Rede:
ID0110003800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 22
    1. der: 2
    2. Herr: 2
    3. Abgeordnete: 2
    4. Ich: 1
    5. stelle: 1
    6. mit: 1
    7. Freude: 1
    8. fest,: 1
    9. daß: 1
    10. Dr.: 1
    11. Leuchtgens: 1
    12. sich: 1
    13. genau: 1
    14. an: 1
    15. seine: 1
    16. Redezeit: 1
    17. gehalten: 1
    18. hat.\n: 1
    19. Das: 1
    20. Wort: 1
    21. hat: 1
    22. Paul.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. November 1950 3639 100. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. November 1950. Gedenkworte des Präsidenten aus Anlaß der 100. Sitzung des Deutschen Bundestages 3639B Geschäftliche Mitteilungen . . . . 3639C, 3688D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen) 3639C Bausch (CDU) 3639D Schoettle (SPD) 3646C Dr. Wellhausen (FDP) 3659B Dr. Bertram (Z) 3665B Dr. Krone (CDU) 3669B Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . . 3670D Dr. Seelos (BP) 3672C Dr. Mühlenfeld (DP) 3675A Dr. Leuchtgens (DRP) 3678D Paul (Düsseldorf) (KPD) 3681A Brandt (SPD) 3684B Dr. Richter (Niedersachsen) (parteilos) 3685C Wittmann (WAV) 3687B Nächste Sitzung 3688D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers unter lebhaftem Beifall auf allen Seiten des Hauses eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DRP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren! Es wird niemand von mir erwarten, daß ich in 15 Minuten eine Etatrede halten kann.

    (Zuruf von der SPD: Das verlangen wir auch nicht! — Abg. Dr. Wuermeling: Nehmen wir die Hälfte!)

    Auf der andern Seite habe ich festzustellen, daß man in einer so kurzen Zeit nur wenige Dinge behandeln kann, daß ich deshalb von der allgemeinen Betrachtung der politischen Lage überhaupt abzusehen habe und mich nicht in weitschweifige Erörterungen über die gesamte Politik und unsere Lage einzulassen vermag.
    Ich muß mich deshalb darauf beschränken, einige wenige Gesichtspunkte zur Sache selbst hervorzuheben, d. h. zu dem vorliegenden Gesetzent-


    (Dr. Leuchtgens)

    wurf über den Haushaltsplan, und es wäre vielleicht besser gewesen, wenn mancher der Redner, die vor mir gesprochen haben, sich an diesem Plan gehalten hätte; dann wäre vielleicht auch etwas mehr Zeit für mich gewesen.

    (Heiterkeit.)

    Im übrigen ist das Entscheidende für Sie hier das Kollektivum. Sie sind große Parteien, und da kann jeder Vertreter lange sprechen. Die kleinen Parteien, die ein kleines Kollektivum sind, dürfen eben weniger sprechen. Ob das Demokratie ist, meine Herren, das ist eine ganz andere Frage.

    (Zuruf von der SPD: Sagen Sie doch mal was!)

    — Warten Sie es doch nur ab, ich warte ja auch, bis Sie Zwischenrufe machen!

    (Zurufe links.)

    — Meine Damen und Herren, ich weiß ganz genau: Sie da drüben reden viel von Demokratie und sind so undemokratisch, wie man überhaupt nur sein kann!

    (Heiterkeit und Zurufe.)

    Ich möchte nun einige Bemerkungen zu dem vorliegenden Voranschlag machen, zunächst zu dem Verhältnis der Länder zum Bund. Der Herr Finanzminister hat gestern die verschiedenen Artikel des Grundgesetzes angezogen, Art. 106, 110, 113, 115 des Bonner Grundgesetzes, und hat in diesen Bestimmungen eine gewisse Hemmung und Begrenzung seiner Politik gesehen. Auf der anderen Seite aber will er sie als Grundlage seiner politischen Äußerungen und Anordnungen betrachten. Ich habe die Überzeugung, daß diese Bestimmungen über das Verhältnis der Länder zum Bund überhaupt verkehrt sind und wir so rasch wie möglich ohne Änderung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern herbeiführen müßten, wenn wir überhaupt zu einer gesunden Finanzpolitik kommen wollen.
    Wir haben im Etat Ausgaben von etwa 12 bis 13 Milliarden Mark. In der Übersicht in Drucksache Nr. 1000, die uns die Regierung vorgelegt hat, sagt sie selbst, daß die Länder noch einmal Ausgaben von 17 Milliarden haben. Darin zeigt sich eben diese ungeheure Spannung zwischen Bund und Ländern, eine Doppelarbeit und eine Zersplitterung der Arbeit, die uns sehr viel Geld kostet. Wenn man wirklich eine gesunde Finanzpolitik führen will, dann muß man dieses Verhältnis ändern. Man muß das tun, was ich schon wiederholt hervorgehoben habe: die Zahl der Länder im Bundesgebiet von 11 auf mindestens 5 herabzusetzen. Wenn wir das nicht tun, hilft alles nichts. Damit wird eine Fülle von Wirtschaftskraft und Steuerkraft verpulvert. Ich möchte deshalb den Herrn Bundeskanzler bitten, sein Augenmerk auf den Art. 29 des Bonner Grundgesetzes zu richten mit dem Ziel, das Verhältnis zwischen Bund und Ländern grundsätzlich zu ändern und auf diese Weise die Zahl der Länder, damit die Ministerien, die Verwaltungs- und auch die Landtagsausgaben wesentlich zu vermindern.

