Rede:
ID0109803400

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    Deutscher Bundestag — 98. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. November 1950 3563 98. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 8. November 1950. Geschäftliche Mitteilungen 3563B Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Verteidigung des Westens, Pleven-Plan und Vorschlag der Sowjetregierung zur Einberufung der Außenministerkonferenz der vier Großmächte) 3563C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 3563D, 3621D Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung 3567B Dr. Schumacher ,(SPD) . . . 3567B, 3620C Frau Wessel (Z) 3576D Dr. Seelos (BP) 3582A von Thadden (DRP) 3587B Schuster (WAV) 3590C Dr. Richter (Niedersachsen) (parteilos) 3591B Dr. Doris (parteilos) 3593A Rische (KPD) 3594A Dr. Leuchtgens (DRP) 3599C Clausen (SSW) 3600D Fröhlich (BHE) 3601B Dr. Schäfer (FDP) 3602A Dr. von Merkatz (DP) 3608D Dr. von Brentano (CDU) 3615A Nächste Sitzung 3622C Die Sitzung wird um 13 Uhr 13 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DRP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren! Vielleicht wundert es Sie, daß ich auf merkwürdige Weise hier zu Worte komme.

    (Heiterkeit.)

    Aber immerhin ist es doch im Zeitalter der Persönlichkeitsbetonung nicht ganz ohne Interesse, auch mal losgelöst von der Fraktion etwas sagen zu dürfen.

    (Sehr gut! und Heiterkeit.)

    Das Entscheidende bleibt, daß ich mit der Deutschen Reichspartei, zu der ich zur Zeit gehöre,

    (große Heiterkeit und Zurufe: Zur Zeit!)

    in diesem Punkt nicht einverstanden bin und deshalb das Wort ergreife, weil ich es meinen Wählern
    und auch meiner politischen Weltanschauung schuldig bin, hier einen Standpunkt klarzulegen, der in
    weiten Kreisen des deutschen Volkes geteilt wird.

    (Bravorufe und Heiterkeit.)

    Ich tue das um so lieber, als ich nicht zu den Regierungsparteien gehöre und deshalb nicht in den Verdacht komme, etwas zu sagen, weil ich zu der Regierung gehöre. Vielleicht ist deshalb auch meine Auffassung etwas wertvoller als die der Stellen, die sich auf diese Zusammengehörigkeit berufen werden.

    (Anhaltende Unruhe und Heiterkeit.)

    Nun, meine Damen und Herren, möchte ich von vornherein sagen, daß ich der Debatte von heute sehr aufmerksam gefolgt bin und häufig in Versuchung war, dazwischenzurufen: Gehört das zum Thema? Denn das ist ja doch schließlich die Hauptfrage in einer parlamentarischen Diskussion, daß man ein bestimmtes Thema verfolgt und zu diesem Thema spricht. Ich habe die Überzeugung, daß von einer Menge von Dingen gesprochen worden ist, die nicht zum Thema gehören, die sich lediglich aus dem Bedürfnis herausgestellt haben, irgendwie ein Ressentiment loszuwerden oder einen klassenkämpferischen Standpunkt darzustellen

    (Zurufe links)

    oder aber sogar mit historischen Reminiszenzen zu prunken oder so etwas. Aber mag das nun sein, — —

    (Zuruf von der SPD: Gehört das zum Thema? Weitere Zurufe von der SPD )

    — Ich weiß gar nicht, warum Sie dagegen sprechen. Fühlen Sie sich denn getroffen?

    (Zurufe und Lachen bei der SPD.)

    — Na also, lassen Sie mich doch ruhig reden.
    Das Entscheidende bleibt also nun, die Dinge wieder zum Thema zurückzuführen.

    (Große Heiterkeit.)

    Da stelle ich zunächst mal fest, daß es sich hier nicht darum dreht, einen neuen Krieg zu inszenieren, sondern wir sind uns ja wohl hier im Bundestag darüber einig, daß wir auf alle Fälle den Frieden erhalten wollen und daß alle Maßnahmen von diesem Gesichtspunkte aus geleitet werden müssen.

    (Sehr richtig! in der Mitte und links.)



    (Dr. Leuchtgens)

    Nun stellen wir uns die Situation vor: Wir sind vom Osten angegriffen. Der Osten bedroht uns nach jeder Richtung hin.

    (Widerspruch und Zurufe von der KPD.)

