon in sehr kurzer Zeit genötigt sein werde, mit einem großen Steuerprogramm an dieses Haus heranzutreten.
Der Punkt 3 der Interpellation dürfte sich damit erledigen.
Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auch in der Zwischenzeit laufend mit den beteiligten Gewerbekreisen Verbindung gehalten worden ist. Die Vorlage der Gesetzentwürfe ist technisch so weit vorbereitet, daß sie in relativ kurzer Zeit erfolgen kann.
Noch ein Wort. In diesem Zusammenhang wird immer davon gesprochen, daß der Kampf gegen den Schmuggel zwar anerkennenswert sei, daß er aber nicht zu einem Erfolg führen könne und daß deswegen der Weg der Steuersenkung doch unvermeidlich sei. Ich muß dagegen Stellung nehmen. Wenn der Kampf gegen den Schmuggel von Erfolg sein soll, dann muß er von der gesamten Stimmung der deutschen Öffentlichkeit mit getragen werden.
All die Momente, die immer unter dem Gesichtspunkt in die Öffentlichkeit getragen werden, daß der Mensch schließlich nur ein Mensch und kein Engel sei und daß man infolgedessen mit der Neigung zum Schmuggel, zur Gewinnsucht, zur Hehlerei und zum Betrug gegenüber dem Staat und gegenüber den sozialen Schichten, deren Not durch die Mittel des Staates abgeholfen werden soll, rechnen müsse und dazu ein Auge zudrücken müsse, könnten in der Öffentlichkeit mißverstanden werden. Ich möchte den Deutschen Bundestag bitten, die Bundesregierung im Kampf gegen den Schmuggel vorbehaltlos zu unterstützen; denn der Kampf gegen den Schmuggel ist nur ein Ausschnitt aus dem Kampf gegen die Mißachtung der Gesetze auf dem gesamten Gebiet der Steuern und Zölle. Ich glaube, der ganze Deutsche Bundestag wird mit mir darin einig sein, daß gerade die kommenden Zeiten es erfordern, daß die bestehenden Gesetze von dem Steuerzahler in allen Schichten der Bevölkerung restlos befolgt werden — und so auch die Gesetze, die das Verbrauchsteuergebiet und die Zölle betreffen.
Der Kampf gegen den Schmuggel wird fortgesetzt werden. Ich wäre dem Deutschen Bundestag sehr dankbar, wenn er die Bundesregierung z. B. in dem Bestreben unterstützen wollte, die deutsche Gerichtsbarkeit über die DPs endlich zu erhalten,
weil gerade dies unvermeidlich ist, wenn der Kampf gegen den Schmuggel zu einem Erfolg führen soll. Ich muß zu meinem Bedauern feststellen, daß es kaum einen einzigen Fall von großer Steuerhehlerei und Schmuggel gibt, an dem nicht wenigstens eine Person aus dem Kreise der DPs beteiligt ist.
Also ich möchte den Deutschen Bundestag bitten, die Bundesregierung im Kampf gegen den Schmuggel zu unterstützen und mit der Bundesregierung auf die Besatzungsmächte einzuwirken, daß die Gerichtsbarkeit über alle deutschen Inlandsbewohner, ob sie DPs sind oder nicht, endlich dem deutschen Volk voll zuerkannt wird.