    (Abg. Dr. Gerstenmaier: Sehr richtig!)

    Geschieht das nicht, dann helfen alle unsere Bemühungen, Ordnung in die Finanzen zu bringen, nicht. Das, was hier als der Weisheit letzter Schluß angepriesen worden ist, sind nur Äußerlichkeiten.
    Auch das, was der Herr Finanzminister weiter gesagt hat, ist sehr bedenklich. Er wird den Haushalt nicht in Abgleichung, wie er es nennt, bringen können, schon deshalb nicht, weil die Steuern ja gar nicht eingehen. Er hat selbst schon auf die Bedenklichkeit seiner Schätzungsbeträge hingewiesen und gesagt, daß die Steuern im einzelnen so ja gar nicht eingehen werden. Also warum unterhalten wir uns hier dann eigentlich? Wir können ja das Grundziel überhaupt nicht erreichen, wie wir schon sehr bald sehen werden.
    Auf der anderen Seite ist auch ein Ausgleich der Einnahmen und der Ausgaben nicht zu erreichen. Sehen wir uns doch nur einmal die Verhältnisse bei der Bundesbahn an! Diese 174 Komma soundsoviel Millionen Einnahmen aus der Bundesbahn stehen doch nun wirklich auf dem Papier! Wir haben sie im vorigen Jahr nicht bekommen und werden sie auch in diesem Jahr nicht bekommen. Wie kann man also von einem Ausgleich des Voranschlags sprechen, wenn solche Lücken klaffen!
    Ich muß aber weiter hervorheben, daß die Politik des Herrn Finanzministers auf Kredit aufgebaut ist. Wer seine Sache auf Pump aufbaut, kann von vornherein sicher sein, daß er nicht zum Ziel kommt.

    (Abg. Spies: Wenn er kreditwürdig ist, warum denn nicht?!)

    — Warten wir es doch einmal ab! — Er hat zunächst 409 Millionen in den außerordentlichen Etat als Einnahmen eingestellt. Ja, er weiß doch ganz genau, daß er das Geld gar nicht bekommt, obwohl er es so hinstellt, als ob die Aussichten günstig seien. In der heutigen Zeit, in der Mindestreserve und Diskontsatz erhöht werden, ist doch gar nicht damit zu rechnen, daß er diese Beträge überhaupt hereinbekommt.
    Weiterhin hat er 300 Millionen DM aus dem außerordentlichen Etat herausgenommen, um damit die Lücke im ordentlichen Etat zu stopfen. Das ist ein ganz grober finanzpolitischer Fehler. Finanzpolitik kann man nicht so machen, daß man aus dem außerordentlichen Etat geliehene Mittel nimmt, um damit Fehlbeträge im ordentlichen Etat zu decken. Darüber hinaus hat er das Kreditplafond von 1,5 Milliarden auf 2 Milliarden erhöhen lassen. Auch hier muß ich die Frage stellen: wo will er denn diese Summen hernehmen, wenn unsere Wirtschaft so schlecht dasteht, wie es hier wiederholt geschildert worden ist, wenn sie keine Überschüsse abwirft und keine Bildung von Sparkapital ermöglicht! Außerdem ist noch ein Fehlbetrag vom vorigen Jahr in Höhe von 246,5 Millionen DM vorhanden. Der soll nun zum Teil, mit 183,5 Millionen, den Ländern zugewiesen werden. Der eine schiebt es auf den andern, der eine pumpt beim andern, und der eine sagt: der andere muß für meine Schulden eintreten!
    Dasselbe gilt für die Interessenquote. Glauben wir doch nur nicht, damit, daß die Länder eine Verpflichtung über eine Interessenquote von 1,1 Milliarden eingehen sollen und eingegangen sind, seien die Schwierigkeiten, die sich aus Art. 106 ergeben, beseitigt, wonach die Länder schließlich für die Schulden des Bundes mit einstehen müssen! Alle diese Dinge sind tief betrüblich.
    Vor allen Dingen aber dürfen wir doch nicht vergessen, daß der Bund nun schon weitgehend verschuldet ist. Der Bund hat schon eine Verschuldung von 6 Milliarden, die er zum großen Teil verzinsen muß, wenn auch nur mit 3%. Nun pumpen wir weiter und wissen gar nicht, wohin die Dinge führen. Ich habe die Überzeugung, daß mit dieser Kreditschöpfung unter den allerungünstigsten Verhältnissen allmählich das herbeigeführt wird, was der Herr Finanzminister mit Recht vermeiden will: die Inflation. Auf dem Wege dieser Kreditbeschaffung, wie ich es hier kurz skizziert habe, führt er notwendigerweise die Inflation herbei.

    (Abg. Spies: Unsinn!)



    (Dr. Leuchtgens)

    — Das ist kein Unsinn, sondern das ist völlig richtig. Das kann nur jemand für Unsinn erklären, der von finanzpolitischen Dingen nichts versteht.

    (Heiterkeit. — Abg. Spies: Es gibt immer noch Ansichten!)

    Ganz in der Schwebe gelassen hat man die Fragen der Wohnungsbeschaffung und der Arbeitsbeschaffung. Es ist doch nicht zu leugnen, daß diese ganzen Maßnahmen, eben weil sie übersteigert und auf Kredit aufgebaut waren, heute stocken. Die Bauten können nicht durchgeführt werden bzw. wenn sie durchgeführt werden, werden die Mieten unter den obwaltenden Zinsverhältnissen so teuer, daß sie überhaupt nicht aufzubringen sind.

