Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Sach-
und Rechtslage darf ich auf die aufgeworfenen Fragen hin folgendes feststellen.
Mitgliederbeiträge von Steuerpflichtigen an ihre Berufs- und Standesorganisationen stellen in der Regel Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes oder Werbungskosten nach § 9 Ziffer 3 des Einkommensteuergesetzes dar. Es ist dabei aber unterstellt, daß die Mitgliederbeiträge zur Förderung der allgemeinen ideellen und wirtschaftlichen Belange der Mitglieder verwendet werden. Beiträge an politische Parteien und sonstige politische Organisationen sind keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten, sondern Spenden, die bei ,der Ermittlung ,der Einkünfte und des Einkommens nicht abzugsfähig sind. Das gilt auch dann, wenn die Beiträge nicht unmittelbar, sondern mittelbar über die Berufs- und Standesorganisationen an die politischen Parteien geleistet werden.
Wenn der Verband der bayerischen Grundbesitzer e. V. seine Mitglieder durch Rundschreiben aufgefordert hat, zur Bildung des Wahlfonds für die Stärkung einer bürgerlichen Majorität in der Weise beizutragen, daß Mitgliederbeiträge in doppelter Höhe gezahlt werden, so kann solchen Beiträgen, soweit sie aus diesem Anlaß erhöht worden sind, die Eigenschaft als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten nicht zuerkannt werden. Die Gestaltung dieser Beiträge für politische Zwecke als Mitgliedsbeiträge einer Berufs- und Standesorganisation stellt einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts dar und ist nach § 6 des Steueranpassungsgesetzes steuerlich nicht zu beachten. Die erhöhten Mitgliedsbeiträge, die der Bildung eines Wahlfonds für politische Zwecke dienen, sind deshalb als nichtabzugsfähige Spenden zu behandeln. Ebenso ist zu verfahren, wenn andere Berufs- oder Standesorganisationen Mitgliederbeiträge in gleicher oder ähnlicher Weise mißbräuchlich verwenden.
Das gleiche gilt, wenn politische Parteien wirtschaftliche Mitteilungsblätter oder wirtschaftliches Informationsmaterial gegen Unkostenerstattung herausgeben. In solchen Fällen muß geprüft werden, ob die Höhe des Unkostenbeitrags sich im Rahmen einer angemessenen Gegenleistung bewegt. Liegt der Unkostenbeitrag über der angemessenen Gegenleistung, so ist zu vermuten, daß der Mehrbetrag den politischen Zwecken der Parteien zu dienen bestimmt ist. In diesem Fall kann der Mehrbetrag nicht mehr als abzugsfähige Betriebsausgabe angesehen werden. Wird festgestellt, daß eine andere Organisation, z. B. eine Berufs- und Standesorganisation auf diesem Wege Mittel zur Bildung eines Wahlfonds für politische Zwecke aufbringen will, so ist den erhöhten Aufwendungen die Abzugsfähigkeit zu versagen.
Das Bundesministerium der Finanzen hat sich aus Anlaß des in der Interpellation erwähnten Falles mit dem bayerischen Staatsministerium der Finanzen ins Benehmen gesetzt. Das bayerische Staatsministerium der Finanzen hat daraufhin Abdruck einer Verfügung, die an die beiden Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg unter dem 15. November 1950 ergangen ist, betreffend steuerliche Behandlung von Mitgliedsbeiträgen usw. an Berufs- und Standesorganisationen, übersandt. Diese Verfügung lautet — ich darf sie verlesen:
1. Die Mitgliedsbeiträge von Steuerpflichtigen an ihre Berufs- und Standesorganisationen stellen in der Regel Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar. Es ist dabei unterstellt, daß die Mitgliedsbeiträge zur Förderung der allgemeinen ideellen und wirtschaftspolitischen Belange der Mitglieder verwendet werden. Beiträge an politische Parteien und sonstige politische Organisationen sind daher keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten, sondern
Spenden, die bei der Ermittlung der Einkünfte, des Einkommens, nicht abzugsfähig sind. Dies gilt auch dann, wenn die Beiträge nicht unmittelbar sondern mittelbar über die Berufs- und Standesorganisationen an die politischen Parteien geleistet werden.
Der Standpunkt des bayerischen Staatsministeriums der Finanzen ist also genau der gleiche wie der des Bundesfinanzministeriums.
2. Nach einer Interpellation der Fraktion der SPD im Bundestag vom 26. Oktober 1950 soll der Verband der bayerischen Grundbesitzer e. V. mit Rundschreiben vom 15. September 1950 seine Mitglieder aufgefordert haben, zur Bildung eines Wahlfonds für die Stärkung einer bürgerlichen Majorität beizutragen. Nach dem Rundschreiben soll der Wahlfonds durch Erhöhung der Mitgliedsbeiträge auf das Doppelte aufgebracht und dadurch die Möglichkeit eröffnet werden, die Zahlung als Mitgliedsbeitrag buchen zu können.
Solchen Beiträgen, die einem bestimmten politischen Zweck zu dienen bestimmt sind, kann trotz ihrer Bezeichnung als Mitgliedsbeiträge an Berufs- und Standesorganisationen die Eigenschaft als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zuerkannt werden. Die Gestaltung dieser Beiträge für politische Zwecke als Mitgliedsbeiträge einer Berufs- und Standesorganisation stellt einen Mißbrauch im Sinne des § 6 Steueranpassungsgesetz dar und ist daher nicht zu beachten. Die erhöhten Mitgliedsbeiträge, die der Bildung eines Wahlfonds für politische Zwecke dienen, sind deshalb als nicht abzugsfähige Spenden zu behandeln. Ebenso ist zu verfahren, wenn andere Berufs- oder Standesorganisationen Mitgliedsbeiträge in gleicher oder ähnlicher Weise mißbräuchlich verwenden.
3. Wenn politische Parteien wirtschaftliche Mitteilungsblätter oder wirtschaftliches Informationsmaterial gegen Unkostenerstattung herausgeben, muß geprüft werden, ob die Höhe des Unkostenbeitrags sich im Rahmen einer angemessenen Gegenleistung bewegt. Liegt der Unkostenbeitrag über der angemessenen Gegenleistung, so ist zu vermuten, daß der Mehrbetrag den politischen Zwecken der Partei zu dienen bestimmt ist. In diesen Fällen kann der Mehrbetrag nicht mehr als abzugsfähige Betriebsausgabe angesehen werden. Wird festgestellt, daß auch andere Organisationen, z. B. Berufs- oder Standesorganisationen, auf diesem Wege Mittel zur Bildung eines Wahlfonds für politische Zwecke aufbringen wollen, so ist den erhöhten Aufwendungen die Abzugsfähigkeit ebenfalls zu versagen.
4. Ich bitte, die Veranlagungsbeamten und insbesondere die Betriebsprüfer anzuweisen, erhöhte Ausgaben der vorbezeichneten Art auf ihre Zweckbestimmung und Angemessenheit zu überprüfen und bei Feststellung von Mißbräuchen die Abzugsfähigkeit abzulehnen.
Soweit besondere Erfahrungen in dieser Hinsicht gemacht werden, bitte ich zu berichten.
Folgt Unterschrift.
Der Standpunkt des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen ist in allen Fragen genau derselbe wie der des Bundesministeriums der Finanzen. Das Bundesministerium der Finanzen wird die
Finanzminister der übrigen Länder ersuchen, gleichmäßig vorzugehen.