    Ich versage es mir, diese Behauptung im einzelnen zu begründen; denn sie ist so oft begründet worden, daß sie beinahe zu einem Gemeinplatz geworden ist. Unsere Freiheit ist vom Osten bedroht, und der Frieden ist ebenso vom Osten bedroht.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Und wenn wir jetzt hören, daß die Absicht besteht, ein europäisches Heer aufzustellen, das unter Umständen einen von Rußland ausgehenden Krieg zu verhindern in der Lage ist, dann müssen wir diese Bestrebung in jeder Weise unterstützen.

    (Abg. Kunze: Sehr richtig!)

    Wir müssen dafür sorgen, daß dieses Heer, das ja im wesentlichen von Amerikanern, Kanadiern, Franzosen und Engländern usw. aufgestellt wird, so stark ist, daß die Russen jede Angriffslust verlieren. Wenn dieses europäische Heer aufgestellt wird — ich muß schon sagen: Gott sei Dank, daß es aufgestellt wird —, dann müssen wir von Westdeutschland unseren Beitrag dazu leisten. Das ist eine ganz einfache Forderung der nationalen Selbständigkeit und des nationalen Freiheitsgefühls.
    Meine Damen und Herren! Wir dürfen doch wirklich nicht in die Rolle verfallen, daß wir sagen: Die jungen Amerikaner und Engländer sollen uns von den Russen befreien, und unsere jungen Leute stellen sich dabei hin und rauchen eine Zigarette. Das geht doch nun mit dem besten Willen nicht.

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Also wir müssen auf alle Fälle unseren Beitrag zu der Befreiung Europas stellen, wenn ein großes schlagkräftiges Heer aufgestellt wird, das die Russen von einem Angriff abhält. Das ist für einen nationaldenkenden Mann — und ich nehme an, daß außer den Kommunisten hier alle, die im Saale sind, national denken — eine so große Selbstverständlichkeit, daß man eigentlich gar nicht mehr darüber zu sprechen braucht.

    (Abg. Rische: Sie denken ja amerikanisch!) Wer die Freiheit liebt, wer sein Vaterland liebt und wer sein Volk liebt, der muß es auch gegen Bedrohungen verteidigen.


    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zuruf von der KPD: Heil Hitler!)

    Er muß bei allen Bedrohungen dabei sein. Das nationale Gefühl muß uns eben entscheidend beeinflussen, diese Beteiligung an einem westeuropäischen Heer nicht abzulehnen.
    Worum dreht es sich denn? — Es dreht sich doch in letzter Linie nicht bloß um unsere Freiheit und um unser Vaterland; es dreht sich auch um die gesamte abendländische Kultur, zu der wir gehören und für die wir dann unsere Zugehörigkeit auch in irgendeiner Form bekräftigen müssen. Daß diese Beteiligung an einem westeuropäischen Heer, wenn es zustande kommt — es ist ja noch nicht da, es wird ja erst beabsichtigt —, nur unter einem Gesichtspunkt selbstverständlich erfolgen kann, nämlich dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung unseres Heereseinsatzes mit den Heereseinsätzen aller anderen Staaten, versteht sich auch von selbst.
    Aber ich habe heute im Laufe der Diskussion gelegentlich das Gefühl gehabt, als ob wir hier in einem Generalstab säßen und hier die kriegerischen Erörterungen nach taktischen und strategischen Gesichtspunkten pflegen wollten. So weit sind wir ja noch nicht.

    (Große Heiterkeit links.)

    Das Entscheidende ist ja doch die Tatsache, daß wir unter vollständiger Wahrung unserer Gleichberechtigung an diesem europäischen Heer teilnehmen. Das erfordert unser nationales Empfinden. Das ist nicht bloß ein Recht von uns, sondern das ist auch eine Pflicht von uns. Infolgedessen erkläre ich Ihnen auf Grund dieser meiner kurzen Darlegungen, daß ich mit den Ausführungen, die der Herr Bundeskanzler gemacht hat, von meinem Standpunkt aus vollständig einverstanden bin.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube, daß doch auch dieses Bekenntnis, wenn es von mir als einem einzelnen kommt, seine Bedeutung hat.

    (Bravo! bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube auch, daß das, wenn ich es persönlich meine, wenn ich frei einer Sache zustimme, immerhin wertvoll ist.

    (Zurufe und Heiterkeit.)

