Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrage des 23. Ausschusses, des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, muß ich Ihre Aufmerksamkeit für eine Materie in Anspruch nehmen, die zwar das Lebensschicksal einer großen Zahl von Menschen auf das engste berührt und in dieses Schicksal zutiefst eingreift, die aber in ihrer juristischen Behandlung dem Gesetz aller ordnenden Jurisprudenz unterliegt, nämlich trocken zu wirken.
Ich spreche von Verschollenheitsrecht, insbesondere der Gestaltung dieses Rechts in bezug auf die unzähligen Vermißten des letzten Krieges. Dabei bedaure ich, mich nicht kurz fassen zu können, selbst wenn ich nur die Hauptpunkte der Vorlage behandle, einmal wegen ,der zweifellos besonderen Wichtigkeit des Themas -angesichts der Tatsache, daß wöchentlich über 1000 Todeserklärungsverfahren anfallen, zum andern aber auch wegen der besonderen juristischen Schwierigkeiten mancher der getroffenen Regelungen, die es erforderlich erscheinen lassen, für die spätere Handhabung des Gesetzes in der Praxis den Willen des Gesetzgebers zu interpretieren und in den Materialien niederzulegen. Das gilt vor allem, nachdem dieses Hohe Haus auf eine Debatte über den Gesetzentwurf in allen drei Lesungen verzichten will. Wegen der Schwierigkeit ,der Materie und wegen der Notwendigkeit der Festlegung des Willens des Gesetzgebers bitte ich, auch dafür Verständnis haben zu wollen, wenn ich von dem Recht des Berichterstatters, sich weitgehend auf schriftliche Darlegungen und Unterlagen zu stützen, Gebrauch mache.
Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat die Regierungsvorlage Drucksache Nr. 1100 einer eingehenden Überarbeitung unterzogen und nach einer Grundsatzdebatte einem Unterausschuß zur Behandlung überwiesen. Das Ergebnis der Arbeiten dieses Unterausschusses, das die einstimmige Billigung des Gesamtausschusses gefunden hat, liegt Ihnen in der vergleichenden
Darstellung der Drucksache 1520 zur Beschlußfassung vor. Es erscheint am Platze, an dieser
Stelle der ausgezeichneten Mitarbeit des zuständigen Referenten des Bundes-Justizministeriums zu gedenken, die die Arbeit an der Gesetzesvorlage in diesem Falle besonders gefördert hat.
Das Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Festsetzung der Todeszeit vom 4. Juli 1939, abgekürzt Verschollenheitsgesetz genannt, hat bereits durch die frühere Reichsgesetzgebung Änderungen und Ergänzungen erfahren. Durch weitere Abänderungen und Ergänzungen der Nachkriegszeit — teils durch Gesetzgebungsakte der Besatzungsmächte, im größeren Umfang durch die Ländergesetzgebung — ist die Rechtsentwicklung auf dem Gebiete des Verschollenheitsrechtes, das einer besonders einheitlichen Behandlung bedurft hätte, bedauerlicherweise auseinandergegangen und damit die Übersicht über das geltende Verschollenheitsrecht erschwert worden. Der Katalog der nach Art. 3 § 4 der Vorlage aufzuhebenden Gesetzesvorschriften bestätigt Ihnen die Richtigkeit dieser Darlegungen.
Hinzu tritt die Tatsache, daß in dem im Jahre 1939 verabschiedeten Gesetz die Verhältnisse und Zustände, die der letzte Krieg hervorgerufen und in seinen Folgeerscheinungen hinterlassen hat, naturgemäß nicht berücksichtigt sein können, so daß das Gesetz von 1939 für einen großen Teil der Verschollenheitsfälle dieses Krieges völlig unzureichend ist.
Schließlich war es erforderlich, solche Bestimmungen des Verschollenheitsrechts aufzuheben oder zu ändern, die auf nationalsozialistischen Anschauungen beruhen oder durch die politische Entwicklung überholt sind. Dieser Aufgabe unterzieht sich der heute vorliegende Gesetzentwurf.
Der Art. 1 befaßt sich mit den notwendigen Änderungen des bisherigen Verschollenheitsgesetzes, während der § 3 der Übergangs- und Schlußbestimmungen der jetzigen Vorlage die Ermächtigung für den Bundesminister der Justiz vorsieht, den nunmehrigen Wortlaut des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit unter der Bezeichnung „Verschollenheitsgesetz" mit dem Datum der Bekanntmachung neu bekannt zu machen und dabei Unstimmigkeiten des Wortlautes, also beispielsweise unrichtig gewordene Verweisungen oder Bezugnahmen, zu beseitigen. Eine Ermächtigung zu materiellen Änderungen beinhaltet dieser § 3 also ausdrücklich nicht.
Der Art. 2 schafft Sondervorschriften für Verschollenheitsfälle aus Anlaß des letzten Krieges, die in der Praxis bei solchen Verschollenheitsfällen als lex specialis neben den Vorschriften des allgemeinen Verschollenheitsrechts herangezogen werden müssen.
