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ID0109701100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 97. Sitzung. Born. Dienstag. den 7. November 1950 3535 97. Sitzung Bonn, Dienstag, den 7. November 1950. Nachruf auf den verstorbenen König Gustav V. von Schweden 3536A Nachruf auf den verstorbenen Abg. Dr. Falkner 3536B Antworttelegramm des Präsidenten des englischen Unterhauses auf den Glückwunsch zur Wiederherstellung des Sitzungssaales des britischen Parlaments . . 3536C Eintritt der Abgeordneten Dr. Luchtenberg und Willenberg in den Bundestag . . . . 3536C Austritt des Abg. Freiherrn von Fürstenberg aus der Fraktion der BP 3536D Geschäftliche Mitteilungen . . 3536D, 3537B, 3562A Zustimmung des Bundesrats zum Gesetz über Tabaksteuervergünstigungen für gewerbliche Tabakpflanzer im Erntejahr 1950 3536D Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse . . 3536D Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 vom 23. Juni 1950 3536D Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) mitsamt den dazu gefaßten Entschließungen 3536D Verlangen des Bundesrats auf Einberufung des Vermittlungsausschusses hinsichtlich des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung . 3536D Anfrage Nr. 120 der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP und DP betr. deutsches privates Auslandsvermögen und deutsche private Auslandsverschuldung (Nrn, 1427 und 1553 der Drucksachen) 3537A Anfrage Nr. 121 der Fraktion der KPD betr. Direktiven für die Verwendung der Marshallplan-Gegenwerte für Investitionen (Nrn. 1433 und 1554 der Drucksachen) 3537A Anfrage Nr. 122 der Fraktion der SPD betr. früheres Wehrmachtsvermögen (Nrn. 1441 und 1564 der Drucksachen) 3537A Anfrage Nr. 123 der Fraktion der SPD betr. Entschädigung der Eisenbahnbediensteten im Ringgau (Nrn. 1442 und 1563 der Drucksachen) 3537A Anfrage Nr. 124 der Fraktion der SPD betr. Steigerung der Kartoffelpreise (Nrn. 1444 und 1565 der Drucksachen) 3537A Anfrage Nr. 125 der Fraktion der CDU/CSU betr. Rückerstattungsgesetz Nr. 59 und Verordnung Nr. 120 (Nrn. 1455 und 1567 der Drucksachen) 3537B Anfrage Nr. 127 der Fraktion der FDP betr. Arbeiten an Bundesautobahnen (Nrn. 1463 und 1555 der Drucksachen) 3537B Anfrage Nr. 128 der Fraktion der KPD betr. Subventionen des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen an den „Deutschen Bund" (Nrn. 1468 und 1569 der Drucksachen) 3537B Bericht des Bundeskanzlers über Verhandlungen betr. Watenstedt-Salzgitter (Nr. 1570 der Drucksachen) 3537B Appell des Präsidenten an die Bundestagsabgeordneten zur Beschränkung bei Entschuldigungen von der Teilnahme an Sitzungen 3537D Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Polizei (Nr. 1498 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Parlamentarischer Beirat für den Aufbau der Polizei (Nr. 1499 der Drucksachen) und mit der ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Nr. 1515 der Drucksachen) . 3538A Dr. Menzel (SPD), Interpellant und Antragsteller 3538A, 3558C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern . . . . 3544A, 3546A, 3560B Dr. Laforet (CSU) 3547C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) . . . . 3549A Dr. Reismann (Z) 3550B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 3552B Müller (Frankfurt) (KPD) 3554A von Thadden (DRP) 3556A Ewers (DP) 3556D Dr. Dresbach (CDU) 3557C Dr. von Merkatz (DP) 3561C Nächste Sitzung 3562A Die Sitzung wird um 15 Uhr durch den Präsiden Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Robert Lehr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Ich spreche jetzt zur Drucksache Nr. 1499. Dem Antrag der Fraktion der SPD liegt der Gedanke zugrunde, daß während eines Aufbaues und Ausbaues der Polizei eine möglichst enge Verbindung des Parlaments mit dem Innenministerium geschaffen werden müsse. Dieser Grundgedanke wird von der Bundesregierung durchaus begrüßt. Der Sicherheitsgedanke mit seinen Bedingungen für die Aufrechterhaltung der inneren Ruhe und Ordnung hat gegenwärtig eine erhöhte Bedeutung für unser ganzes öffentliches und privates Leben. Es ist