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    Deutscher Bundestag — 99. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. November 1950 3623 99. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. November 1950. Geschäftliche Mitteilungen 3623C Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 durch den Bundesminister der Finanzen (Nr. 1500 der. Drucksachen) 3623C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3623C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Besatzungskosten (Nr. 1190 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Besatzungskosten (Nr. 1191 der Drucksachen) ferner in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei betr. Angleichung der Besatzungsverhältnisse an die internationale Lage (Nr. 1298 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Verweigerung militärischer Dienstleistungen (Nr. 1437 der Drucksachen) 3634D Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 3634D Dr. Seelos (BP), Antragsteller . . 3636A Harig (KPD), Antragsteller . . . 3636A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 3637B Nächste Sitzung 3637D Die Sitzung wird um 13 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Abgeordneter Rische, ich schlage Ihnen vor, daß Sie Ihr Soll an Zwischenrufen für Punkt 1 der Tagesordnung als erfüllt ansehen.

    (Heiterkeit.)



Rede von Fritz Schäffer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Berliner Notopfer ist nach diesem Gedanken gestaffelt. Die Frage der Benutzungsgebühr für Autobahnen und der Treibstoffsteuer sind aus diesem Gedanken heraus geboren. Ich muß mich grundsätzlich dagegen wehren, daß Wirtschaftskreise in solchen Fällen erklären, die seien die einzigen Betroffenen. Das würde nur für den Fall zutreffen, daß diese Wirtschaftskreise die Steuerbelastung aus ihrer privaten Tasche zahlen und nicht auf Betriebsunkosten abwälzen. Solange ein Wirtschaftszweig die steuerliche Belastung auf Betriebsunkosten abwälzt, kann er sich nicht als den einzigen Betroffenen bezeichnen. Wir sind ein Volk. Der eine gibt, der andere nimmt. Wir haben gegenseitig zu geben und zu nehmen.
Sei es, wie es sei. Wir stehen unter der verfassungsmäßigen, unter der Gewissenspflicht, eine Politik des Fehlbetrags, eine Politik der Inflation zu vermeiden und mit ehrlichem offenen Mut die Ausgaben, die wir zum Wohle des deutschen Volkes beschließen, aus Mitteln des deutschen Volkes zu decken. Das ist der Zwang, unter dem wir stehen. Der Zwang ist um so eiserner, wenn ich an die künftige Entwicklung denke. Mir wird allerdings im deutschen Volk zu viel über künftige Aufgaben und Lasten geredet, allzu viel, deswegen zu viel, weil es unnützes Gerede in einem Zeitpunkt ist, zu dem weder das Ob, noch das Wie, noch die Größenordnung und das Wann überhaupt feststeht. Ich kann und darf erst dann, wenn ich über das Ob, Wie und Wann eine Auskunft habe, meine Berechnungen anstellen.
Aber über ein anderes Wie und Wann sollten wir uns im deutschen Volk heute bereits unterhalten, nämlich über unsere sozialen Leistungen, die das Jahr 1951/52 bestimmt und neu dem deutschen Volk bringen wird. Wir haben den endgültigen Lastenausgleich gewiß außerhalb des Haushalts, aber seine mittelbaren Rückwirkungen werden sich auch im Haushaltsplan mit einer hohen Millionenziffer nicht nur beim Bund, sondern auch bei den Ländern geltend machen; denn die Aufgaben des Lastenausgleichs können nur mit Anspannung aller Kräfte des deutschen Volkes, auch der Haushalte von Bund und Ländern, gelöst werden.
Wir haben im nächsten Jahr die Aufgabe vor uns, die sozialen Versicherungsanstalten gesundzuerhalten, und jeder, der die Dinge kennt, weiß die Entwicklung und weiß die Größe dieser Aufgabe, die vor uns liegt.
All das allein sollte uns schon genügen, uns mit Sorgen für das nächste Jahr, mit Sorgen dafür zu erfüllen, ob die Wirtschaftskraft des deutschen Volkes ausreicht, um die Aufgaben zu erfüllen, die ihm gestellt sind. Wir haben uns in diesem Jahr bemüht, die Finanzen des deutschen Volkes und das Haus des deutschen Volkes in Ordnung zu halten. Wir haben uns gerade deshalb darum bemüht, um eine feste Grundlage aufzubauen, auf der wir auch Lasten einer Zukunft werden tragen können. Wir haben uns darum nicht um irgendwelcher schöner Theorien willen bemüht, sondern wir haben uns darum bemüht, weil es eine Pflicht gegenüber dem Geiste des Gesetzes war und weil es eine Pflicht war aus dem Gedankengang heraus, daß wir alle zusammen nur einem dienen, der Gesamtheit des geliebten deutschen Volkes.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Es ist vorgesehen, daß die weitere erste Beratung des Gesetzentwurfs morgen stattfindet. Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung für heute beendet.
    Ich rufe auf Punkt 2 a) und b) der Tagesordnung:
    a) Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Besatzungskosten (Nr. 1190 der Drucksachen);
    b) Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Besatzungskosten (Nr. 1191 der Drucksachen).
    Die Antragsteller wollen die Anträge in 10 Minuten begründen. Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
    Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte für die Notwendigkeit der von uns gestellten Anträge aus den Drucksachen Nr. 1190 und 1191, so war es die eben gehörte Rede des Herrn Finanzministers. Wir kamen aber aus diesen und anderen Ursachen dazu, einmal die Frage der Besatzungskosten nach ihrem materiellen Inhalt hin vor das Plenum des Bundestages zu bringen, und zwar deshalb, weil wir der Meinung waren, daß die Aufgliederung der Besatzungskosten nach den verschiedenen Seiten hin dem deutschen Steuerzahler und seiner Vertretung, dem Deutschen Bundestag, begreiflich gemacht und aufgezeigt werden muß. Wir sind nicht der Meinung, daß in den Besatzungskosten eine undurchsichtige Bilanzwirtschaft enthalten sein soll, sondern wir sind vielmehr der Meinung, daß man sie einmal aufgliedern soll in die reinen Besatzungskosten und in die Kosten, die dem deutschen Volke bei dieser Summe von etwas über 4,6 Milliarden Mark auch für strategische Zwecke auferlegt werden, die die Besatzungsmächte für notwendig halten.
    Wir glauben, daß einmal dem Parlament zuerst mit aller Deutlichkeit die Forderungen der Hohen