    (Zuruf in der Mitte: Stimmt nicht!)

    Also auch hier wieder eine vollständige Fehllertung von Maßnahmen und Mitteln.
    Nun wird immer wieder damit operiert, 90% aller Ausgaben seien zwangsbedingt. Ich gebe das für die Besatzungskosten zu, ich gebe es bis zu einem gewissen Grade auch zu für die Aufwendungen zur sozialen Betreuung unseres Volkes. Aber ich bin nicht überzeugt, daß diese grundsätzlich notwendigen Maßnahmen so einfach gehandhabt werden, wie es in unserer Lage geboten ist, und ich bezweifle, daß diese hohen Summen wirklich benötigt werden. Man wird sich im Haushaltsausschuß die Dinge noch sehr genau darauf ansehen müssen, ob nicht tatsächlich noch Abstriche möglich sind. So jedenfalls kann der Etat nicht ausgeglichen werden.
    Eine weitere Frage ist die: was kostet die Verwaltung? Die Regierung sagt: sie kostet 442,5 Millionen, das sind nur 3,4 % der reinen Ausgaben, und für Gehälter sind nur 277 Millionen nötig. Das ist gewiß, objektiv betrachtet und in Vergleich gesetzt zu der Gesamtsumme des Etats, nicht sehr viel. Aber es sind immerhin gewaltige Beträge. Sieht man sich die Einzelpläne und vor allen Dingen die Organisations- und Stellenpläne im Etat an, so wird man feststellen, daß die Referate sich vielfach überschneiden. Ich habe die feste Überzeugung, daß, wenn diese Referate einmal im einzelnen geprüft werden, wir dort auf dem Gebiet des Übersetzungswesens, des Rechtswesens und des Personalwesens eine Menge Überschneidungen finden. Die einzelnen Ministerien sind so aufgebaut, daß sie beinahe in sich eine Gesamtregierung bilden, daß nicht bei dem Justizministerium etwa das Rechtswesen liegt, sondern auch im Finanzministerium sind Abteilungen, die sich wieder mit Rechtsdingen beschäftigen. Und so geht es weiter durch alle Ministerien hindurch. Wir müssen vor allem diese Doppelarbeit vermeiden, und es muß gesehen werden, daß wir auch von den 277 Millionen im Wege der Einsparung noch mancherlei Erleichterung schaffen.
    Dann bin ich der Meinung, daß unbedingt eine Besoldungsordnung kommen muß, denn die Besoldungsverhältnisse sind bei den Beamten und Angestellten dermaßen angreifbar und dermaßen schlecht, daß hier generell eine neue Ordnung geschaffen werden muß. Wir haben vielzuviel Gruppen in den einzelnen Besoldungsordnungen, vielzuviel Gruppen in der TOA, das Besoldungsschema muß überall vereinfacht werden und muß natürlich auch in dem Sinne dadurch eine gewisse Ersparnis erzielen.
    Im übrigen ist es bedauerlich, daß die Regierung schon wieder mit einer Steuervorlage kommt, nämlich mit der Autobahnbenutzungsabgabe und der Erhöhung der Benzinabgabe. Meine Damen und Herren, es ist wahrhaftig kein Kunststück, eine
    Finanzpolitik zu treiben, wenn man dann immer mit neuen Steuern kommt, sobald es irgendwo fehlt.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Haben Sie einen besseren Vorschlag?)

    Das ist eine so einfache Sache, daß man wirklich allmählich von dieser Methode abrücken sollte. Wir können der deutschen Wirtschaft keine Steuern mehr zumuten. Wenn man gestern gesagt hat, das betrifft ja die Wohlhabenden — meine Damen und Herren, das mag in gewissem Sinn zutreffen; denn wer ein Auto hat und Benzin braucht und die Autobahn benutzt, der gehört ja wohl zu den Wohlhabenden.

    (Widerspruch und Heiterkeit.)

    Aber wir müssen auf der anderen Seite doch auch wissen, daß diese Belastung nicht ins Aschgraue gehen kann und schließlich auf die breite Verbrauchermasse abgewälzt wird.

    (Abg. Dr. Schäfer: Was ist aschgrau?)

    Ich bin der Meinung, die Regierung muß ohne Steuervorlage auskommen.
    Wir müssen im Haushaltsausschuß versuchen, nun wirklich eine Ersparnis von Mitteln herbeizuführen. Es ist heute schon wieder hier wie vor ein paar Tagen vom Sparkommissar geredet worden. Der Herr Schoettle hat heute morgen vom Rechnungshof gesprochen. Wir rufen alle möglichen Geister herbei, die uns den Finanzausgleich herbeiführen und uns aus unserer Misere befreien sollen, anstatt daß wir es selbst machen! Der Haushaltsausschuß und hier die hohen Herren, die zum Hohen Haus gehören, sollen selbst mitarbeiten und sollen selbst versuchen, das zu machen. Was brauchen wir immer wieder nach den Methoden der vergangenen Zeit zu handeln zu suchen? Wir suchen einen Autokraten, wir suchen einen Despoten, der uns das macht, ob er nun Sparkommissar heißt oder Rechnungshof, anstatt daß wir hier in demokratischer Weise unter dem Einsatz derjenigen, die etwas von den Dingen verstehen, nun wirklich auch den Etat ausgleichen und die Ausgaben senken.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist doch gemacht!)