Der bei den Arbeiten des Ausschusses neu eingefügte Art. 2 a enthält Ergänzungen zu den Vorschriften des Eherechts über die Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung, Vorschriften, die nach ursprünglicher Auffassung des Bundesjustizministeriums aus Gründen der Systematik erst bei der in Aussicht genommenen Neugestaltung des Eherechts kodifiziert werden sollten, von denen aber der Ausschuß der Auffassung war, daß sie bereits jetzt als materielles Recht ins Leben gerufen werden sollen. Der notwendigen Systematik kann dann später dadurch Rechnung getragen werden, daß diese Vorschriften bei der Neu-
kodifikation des Eherechts unter Streichung in diesem Gesetz in das neue Gesetz übernommen werden. Auf den materiellen Inhalt des Art. 2a werde ich in meiner Berichterstattung noch zurückzukommen haben.
Der Art. 3 schließlich enthält eine Reihe von Übergangs- und Schlußbestimmungen.
Meine Damen und Herren, ich darf mich zunächst den Änderungen und Ergänzungen des allgemeinen Verschollenheitsrechts zuwenden.
1. Der § 4 des Verschollenheitsgesetzes sah die Möglichkeit einer Todeserklarung wegen Kriegsverschollenheit nicht nur bei einem Kriege oder bei einem kriegsähnlichen Unternehmen vor, sondern auch bei der Teilnahme an einem besonderen Einsatz. Dabei konnte der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Chef des Oberkommandos der Wehrmacht bestimmen, wann der Fall eines solchen Einsatzes vorlag. Der Begriff „besonderer Einsatz" entstammt der Terminologie des Nationalsozialismus und hat neben den Ausdrücken „Krieg" und „kriegsähnliches Unternehmen" keine Berechtigung. Der Ausschußentwurf sieht daher die Streichung des Begriffs „besonderer Einsatz" im § 4 Abs. 1 und die Aufhebung des Abs. 4 des gleichen Paragraphen vor.
2. Nach § 12 Abs. 3 des Verschollenheitsgesetzes ist eine unbeschränkte Todeserklärung nur hinsichtlich solcher Angehörigen eines fremden Staates zulässig, deren Ehefrauen im Inlande ihren Wohnsitz haben und deutsche Staatsangehörige sind oder bis zu ihrer Verheiratung mit dem Verschollenen waren. Diese Möglichkeit ist durch eine Neufassung des Abs. 3 in der Vorlage in dreifacher Hinsicht erweitert worden. Erstens soll eine solche Todeserklärung nicht mehr nur bei Angehörigen fremder Staaten, sondern auch bei Staatenlosen möglich sein. Zweitens ist für den Ehemann einer verschollenen Frau nunmehr das gleiche Antragsrecht vorgesehen wie bisher für die Ehefrau eines verschollenen Mannes. Drittens soll in Verfolg des Art. 116 des Grundgesetzes den deutschen Staatsangehörigen derjenige gleichgestellt werden, der als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit im Inlande Aufnahme gefunden hat.
3. Ein Staatenloser kann auf Grund des Art. 29 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in Verbindung mit § 12 des Verschollenheitsgesetzes derzeit nur dann für tot erklärt werden, wenn er im letzten Zeitpunkt, in dem er nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, seinen Aufenthalt in Deutschland hatte, ohne in dieser Zeit in einem anderen Lande seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu haben. Wenn das nicht der Fall ist und auch der Sonderfall des § 12 Abs. 3 nicht vorliegt, kann ein verschollener Staatenloser in Deutschland derzeit nicht für tot erklärt werden. Aus dieser Rechtslage können sich für die Angehörigen solcher Staatenloser, die früher deutsche Staatsbürger waren, Mißhelligkeiten ergeben. Das gilt insbesondere hinsichtlich der zahlreichen jüdischen Mitbürger, die die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Ausbürgerungsmaßnahmen des Nationalsozialismus verloren haben. Um solche Unbilligkeiten zu vermeiden, sieht die Vorlage die Anfügung eines Abs. 4 an den § 12 vor, d. h. einer Bestimmung, die durch eine Verordnung des Zentraljustizamtes vom 16. Dezember 1946 bislang bereits in der britischen Zone galt. Diese Vorschrift bestimmt, daß ein Verschollener, der seine
frühere deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, ohne eine andere Staatsangehörigkeit zu erwerben, für tot erklärt werden kann, wenn ein berechtigtes Interesse an einer Todeserklärung durch ein deutsches Gericht besteht.
4. § 15 des Verschollenheitsgesetzes und die als Ergänzung in Vorlage gebrachten §§ 15a, b, c und d befassen sich mit der örtlichen Zuständigkeit für die Todeserklärung. Zunächst schafft eine Ergänzung des § 15 Abs. 1 in dem Gericht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts für solche Verschollene eine örtliche Zuständigkeit, die einen inländischen Wohnsitz nicht gehabt haben.
Wichtiger aber ist folgendes Problem. Die bisherige grundsätzliche örtliche Zuständigkeit des Gerichts des letzten Wohnsitzes gemäß § 15 des Verschollenheitsgesetzes reicht nicht mehr aus, insbesondere nicht für die Fälle, in denen der Verschollene seinen letzten Wohnsitz jenseits der Oder-Neiße-Linie hatte. In der britischen und französischen Zone hat man für diese Fälle Ersatzzuständigkeiten geschaffen durch die Zuständigkeitserklärung des Gerichts, in dessen Bezirk der erste Antragsteller seinen Wohnsitz hat. In der amerikanischen Zone hat man sich über § 15 Abs. 3 Satz 2 des Verschollenheitsgesetzes zu helfen versucht. Der Regierungsentwurf greift die Regelung der britischen und französischen Zone auf und bewirkt in den §§ 15a bis d eine Vereinheitlichung der in den Zonen auseinandergelaufenen Rechtsentwicklung.