    Mögen Sie das nun jetzt als Überheblichkeit nehmen oder nicht,

    (Nein! Nein! bei den Regierungsparteien; — große Heiterkeit links.)

    ich betrachte es als den Ausfluß einer Persönlichkeit und als den Ausfluß einer Auffassung, die jeder einzelne hier haben sollte.
    Ich habe nur bedauert, daß der Herr Bundeskanzler die Resolution, die die Regierung gefaßt hat, hier nicht zur Abstimmung gestellt hat. Ich habe ihm das auch ausdrücklich gesagt. Ich weiß nun nicht, ob es geschieht. Jedenfalls würde ich unbedingt dafür eintreten, daß diese Resolution in vollem Umfang angenommen wird.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der err Abgeordnete Clausen.

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    Rede von Hermann Clausen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Worte zu diesem für das deutsche Volk und für die europäischen Völker so schwerwiegendem Problem! Auch ich fühle mich verflichtet, von dieser Stelle aus der Meinung meiner Wähler und Wählerinnen Ausdruck zu geben. Ich will das mit kurzen Worten tun.
    Niemand von uns hätte geglaubt, daß fünf Jahre nach Beendigung des zweiten blutigen Weltkrieges mit allen seinen grausamen Folgeerscheinungen das deutsche Volk vor die Frage gestellt werden würde, militärische Formationen aufzustellen. Schon wieder klingen von Politikern und Staatsmännern Worte an unser Ohr, daß weitere Divisionen eine Gewähr für den Frieden sein sollen. Und doch hat schon ein Wilhelm II. beim Stapellauf eines Schlachtschiffes gesagt, daß jedes Schlachtschiff, das den Stapel verläßt, eine Gewähr für den Frieden sei. Meine Damen und Herren, daran glaubt der einfache Mann im Volke nicht mehr. Der einfache Mann im Volke ist der Meinung, daß jede Aufrüstung Krieg bringt. Nur Abrüstung kann eine sichere Gewähr für den Frieden sein. Nach meiner Meinung sollte das die Lehre aus zwei Weltkriegen sein.
    Die Befürworter der Aufrüstung haben ein schwerwiegendes Argument. Das ist die Frage der Sicherheit nach außen, und zwar gegen den Osten. Aber mir scheint: ebenso bedeutungsvoll müßte ein anderes Argument sein, nämlich die Sicherheit nach


    (Clausen)

    Innen. Im Hinblick auf die Sicherheit nach innen erhebt sich die Frage: wird die Aufstellung von deutschen Divisionen die antidemokratischen Kräfte zum Überwiegen bringen? Das ist eine bedeutungsvolle Frage, vor der wir stehen. Wir müssen Sicherheit gegen jedes Aufkommen einer antidemokratischen Reaktion verlangen. Es darf sich nicht das wiederholen, was wir in der Weimarer Republik erlebt haben. Damals war die Reaktion doch zu einem großen Teil durch die Militärs verkörpert. Die guten Demokraten in der Zeit der Weimarer Republik haben niemals volles Vertrauen zu den Generälen des Hunderttausendmann-Heeres gehabt.
    Unser Grenzland im Norden mit seinen drei Kulturen, der deutschen, der friesischen und der dänischen Kultur, ist stark daran interessiert, daß diese Kräfte nicht wieder die Oberhand gewinnen; denn unser Grenzland im Norden und •seine Bevölkerung können nur in einer wahren Demokratie leben.
    Für meine Wähler und Wählerinnen aber ist noch eine zweite Tatsache in Erwägung zu ziehen. Die dänisch gesinnte Bevölkerung in Südschleswig hat in zwei Weltkriegen für eine Sache kämpfen müssen, die nicht die ihre war; denn ihr Herz gehörte und gehört einem anderen Volke und einem anderen Land. Sie hat aber ihre Söhne hergeben müssen und damit ihre fast überschwere staatsbürgerliche Pflicht erfüllt. Sie will diese Situation nicht ein drittes Mal erleben.
    Aus diesem Grunde sehen wir mit großer Sorge der Entscheidung über die Frage der Remilitarisierung entgegen. Meines Erachtens ist ein klares Nein oder Ja erforderlich. Die Entscheidung soll aber, wie verlautet, nicht heute gefällt werden.
    B) Zur gegebenen Zeit werde auch ich dieser Entscheidung nicht aus dem Wege gehen.

    (Beifall.)