    Ich bin der Meinung, wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, daß der übersetzte Beamtenapparat, den wir nun mal haben, abgebaut wird. Wenn Sie irgendwo in den Voranschlag des Bundes hineinsehen oder wenn Sie die Voranschläge der Länder und auch die Voranschläge der Gemeinden sehen — überall haben wir diese unglaubliche Übersetzung des Behörden- und Beamtenapparates. Wenn wir hier nicht eingreifen und wenn wir hier nicht den Mut haben, die Aufgaben der öffentlichen Hand zu senken und damit auch die Ausgaben zu senken, dann werden wir nie Ordnung in unseren Haushalt bekommen. Dann werden wir uns immer wieder mit Recht von der Öffentlichkeit den Vorwurf machen lassen müssen: Ihr könnt ja weiter nichts als Steuern erheben und Kredite aufnehmen!

    (Abg. Jacobi: Bis jetzt haben Sie nur Allgemeinplätze von sich gegeben!)

    — Das andere machen wir später.

    (Abg. Jacobi: Wird aber Zeit bei Ihrem Alter! — Abg. Dr. Greve: Zu Weihnachten; da ist Ihre große Zeit! — Heiterkeit.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich stelle mit Freude fest, daß der Herr Abgeordnete Dr. Leuchtgens sich genau an seine Redezeit gehalten hat.

(Bravo!)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Paul.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hugo Paul


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Der vorliegende Etat ist von der Politik der Bundesregierung nicht zu trennen. Mein Parteifreund Reimann

    (Abg. Jacobi: Es bleibt uns nichts erspart!)

    machte zu der Erklärung der Bundesregierung darauf aufmerksam,

    (Zuruf von der SPD: Warum ist Reimann nicht hier? — Wo ist Reimann?)

    daß diese Regierung in kolonialer Abhängigkeit zu den Gründern dieses westdeutschen Staates steht. Der vorliegende Etat drückt diese Abhängigkeit und die Zielsetzung der Auftraggeber dieser Regierung mit aller Deutlichkeit aus. Im Haushaltsplan gibt es einen entscheidenden Posten, der nach der Meinung des Kollegen Schoettle nicht zu ändern ist, nämlich der Posten der Besatzungskosten. 4,6 Milliarden müssen für die Unterhaltung der Okkupationsmächte im Bundesgebiet bereitgestellt werden.

    (Zuruf von der Mitte: Was hat die Ostzone schon gekostet?)

    In den Zeitungen — und in denen der letzten Tage in steigendem Maße — können Sie lesen, wie willkürlich diese Mittel verwandt werden. Die CDU hat ja in einer Anfrage ebenfalls auf diesen wunden Punkt in der Frage der Besatzungskosten hingewiesen.

    (Abg. Lücke: Da ist die CDU doch ab und • zu mal zu etwas gut!)

    Es ist mittlerweile allgemein bekannt, nur die Bundesregierung schweigt sich darüber aus, daß große Mittel für Luxusausgaben der Besatzungstruppen verausgabt wurden. Die Bundesregierung schweigt dazu und hat es bisher unterlassen, dem Bundestag eine genaue Aufgliederung der Besatzungskosten zu unterbreiten. Werden die Besatzungskosten geringer werden?
    Wir hatten vor 2 Tagen hier die außenpolitische Debatte. In dieser Debatte kam ganz deutlich zum Ausdruck, daß die Bundesregierung mit der konstruktiven Opposition des Herrn Dr. Schumacher eine Verstärkung der Besatzungstruppen verlangt. Man spricht von einer Erhöhung der Stärke der Besatzungstruppen von 5 auf 14 Divisionen. Das wird bedeuten, daß die deutsche Bevölkerung 8 bis 9 Milliarden Mark allein für die Besatzungstruppen aufzubringen haben wird. Diese Tatsache können Sie nicht aus der Welt schaffen.

    (Zuruf von der CDU: Schlecht gerechnet!)

    Heute bringt die Zeitung „Der Mittag" eine wichtige Meldung, die auf den vorliegenden Etat einen großen Einfluß haben wird. Es ist eine Meldung der amerikanischen Presseagentur UP. Dort wird gesagt:
    „Von gut informierter alliierter Seite verlautet, daß der deutsche Beitrag für die alliierten Truppen zur Verteidigung Europas sich Ende November auf über die Hälfte des gesamten deutschen Bundeshaushalts belaufen werde. Deutschland wird der Tatsache Rechnung tragen müssen, daß Verteidigung eine kostspielige Angelegenheit ist. Es dürften sich etwa 2,5 Milliarden Mark an zusätzlichen Kosten für die letzten 5 Monate des Rechnungsjahres 1950/51 ergeben, so daß die Besatzungs- bzw. Sicherheitskosten 7 Milliarden Mark betragen werden."
    Das ist eine Meldung des heutigen Tages. Der Herr Finanzminister hat gestern bereits darauf hingewiesen, daß Nachtragsforderungen der Okkupationsmächte zu erwarten seien. Jetzt hören wir, in welcher Höhe sie für das laufende Rechnungsjahr bereits angefordert werden. In Anbetracht solcher Tatsachen gibt sich der Finanzminister einer trügerischen Hoffnung hin, wenn er glaubt, seinen Haushalt ausgleichen zu können. Er glaubt aber im Innersten selbst nicht daran. Man setzt jedoch die Politik des Rufens nach der Verstärkung der Okkupationstruppen fort, weil man sich der politischen Konzeption des amerikanischen Imperialismus untergeordnet hat, die unser Volk so teuer zu bezahlen hat.

