Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Behandlung des Gegenstandes durch den Herrn Abgeordneten Erler hat ein völlig falsches und schiefes Bild ergeben.
Das Gesetz dient nicht dazu, den Aktionären eine hohe Dividende zu vermitteln, sondern es dient dazu, unseren völlig daniederliegenden Kapitalmarkt zu regenerieren und wieder funktionsfähig zu machen.
Ich darf darauf hinweisen, daß zwei Jahre nach der Inflation nach dem ersten Weltkrieg bereits 45 % des Investitions- und Anleihekapitals der deutschen Volkswirtschaft über den öffentlichen Kapitalmarkt gedeckt wurden. Dieser Satz ist heute auf 2,5 %herabgesunken.
Ein Zeichen dafür,
daß unsere Volkswirtschaft nicht in der Lage ist, aus dem Kapitalmarkt, der allein eine sinnvolle Anwendung verbürgt, so viel Kapital zu ziehen, daß ein fruchtbarer Aufbau der deutschen Volkswirtschaft gewährleistet ist. Wenn wir heute angesichts der sprunghaften Steigerung der deutschen Produktion sehen, welch ungeheuere Investitionen wir benötigen, dann haben wir die Pflicht, alles zu tun, um wieder einen deutschen Kapitalmarkt herzustellen.
Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie, wenn ich abschließend sage: Die Diskussion hat mich an einen Witz erinnert, den der alte Carl Fürstenberg
von der Berliner Handelsgesellschaft machte, der sagte: „Der Aktionär ist dumm und frech; dumm, wenn er eine Aktie zeichnet, und frech, wenn er noch dafür eine Dividende verlangt!" — So weit sind wir allmählich wieder gekommen.
Wir müssen wieder dahin gelangen, daß, ganz gleich wo eine Anlage erfolgt und wo eine Anlage in der Volkswirtschaft produktiv arbeitet, auch wieder ein Ertrag gewährleistet wird, genau so wie auch jeder kleine Sparer bei seiner Anlage auf der Sparkasse mit gutem Recht eine Rendite fordern kann.