Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als bundesamtlich abgestempelter Faschist müßte ich doch eigentlich ein wenig Nationalismus machen.
— Als Benzinempfänger müßte ich zumindest in Remilitarisierung, in Panzerremilitarisierung machen. — Aber ich werde einmal versuchen, das Problem, das durch die Erklärung der Bundesregierung heute hier zur Debatte steht, sehr sachlich zu behandeln.
Tatsache ist doch, daß Amerika auf Frankreich
einen Druck ausgeübt hat, in der Frage der Remilitarisierung Deutschlands in etwa nachzugeben. Der Erfolg dieses Druckes ist der Pleven-Plan. Amerika hat zweifelsohne — wir können es in der Presse nachlesen — gedroht, an Stelle des jetzigen Statthalters im Westen, im europäischen Westen, also Frankreich, eventuell Westdeutschland zu setzen. Versprochen ist dafür erstens Sicherung des Lebensstandards in Westdeutschland, zweitens Investitionskapital in genügenden Mengen für die deutsche Industrie.
Wenn wir uns den Finanz- und Steuerplan des Herrn Bundesfinanzministers Schäffer besehen, werden wir feststellen, daß gerade in bezug auf die großen Aktiengesellschaften die Steuervergünstigungen so sind, daß zweifelsohne Anreiz für Investierungen ausländischen Kapitals besteht. Die Gegenforderung, die gestellt wird, ist die Remilitarisierung Westdeutschlands.
Wenn wir uns diese Remilitarisierung in Westdeutschland einmal unvoreingenommen betrachten, dann handelt es sich doch um nichts anderes als um den Aufbau eines amerikanischen Festungsgeländes als Gegensatz zum Aufbau eines russischen
Festungsgeländes. Aber immer noch ist es so gewesen, daß dann, wenn man das Dogma von der Zweiteilung der Welt, also hier den Aufbau gegnerischer Festungsgelände im europäischen Raum bedingungslos akzeptierte, die kriegerische Auseinandersetzung zweifelsohne da stattfinden wird, wo die Festungsbereiche aneinander stoßen. Ob wir also im Sinne des Westens remilitarisieren oder nicht remilitarisieren, immer wird der Kriegsschauplatz im Falle eines Konfliktes Deutschland, Westdeutschland oder Ostdeutschland, vermutlich aber Gesamtdeutschland sein. Eine Remilitarisierung oder auch eine Nichtremilitarisierung wird also bei Beibehaltung der augenblicklichen Politik des Dogmas von der Zweiteilung der Welt immer mit einer kriegerischen Auseinandersetzung im deutschen Raum enden.
Die Voraussetzung für eine Remilitarisierung ist die Änderung der Außenpolitik, also der Versuch, zwischen die beiden feindlichen Festungsgelände ein trennendes Element zu schieben, wie es uns ja die schwedische Außenpolitik praktisch heute schon - wenn auch in kleinsten Anfängen - vorexerziert. Wenn es also gelingen sollte, innerhalb Europas diejenigen Kräfte zu wecken, die anstatt des Aufbaues der gegenseitigen Festungsgelände das trennende Element bilden wollen, dann erst wäre es notwendig, der Frage der Remilitarisierung näherzutreten. Solange aber der Aufbau gegnerischer Festungsgelände und damit die Remilitarisierung in jetzigem Sinne erfolgt, werden sämtliche Folgen für uns immer negativer Natur sein. Im gegenteiligen Sinne, im Sinne der schwedischen Politik, besteht zum mindesten die Möglichkeit, diese negativen Folgen zu vermeiden.
— Durchaus möglich!
Außerdem liegen die Dinge doch so, daß durch die Mehrheitsverhältnisse hier im Hause längst schon die Remilitarisierung im Sinne der Bundesregierung und damit im Sinne der USA beschlossen ist. Insofern sind sämtliche Reden ja nichts anderes als Worte im luftleeren Raum.
Wir werden in absehbarer Zeit bei der Abstimmung über die Remilitarisierung hier erleben, daß die Mehrheit doch längst schon gesichert ist.
Ich bestreite aber in einer solch eminent wichtigen Frage dem Bundestag das Recht, hier eine endgültige Entscheidung zu fällen. Wenn das Grundgesetz einen Volksentscheid nicht vorsieht, dann muß der Volksentscheid, der das Grundrecht eines Volkes ist, eben nachträglich in das Grundgesetz hineingesetzt werden. Dann aber müssen Sie genau so wie bei einem Gebiet, das irgendwie die staatliche Zugehörigkeit wechseln soll, bei der betroffenen Bevölkerung abstimmen lassen, also in diesem Falle bei denjenigen, die Sie eben als Kanonenfutter für irgendwelche gegnerischen Auseinandersetzungen einziehen wollen, im Falle eines Krieges also bei all den Jahrgängen, die dann noch zusätzlich die stehende Wehrmacht verstärken sollen.