Um nun zu vermeiden, daß bei solchen Ersatzzuständigkeiten derselbe Verschollene durch mehrere Gerichte, möglicherweise unter Festsetzung verschiedener Zeitpunkte, für tot erklärt wird, hatte man bislang ein besonderes Auskunftssystem geschaffen. Jedes Gericht, das sich auf Grund einer Ersatzzuständigkeit mit einem Verschollenheitsfall befassen wollte, mußte dies in der britischen Zone dem Amtsgericht Hannover und in der französischen Zone dem Amtsgericht in Baden-Baden melden, wo dann geprüft wurde, ob nicht bereits ein anderes Gericht mit derselben Verschollenheitssache beschäftigt wurde. Dieses System hat im Grundsatz der Regierungsentwurf in § 15a übernommen und dabei als Auskunftsgericht für den gesamten Geltungsbereich des Gesetzes das Amtsgericht Hannover vorgesehen.
Vom Bundesrat ist dann vorgeschlagen worden, statt dessen das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zu bestellen. Diesem Änderungsvorschlag hat die Bundesregierung unter der Bedingung zugestimmt, daß durch den Magistrat von Groß-Berlin und die Regierungen der in Betracht kommenden Länder im Verwaltungswege gesichert wird, daß das Amtsgericht Berlin-Schöneberg die bei den Amtsgerichten Hannover und Baden-Baden bereits gesammelten Verfahrensanzeigen benutzen kann.
Der Ausschuß hat zunächst gegen die vorgeschlagene Regelung, das Amtsgericht Hannover durch das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zu ersetzen, Bedenken gehabt, weil die Länder, zu deren Justizverwaltungen die Amtsgerichte Hannover und Baden-Baden gehören, sich dem Vorschlag des Bundesrats nicht angeschlossen hatten. Diese Bedenken konnten aber fallengelassen werden, nachdem die Justizministerien der Länder Niedersachsen und Südbaden dem Bundesjustizministerium erklärt haben, daß sie keine Einwendungen erheben. Der Ausschuß hat sich somit für eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg entschieden. Er glaubt aber, darauf aufmerksam machen zu sollen,
daß das Bundesjustizministerium gemeinsam mit dem Magistrat von Groß-Berlin seiner Ansicht nach wird prüfen müssen, ob in diesen Fällen eine Verkündung des gleichen Gesetzes durch den Magistrat von Groß-Berlin genügt oder ob es angesichts der Tatsache, daß hier durch ein Gesetz der Bundesrepublik Deutschland die örtliche Zuständigkeit einer Behörde eines Landes in Anspruch genommen wird, das nicht der gesetzgeberischen Zuständigkeit dieses Parlaments unterliegt, eines besonderen Zuständigkeitsgesetzes bedarf. Auf eine Darlegung der rein formalen Zuständigkeitsbestimmungen im einzelnen glaube ich vor diesem Hohen Hause verzichten zu können.
5. Das Verschollenheitsrecht kennt bekanntlich zwei Verfahren, nämlich einmal die Todeserklärung eines Verschollenen, dessen Tod ungewiß ist, und zum andern die im Jahre 1939 aus dem österreichischen Recht übernommene Feststellung der Todeszeit solcher Personen, deren Tod nach den Umständen nicht zweifelhaft sein kann. Beide Verfahren haben nun eine verschiedene Wirkung im Hinblick auf die Gültigkeit einer neuen Ehe des zurückgebliebenen Ehepartners. Bei der Wiederverheiratung im Falle einer Todeserklärung wird nach den §§ 38 bis 40 des Ehegesetzes die frühere Ehe mit der Schließung der neuen Ehe aufgelöst, und nur der wiederverheiratete Ehepartner hat das Recht, die Auflösung der neuen Ehe zu verlangen, wenn sich herausstellt, daß der für tot erklärte Ehegatte noch lebt. Im Falle der Todeserklärung ist somit die Ehe nicht ex lege nichtig, sondern nur vernichtbar. Im Falle der Festsetzung des Todeszeitpunktes hingegen ist nach überwiegender Auffassung mangels der Möglichkeit der Anwendbarkeit der §§ 38 bis 40 des Ehegesetzes die neue Ehe nicht nichtig, und es liegt ein Fall der Doppelehe vor, wenn sich herausstellt, daß derjenige, dessen Todeszeitpunkt festgestellt wird, noch lebt. Eine Regelung dieses Problems ist seinerzeit anscheinend übersehen worden.
Das Bundesjustizministerium ist mit dem Ausschuß der Auffassung, daß die eherechtlichen Folgen beider Verfahren gleichgestellt werden sollen. Entsprechende Bestimmungen waren ursprünglich vom Justizministerium für dieses Gesetz vorgesehen. Auf Wunsch einiger Landesjustizverwaltungen hat man die Bestimmungen aus dem Gesetzentwurf wieder herausgenommen und sie im Interesse der Systematik der in Aussicht genommenen neuen Kodifikation des Eherechtes vorbehalten. Ich erwähnte das schon. Der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf sah lediglich die Änderung einiger Bestimmungen des Verschollenheitsrechtes im Hinblick auf die für später in Aussicht genommene Gesetzgebung vor, Bestimmungen, die gewissermaßen solange in der Luft gehangen hätten.
