Es ist Schuld der Besatzungsmächte, wenn noch nicht überall in den Ländern eine wirksame, straff gestaltete und von einer zentralen Stelle aus geleitete Polizei vorhanden ist. Sie muß mit aller Beschleunigung geschaffen werden, damit Unruhen in einem Lande von einer Stelle aus bekämpft werden können. Ich hoffe, daß die Besatzungsmächte hier keine Hindernisse mehr in den Weg legen.
Der Herr Bundesinnenminister hat mit Recht als Kernpunkt des Polizeirechts den Artikel 91 des Grundgesetzes in den Vordergrund gestellt. Die Bestimmung hat ihre Fassung im Parlamentarischen Rat durch Vertreter beider Richtungen und Parteien erhalten. Gerade diese Bestimmung will dem Bund das geben, was er unter allen Umständen haben muß. Sie muß nur richtig ausgelegt und voll ausgewertet werden. Ich halte es für
selbstverständlich, daß die Bestimmung jetzt alsbald in Kraft gesetzt wird. Nach Artikel 91 Absatz 2 des Grundgesetzes kann die Bundesregierung, wenn in einem Land eine Gefahr für den Bestand oder für die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes besteht und das Land nicht selbst in der Lage ist, die Gefahr abzuwehren, sich die Polizei in diesem Lande unterstellen, ja in mehreren Ländern zusammenfassen. Wir sind mit der Bundesregierung völlig darin einig, daß die Gewähr gegeben werden muß, daß die Bundesregierung diese Aufgabe auch wirksam erfüllen kann. Wir hoffen, daß die Länder Bereitschaftspolizeien aufstellen. Ich verstehe unter Bereitschaftspolizei die Zusammenfassung von Polizeibeamten in Formationen, wie wir sie vor der Nazizeit im Reich eingerichtet haben. Die Polizeibeamten sollen, um sofort eingreifen zu können, auch wohnungsmäßig vereinigt — kaserniert — sein. Sie müssen polizeimäßig geschult und bewaffnet sein. Die Aufstellung von solchen Polizeikräften ist nach dem Grundgesetz Aufgabe der Länder, denn sie haben nach Artikel 30 des Grundgesetzes die Polizeihoheit, und davon geht Artikel 91 des Grundgesetzes aus.
Auf der anderen Seite stehen die Befugnis, das Recht und die Pflicht des Bundes, und dieses Recht und die Pflicht des Bundes kann durch die Verhetzung, wie wir sie vom Osten her erleben, jederzeit brennend werden. Deshalb muß schon jetzt die Gewähr gegeben sein, daß die Bundesregierung für diese Aufgabe völlig vorbereitet ist und das Bundesministerium des Innern sich deshalb die Organisation schafft, die zur einheitlichen Leitung der Polizeikräfte notwendig ist, die die Bundesregierung in Fällen der Gefahr sich unterstellen muß. Darin stimme ich dem Herrn Bundesminister zu. Es kann deshalb nur gebilligt werden, daß die Bundesregierung mit den Ländern ein Verwaltungsabkommen trifft, um den einheitlichen Einsatz aller oder eines Teils der Länderpolizeikräfte sicherzustellen. Das Abkommen wird sich — auch hier bin ich völlig einverstanden — auf Aufstellung, Ausbildung, Ausrüstung, Besoldung und auch auf die Führung dieser Länderpolizeikräfte zu erstrecken haben. Weiter muß für alle Fälle die Verbindung des Bundesministeriums des Innern mit den höchsten Polizeistellen der Länder sichergestellt sein. Und endlich bin ich damit einverstanden, daß das Verwaltungsabkommen auch eine Überwachung seiner Einhaltung vorsieht. Auch wenn das Verwaltungsabkommen von einem Lande nicht eingehalten wird, bleibt der Artikel 91 in seiner vollen Wirksamkeit. Die Bundesregierung kann sich die Polizeikräfte des Landes unterstellen, sobald der Tatbestand des Artikels 91 gegeben ist. Deshalb kann auch kein Zweifel bestehen, daß etwa diese Verwaltungsabkommen nicht voll hinreichen. Werden sie abgeschlossen und durchgeführt, so ist für den wesentlichen Teil des Bundesgebiets alles Notwendige geschehen. Dann ist der Zweck des § 2 des Antrages der Fraktion der SPD, Drucksache Nr. 1515, schon im Rahmen der Grundlagen des Grundgesetzes erfüllt. Zu einer Abänderung des Grundgesetzes besteht kein hinreichender Grund.