    (Abg. Spies: Die Rede gefällt mir, weil er sie selber nicht glaubt.)

    In den nächsten Jahren und schon im kommenden Jahr werden weitere zusätzliche Ausgaben hinzukommen. Ich denke hier an die Auswirkungen der New Yorker Beschlüsse und Anweisungen für die Verstärkung der Polizeitruppen. Diese Summen wurden gestern nicht genannt, die für die Verstärkung der Polizeitruppen — die tatsächlich militärischen Verbänden gleichkommen — benötigt werden.
    Ich weise weiter darauf hin, daß im Haushaltsausschuß vor einigen Tagen eine Vorwegbewilligung für die Verstärkung des sogenannten Zollschutzes verlangt wurde. Im Raume Bonn soll ein Ausbildungslager für Zöllner mit einer ständigen Bereitschaft von 1000 Mann des Zollschutzes eingerichtet werden. Auch diese Summen werden dem deutschen Volke nicht in ihrer ganzen Größe bekanntgegeben.

    (Zuruf von der CDU: Etwas Zollschutz müssen wir ja haben, Herr Paul!)

    Manche Politiker dieses Hauses geben sich einer trügerischen Hoffnung hin, wenn sie meinen, nicht wir würden die ungeheuren Beträge für Militärausgaben zu zahlen haben. Ich mache aufmerksam auf die widersprechenden Äußerungen in den Pressebesprechungen des Bundeskanzlers und des Herrn Dr. Schumacher. Herr Dr. Adenauer sagte ganz deutlich: Jawohl, wir werden einen Teil dieser Dinge zu tragen haben; während der Herr Schumacher sagte: Die anderen sollen zahlen. Aber der Hohe britische Kommissar und auch der amerikanische Kommissar sagen ganz deutlich: Wenn die westdeutschen Politiker eine Verstärkung der Besatzungstruppen verlangen, dann müssen sie zahlen, und wenn sie wollen, daß wieder eine Wehrmacht aufgerichtet wird, dann sollen sie auch zahlen. — Ja, wir sollen zahlen, sollen Soldaten stellen für die amerikanischen Interessen, für die amerikanische Kriegsvorbereitung auf deutschem Boden. Das ist der Wille der Auftraggeber und der politischen Diktatoren auf dem Petersberg für diesen westdeutschen Staat.

    (Abg. Spies: Und das alles der Sowjets wegen!)

    Wenn die Bundesregierung eine Politik des Friedens betreiben würde, wenn die Politik der Bundesregierung ausgerichtet wäre auf einen echten Willen zur Verständigung mit den deutschen Menschen in der Deutschen Demokratischen Republik, mit den Völkern des Ostens, mit den Völkern der Sowjetunion.

    (Zuruf von der CDU: Demokratisch ist gut!)

    dann würden dem deutschen Volk diese ungeheuren amerikanischen Belastungen erspart. Aber die Politik der Bundesregierung unterliegt den amerikanischen Anweisungen. Die Bundesregierung betreibt eine Politik im Interesse auch des deutschen Finanzkapitals in der Richtung auf die Vorbereitung eines neuen Krieges.

    (Abg. Lücke: Herr Paul, hierzu brauchen wir ein paar nähere Einzelheiten.)



    (Paul [Düsseldorf])

    Wenn man den Ratschlägen und Vorschlägen, die auf der Prager Außenministerkonferenz der Oststaaten gemacht wurden, folgen würde, dann gäbe es sehr wohl eine Möglichkeit, die internationalen Spannungen beizulegen und zu beseitigen. Damit würde dem deutschen Volk ein großer Dienst erwiesen. Ihm würde nämlich erspart, daß Deutschland bei diesen Auseinandersetzungen zu einem Operationsgebiet und zu einem neuen Schlachtfeld würde. Deshalb muß die Bundesregierung, wenn sie behauptet, im Interesse des deutschen Volkes zu handeln, mit ihrer bisherigen Politik brechen und eine Politik betreiben, die auf die deutschen Interessen und auf die wahre Sicherung des Friedens ausgerichtet ist. Das bedeutet aber Einstellung der Hetze gegen die Völker des Ostens, das bedeutet, sich mit den Vertretern der Deutschen Demokratischen Republik zusammenzufinden, um einen Weg zu beraten, der aus dem nationalen Notstand, in dem sich unser Volk und Land befindet, herausführt. Ich gebe mich allerdings nicht der trügerischen Hoffnung hin, daß diese Regierung, eben weil sie sich in den Fängen der Amerikaner befindet.

    (Zuruf rechts: Stimmt das genau?)

    Schluß machen wird mit einer Politik, die mit den Londoner Empfehlungen eingeleitet wurde, über den Atlantikpakt und Europarat bis zum SchumanPlan ging und jetzt bis zur Wiederaufrüstung Westdeutschlands im Interesse ausländischer und deutscher Finanzkapitalisten führt.

    (Zuruf rechts: Aha!)