Der Ausschuß hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die materielle Ergänzung der eherechtlichen Bestimmungen schon jetzt vorgenommen und später in die neue Kodifikation des Eherechts übernommen werden soll, und deswegen dem Gesetzentwurf einen besonderen Art. 2a eingefügt.
Im § 1 des Art. 2 a ist die Gleichstellung des Feststellungsverfahrens hinsichtlich des Todeszeitpunktes mit dem Verfahren der Todeserklärung in bezug auf die eherechtlichen Folgen vollzogen. In § 2 ist eine Heilung solcher Fälle vorgesehen, bei denen ein Ehegatte vor Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, durch den der andere Ehegatte für tot erklärt worden ist, eine neue Ehe eingegangen
ist. Damit sind nunmehr auch die in der Regierungsvorlage in den Ziffern 16, 17 und 18 vorgeschlagenen Änderungen der §§ 40, 43 Abs. 1 und 44 Abs. 2 des Verschollenheitsgesetzes, auf deren Erläuterung ich im einzelnen verzichten kann, gegenständlich geworden.
6. Ähnliche Schwierigkeiten haben sich in den Fällen unrichtiger Todesbeurkundung in den Sterbebüchern ergeben, Fälle, die bekanntlich gerade bei der Beurkundung von Kriegssterbefällen auf Grund unrichtiger Benachrichtigung in den letzten Jahren des Krieges des öfteren eingetreten sind. Auch hier hat sich die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Rechtslehre auf den Standpunkt gestellt, daß eine ausgedehnte Anwendung der §§ 38 bis 40 des Ehegesetzes nicht möglich ist. Daraus ergibt sich die schwierige Situation, daß, obgleich der Tod standesamtlich beurkundet ist und der andere Ehegatte im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Beurkundung eine neue Ehe geschlossen hat, diese neue Ehe nichtig ist. Der Ausschuß ist der Auffassung des Bundesjustizministeriums und der Länderjustizverwaltungen beigetreten, daß mangels jeglichen Aufgebotsverfahrens schwere Bedenken dagegen bestehen, den Fall der unrichtigen standesamtlichen Beurkundung mit dem Falle der unrichtigen Todeserklärung hinsichtlich der eherechtlichen Folgen gleichzustellen. Andererseits muß nach standesamtlicher Beurkundung des Todes eines Ehegatten eine Möglichkeit gegeben sein, daß der andere Ehegatte sich vor der Nichtigkeit der von ihm beabsichtigten neuen Ehe schützt. Unter den Voraussetzungen des § 1 des Verschollenheitsgesetzes kann ein hinterbliebener Ehegatte, der Zweifel an der Richtigkeit einer Beurkundung hat, die Todeserklärung des anderen Ehegatten betreiben. Stellt sich nun in dem Aufgebotsverfahren heraus, daß der Tod des anderen Ehegatten nach den Umständen nicht zweifelhaft sein kann, so ist zwar eine Todeserklärung nicht mehr möglich; das Verfahren kann jedoch gemäß § 45 des Verschollenheitsgesetzes nach den §§ 39 bis 44, also im Sinne eines Verfahrens zur Feststellung der Todeszeit, fortgesetzt werden. Bislang stand einer solchen Fortsetzung des Verfahrens die Bestimmung des § 39 des Verschollenheitsgesetzes entgegen, daß die gerichtliche Feststellung des Todes und des Zeitpunktes des Todes dann nicht möglich ist, wenn eine Todesbeurkundung im Sterbebuch vorliegt.
Um dieses Hindernis zu beseitigen, wird durch Ziffer 15 des Gesetzentwurfs dem § 39 des Verschollenheitsgesetzes eine Vorschrift angefügt, wonach die Eintragung ins Sterbebuch einem Verfahren nach den §§ 39 ff des Verschollenheitsgesetzes nicht entgegensteht, wenn der Antrag von einem Ehegatten — denn nur dessen Interesse gilt es ja zu schützen — gestellt wird.
Den Ausschluß der Beweiskraft nach § 60 des Personenstandsgesetzes bezwecken dann die Bestimmungen unter Ziffer 10 und 16 der Gesetzesvorlage. Mit dieser Bestimmung ist für die Praxis ein weitgehender Schutz des zurückgebliebenen Ehepartners bei einer unrichtigen Eintragung im Sterbebuch gewährleistet.
7. Sie werden dann, meine Damen und Herren, in der Drucksache Nr. 1520 noch feststellen, daß durch den Ausschuß unter der Ziffer 14 a ein § 33a als Ergänzung des bisherigen Verschollenheitsrechts eingefügt ist. Diese Bestimmung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit unseren Überlegungen hinsichtlich der Sondervorschriften für
Verschollenheitsfälle aus Anlaß des Krieges 1939 bis 1945. Ausgehend von der Erkenntnis, daß gerade unter den Verhältnissen, die der letzte Krieg geschaffen hat — ich erinnere nur an das ungewisse Schicksal zahlreicher Kriegsgefangener im Osten —, der in einer Todeserklärung festgesetzte Zeitpunkt sich nachträglich vielfach als unrichtig erweist, erschien es dem Ausschuß notwendig, gerade im Hinblick auf die möglicherweise außerordentlich unterschiedlichen vermögensrechtlichen Folgen verschiedener Todeszeitpunkte in solchen Fällen die Durchführung eines Verfahrens zur Festsetzung des Todeszeitpunktes zu ermöglichen. Diesem Zweck dient der eingefügte § 33 a. Daß ein solcher Antrag nur unter erschwerten Bedingungen und beim Vorliegen des rechtlichen Interesses möglich ist, versteht sich am Rande. Das Bundesjustizministerium hat sich nach Zurückstellung seiner anfänglichen Bedenken dagegen, rechtskräftige Todeserklärungen nachträglich zu ändern, mit der Formulierung einverstanden erklärt.
