Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn je ein Volk von einem Großmut heuchelnden Sieger aufs schmachsvollste ausgeplündert, behandelt und geschändet worden ist, wenn jemals ein Volk aus triftigen Gründen voller Verachtung auf den Sieger sehen konnte, weil er sich vergeblich bemüht, seine Habsucht und seine ungeheuerlichen Verbrechen heute mit dem Mäntelchen der Ehrbarkeit zu verbergen, wenn man sich jemals einem Volk gegenüber als geschlagenem Gegner
derart aufgeführt hat, wie das uns Deutschen gegenüber geschehen ist, ich glaube, dann sollte man nicht mit Ansprüchen an das deutsche Volk herantreten, die dazu noch allerhöchste Opfer erfordern.
Im Jahre 1945 warfen die Alliierten hier im Westen ein Flugblatt ab, das ich im Original hier habe und auf dem sich oben die Wappen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Englands und der Sowjetunion recht nett ausnehmen. In diesem Flugblatt, das eine Erklärung des damaligen amerikanischen Staatspräsidenten Roosevelt enthielt, hieß es: „Die Naziführer wollen dem deutschen Volke
weismachen, die Yalta-Erklärung bedeute Versklavung und Vernichtung des deutschen Volkes." Daß wir seitdem täglich seit 1945 ein Gebet zum Herrgott schicken konnten, nämlich das: „Herr, bewahre uns vor unseren Befreiern!", das dürfte nun wohl allmählich auch in der Welt bekannt sein. Und daß es nicht so zur restlosen Vernichtung des deutschen Volkes gekommen ist, daß man sie aber vielleicht vorhaben könnte, das ist etwas, was noch auf den Blättern der Zukunft stehen dürfte. Es heißt weiterhin:
Die Kapitulation bedeutet auch die völlige Entwaffnung Deutschlands, die endgültige Beseitigung des deutschen Militarismus, die Vernichtung allen deutschen Kriegsgeräts, das Ende der deutschen Rüstungsindustrie, die Demobilisierung aller deutschen Streitkräfte und die endgültige Auflösung des deutschen Generalstabes, der so oft den Frieden der Welt erschütterte.
In dieser Form suchte man von der eigenen Schuld abzulenken und die Geschichte zu verfälschen.
Nach der Aufstellung, die Wright in seinem „A Study of War" gegeben hat, haben in der Zeit von 1480 bis 1940 278 Kriege stattgefunden, von denen allein auf das Konto Englands 28, Frankreichs 28, Rußlands 22, der Türkei 15, Österreichs 19, Polens 11, Schwedens 9, Italiens 9, der Niederlande 8, Dänemarks 7 und Deutschlands einschließlich Preußens ganze 8 entfallen. Man sieht also schon an dieser Aufstellung, wo die stehen, die in Wirklichkeit als Militaristen bezeichnet werden können. Allerdings könnte es uns, wenn wir vielleicht wieder auf der falschen Seite stehen sollten, passieren, daß man uns eines Tages auch den chinesischen Bürgerkrieg, den griechischen Bürgerkrieg, den Krieg in Korea und ähnliche Dinge mehr in die Schuhe schiebt.
Als die Kapitulationsurkunde unterzeichnet wurde, war sie ein rein militärischer Akt. Damals wurde nicht die staatliche Macht übergeben, die Regierung Dönitz vielmehr noch eine ganze Zeit lang anerkannt. Die staatliche Macht, die staatliche Souveränität konnte auch gar nicht übergeben werden. Das wäre völkerrechtswidrig gewesen, was wohl auch den Alliierten bei ihren hervorragenden Kenntnissen des Völkerrechts bekannt gewesen sein dürfte. Es ist damals noch von deutscher Seite, und zwar von dem Großadmiral Dönitz, das Angebot gemacht worden — das heute, wenn es von der Seite Deutschlands gemacht werden würde, sehr gern angenommen werden würde —, uns nochmals zu einem Kreuzzug gegen den Russen in Bewegung zu setzen. Schon oft hat Deutschland die Fluten aus dem Osten aufgehalten. Mit Recht schrieb kürzlich das „Essener Tageblatt":
Zahlreiche deutsche Heere gingen dabei unter, dieweil die Nachbarn im Westen erst durch fahrende Sänger hörten, daß der Ruf „Frau, komm!" weit genug östlich zum Verstummen gebracht war.
Es ist heute so, daß kein deutscher Soldat, der einmal mit draußen gestanden hat, ernsthaft Lust verspürt, für irgendwelche, noch gar nicht genau zu definierenden Interessen seine Haut zu Markt zu tragen den Wunsch hat. Man spricht nicht erst seit heute, sondern seit Jahren von allen möglichen Verteidigungslinien. Der eine möchte die Verteidigungslinie an der Elbe haben, damit er sich in der Zwischenzeit überlegen kann, wie er das Gebiet zwischen Rhein und Elbe als militärischen Kriegsschauplatz auswerten kann. Der nächste möchte gleich die Verteidigung am Rhein haben, damit sich
o unter Umständen die Engländer diesmal etwas ruhiger als das letzte Mal in Dünkirchen einschiffen können. Der übernächste möchte die Verteidigungslinie an den Pyrenäen haben, vielleicht damit dann die Vereinigten Staaten von diesem Brückenkopf aus als Befreier nach Europa zurückkehren können. Was dann noch befreit werden soll, ist allerdings eine Frage.
