Rede von
Dr.
Gebhard
Seelos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben die Streichung dieses Paragraphen beantragt. Wir halten es nicht für erforderlich, daß die Flaggenführung der Binnenschiffe in diesem Gesetz geregelt wird. Dieser Auffassung ist eigentlich auch die Begründung der Regierungsvorlage; denn es heißt darin zu § 14:
Die Binnenschiffahrt kennt kein Flaggenrecht,
wie es für Seeschiffe in diesem Gesetz geregelt
ist. Die Flaggenführung hat keine rechtliche
Bedeutung.
Eine Flaggenführung überhaupt zu regeln, sei nur deshalb erwünscht — heißt es dann weiter —, weil der Verkehr der Binnenschiffahrt mit dem Ausland sich wieder steigert.
Mit diesem Gesetz kann sich jetzt also die Polizei auf jedem idyllischen kleinen See, auf jedem Flüßlein, wo sich ein Kanuboot bewegt, wieder betätigen und nachprüfen: Hat der Sportler, wenn er irgendeinen Wimpel hissen will, nun auch richtig beflaggt?
In was für Dinge kommen wir denn da hinein? Das ist doch geradezu lächerlich.
Wir haben solche Dinge schon erlebt. Ich erinnere an die Bizone. Darf ich Ihnen das erzählen? In der Bizone hatten wir die Zuständigkeit der Bizone für die Binnenschiffahrt. Das wurde in der Weise ausgenützt, daß die Herren vom Norden sich am Starnberger See eine Lwxusvilla einrichteten — mit Auto sogar, obwohl es die Binnenschiffahrt betraf —, und die befuhren mit Motorbooten den See und schauten, wo sie die Bayern schikanieren konnten.
Nachdem wir diesen Zustand etwas beleuchtet hatten, ist diese skandalöse Sache endlich aufgehoben worden. Wenn nun die Bundespolizei, wie Sie es wollen, auch so zentralistisch geregelt wird, dann haben wir wieder den netten Zustand, daß man Möglichkeiten hat, uns mit solchen lächerlichen Bestimmungen so richtig zu verärgern.
Es ist wirklich nicht nötig, daß man sich mit solchen lächerlichen Dingen in der Gesetzgebung festlegt.
Wir sind der Auffassung, daß es überflüssig ist, das zu regeln. Selbst der Bundesrat, eine sehr würdige Behörde, hat Bedenken gehabt, daß diese Dinge bis ins einzelne geregelt werden, und er hat beantragt, daß wenigstens die Worte „ohne Rücksicht auf Größe, Bauart und Antriebsweise" wegfallen, daß also nicht die kleinen Sportboote als Binnenschiffe im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Diesem Antrag hat die Bundesregierung stattgegeben.
Wir sind darüber hinaus der Ansicht, daß eine Zuständigkeit des Bundes überhaupt nicht gegeben ist, denn Binnenschiffahrt bedeutet nicht, daß auch die Flaggenführung der Binnenschiffahrt geregelt wird. Es bedeutet auch die konkurrierende Gesetzgebung nicht, daß automatisch diese Gesetze vom Bund angewandt werden, sondern nur, wenn nach Art. 72 eine zentrale Notwendigkeit dazu besteht. Sie müssen schon, wenn Sie immer die Verfassung so hochhalten, sich nach dieser Verfassung auch in relativ sehr kleinen und unbedeutenden Dingen richten. Es ist einfach unmöglich, diese Dinge für die Länder zu regeln, außer im Verkehr mit dem Ausland.
Wir haben deshalb den Antrag gestellt, erstens überhaupt den Paragraphen zu streichen. Wird das aber abgelehnt, dann soll, wie es nach der Verfassung nur möglich ist, in § 14 nach „dürfen" eingefügt werden „im Verkehr mit dem Ausland".