Dem Ausschuß erschien es aber notwendig, diese Regelung nicht nur auf die Verschollenheitsfälle des letzten Krieges zu beschränken, sondern in das allgemeine Verschollenheitsrecht zu übernehmen.
Die in der Regierungsvorlage durch den Ausschuß fernerhin neu eingefügten Punkte 19a und 19b stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der soeben behandelten Einfügung des § 33 a und sind durch dessen Einfügung notwendig geworden.
Damit, meine Damen und Herren, habe ich die Änderungen des allgemeinen Verschollenheitsrechts im Art. 1 des Gesetzentwurfs behandelt und kann mich nunmehr dem Art. 2 zuwenden, der die Sondervorschriften für Verschollenheitsfälle aus Anlaß des Krieges 1939/45 behandelt.
8. Die damit zusammenhängenden Fragen haben dem Ausschuß begreiflicherweise große Sorge gemacht und sind in wiederholten und erschöpfenden Besprechungen mit besonderem Ernst beraten worden. Es kam dabei insbesondere darauf an, zwischen den Interessen der Angehörigen eines Verschollenen auf Klarstellung ihrer Lebensumstände und den Interessen der Verschollenen selbst, die möglicherweise an der Übersendung einer Nachricht verhindert sind, eine tragbare Relation zu finden. Das gilt besonders für die zahlreichen Ehefrauen von Verschollenen, die im Laufe der Jahre vielfach im Interesse der Kinder Bindungen eingegangen sind, deren Legitimierung nicht nur sie selbst dringend wünschen, sondern auch im Interesse des Staates liegt.
Es sind sowohl in diesem Kriege selbst wie in den ersten wirren Nachkriegsjahren viele Personen unter Umständen verschwunden, die durch die Tatbestände der §§ 4 bis 7 des Verschollenheitsgesetzes nicht erfaßt werden. Bei kriegsverschollenen Soldaten fehlt es vielfach an der im § 4 des Verschollenheitsgesetzes vorausgesetzten Vermißtenmeldung. Das ist vielfach insbesondere dann der Fall, wenn in der Schlußphase des Krieges ganze Truppenteile in Feindeshand fielen. In diesen Fällen steht sehr oft fest, daß der Verschollene lebend in Gefangenschaft geriet, oder es besteht zum mindesten eine starke Vermutung dafür, obwohl man seit dieser Zeit nichts wieder von ihm gehört hat. In solchen Fällen ist die Anwendung des § 7 des Verschollenheitsgesetzes vielfach unmöglich. Das gleiche gilt auch für viele Fälle der Internierung von Zivilpersonen bei der Besetzung Deutschlands und in besonders zahlreichen Fällen, in denen seit der Besetzung jede Spur von Zivilpersonen verlorengegangen ist.
Die Erkenntnis einerseits, daß nach dem Ausbleiben jeglicher Nachrichten in den vergangenen Jahren mit dem Tode der überwiegenden Zahl dieser Verschollenen gerechnet werden muß, und die Notwendigkeit andererseits, den zurückgebliebenen Angehörigen die Ordnung ihrer bürgerlichen Verhältnisse zu ermöglichen, ließen es geboten erscheinen, die Todeserklärung solcher Personen unabhängig von den Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 des Verschollenheitsgesetzes und unabhängig von dem Ablauf der in § 3 des Verschollenheitsgesetzes vorgesehenen Frist von 10 Jahren zuzulassen. Der Ausschuß hat sich der Regierungsvorlage in ihrer Grundkonzeption angeschlossen. Er hielt es aber — nicht zuletzt im Hinblick auf die Behandlung deutscher Kriesgefangener und Zivilverschleppter in der Sowjetunion mit ihren Schweigelagern und im Hinblick auf die Schaffung von Konzentrationslagern in der sowjetischen Besatzungszone — für notwendig, die Voraussetzungen für die Todeserklärung erschwerten Bedingungen zu unterwerfen. Nach der jetzigen Fassung der Ausschußvorlage muß der für tot zu Erklärende nicht nur im Zusammenhang mit Ereignissen des letzten Krieges vermißt worden sein, sondern seitdem unter Umständen, die ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründen, verschollen sein. Wenn feststeht, daß der Verschollene in Kriegsgefangenschaft oder in eine ähnliche Lage geraten ist, so müssen — abgesehen davon, daß auch hier die Verschollenheit unter Umständen eingetreten sein muß, die ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründen — seit dem Ende des Jahres, in dem er noch gelebt hat, fünf Jahre verstrichen sein. Nur dann, wenn er im Augenblick der Gefangennahme in Lebensgefahr war, tritt an die Stelle der Frist von fünf Jahren eine solche von einem Jahr.
Schließlich hat der Ausschuß noch die Auffassung vertreten, daß spätestens mit dem Zeitpunkt der Währungsreform wieder geordnete Verhältnisse eingetreten sind und daher die Verschollenheit aus Anlaß des Krieges 1939 bis 1945 auf Verschollenheitsfälle vor dem 1. Juli 1948 begrenzt ist.