    Dieser amerikanischen Konzeption gemäß ist auch die Wirtschaftspolitik der Regierung.
    Man hat die sogenannte Liberalisierung eingeführt. Von dem Vertreter der Deutschen Partei wurde hier gesagt, man habe die Liberalisierung von seiten der Bundesregierung weit vorgetragen. Diese Politik hat zur Schädigung der deutschen Wirtschaft und unserer Landwirtschaft geführt. Kein geringerer als Dr. Adenauer selbst hat einmal erklärt: Wir müssen leider einen Teil unserer Landwirtschaft in diesem Ringen opfern. Das ist die Auswirkung einer solchen politisch falschen, den deutschen Interessen widersprechenden Konzeption. Und jetzt steuert alles auf die Kriegswirtschaft hin. Was ist denn das Engpaßprogramm des Herrn Professor Dr. Erhard? Das ist ebenfalls ein Ausfluß der amerikanischen Kriegführung in Korea und der Vorbereitung des amerikanischen Krieges in Europa gegen die friedliebenden Völker des Ostens.

    (Zuruf rechts: O je!)

    Jetzt wird die westdeutsche Wirtschaft in diesen Plan eingegliedert.

    (Zuruf rechts: Ostdeutschland ist schon drin!)

    Man redete gestern davon, daß die Arbeitslosigkeit so weit zurückgegangen sei.

    (Zuruf rechts: Gott sei Dank!)

    Machen Sie sich doch nicht selbst etwas vor! Wenn wir nicht das Land mit den Zubringerindustrien für die Atlantikpakt-Rüstung wären, dann hätten wir heute eine tiefe Wirtschaftskrise, nicht nur in Westdeutschland, sondern in allen kapitalistischen Ländern. Nur durch die wahnsinnige Rüstungspolitik hat man bisher Auswirkungen der kapitalistisch-anarchistischen Wirtschaftsweise in Art der Krise verhindern können.

    (Zuruf rechts: Davon lebt Rußland schon 20 Jahre!)

    Lesen Sie einmal aufmerksam bürgerliche Zeitungen:

    (Zuruf rechts: Aber mit Tendenz!)

    sie sprechen jetzt schon davon, daß in Amerika die kommende Inflation gefürchtet wird. Was bedeuten denn laufende Preissteigerungen und laufende Steigerungen der Lebenshaltungskosten? Ist das nicht eine Tendenz der Inflation, der Entwertung des Geldes?

    (Zuruf rechts: Nein!)

    Wollen Sie uns und der Bevölkerung begreiflich machen, daß der 100-Mark-Schein, den der einzelne Mensch verdient, noch immer den gleichen Wert hat wie vor einem Jahr?

    (Zuruf rechts: Noch mehr!)

    — Das können Sie doch keinem weismachen. Tatsache ist, daß die Preise gewaltig angezogen haben. Der Vertreter der Deutschen Partei hat die Preise für einige der wichtigsten Rohstoffe genannt.
    Das wirkt sich jetzt schon auch auf die westdeutsche Wirtschaft aus. Die Hortungskäufe, die strategischen Käufe nehmen zu. Dadurch erschwert sich die wirtschaftliche Lage in Westdeutschland. Dadurch treten in einer Reihe von Betrieben bereits Produktionsschwierigkeiten auf.

    (Zuruf rechts: Die sind wieder beseitigt!) — Die werden wieder beseitigt, sagen Sie.


    (Zuruf rechts: Sie sind schon beseitigt!)

    Ich sage Ihnen, diese Schwierigkeiten werden zunehmen. Auch auf dem Kohlenmarkt werden sie nicht beseitigt werden. Wenn Sie glauben, durch ein Abkommen, das angeblich mit dem Industrieverband Bergbau geschlossen sein soll, die Schwierigkeiten im Bergbau aus dem Wege geräumt zu haben, dann irren Sie sich gewaltig. Die Bergarbeiter erheben mit Recht neue Lohnforderungen. Die Bergarbeiter sind zu dem Abkommen noch nicht gefragt worden. Das letzte Wort ist darüber noch nicht gesprochen.

    (Zuruf rechts: Das ist auch nicht nötig!)

    Die Wirtschaftspolitik des Herrn Dr. Erhard hat nicht zu dem geführt, was man auf den Wahlplakaten der CDU gesehen hat: Hausfrauen mit vollen Lebensmitteltaschen, sondern sie hat dazu geführt, daß die Leute weniger für ihr Geld bekommen als vor Jahresfrist.
    Das sind die Auswirkungen dieser Politik. Wollen Sie vielleicht sagen, daß die wirtschaftliche Lage in den letzten Monaten günstiger geworden sei? Sie ist keineswegs günstiger geworden. Das Steueraufkommen, das wurde bereits gesagt, ist zurückgegangen. Und nicht nur das. Die Spareinlagen haben sich ebenfalls gewaltig verringert.

    (Zuruf rechts: Siehe Korea!)

    Ich habe hier den Monatsbericht der Bank Deutscher Länder. Dort wird folgendes gesagt:
    Typisch für die durch die Korea-Krise ausgelöste Nervosität ist die Entwicklung der Spareinlagen bei den Kreditinstituten. Die Einzahlungsüberschüsse, die seit Beginn des Jahres immer über 100 Millionen DM lagen, sind im Juli auf knapp 23 Millionen DM zurückgegangen, und man muß damit rechnen, daß sie noch weiter sinken.
    Das ist aus dem Bericht der Bank deutscher Länder entnommen, und sie wird ja Überschätzungen vermeiden, wird ihren Bericht wohl auf ganz konkrete Unterlagen stützen.