§ 1 des Antrages der SPD-Fraktion verlangt jedoch etwas Weiteres: die Änderung der Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung in einer entscheidenden Frage des Polizeirechts. Der Bund soll die Befugnis zur konkurrierenden Gesetzgebung im Recht der Polizeikräfte schlechthin erhalten. Er soll befugt sein zur Gesetzgebung über
Einstellung, Beförderung, Ausbildung, Besoldung, Versorgung, Ausrüstung und Bewaffnung der Polizeiexekutivbeamten. Meine Damen und Herren, der Begriff des „Polizeiexekutivbeamten" ist im deutschen Verwaltungsrecht und in den einzelnen Ländern nicht einheitlich ausgebildet und für eine grundlegende rechtliche Regelung unverwendbar. Legen Sie das Wort nach seinem Wortsinn aus, so werden a 11e Polizeikräfte erfaßt. Erfaßt werden die Beamten der sogenannten Sicherheitspolizei zur Abwehr der Gefahren, zum Schutze der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im allgemeinen. Es werden aber auch die Beamten der sogenannten Verwaltungspolizei erfaßt, die bei Aufgaben der allgemeinen Verwaltung in anderen Gebieten, z. B. im Baurecht, im Gewerberecht und im Wasserrecht, polizeiliche Mittel anwenden „exekutieren".
Es mag hier eingewandt werden, daß die Befugnis zur konkurrierenden Gesetzgebung nur im Rahmen des Artikels 72 Absatz 2 Ziffern 1 und 3 gegeben sei, soweit die Angelegenheit durch die Gesetzgebung der Länder nicht wirksam geregelt werden kann und soweit die Wahrung der Rechtseinheit eine bundesgesetzliche Regelung erfordert. Allein, diese Einschränkungen sind in der Auslegung sehr umstritten. Jedenfalls ist ein derartiger Eingriff in das Verwaltungsrecht, dessen Träger im Rahmen der inneren Verwaltung die Länder sind, unerträglich. Um es Ihnen bis zur letzten Auswirkung zu zeigen, möge der Hinweis genügen, daß auch die Regelung des Rechts der gemeindlichen Flurhüter unter die Zuständigkeit des Bundes fallen würde. Die Länder sind Träger der Polizeihoheit. Soweit auf Aufgabengebieten sachlich die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung im Bund besteht, bestimmen die vom Bund innerhalb seiner Zuständigkeit erlassenen Gesetze — z. B. das Gerichtsverfassungsgesetz, die Gesetze über das Vereins- und Versammlungsrecht — auch die Tätigkeit der Polizeikräfte der Länder. Es kann weiter nur begrüßt werden, wenn die Länder aus ihrer Polizeihoheit heraus mit dem Bund über den Vollzug der Polizei wirksame Verwaltungsabkommen treffen und die einheitliche Zusammenfassung, vor allem in den Aufgaben des Art. 91 des Grundgesetzes gewährleisten. Wenn aber von einer Polizeihoheit der Länder überhaupt noch gesprochen werden soll, muß es der Gesetzgebung der Länder überlassen bleiben — wenn auch gebunden durch etwaige Rahmenvorschriften nach Art. 75 Ziff. 1 des Grundgesetzes — das Recht der Dienstkräfte zu regeln, die mit der Ausübung der Polizeihoheit der Länder betraut sind.
Der Antrag der Fraktion der SPD Drucksache Nr. 1499 wünscht einen Parlamentarischen Beirat für den Aufbau der Polizei. Es fragt sich, ob nicht besser ein Ausschuß oder ein Unterausschuß des Bundestages selbst diese Beratung der Bundesregierung übernimmt. Das bedarf noch der näheren Prüfung, vor allem die bedeutsame Frage, ob nicht für die Schaffung dieses Beirats ein Gesetz notwendig wäre.
Ich beantrage, die beiden Vorlagen, auch den Antrag Drucksache Nr. 1499, dem Ausschuß zum Schutze der Verfassung und dem Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung zu überweisen. Federführend soll der Ausschuß zum Schutze der Verfassung sein.
Meine Damen und Herren, wir werden in unseren Gesetzen rechtlich einwandfreie und wirksame Grundlagen für den Schutz der Verfassung schaffen
müssen. Darüber ist von dieser Stelle aus schon wiederholt das Nötige gesagt worden. Wir werden nach wie vor den Rechtsschutz des einzelnen gegen Rechtsverletzungen und Willkür der Polizeibehörden auszubauen haben, und zwar über die Rechtssätze der Amtshaftung hinaus in verwaltungsgerichtlichen Verfahren und auch in Verfahren der Verfassungsgerichtshöfe der Länder und des Bundesverfassungsgerichts. Aber ebenso nachdrücklich müssen wir wirksame Maßnahmen treffen, um die öffentliche Ruhe und Ordnung mit allen Mitteln zu sichern. In diesem Bemühen wird die Bundesregierung stets unsere Unterstützung finden.