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ID0110101900

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    6. Scharnberg.: 1
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    Deutscher Bundestag — 101. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. November 1950 3689 1o1. Sitzung Bonn, Dienstag, den 14. November 1950. Geschäftliche Mitteilungen 3690A Änderung der Tagesordnung . . . 3690B, 3711C Beratung der Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums betr. Auslieferung und Hinrichtungen von Deutschen (Nr. 1599 der Drucksachen) 3690C, D Höfler (CDU), Interpellant 3690D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 3691C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 1950 (Nr 1508 der Drucksachen) 3692C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium .der Finanzen . . . . 3692D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vereinbarung über den Warenverkehr und das Protokoll vom 17. August 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Brasilien (Nr. 1509 der Drucksachen) 3693B Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 3693B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für Sicherungs- und Überleitungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Nr. 1510 der Drucksachen) 3693C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 3693C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Dividendenabgabenverordnung (Nr. 1511 der Drucksachen) 3694B Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 3694B, 3698C Erler (SPD) 3694D, 3699A Scharnberg (CDU) 3696B Neumayer (FDP) 3697A Ewers (DP) 3698A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegs- oder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen (Nr. 1356 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1494 der Drucksachen) 3700B Dr. Laforet (CSU), Berichterstatter . 3700B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts (Nr. 1100 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1520 der Drucksachen) 3701A Dr. Oellers (FDP), Berichterstatter 3701A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der DP betr. Wiederherstellung von Brücken (Nrn. 1484, 1070 der Drucksachen) . . . 3707C Kern (CDU), Berichterstatter . . . 3707C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Solleder, Dr. Schatz, Kahn u. Gen. betr. Ausbau der Kleinbahnstrecke Regensburg—Wörth (Nrn. 1485, 1162 der Drucksachen) . . . 3708B .Juncker (FDP), Berichterstatter . . . 3708C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Kahn, Dr. Solleder, Dr. Jaeger, Dr. Schatz u. Gen. betr. Ausbau der Bundesbahnlinie Ingolstadt—Riedenburg nach Dietfurt in Bayern (Nrn. 1486, 1194 der Drucksachen) 3708C Meyer (Bremen) (SPD), Berichterstatter 3708D Kahn (CSU) 3708D Höhne (SPD) 3709C Volkholz (BP) 3710A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der DP betr. Steuerrückvergütung an die Imkerschaft (Nrn. 1550, 466 der Drucksachen) 3710B Junglas (CDU), Berichterstatter . . 3710C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 3711A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe — Flaggenrechtsgesetz — (Nr. 893 der Drucksachen); Mündlicher Bericht ,des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) (Nr. 1557 der Drucksachen) 3690C, 3711D, 3712A Dr. Bucerius (CDU), Berichterstatter 3712A, 3713A Ahrens (DP) 3712C Walter (DP) 3712D Dr. Seelos (BP) 3714B Übersicht über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 20) 3711D Nächste Sitzung 3714C Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Fritz Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Grundgedanken dieses Gesetzes kann sich die sozialdemokratische Fraktion auf gar keinen Fall einverstanden erklären. Was war der Sinn der jetzt aufgehobenen Bestimmungen? Wir haben vom Herrn Wirtschaftsminister erfahren, daß es sich im wesentlichen um eine reine Maßnahme der Kriegsfinanzierung gehandelt habe, die erst während des Krieges ergriffen worden sei, um den Dividendensegen nicht zur Ausschüttung gelangen zu lassen, sondern die Gewinne unsichtbar zu machen. Das stimmt nicht ganz. Die jetzt aufzuhebenden Bestimmungen haben ja einen Vorläufer, — einen Vorläufer, der auch aus dem Dritten Reich stammt, wie sicherlich zuzugeben ist. Es waren das Kapitalanlagegesetz und ihm folgend das Anleihestockgesetz vom Jahre 1934. Beide Gesetze haben das gleiche getan, was auch die jetzt aufzuhebenden Bestimmungen in der Praxis erreichen sollten. Sie haben das Ausmaß der Dividendenausschüttung im Normalfall auf 6 % begrenzt.
    Nicht die Rede war in der Begründung des Herrn Wirtschaftsministers von einer weiteren Vorschrift, die gleichfalls in dem jetzt aufzuhebenden Bestimmungen enthalten ist und die vorsieht, daß es verboten wird, Aufsichtsratvergütungen über das bisherige Ausmaß hinaus zu erhöhen. Ich darf Sie an eine Reihe der Bundestagsdebatten der letzten Zeit erinnern. Der Finanzminister hat außerordentlich große Sorgen. Er kündigte uns an, daß