9. Im Art. 2 § 1 Abs. 4 finden Sie eine Vorschrift, die der Ausschuß auf Vorschlag des Bundesjustizministeriums in den Entwurf neu eingefügt hat. Sie soll es ermöglichen, daß auch solche Personen für tot erklärt werden können, die nicht Deutsche gewesen sind. Der § 12 des Verschollenheitsgesetzes sieht lediglich für Ausnahmefälle die Todeserklärung von Ausländern im Inlande vor. In unserem Falle handelt es sich indes um die Regelung der Rechtsverhältnisse vornehmlich der zahlreichen DP's und ihrer Angehörigen und innerhalb dieses Problems um die Todeserklärung solcher Personen, die niemals in Deutschland waren, sondern bei denen lediglich die Angehörigen nach Deutschland zugezogen sind und hier ihren Aufenthalt genommen haben. Die ursprünglichen Bedenken des Bundesjustizministeriums wegen des internationalen Privatrechts sind durch die Beschlüsse einer Konferenz in Lake Success im März dieses Jahres behoben worden. Auf dieser Konferenz, die im Rahmen der UN stattfand und an der sich mit Ausnahme der Ostblockstaaten fast sämtliche Staaten beteiligten, wurde ein Vertrag geschlossen, nach dem in jedem Lande ohne Rücksicht auf die Nationalität des Verschollenen seine
Todeserklärung zulässig ist, wenn die Angehörigen des Verschollenen in dem betreffenden Lande ihren Wonsitz haben. Die Ziffer 4 des § 1 schließt sich diesen Beschlüssen der Konferenz von Lake Success an und sieht die generelle Möglichkeit der Todeserklärung von Angehörigen fremder Staaten oder Staatenlosen vor, wenn entweder der Verschollene in dem letzten Zeitpunkt, in dem er nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, seinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, oder wenn der Ehehatte oder ein Abkömmling oder ein anderer nach § 16 des Verschollenheitsgesetzes antragsberechtigter Verwandter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat und die Todeserklärung beantragt.
Nach Abschluß der Ausschußarbeiten ist dem Bundesjustizministerium noch ein weiteres Problem vorgetragen worden, das zu dem Abänderungsantrag geführt hat, der Ihnen als interfraktioneller Antrag in dem Umdruck Nr. 25 vorliegt. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen der Staatenlose oder Angehörige eines fremden Staates seinen Wohnsitz in Deutschland niemals genommen hat, aber auch nicht seine Angehörigen, er selbst aber, wie z. B. die Ungardeutschen aus dem Banat, in der deutschen Wehrmacht gedient hat und dort verschollen ist. Es schien zweckmäßig, auch in diesem Falle die Todeserklärungsmöglichkeit offenzulassen. Diesem Zweck dient der Ihnen vorliegende Antrag, dessen Annahme ich zwar nicht vom Ausschuß aus Ihnen zu empfehlen in der Lage bin, dessen Annahme ich Ihnen aber persönlich empfehle.
10. Die Vorschriften des § 9 des Verschollenheitsgesetzes machen es erforderlich, daß das Gericht in allen Aufgebotsverfahren zur Todeserklärung Ermittlungen über den vermutlichen Zeitpunkt des Todes anstellt, selbst dann, wenn die Beteiligten daran gar kein Interesse haben, weil ihnen nur an der Todeserklärung als solcher gelegen ist.
Mit Rücksicht auf die hohe Zahl der Verschollenheitsfälle aus Anlaß des letzten Krieges — ich machte an anderer Stelle bereits darauf aufmerksam, daß mehr als 1000 Verfahren jede Woche anfallen — und mit Rücksicht darauf, daß die Ermittlungen in den Fällen der Verschollenheit im Zusammenhang mit dem letzten Krieg in der Mehrzahl der Fälle nicht zu irgendwie verwertbaren Ergebnissen führen, und schließlich mit Rücksicht auf den damit im Endergebnis unnütz verwandten Aufwand an Arbeit, Zeit und Kosten erschien es geboten, auf besondere Ermittlungen in solchen Fällen der Kriegsverschollenheit zu verzichten, in denen bei den Angehörigen kein Interesse an der Feststellung eines genauen Todeszeitpunktes besteht. Diesem Zweck dient der § 2 des Art. 2, der indessen vom Ausschuß gegenüber der Regierungsvorlage in seiner grundsätzlichen Anlage umgestellt worden ist. Während der Regierungsentwurf als den Regelfall die Feststellung des Todeszeitpunktes ohne Ermittlungen auf das Ende des Jahres 1945 vorsah, bestimmt die jetzige Fassung einleitend, daß Ermittlungen über den Zeitpunkt des Todes nur auf Antrag anzustellen sind, in welchem Falle als Zeitpunkt des Todes der Zeitpunkt festzustellen ist, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen als der wahrscheinlichste anzusehen ist. Die jetzige Fassung stellt damit die Antragsberechtigung bewußt in den Vordergrund. Lediglich dann, wenn ein besonderer Todeszeitpunkt nicht angegeben werden kann oder ein entsprechender Antrag trotz Befragung der Antragsberechtigten nicht gestellt wird, ist als Zeitpunkt des Todes das Ende des Jahres 1945 festzusetzen. Wenn feststeht, daß der Verschollene diesen Zeitpunkt überlebt hat, so ist hier, in der Frist wiederum über den Regierungsentwurf hinausgehend, als Zeitpunkt des Todes das Ende des dritten Jahres, in den Fällen der Verschollenheit unter akuter Lebensgefahr das Ende des ersten Jahres nach dem letzten Jahre festzustellen, in dem der Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat.