    (Kohl [Stuttgart])

    Kommissare unterbreitet werden müssen, daß zweitens eine sehr genaue Aufstellung über den Inhalt, was wirklich Besatzungskosten sind, vorgelegt werden muß, und drittens keine etatmäßige Vermischung mit den Kriegsfolgelasten Platz greifen darf.
    Die „Neue Zeitung" von gestern bringt die charakteristische Meldung:
    Die Bundesregierung gab am Montag bekannt, daß die Alliierte Hohe Kommission gegenwärtig einen Nachtrag zum Besatzungskostenhaushalt 1950 unterbreitet. In diesem Nachtrag soll eine Erhöhung der Ausgaben wegen der Verstärkung der Besatzungstruppen festgelegt werden.
    Nun kommt ein besonders charakteristischer Satz:
    Das Kabinett teilte dazu mit, daß es auf Grund der alliierten Nachforderungen einen Nachtrag zum Bundesetat aufstellen werde.
    Das Kabinett hat also noch nicht einmal in irgendeiner Form gegen eine Erhöhung der bisher schon untragbaren Besatzungslasten protestiert, sondern hat in Anerkennung der imperialistischen Ziele, die damit verbunden sind, nun diese Erhöhung der Besatzungskosten in einem Nachtragshaushalt genehmigt und wird ihn dem Bundestag zuleiten.
    Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen, welche sozialen Aufgaben wir zu erfüllen haben. Wir stellen fest, daß wir gegenwärtig in Westdeutschland immerhin noch die Zahl von etwa 1 1/2 Millionen Arbeitslosen haben, daß Sie nicht wissen, wie Sie der Jugend helfen sollen, daß wir 4 Millionen Kriegsbeschädigte zu versorgen haben, daß wir 5 Millionen Wohnungen benötigen und daß wir es uns deshalb einfach nicht gestatten können, planlos ohne Aufgliederung Besatzungskosten zu bewilligen, die weit mehr als reine Besatzungskosten darstellen.
    Der bisherige Zustand, daß die Länder die Besatzungsausgaben zu tragen haben, ist durch das Überleitungsgesetz geändert worden; aber in den einzelnen Landtagen wird energisch gegen die Besatzungslasten protestiert, die ja anteilsmäßig auch von den Ländern getragen werden müssen. So hat erst am 7. November der Landtag von Württemberg-Hohenzollern — er hat seinen Vorgänger bereits in dem Landtag von Württemberg-Baden — im Haushaltsplan den vorgesehenen Beitrag des Landes an Besatzungs- und Besatzungsfolgelasten einstimmig von 16,4 auf 12 Millionen DM herabgesetzt. Wir sind durchweg der Meinung, daß die Höhe der Besatzungskosten den augenblicklichen Verhältnissen nicht mehr entspricht und von keinem Deutschen praktisch mehr verantwortet werden kann. Das erklärt nicht nur ein Sprecher der Kommunisten, sondern das erklärte eindeutig der Vorsitzende des dortigen Finanzausschusses, Binder, der politisch zur CDU zählt. Dieses kleine Land hatte also den Mut, die Erhöhung der Besatzungskosten abzulehnen. Und dieser kleine Landtag hatte den Mut, einmütig zu erklären, daß er nicht bereit sei, die geforderte Summe von 16,4 Millionen DM weiter zu bezahlen, sondern nur 12 Millionen DM.
    Ich glaube auch, daß es nicht uninteressant ist — da es in derselben Linie liegt —, daß nämlich Herr Professor Carlo Schmid, unser Vizepräsident, nach der „Neuen Zeitung" auf einer Kundgebung der Sozialdemokratischen Partei in Reutlingen am