    (Erler)

    wir mit einer Flut von neuen Deckungsvorschlägen zu rechnen haben werden, die ja auch jetzt bereits dem Bundesrat als Drucksachen vorliegen und mit denen wir uns im Bälde zu befassen haben werden, damit der Bund in der Lage ist, auch nur den dringendsten sozialen Verpflichtungen nachzukommen. Das zweite Wort der Bundesregierung bei allen Anträgen auf Verbesserung sozialer Leistungen in diesem Hause oder in den Ausschüssen lautet doch: „Für alle diese Aufwendungen ist kein Geld da". Man hat sich in nicht gerade sehr erfreulicher Weise — auch vom Standpunkt der großen industriellen Verbände — gegen die doch durch die Preisentwicklung unvermeidbar gewordenen und zu einem Teil durchgesetzten Lohnforderungen der Arbeitnehmer gewandt. Eine ganze Reihe von sehr wichtigen Aufbesserungen, die wir machen müssen, damit die Notlage der Ärmsten unseres Volkes gemildert wird, z. B. die Weihnachtszuwendungen für den Kreis der Fürsorgeempfänger, werden dieses Haus noch zu beschäftigen haben. Überall wird uns entgegengehalten: wir haben dafür kein Geld, wird sind ein armes Volk. Aber dann scheint es offenbar in diesem armen Volk eines der dringendsten Anliegen der Bundesregierung zu sein, dafür zu sorgen, daß mehr Dividende ausgeschüttet werden kann. Das können wir unter keinen Umständen gutheißen.
    Es scheint weiterhin eines der dringendsten Anliegen der Bundesregierung zu sein, dafür zu sorgen, daß ausgerechnet die Begrenzung der Aufsichtsratsvergütungen fällt. Offenbar ist der Kreis der Dividenenempfänger und der Kreis der Aufsichtsratsmitglieder derjenige, dem die besondere soziale Fürsorge dieses Bundestages zu dienen habe.
    Wir wenden uns gegen beide Dinge, und zwar nicht nur um der Optik willen, sondern auch deshalb, weil die darin zum Ausdruck kommende wirtschaftspolitische Konzeption falsch ist. Ich darf Ihnen zur Lage der Aktiengesellschaften, um die es sich hier handelt, vielleicht aus einer Zeitung, die keine sozialdemokratische Zeitung ist, aus der „Deutschen Zeitung und Wirtschaftszeitung", ein paar Zahlen über eine Untersuchung der Bilanzen vorlegen. Bei der Neufestsetzung ihres Grundkapitals haben 68 % oder 112 Gesellschaften von den untersuchten das volle Nominalkapital in D-Mark erhalten.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    11 % oder 19 Gesellschaften haben es heraufgesetzt, und nur 21 % haben es herabgesetzt. Bei den Heraufsetzungen gibt es Fälle nicht nur von 1 zu 2, sondern sogar von 1 zu 5. Das heißt: der Sparer, der sein Guthaben im Betrage von 100 Mark bis auf 6,50 Mark verloren hat, muß zusehen, wie das Kapital des Aktionärs von 100 Mark auf 150, von 100 Mark auf 500 Mark aufgewertet wurde. Dann soll das ja nach bestimmten Vorstellungen einzelner Mitglieder dieses Hauses noch dadurch prämiiert werden, daß der Aktienbesitz von der Lastenausgleichsabgabe freigestellt werden soll.
    Nein, meine Damen und Herren, man soll uns nicht immer damit kommen, alles, was im Dritten Reich je an Maßnahmen eingeführt worden sei, sei schon deswegen eo ipso aufzuheben. Sie sind doch sonst mitunter nationalsozialistischen Gesetzen gegenüber erheblich freundlicher gestimmt. Ich darf zum Beispiel an das Deutsche Beamtengesetz erinnern, dessen Grundgedanken Sie voll und ganz aufrechterhalten. Warum soll ausgerechnet dieses Gesetz im jetzigen Augenblick fallen?