    (Paul [Düsseldorf])

    Wohin hat die Wirtschafts- und Steuerpolitik dieser Regierung geführt? Gestern wurde vom Finanzminister und heute von einigen anderen Herren gesagt: Ja, wir werden vielleicht das Einkommensteuergesetz in dieser oder jener Richtung ändern und andere Maßnahmen treffen müssen. Als wir bei der Behandlung des Einkommensteuergesetzes darauf aufmerksam machten, daß den Großkapitalisten ein Milliardengeschenk gemacht würde, daß man dadurch nicht eine Erhöhung der Steuereinnahmen erreichen würde, hat man das bestritten. Und wie ist die Entwicklung der Situation seit diesem Tage vor sich gegangen? Tatsache ist, daß die Kapitalbildung gewaltige Formen angenommen hat. Tatsache ist weiter, daß gewaltige Steuerhinterziehungen durch Abschreibungen und solche unkontrollierbaren Investitionen vor sich gehen. Nach den Berichten der Gewerkschaften sind im zweiten Jahre nach der Währungsreform rund 16,6 Milliarden DM in der Wirtschaft investiert worden. Hinzu kommen die 10 Milliarden DM aus den Hortungsgewinnen. Das sind rund 26,6 Milliarden DM. Wir erleben jetzt, daß die großen Konzerne — ich denke hier nur an die Stahlwerke des Klöckner-Konzerns, ich denke an die Opelwerke — ihre Aktien im Verhältnis 1 : 1 umgestellt haben. Aber was hat man denn für den kleinen Mann getan? Für die kleinen Leute wurde nichts getan. Ihre Spargroschen gingen restlos vor die Hunde, aber die Aktienbesitzer erhalten ihre volle Umstellung. Hat die Regierung hier eingegriffen?

    (Zuruf von rechts: Ja!)

    Hat sie hier versucht, die Gewinne abzuschöpfen? Keineswegs! Man hat heute sogar gesagt, dieser Weg müsse weiter gegangen werden. Ja, wenn man diesen Weg der Begünstigung der Konzerne und der Begünstigung solcher ausländischer Finanzkapitalisten, die ihr Geld in den Opel-Werken stecken haben, geht, dann muß eben die breite Masse ,des schaffenden Volkes bluten und zahlen. Das ist die Devise dieser Regierung.
    Wie sieht es denn aus auf dem Gebiete der Handelspolitik?

    (Zuruf von rechts: Ausgezeichnet!)

    — Ausgezeichnet sagen Sie? Hören Sie den Bericht, ebenfalls amtlicher Stellen. Tatsache ist, daß der Saldo der Ausfuhr nach wie vor passiv ist. Tatsache ist, daß wir keine ausgeglichene Ein- und Ausfuhr haben.

    (Zuruf rechts: Bekommen wir bis Weihnachten!)

    — Sie sagen, wir bekommen sie bis Weihnachten. Das klingt beinahe, als ob der Weihnachtsmann uns diesen Ausgleich bescheren würde. Sie können aber selbst nicht bestreiten, daß es ein Minus in der Ein- und Ausfuhr zu Lasten der Bundesrepublik gibt. Wie sieht es aus mit der Ausfuhr deutscher Waren nach den USA? Hören Sie den Bericht.

    (Zuruf rechts: Zugleich aber mit Rußland, damit wir einen Vergleich haben!)

    Es wird hier gesagt, daß die Ausfuhr nach den USA z. B. im August 29,6 Millionen betrug, daß aber die Ausfuhr aus den USA nach Westdeutschland 233,3 Millionen DM betrug. Jetzt wollen Sie sagen, daß der Marshallplan eine Hilfe für das deutsche Volk bedeutet? Er bringt eine weitere Verschuldung der deutschen Wirtschaft und des deutschen Volkes. Demgegenüber wird der Handel mit den östlichen Völkern, mit der großen Sowjetunion, mit Polen, der Tschechoslowakei, mit China und mit der
    Deutschen Demokratischen Republik planmäßig sabotiert. Jedem Wink der Hohen Kommissare wird Rechnung getragen. Erst vor einigen Wochen ordneten die Kommissare an, die Ausfuhr von Maschinen in die östlichen Länder einzustellen, und prompt wurde dem gefolgt. Ich denke an den Skandal um das Stahlembargo, um das Kohlenembargo usw., ich denke an die Sabotage bei den Verhandlungen zwischen den Vertretern des Wirtschaftsministeriums hier in der Bundesrepublik und den Vertretern der Deutschen Demokratischen Republik. Was hat man nicht für Schwierigkeiten gemacht, und zwar mit der Absicht, das interzonale Handelsabkommen hinauszuzögern und nach Möglichkeit stillzulegen und zu torpedieren.

    (Zuruf rechts: Warum denn wohl?)