11. Eine nachträgliche Änderung der Festsetzung des Todeszeitpunktes war bisher im Verschollenheitsgesetz überhaupt nicht vorgesehen. Ein Bedürfnis nach einer solchen Änderung schien nicht gegeben, weil ja stets der Todeszeitpunkt auf Grund besonderer Ermittlungen festgesetzt wurde. Wenn dagegen jetzt die Todeszeit auch ohne Ermittlungen auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt festgestellt werden kann, so ist es notwendig, die nachträgliche Änderung dieser Feststellung zu ermöglichen, so wie es auch in den gleichen Fällen bereits in den gesetzlichen Vorschriften nach dem ersten Weltkrieg der Fall war. Der § 3 des Art. 2 sieht daher für jeden, der daran ein rechtliches Interesse hat, in den Fällen, in denen ohne Ermittlungen das Ende des Jahres 1945 als Todeszeitpunkt rechtskräftig festgesetzt worden ist, das Recht vor, die Änderung der Feststellung des Todeszeitpunktes auf Grund anzustellender Ermittlungen zu beantragen.
Die darüber hinaus nach den Vorschlägen des Ausschusses neu geschaffene Möglichkeit, auch in den Fällen, in denen die Festsetzung des Todeszeitpunktes auf Grund von Ermittlungen erfolgt ist, eine Neufestsetzung zu beantragen, wenn neue Tatsachen bekannt geworden sind, habe ich bei den Darlegungen zu § 33 des Verschollenheitsgesetzes behandelt.
12. Der vom Ausschuß neueingefügte Abs. 3 des § 3 sieht vor, daß in den Fällen, in denen ein jüdischer Verschollener oder ein sonstiger Konzentrationslagerinsasse auf Grund des bisherigen § 7 Abs. 3 des Verschollenheitsgesetzes in der Fassung der für die britische Zone erlassenen Verordnung vom 16. Dezember 1946 auf den neuen Zeitpunkt des 8. Mai 1945 für tot erklärt worden ist, nachträglich der Antrag auf Änderung des Todeszeitpunktes ebenfalls gestellt werden kann. Der Ausschuß hat damit dem Wunsch der mit dieser Frage befaßten jüdischen Organisationen entsprochen.
13. Der § 4 des Art. 3 sieht vor, daß die in §§ 2 und 3 entwickelten und von mir vorgetragenen Grundsätze im Verfahren auf Feststellung des Todes und des Todeszeitpunktes einer Person entsprechend anzuwenden sind.
14. Bereits nach § 3 der Zweiten Durchführungsverordnung der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom Oktober 1939 werden im Falle der Kriegsverschollenheit für die Todeserklärung und die Festsetzung des Todeszeitpunktes Gerichtsgebühren nicht erhoben. In der britischen Zone ist darüber hinaus durch Art. 5 Nr. 6 der Verordnung zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege und des Kostenrechts vom 27. Januar 1948 Gebührenfreiheit für die Fälle der allgemeinen Gefahrenverschollenheit im Zusammenhang mit Kriegsereignissen und Kriegszuständen bestimmt. Die Gesetzesvorlage geht darüber hinaus und ordnet für beide
Verfahren einschließlich der Fälle der nachträglichen Änderung der Festsetzung des Todeszeitpunktes Befreiung von Gerichtskosten, also ausdrücklich bemerkt, sowohl von Gerichtsgebühren wie von den Auslagen an. Das Einverständnis der Länder mit dieser Regelung ist ausgesprochen worden.
15. Nach dem geltenden Verschollenheitsrecht ist eine Todeserklärung solcher Personen, deren letzter Wohnsitz sich in der sowjetrussischen Besatzungszone befand, im Geltungsbereich dieses Gesetzes selbst dann nicht möglich, wenn die Angehörigen des Verschollenen inzwischen hierhin übersiedelt sind, weil die örtliche Zuständigkeit des Gerichts des letzten Wohnsitzes nach wie vor besteht. Es erscheint aber angebracht, in diesen Fällen die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines hiesigen Gerichtes zu eröffnen. Abgesehen von allgemeinen Gesichtspunkten spricht dafür auch die Tatsache, daß in der sowjetischen Zone die Todeserklärung derjenigen Personen, die in einem Internierungslager verschollen sind, nicht erreicht werden kann. Hinzu kommt, daß durch die vorgesehene Regelung der Zuständigkeit die Möglichkeit eröffnet wird, die bisher von den hiesigen Lebensversicherungsunternehmen geübte Praxis aufrechtzuerhalten, daß Ansprüche aus Versicherungsverhältnissen des Verschollenen zugunsten seiner hier ansässigen Angehörigen auch dann anerkannt werden, wenn die Verlegung des Wohnsitzes des Verschollenen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht nachgewiesen werden kann. Dieser Gesichtspunkt erschien sowohl dem Bundesjustizministerium wie auch dem Ausschuß von so überwiegender Bedeutung, daß demgegenüber die Bedenken, daß zufolge der nunmehr doppelten Zuständigkeit die Todeserklärung durch zwei Gerichte mit möglicherweise verschiedenen Todeszeitpunkten ausgesprochen werden kann, in Kauf genommen werden müssen.