    Offenbar liegt Ihnen allen besonders am Herzen, nicht einmal den Anschein der sozialen Gerechtigkeit aufrechtzuerhalten, den mitunter sogar das Dritte Reich zu wahren sich bemüht hat.
    Wir sollten also aus psychologischen Gründen dieses Thema jetzt nicht in aller Ausführlichkeit hier zur Debatte stellen. Ich glaube, das würde auf unser Volk einen denkbar schlechten Eindruck machen. Auch der Hinweis auf das Ausland sticht nicht. Selbst im Siegerland der Vereinigten Staaten von Amerika sind im Grundsatz die Bestimmungen über rent and profit control, d. h. über die Kontrolle der Mieten und der Gewinne der Unternehmungen aufrechterhalten geblieben, auch wenn man im Einzelfall nachgibt. Ich sehe nicht ein, warum wir, die wir offenbar den Krieg „gewonnen" haben, uns hier eine andere Großzügigkeit leisten sollen.
    Nun zu den wirtschaftspolitischen Einwänden. Denken Sie doch bitte daran, was die Durchführung dieses Gesetzes etwa für den sozialen Wohnungsbau bedeutet. Sie bringen das gesamte Zinsgefüge zum Zusammenbrechen. An dem Tage, an dem die Aktiengesellschaften dazu übergehen können, höhere Gewinne auszuschütten, gibt es doch keinen Absatz festverzinslicher Wertpapiere mehr. Damit hört es dann mit dem Absatz von Pfandbriefen auf, damit hört es für den Bundesfinanzminister — den ich leider bei dieser Debatte vermisse — mit der Möglichkeit auf, seine Bundesanleihe zu erträglichen Bedingungen unterzubringen. Damit hört es mit der Möglichkeit für die Bundesbahn auf, zu erträglichen Bedingungen Investitionskapital zu finden. Sie lenken damit dieses Kapital einseitig lediglich in einen bestimmten, privatwirtschaftlich betriebenen Wirtschaftszweig und schlagen damit den gesamten sozialen Wohnungsbau und die gesamte öffentliche Investitionstätigkeit tot.
    Dieses Gesetz widerspricht der Konzeption der Bundesregierung, die sie selber bei der entscheidenden Auseinandersetzung im Zentralbankrat vertreten hat. Zwei Minister, der Bundeskanzler an der Spitze und der Bundesfinanzminister, haben sich gegen die Erhöhung des Diskontsatzes der Bank deutscher Länder gewandt. Jetzt wird uns ein Gesetz präsentiert; das in seiner Mentalität diesen Ansichten des Herrn Bundeskanzlers eigentlich widerspricht, das in seiner Mentalität eigentlich von der Mehrheit des Zentralbankrates geboren sein könnte. Es war eine sehr knappe Mehrheit, eine Mehrheit von einer Stimme. Aber es ist ja augenblicklich in der Welt modern, auch in Deutschland, mit solch knappen Mehrheiten sehr weittragende Entschlüsse zu fassen. So hat uns auch der Zentralbankrat mit dieser Mehrheit jene Entscheidung beschert, die zu unerhörten Konsequenzen in unserem Wirtschaftsleben führen wird.
    Ich möchte also noch einmal darauf hinweisen, daß wir aus wirtschaftspolitischen Gründen, um des Kapitalmarktes willen, um der Fürsorge für den Wohnungsbau willen dieses einseitige Abgleiten der gesamten Kapitalbildung in die Hände der privaten Aktiengesellschaften nicht mitmachen. Es ist davon geredet worden — das steht in der Begründung drin —, daß es doch besser sei, diese Gewinne auszuschütten, als daß sie zu unerwünschten Investitionen in den Betrieben verwendet würden. Meine. Damen und Herren, die unerwünschten Investitionen in den Betrieben haben Sie doch selber mit Ihren Steuergesetzen prämiiert,

