Rede von
Anton
Sabel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Frage der Winterbeihilfe möchte ich doch darauf hinweisen, daß wir uns bei der Beratung darüber im klaren sein müssen, daß wir es hier mit verschiedenen Zuständigkeiten zu tun haben, daß nicht in allen Fällen die Zuständigkeit des Bundes gegeben ist. Sie ist praktisch gegeben für die Kriegsfolgenhilfeempfänger. Sie ist weiterhin gegeben für die Empfänger von Arbeitslosenfürsorgeunterstützung. Darüber hinaus ist es doch so, daß für die Arbeitslosenunterstützungsempfänger die Arbeitsverwaltung zuständig ist und für die sonstigen Bedürftigen eben die Fürsorgeämter, die Bezirksfürsorgestellen.
Nun zu dem Erlaß des Herrn Innenministers, der die Frage der Sonderzuweisung an die Kriegsfolgenhilfeempfänger und an die Arbeitslosenfürsorgeempfänger betrifft. Hier müssen wir darauf hinweisen, daß es sich bei den genannten Sätzen — 15 und 5 DM — nicht um die einzige Hilfe handelt. Denn es besteht darüber hinaus schon die Verpflichtung, für diesen Personenkreis Mittel für die bestimmten Zwecke zur Verfügung zu stellen. Das ist ja auch eben von dem Herrn Innenminister dargelegt worden.
— Das ist aber von Frau Korspeter nicht zum Ausdruck gebracht worden.
— Nein, ich habe es nicht überhört, Herr Kollege Richter, es ist nicht zum Ausdruck gebracht! —Deswegen ist es notwendig, darauf hinzuweisen, daß es hier um die zusätzliche Hilfe ohne Bedürftigkeitsprüfung geht. Das will ja der Antrag der SPD.
— Für die beiden Gruppen, die ich genannt habe. — Auch ich würde es begrüßen, wenn man diesem Antrag stattgeben könnte. Allerdings bin ich der Meinung, daß wir dann auch die Frage der Finanzierung prüfen sollten. Ich bin mir nicht darüber im klaren, ob wir nun heute endgültig Beschluß fassen können, ohne zugleich die Voraussetzung für die Finanzierung klarzulegen. Vielleicht ist es richtiger, der Bundesregierung diesen Antrag als Material zuzuweisen mit der ernstlichen Bitte, zu überprüfen, ob nicht dem Antrag entsprochen werden kann. Ich bin auch nicht der Meinung—und darin stimme ich Frau Korspeter wieder zu —, daß eine Ausschußüberweisung zweckmäßig erscheint. Die Zeit ist zu knapp, und wir haben die Besorgnis, daß nicht das erreicht wird, was schließlich alle zu erreichen hoffen.
Was den Antrag der KPD in bezug auf einmalige Leistungen an die Arbeitslosenunterstützungsempfänger angeht, so möchte ich etwas dazu sagen, obwohl ich nicht den Eindruck habe, daß dieser Antrag von den Antragstellern ernst gemeint war. Herr Kollege Renner, ich muß Ihnen schon sagen: wenn man einen Antrag auf eine Pauschalhilfe von rund 200 DM stellt, ohne dabei eine Unterscheidung zu machen, ob es sich um einen Ledigen oder einen Familienvater mit 5 Kindern handelt, so erweckt ein solcher Antrag nicht den Eindruck der Ernsthaftigkeit.
Die Verwirklichung des Antrags würde praktisch einen Betrag von 80 Millionen erfordern. Wir können im Augenblick immerhin mit 400 000 Hauptunterstützungsempfängern in der Arbeitslosenunterstützung rechnen. Ich darf Ihnen versichern, die Arbeitsverwaltungen der Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen, aber auch anderer Länder wären gar nicht in der Lage, diese Beträge aufzubringen, weil sie effektiv nicht da sind. Und das sollten Sie wissen.
Ich bin auch nicht dafür, daß dieser Antrag dem Ausschuß überwiesen wird, sondern möchte empfehlen, ihn abzulehnen, weil er eben undurchführbar ist und weil er der Ernsthaftigkeit ermangelt.
Was den besonderen Deckungsvorschlag angeht, Herr Kollege Renner, so hat den, glaube ich, niemand ernst genommen. Denn er wird nun schon allzu häufig hier vorgelegt. Ich würde empfehlen, sich diesen Deckungsvorschlag doch patentieren zu lassen, damit nicht noch andere auf die Idee kommen, ihn in Anspruch zu nehmen. Er würde sonst zu stark verschlissen.
Nun zur Frage der Hilfe an den übrigen Personenkreis. Bei der Behandlung dieser Frage müssen wir dafür Sorge tragen, daß nicht andere Leistungsverpflichtete glauben, sie seien hier einer Sorge enthoben. Es ist mir bekannt, daß doch eine ganze Anzahl von Gemeinden rechtzeitig für den gesamten Personenkreis der Hilfsbedürftigen Vorsorge getroffen haben. Ich weiß, daß Gemeinden da sind, die leistungschwach sind. Aber bei gutem Willen läßt sich hier manches tun.
Ich komme beispielsweise aus einer Stadt, die immerhin die größte Zahl der Flüchtlinge unter den hessischen Städten hat. Im Bezirk sind es etwa 20%. Es ist eine Stadt, die 12 % Arbeitslose hat; sie liegt also auch hier weit über dem Durchschnitt. Die Stadt ist außerdem nicht sehr steuerstark. In dieser Stadt — es ist die Stadt Fulda — hat man immerhin schon durch rechtzeitige Vorkehrungen im Haushaltsplan Beträge zur Verfügung gestellt zur Versorgung dieser Personenkreise mit den für den Winter notwendigen Dingen, die zwischen 25 und 60 DM liegen. Ich will damit beweisen, daß es möglich ist, auch im Rahmen der Gemeinde- und Bezirksfürsorgeverbände zu helfen.
Nun, Herr Kollege Renner, damit Sie nicht versucht sind, zu glauben, daß die Kommunisten dabei mitgewirkt hätten, sage ich Ihnen: Kommunisten kennen wir bei uns nicht, Kommunisten haben wir nicht.
Wir haben es hier mit einem Stadtverordnetenkollegium zu tun, das sich aus einer Mehrheit der CDU zusammensetzt.
— Nein, das ist unser Glück.
— Diese Mehrheit der CDU und die anderen Fraktionen der SPD und der FDP haben rechtzeitig einstimmig diese Regelung beschlossen.
Also ich möchte damit nur sagen: das ist möglich, und wir sollten diese Hilfe aus den Gemeinden heraus nicht unterminieren.
Meine Damen und Herren! Es scheint mir aber auch notwendig zu sein, bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck zu bringen, daß wir uns mehr auf die Privatinitiative besinnen sollten, wenn es darum geht, Notstände zu beheben. Wir wissen um den Wert der öffentlichen Hilfe, aber wir wissen auch, daß die öffentliche Hilfe nicht allein ausreichend sein kann, daß sie nicht alle Fälle treffen kann. Wir sollten gerade diese Gelegenheit benützen, einen Appell an alle diejenigen zu richten, die in der Lage sind, zu helfen, einen Appell nach der Richtung hin, daß sie sich mehr und mehr auf die Notwendigkeit besinnen sollten, dem Nachbarn, der in Not ist, zu helfen.