aber trotzdem unerläßlich, hier auf dem Boden des Verfassungsrechtes zu bleiben, wenn wir Neues schaffen wollen. Ich habe den Eindruck, daß es sich hier offenbar nicht um einen neuen Ausschuß zur Vorbereitung von Verhandlungen des Plenums nach § 26 der Geschäftsordnung handelt, sondern es soll hier tatsächlich etwas Neues geschaffen werden, eine beratende Instanz für den Bundesinnenminister und sein Ministerium. Ein solcher Beirat könnte an sich von dem Minister selber als Exekutivorgan berufen werden. Aber dann wäre er nicht das, was offenbar mit dem Antrag gewünscht und beabsichtigt ist, d. h. ein parlamentarisches Organ, das vom Parlament selbst eingesetzt und ihm verantwortlich ist. Ein solches Organ ist mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung selbst dann nicht zu vereinbaren, wenn es lediglich beratende Aufgaben hat.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Selbst wenn trotz dieser verfassungsmäßigen Bedenken, die ich Ihnen eben vortrug, ein parlamentarischer Beirat durch ein Gesetz geschaffen würde, müßte die Berufung seiner Mitglieder wiederum durch die Bundesregierung erfolgen, da es sich doch um ein Organ der Exekutive handelt. Um das gewünschte Ziel zu erreichen, das wir, wie ich eben schon sagte, grundsätzlich begrüßen, wird der Bundestag sich an seine Kompetenzen und in ihrer Wahrnehmung an die Geschäftsordnung des Bundestages halten müssen; d. h. er könnte zunächst einmal den für die innere Verwaltung zuständigen
    Ausschuß beauftragen, oder wenn aus Zweckmäßigkeitsgründen ihm dieses Gremium zu groß ist — und dem würde ich zustimmen, es würde wohl zu groß sein —, ließe sich ein Unterausschuß mit einigen wenigen Beauftragten aus allen Teilen des Hauses mit Ausnahme der KPD bilden,

    (Zuruf von der KPD: Natürlich!)

    der dann als ein dem Bundestag verantwortliches Gremium die von ihm gewünschten Aufgaben durchführt.
    Ich komme zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949, Drucksache Nr. 1515. Auch hier kann ich im Anfang erfreulicherweise aussprechen, daß der Gedanke, der Bundesregierung auf gesetzgeberischem Wege eine größere Kompetenz in Sachen der polizeilichen Exekutive zu schaffen, nur sympathisch sein kann, insbesondere dem für die Aufrechterhaltung der Ordnung verantwortlichen Innenminister selbst. Nach reiflicher Prüfung muß ich aber sagen, daß der Gedanke, so begrüßenswert er für längere Zeit gesehen an sich ist, mir im Augenblick nicht opportun erscheint. Ein verfassungänderndes Gesetz — und um ein solches würde es sich ja tatsächlich handeln — bedarf der Zweidrittelmehrheit und der Zustimmung des Bundesrates und — was wir nicht vergessen dürfen — der Zustimmung der Alliierten. Unsere informelle Fühlungnahme hat ergeben, daß eine solche Zustimmung im Augenblick jedenfalls nicht zu erhalten ist. Ganz abgesehen von dem etwas zeitraubenden Weg der verfassungändernden Gesetzgebung würden wir also auch sonst in Zeitverlegenheit kommen.
    Wir müssen angesichts der gegenwärtigen unruhevollen Zeiten, die doch unruhevoller sind, als mein Herr Vorredner geglaubt hat hier eben ausdrücken zu sollen, angesichts der Dringlichkeit alsbaldiger geeigneter, schlagkräftiger polizeilicher Verfügungsreserven nun sofort handeln, ausgehend von den Möglichkeiten, welche die gegenwärtige Verfassungskonstruktion uns gestattet. Es bleibt, um keine Zeit mit den Vorbereitungen zu verlieren, in diesem Augenblick keine andere Möglichkeit, als im Wege von Verwaltungsabkommen mit den Ländern den Schutz für die Länder im einzelnen wie in ihrer Gesamtheit zu schaffen, den sie in ihrem ureigensten Interesse ebenso benötigen wie der Bund selbst. Diese freiwilligen Vereinbarungen, von denen ich vorhin schon gesprochen habe und die wir mit einer überwältigenden Mehrzahl der Länder schon zustandegebracht haben, bieten die Möglichkeit der Bildung sofort schlagkräftiger Polizeireserven. Die Abkommen gewinnen besondere Bedeutung im Rahmen des Art. 91 des Grundgesetzes, der dem Bund unter gewissen Voraussetzungen ein Weisungsrecht gegenüber den Polizeikräften der Länder gibt.