    (Sehr richtig! bei der SPD)



    (Erler)

    die haben Sie doch selber gutgeheißen. Das letzte Stück Lenkung in erwünschte wirtschaftliche Kanäle, das noch in dem alten Wirtschatsratsgesetz über die Steuerreform enthalten war, haben Sie hier aufgehoben und haben schrankenlos die Selbstfinanzierung der Betriebe begünstigt. Jetzt soll nun angeblich durch Sie das Gegenteil geschehen, was aber zweifellos noch unerwünschtere Wirkungen haben wird, weil ich mir nicht vorstellen kann, daß ein ausgeschütteter Gewinn automatisch in wirtschaftspolitisch richtigere Kanäle fließt als ein nicht ausgeschütteter Gewinn.
    Als letztes weisen Sie auf das Auslandskapital hin. Es ist ein altes und deswegen noch lange nicht richtiger werdendes Märchen, daß unter den heutigen wirtschaftspolitischen Verhältnissen der Zins ein nennenswerter Magnet für Fremdkapital sei. Das ist falsch. Die Sicherheit, die innere und äußere Sicherheit, und die Möglichkeit, den Ertrag des Kapitals auch später einmal zurückzubekommen und zu transferieren, sind viel bessere Garanten für jeden ausländischen Kapitalanleger als die Möglichkeit, zwar einen spekulativ hohen Zins zu bekommen, aber dann eines Tages das ganze Kapital im fremden Land eingefroren zu wissen, wie das in Deutschland verschiedentlich auch geschehen ist. Eine Wirtschaft der Vollbeschäftigung, eine Wirtschaft stabiler Preise, eine Wirtschaft mit einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz, die die Möglichkeit des Transfers von solchen ausländischen Anlagen eröffnet, ist ein wichtigerer und richtigerer Anreiz für Fremdkapital als ein jetzt für uns alle schädlicher hoher Zins.
    Dieses Gesetz widerspricht dem Geist der nationalen Solidarität. Wir lehnen seinen Grundgedanken ab. Wir stellen mit Befriedigung fest, daß im Bundesrat das Land Niedersachsen - leider nur alleinstehend — sich gegen dieses Gesetz gewehrt und dagegen gestimmt hat. Mit um so größerem Befremden nehmen wir davon Kenntnis, daß ein Mann, der nun eigentlich wirklich auf der Seite der Gegner dieses Gesetzes stehen müßte, weil er gerade ein Anwalt derer sein muß, die für die sozialen Leistungen zu kämpfen haben, der Vorsitzende des Bundes der Heimatvertriebenen und Entrechteten in seiner Eigenschaft als Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein diesem Gesetz im Bundesrat nicht widersprochen und ihm zugestimmt hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich bitte Sie daher, dieses Gesetz, weil es allen Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit widerspricht und wirtschaftspolitisch falsch ist, weil es den Tod des von Ihnen beschlossenen Wohnungsbaugesetzes bedeuten würde, gar nicht erst an einen Ausschuß zu überweisen. Ich beantrage vielmehr seine Ablehnung in der ersten Lesung.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Scharnberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hugo Scharnberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben gehört, daß die Verordnung, die hier aufzuheben ist, eigentlich auf die Lage zurückgeht, die wir im Jahre 1934 hatten. Damals waren wir in einem Zustand unserer Wirtschaft, in dem die Zinsen für fest verzinsliche Wertpapiere nach unten konvertiert werden mußten. Dies war der Grund, weshalb wir dann, um auf der anderen Seite unerwünschte Dividendenerhöhungen zu vermeiden, den Grundstock für dieses Gesetz legten, welches schließlich ein ausgesprochenes Kriegsgesetz wurde. Das Gesetz hatte dann die Bedeutung, die Gewinne während der Dauer des Krieges, wie es ausdrücklich in dem Gesetz hieß, zu begrenzen.
    Heute sind wir nun in einer völlig anderen Situation, und insbesondere sind wir aus dem Kriege heraus. Obwohl es, wie ich dem Vorredner ohne weiteres beipflichte, aus sozialen Gründen durchaus unerwünscht ist, wenn wir zu hohen Dividenden oder Dividendenerhöhungen kommen, so plädieren wir doch dafür, dieses Gesetz aufzuheben, weil es eben ein ausgesprochenes Kriegsgesetz ist. Herr Erler ist der Meinung, daß höhere Dividenden kommen werden, wenn wir das Gesetz aufheben. Meine Freunde und ich sind nicht der Meinung, daß dies der Fall ist. Wir glauben nicht, daß in dem augenblicklichen Zustand unserer Wirtschaft überhaupt höhere Dividenden gezahlt werden können.