Herr Vansittard hat vorgeschlagen, wir sollten als Partisanen bewaffnet werden. Nun, es sind schon einmal gerade vom Westen ganze Divisionen kriegsgefangener Deutscher, die sich in westliche Kriegsgefangenschaft begeben haben, an den Osten ausgeliefert worden. Und wenn heute das deutsche Volk mit Recht gegen die Zurückhaltung deutscher Kriegsgefangener durch den Osten protestiert, dann hätten gerade die Westmächte allen Grund, dafür zu sorgen, daß die von ihnen einst mit ausgelieferten Kriegsgefangenen heute zurückkommen, und sie sollten nicht nur glauben, uns mit heuchlerischen Phrasen Honig um den Mund schmieren zu können. Wenn es schon zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen sollte, dann bin ich eher der Meinung, nachdem man uns einmal gesagt hat, wir hätten nichts getaugt, obwohl wir fünf Jahre einer Welt von Feinden standgehalten haben, wir wären zuletzt ja nur so gelaufen, daß diesmal die besseren Soldaten vorneweg gehen, schon des Erfolges wegen, und daß wir, weil wir nichts getaugt haben, dann vielleicht etwas weniger wichtige Stellen, vielleicht die Marketendereien oder Lazarette und ähnliche Dinge, übernehmen, was wir bei der uns eigenen Korrektheit bestimmt könnten.
Man hat in der Nachkriegszeit zahllose' Prozesse gegen Deutsche durchgeführt. Man hat bis in die jüngsten Tage herein Deutsche ausgeliefert. Man warf uns Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, die wir tausendfach anderen hätten anhängen können. Mit Recht schrieb kürzlich die „Deutsche Tagespost" :
Aber fünf Jahre nach dem Kriege, Jahre nach Einstellung der Prozesse
dauert ein Zustand an, der ein Verbrechen scheußlichster Art ist. Die Verüber dieses Verbrechens aber saßen 1946 nicht auf der Anklagebank, sondern am Richtertisch! Wenn man in Amerika vieles, was heute in Deutschland geschieht, vor allem vieles, was gesprochen wird und was aus Groll und Verbitterung, auch aus Haß und stumpfer Gleichgültigkeit kommt, nicht verstehen will oder verstehen kann, dann sollte man sich vor Augen halten, daß eine Nation, der in einem Jahrfünft all das vordemonstriert wird, auch dann nicht so schnell den taktischen Wendungen der Weltpolitik 'zu folgen vermöchte, wenn sie „politisch klüger" wäre als die deutsche und wenn sie nicht durch die Fortdauer der Verbrechen täglich neu verwundet würde.
Nach Angaben von Spätheimkehrern sind heute noch mindestens 70 000 Deutsche in russischer Kriegsgefangenschaft, und 1 Million dürfte gestorben sein. Die Zeitung sagt weiter:
Zehntausende deutsche Gefangene wurden von Tito hingemordet, der den Westmächten heute noch als Freund und würdiger Vertreter der Demokratie gilt, während Franco unter den Faschisten und Aggressoren rangiert!
Vor einigen Tagen wurde gemeldet, daß amerikanische Soldaten in Korea 60 von den Kommunisten ermorderte Kameraden gefunden haben. Dann meldete man, daß die US-Panzer einen Zug verfolgen, in dem Gefangene zur mandschurischen Grenze befördert werden. Nun werden wohl die amerikanischen Soldaten, Offiziere und Generale, vielleicht sogar General Eisenhower, endlich verstehen, warum die deutschen Soldaten 1945 nicht in die Gefangenschaft der Russen fallen wollten, warum deutsche Generale und Offiziere alles versuchten, ihre Verbände hinter die amerikanischen Linien zu schleusen. Nun werden sie sich vielleicht der Haltung jener amerikanischen Kommandeure schämen, die deutsche Soldaten den Russen in die Arme trieben, sie ihnen sogar auslieferten, die ihre Front dicht machten und oft nicht einmal Frauen und Kinder durchließen, sondern mit ebenso grausamem wie dummem Gerede erzählten, die Russen seien korrekt und human und würden den Gefangenen nichts zuleide tun.
Vor einiger Zeit hat der bayerische Landeskommissär Shuster einmal darauf hingewiesen, daß die Verbrechen des Antisemitismus in Deutschland zu rasch vergessen worden seien. Dieselbe Zeitung weist darauf hin, daß in der Zwischenzeit noch furchtbarere Verbrechen an Deutschen verübt wurden und werden, ohne daß Sühne gefordert werde, ohne daß sich die humanen Nationen anscheinend der Parallelität oder des Zusammenhangs der Erscheinungen bewußt würden. In Nürnberg sind entgegen jeder Rechtsprechung Menschen zu Tode geschunden worden. Landsberg, Straubing, Dachau, das sind alles Mahnmale dafür,
daß das deutsche Volk heute gegenüber diesen Angeboten aus dem Westen sehr vorsichtig sein muß. Wenn man einen Feldmarschall von Manstein deswegen verurteilte, weil er auf die einzig mögliche Art sich der Partisanen erwehrte, mit der man gegenüber Partisanen auftreten kann, dann stehe ich auf dem Standpunkt: Wenn England noch so etwas wie einen Funken von Gerechtigkeit in die Zukunft hinüberretten will, dann muß es entweder dafür sorgen, daß Manstein schleunigst aus Werl entlassen wird oder aber daß Mac Arthur, der dieselben Methoden eingeschlagen hat, nun umgehend in das Curio-Haus kommt und nach einem Schauprozeß dann ebenfalls in Werl landet.
Die Bedrohung, die heute nicht nur uns Deutschen, — —