    Montag eindeutig den Verzicht der Westmächte auf die Besatzungskosten verlangt hat.
    Meine Damen und Herren! Was unter dem Begriff Besatzungskosten läuft, wird den Bundestag noch sehr eingehend beschäftigen müssen. Mir liegt aber ein Interview mit dem Leiter des bayerischen Besatzungskostenamtes vor, der eindeutig feststellt, daß es unmöglich ist, den Besatzungshyänen, wie er sie bezeichnet, irgendwie an die Kandare zu fahren, weil die deutschen Stellen gar nicht die Möglichkeit haben, irgendwelche Rechnungen und Ausgaben zu kontrollieren oder überhaupt auf die Ausgabenwirtschaft der Besatzung irgendwelchen Einfluß zu nehmen. Wir brauchen nicht allzuweit zu gehen. Sehen wir nach Bad Godesberg, von wo eine Meldung vorliegt — sie ist allerdings schon etwas älter —, daß die Häuser der Besatzungstruppen dort sehr schnell mit Fliegenfenstern versehen werden mußten. Und dieser kleine Scherz kostet das deutsche Volk „nur" zirka 60 000 bis 80 000 DM.
    Ich will es mir ersparen, Ihnen nun die einschlägige ausländische Presse zu zitieren. Aber wir können nicht darauf verzichten, auf eine Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten vom 4. April 1950 hinzuweisen. Als Ergebnis seiner Verhandlungen stellte der Ausschuß eindeutig fest, daß es eine Unmöglichkeit ist, die geforderten Besatzungslasten in dieser unverantwortlichen Höhe noch weiter zu tragen, und daß es unverantwortlich ist, dem deutschen Volk die Bezahlung dieser Summe noch weiter zuzumuten. Wir befinden uns nicht allein, sondern stehen — wenigstens damals — in Übereinstimmung mit der Bundesregierung, indem deren Pressedienst — die Presse- und Informationsstelle des Deutschen Bundestags — in einer Pressenotiz ebenfalls feststellt:
    Diese Zahlen zeigen die ganze Größe und
    Schwere der Angelegenheit; sie zeigen auch,
    daß es gegenüber den Besatzungslasten nur
    eine Aufgabe geben kann, nämlich sie zu vermindern, wo und wie es nur möglich ist.
    Meine Damen und Herren! Wir als kommunistische Fraktion sind der Auffassung, daß bei der Beratung des neuen Etats bei dem Kapitel Besatzungslasten und Kriegsfolgelasten einiges dazu zu sagen sein wird. Aber es mutet doch wie ein Treppenwitz der Weltgeschichte an, wenn beispielsweise in der neuen Vorlage, die uns zugegangen ist, immer noch für verschleppte Personen die Summe von fast 117 Millionen DM und darüber hinaus für Entmilitarisierung 35 Millionen DM eingesetzt werden.

    (Zuruf von der KPD: Kann man streichen!)

    Man sollte doch wirklich dem deutschen Volk nicht
    weismachen, daß man in dieser Frage dem deutschen Steuerzahler etwas Derartiges bieten kann.

    (Glocke des Präsidenten.)

    Meine Damen und Herren! Es liegt an Ihnen, durch die Annahme dieser Anträge zu beweisen, daß Sie nicht bereit sind, noch eine weitere Forderung entgegenzunehmen, und daß Sie es ablehnen, in dieser Höhe Besatzungskosten zu bewilligen.

    (Beifall bei der KPD.)