16. Der neu eingefügte § 7 a, den Sie in der Regierungsvorlage als § 1 Abs. 3 finden, legt nur noch einmal fest, daß die Vorschriften des Art. 2 dieses Gesetzes als Lex specialis gegenüber dem allgemeinen Verschollenheitsrecht gelten, das somit auch in den Fällen der Verschollenheit aus Anlaß des letzten Krieges weitergilt, soweit nicht in Art. 2 besondere Vorschriften getroffen sind.
Meine Damen und Herren! Ich freue mich, nachdem ich Ihre Geduld für eine erhebliche Zeit habe in Anspruch nehmen müssen, nunmehr zu den Übergangs- und Schlußbestimmungen übergehen zu können. Diese sind in Art. 3 der Gesetzesvorlage enthalten. § 2 dieses Artikels bezweckt, die Mängel zu heilen, die dadurch entstanden sind, daß in der ersten Zeit nach dem Zusammenbruch die Bekanntmachungen nicht entsprechend den gesetzlichen Vorschriften vorgenommen werden konnten.
Von größerer Bedeutung ist die von dem Ausschuß neu eingefügte Vorschrift des § 2 a. Ich deutete bereits an anderer Stelle an, daß die Lebensversicherungsgesellschaften im Einvernehmen mit den Aufsichtsbehörden über ihre gesetzliche Verpflichtung nach der zweiten Verordnung über die Lebens- und Rentenversicherungen aus Anlaß der Erneuerung des Geldwesens vom 27. Juli 1948 hinaus die Regulierung von Schadensfällen auch hinsichtlich solcher Kriegsteilnehmer vornehmen, die zwar ihren letzten Wohnsitz in der sowjetrussischen Besatzungszone hatten, deren Familienangehörige aber ihren Wohnsitz in die Westzonen oder nach Großberlin verlegt haben. Man ist dabei von der Fiktion ausgegangen, daß mit der Verlegung des Wohnsitzes der Familienangehörigen regelmäßig die Verlegung des Wohnsitzes des Verschollenen verbunden gewesen sei. Diese Handhabung darf aber nicht die Folge haben, daß in diesen Fällen von den Versicherungsgesellschaften Leistungen erbracht werden müssen, die über die Leistungen, die sich auf der Grundlage der Vorschriften des heute zu behandelnden Gesetzentwurfs ergeben, bedeutend hinausgehen würden. Nach § 1 der Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Zulässigkeit von Anträgen auf Todeserklärung von Kriegsteilnehmern vom 23. 7. 1949 — einer ostzonalen Verordnung — wird in der sowjetischen Zone der Todestag regelmäßig auf den 31. 7. 1949, also einen nach der Währungsreform liegenden Stichtag, festgestellt. Damit wären auf Grund ostzonaler Todeserklärungen unsere Versicherungsunternehmen gehalten, die Versicherungsfälle nach § 1 in Verbindung mit § 3 der Verordnung über die Lebens- und Rentenversicherungen aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens vom 5. 7. 1948 abzuwickeln. Die Unterschiede können sehr beträchtlich sein und würden angesichts der in § 24 Abs. 2 des Umstellungsgesetzes erfolgten Regelung auf dem Wege der Ausgleichsforderungen zu Lasten der Länder des Währungsgebiets gehen. Da naturgemäß hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Folgen kein Unterschied bestehen darf, je nachdem, ob es sich um die Todeserklärung eines ostzonalen oder westzonalen Gerichts handelt, sieht § 2 der Übergangs- und Schlußbestimmungen ein Leistungsverweigerungsrecht für die Versicherungsgesellschaften insoweit vor, als der Anspruch den Betrag übersteigt, der sich ergeben würde, wenn der Zeitpunkt des Todes des Verschollenen nach den Vorschriften des vorliegenden Gesetzentwurfs festgestellt worden wäre. Diese Regelung ist im Einvernehmen mit den Aufsichtsbehörden getroffen worden.
Der neu eingefügte § 2 beschäftigt sich mit dem Geltungsbereich dieses Gesetzes. Seine Formulierung ist mit Rücksicht auf die Einbeziehung Großberlins gewählt worden und auch nur so verständlich. Mit der für den Bundesminister der Justiz in § 3 enthaltenen Ermächtigung zu einer neuen Bekanntmachung des Verschollenheitsgesetzes habe ich mich bereits befaßt.
Der § 4 enthält dann den Katalog der aufzuhebenden Gesetzesbestimmungen. Zur Klarstellung muß ich dabei auf einen Punkt hinweisen. Die Regierungsvorlage sah unter den Buchstaben f und g die Aufhebung bestimmter Gesetzesvorschriften vor, die aber in der Zwischenzeit schon durch Art. 8 Nr. 122 des Gesetzes zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 12. September 1950 aufgehoben worden sind. Demzufolge mußte
— das ersehen Sie aus der im Ausschuß vorgenommenen Einfügung eines besonderen Buchstabens h
— nunmehr der besagte Art. 8 Nr. 122 aufgehoben werden.
Meine Damen und Herren! Ich bin damit am Ende meiner Berichterstattung und habe Ihnen namens des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht nur noch den Antrag zu unterbreiten, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts in der aus der Drucksache Nr. 1520 ersichtlichen Fassung zu genehmigen.