    Ja, wenn man eine solche Handelspolitik betreibt, dann gerät man immer mehr und immer mehr in Abhängikeit von kapitalistischen Märkten und von den USA-Kapitalisten. Wir sind der Meinung, daß diese Handelspolitik, die betrieben wird, nicht im Interesse des deutschen Volkes liegt. Die natürlichen Abnehmer der deutschen Friedenswirtschaft waren und sind die Völker des Balkans und der Ostländer. Das ließe sich an Hand von Dutzenden von Statistiken aus ,der Vergangenheit nachweisen. Wenn man diesen Kurs nicht ändert, wird es in der Wirtschaft nicht besser werden. Unsere Wirtschaft wird dann durch Marshallplan und Schumanplan an die imperialistischen Kriegstreiber weiter ausgeliefert werden. Die Beschlüsse von New York sagen ja mit aller Deutlichkeit, die Aufhebung der Begrenzung der Stahlquote bezieht sich nur auf Lieferungen für die Aufrüstung. Für den friedlichen Bedarf, für die friedliche Wirtschaft werden die Stahlquoten nicht freigegeben.
    Betrachten wir die Steuerpolitik, die ich bereits ansprach. Was hat man getan? Hat die Regierung gemäß den Beschlüssen .des Bundestages gehandelt? Sie hat keineswegs danach gehandelt, sondern sie hat entgegen den Beschlüssen des Bundestages gehandelt. Der Kollege Schoettle hat heute morgen bereits darauf hingewiesen, wie es in der Brotpreisfrage war. Ich habe hier die Drucksache Nr. 964, den am 2. Juni 1950 auf Grund eines Berichts des Ausschusses gefaßten Beschluß. In dem Beschluß, der von der CDU bis zu den Kommunisten einstimmig angenommen wurde, heißt es:
    Die Bundesregierung wird daher ersucht,
    den gesetzgebenden Körperschaften bis zum 1. Juli 1950 Gesetzentwürfe über eine ausreichende Senkung der Tabak-, Kaffee- und Teesteuer vorzulegen.
    Das hat sie nicht getan; im Gegenteil. Gestern hat sich der Bundesfinanzminister erneut für die hohen Umsatzsteuern eingesetzt, und neue Steuern sind angekündigt. Wir können jetzt schon sagen, daß wir mit der gesamten Bevölkerung diesen Kurs bekämpfen werden. Die Benzinsteuer und die Autobahnabgabe wird doch wieder auf die Verbraucher abgewälzt. Es glaubt doch kein Mensch daran, daß die Transportunternehmen die Last allein tragen werden; sie werden sie durch Erhöhung der Transportkosten auf die Verbraucher abwälzen.
    Einige Worte zum Notopfer Berlin. Heute sind soviel starke Worte und angeblich auch warme Worte für West-Berlin gesprochen worden.

    (Abg. Lücke: Angeblich? Sehr vorsichtig!)

    Wir haben auf das Problem Berlin schon mehrfach
    hingewiesen. Es kommt nicht darauf an, den amerikanischen Kriegsfonds in Berlin zu erhöhen — damit ist der Berliner Bevölkerung keineswegs ge-


    (Paul [Dusseldorf])

    dient —, sondern es kommt darauf an, eine solche Politik zu treiben, daß die Spaltung Berlins und die Spaltung Deutschlands aufgehoben wird. Dann wird die Berliner Wirtschaft auch in den Westsektoren neue Möglichkeiten der Existenz haben, 300 000 Arbeitslose werden Arbeit und Brot finden und brauchen nicht aus der Kriegskasse der Bundesrepublik bezahlt zu werden.
    Wir stellen die Frage: Wie können wir aus dieser Gesamtsituation herauskommen? Trotz aller Außerungen des Finanzministers wird der Haushalt am Ende des Jahres ein großes Defizit aufweisen. Wir werden uns auch später noch einmal über die Frage des Wohnungsbaues und über andere Probleme unterhalten. Ich möchte Sie nur kurz auf den Etat für Besatzungskosten verweisen. Darin wird ausgesagt, daß rund 414 Millionen DM für Neubauten der Besatzung ausgegeben werden müssen, während wir in unserem Etat nur 365 Millionen DM für den sozialen Wohnungsbau unserer Bevölkerung haben. Ich möchte Sie weiter darauf hinweisen, daß in diesem Etat Besatzungskosten über 800 Millionen DM für die Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen, für die Wohnungen und die Unterkünfte der Besatzungstruppen vorhanden sind. Diese Kosten sind wesentlich überhöht.

    (Abg. Lücke: Es ist zuzugeben: sie sind wesentlich überhöht!)

    Das sind Zahlen, die im Etat stehen.
    Wir können eine solche Politik nicht mitmachen. Es gibt einen Weg aus dieser Situation. Die Finnanzkalamität des Bundes ist nur ein Teil der gesamtdeutschen Notlage, ist ein Teil des nationalen Notstandes unseres Volkes. Es gibt einen Weg: alle Männer und Frauen, die das deutsche Volk und den Frieden lieben, müssen sich zusammenfinden und den Kampf für die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands, für die Erreichung der vollen Souveränität und der vollen Freiheit unserer Wirtschaft verstärkt aufnehmen.

    (Abg. Spies: Wie in der Ostzone!)

    Sie müssen für den Abschluß eines Friedensvertrages und den Abzug der Besatzungstruppen aus Deutschland eintreten,

    (Abg. Spies: Dann geht es uns wie in Korea!) damit Deutschland nicht ein internationales Spannungsfeld bleibt und ein Schlachtfeld wird, sondern damit Deutschland ein friedliebendes Land wird, in dem seine Bevölkerung darangeht, aus eigener Kraft durch friedliche Zusammenarbeit mit anderen Völkern sich ein neues, besseres Leben aufzubauen.


    (Beifall bei der KPD.)