Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich habe behauptet, daß sich die SPD der Aufhebung der Zwangswirtschaft widersetzt hat, und zum Beweis auf die Protokolle des Wirtschaftsrates vom Juni 1948 an verwiesen, die ja jeder lesen kann und aus denen er sich dann ein eigenes Urteil bilden mag.
Ich sagte schon, es sei ein ganzer Streifzug durch die Wirtschaftspolitik unternommen worden, und auch die Einfuhr von Parfüm ist da gerügt worden. Meine Damen und Herren, das gehört in den Bereich der Liberalisierung. Wir haben jetzt im Zusammenhang mit den Importlizenzen eine Bilanz darüber gemacht, wieviel Prozent Fertigwaren im Zuge der Liberalisierung zu uns hereingekommen sind. Das ist bedeutend weniger, als man allgemein annimmt. Es sind insgesamt 15% Fertigwaren, und unter diesen 15% Fertigwaren ist nur ein ganz kleiner Teil, der als Luxus anzusprechen wäre. Darf ich aber darauf hinweisen, daß der deutsche Export heute zu nahezu 60% aus Fertigwaren besteht. Bedenken Sie, was uns in unserer deutschen Ausfuhr passieren würde, wenn wir wegen einiger Flakons französischen Parfüms unseren deutschen Export gefährden würden. Das würde sich sehr zu Lasten unserer Industriearbeiterschaft auswirken.
Aus dem Grunde bin ich der Meinung, daß wir die Liberalisierung fortführen müssen. Ich darf hinzufügen, daß die beiden Sachverständigen, die die deutsche Situation beurteilt haben und die aus ganz verschiedenen Lagern stammten, nämlich aus dem liberalen Lager und aus dem Labour-Lager, sich in einem gemeinsamen Gutachten auch dafür ausgesprochen haben, daß dieses System der freizügigen Ein- und Ausfuhr aufrechterhalten bleiben müßte.
Der Herr Vorredner sagte, er sei mit seiner Partei auch bemüht, einen Ausweg aus der Not zu finden. Ich möchte diesen ehrlichen Willen nicht einen Augenblick bestreiten. Aber während Sie den Ausweg suchen, glaube ich, daß wir den Ausweg gefunden haben.
Wir haben nämlich gemeinsam
und vor allen Dingen in enger Zusammenarbeit mit der Industriegewerkschaft Bergbau dafür gesorgt, daß mehr Kohle auf den Markt kommt.
Das ist eine reale Politik!
Und wenn ich noch etwas dazu sagen darf, dann ist es das: Niemand kann die Leistungen und den Einsatz des Bergmannes in dieser Sache höher anerkennen als ich. Aber ich bin glücklich, daß ich mit der Industriegewerkschaft Bergbau
dieses .sachliche Problem ruhig und nüchtern und in sozialer Verantwortung behandeln konnte und mich nicht auf den Boden einer politischen Polemik begeben mußte, wie das hier der Fall war.