    (Widerspruch und Lachen links. — Zuruf von der SPD: Sie sollten es besser wissen, Herr Scharnberg!)

    — Wir bitten, es abzuwarten! Insofern sind wir auch nicht der Meinung, daß der Einwand des Herrn Erler richtig ist, daß eine Aufhebung dieses Gesetzes zu einer Behinderung des Kapitalmarktes und des Absatzes von fest verzinslichen Wertpapieren führen würde. Wir haben auch deswegen den Wunsch, daß dieses Gesetz aufgehoben wird, weil es einen immerhin doch noch existenten Verwaltungsaufwand erfordert, und zwar, meine Damen und Herren, einfach für nichts, denn die materiellen Ergebnisse dieses Gesetzes sind ja überhaupt nicht vorhanden. Wir wollen grundsätzlich — und das ist für uns eine Grundsatzfrage — keine Beschränkungen privater Ansprüche, und wir wollen mit Nachdruck darauf hinweisen, daß es unter den Aktionären auch sehr, sehr viele kleine Leute gibt und hoffentlich in Zukunft noch mehr geben wird.

    (Widerspruch und Unruhe links.)

    Im übrigen ist für uns noch ein Grund von großer Bedeutung. Dieses Gesetz führt nämlich. zu einem gewissen Versteckspiel. Wir hingegen wollen eine Publizität. Wir wollen wissen, welche Gewinne in der Wirtschaft erzielt werden. Wir versprechen uns von Publizität eine Auswirkung auf den Wettbewerb und damit einen Druck auf die Preise.

    (Lachen bei der SPD.)

    Eine Beschränkung der Dividenden führt nach unserer Überzeugung zu Fehlinvestitionen, denn sie verführt die Unternehmen dazu, ihre Gewinne eben nicht zu zeigen, zu thesaurieren und dann zu Fehlinvestitionen zu verwenden. Wir sind auch der Meinung, daß unsere Wirtschaft nicht nur allein mit Rentenpapieren finanziert werden muß, sondern auch durch Aktienemissionen. Wir sehen gewisse Möglichkeiten, daß in absehbarer Zukunft einmal wieder ausländische Interessenten sich auf dem Kapitalmarkt hier betätigen und daß dabei neben Rentenpapieren auch Aktien abgesetzt werden können.
    Aus allen diesen Gründen sind wir der Auffassung, daß dieses Gesetz aufgehoben werden kann. Herr Erler fragte, warum es gerade jetzt aufgehoben werden müßte. Wir sind der Auffassung, daß es deshalb aufgehoben werden muß, weil es tatsächlich keine praktische Bedeutung mehr hat.

    (Beifall bei der CDU.)