    Um nicht in irgendeinem Teil dieses Hohen Hauses ein Mißverständnis aufkommen zu lassen, erkläre ich noch einmal, daß ich die Reorganisation der Länderpolizeien grundsätzlich für dringend nötig halte, und unterstreiche ich, daß ich ein Weisungsrecht der Innenminister und ihrer Beauftragten sowie den Fortfall jeder Beschränkung ihres Rechts für nötig halte, die Polizei zu organisieren, und endlich das Recht, eine ausreichende Bewaffnung, entsprechende sonstige Ausrüstung und entsprechende Schulung vorzunehmen.
    Unter diesen Voraussetzungen werden Sie verstehen, daß ich in dem Weisungsrecht des Art. 91


    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    im Falle der Not keinerlei irgendwie gearteten Übergriff der Bundesregierung oder etwa des Innenministers oder seiner Beauftragten sehen kann. Aber ich muß auch um Ihr Verständnis dafür bitten, daß man vorher die Gewähr schaffen muß, daß, wenn man auf den Klingelknopf des Art. 91 drückt, hierauf auch jemand reagiert. Es muß also vorher schon weitgehend vorbereitet sein, daß alles das, was der schlagkräftige Einsatz im Falle der Not erfordert, vorhanden ist. Also mit anderen Worten: es müssen notwendige Planungs- und Organisationsarbeiten vorgenommen und es muß die notwendige Aufsicht durch einen Inspekteur geschaffen werden. Wenn diese Wege eingehalten werden, halte ich das Vorgehen für durchaus legal und in keiner Weise für einen Versuch, die Verfassung zu umgehen oder auf dem Nebenweg eines Verwaltungsabkommens das zu erreichen, was mir sonst zu erreichen nicht möglich sein würde; es sei denn im Falle der Verfassungsänderung.
    Ich darf zu den einzelnen Paragraphen noch kurz vom staatsrechtlichen Stundpunkt aus Stellung nehmen. § 1 bietet die Möglichkeit, das Personalrecht der Polizeibeamten unter Ausschluß des Landesrechtes von Bundes wegen zu regeln. Da die Länder die Bundesgesetze nach dem Art. 83 unserer Verfassung als eigene Angelegenheiten ausführen, so besteht ein unmittelbarer Einfluß des Bundes auf den Vollzug des Gesetzes nicht; es sei denn, daß nun wiederum ein Gesetz erlassen wird, das die Bundesregierung zum Erlaß von Verwaltungsvorschriften — Art. 84 Abs. 2 unserer Verfassung — ermächtigt oder ihr die Befugnis von Einzelanweisungen — Art. 84 Abs. 5 des Grundgesetzes — gibt. Auf diesem Wege erreichen wir aber das Ziel einer Einschaltung des Bundes in die laufende Landespersonalpolitik kaum. Der praktische Gewinn dieser Regelung, die gegenüber Art. 75 Ziffer 1 des Grundgesetzes als lex specialis zu betrachten ist, dürfte nicht sonderlich groß sein. Gesetzestechnisch scheint es mir verfehlt, die Frage der Ausrüstung und Bewaffnung, die zweckmäßig durch Dienstvorschriften zu regeln sind, zum Gegenstand der Gesetzgebung zu machen.
    Ich komme zu dem § 2 des vorgeschlagenen Entwurfs. Es handelt sich hier offenbar um die Absicht, die in Ziffer 2 Absatz 2 des Verwaltungsabkommens vom 27. Oktober 1950 vorgesehene erhöhte Bereitschaft verfassungsrechtlich zu legalisieren. Hier geht der Entwurf weiter, als wir von der Bundesregierung selbst vorschlagen wollten. Eine Verfügungsbefugnis des Bundes soll auf ein Zehntel der gesamten Polizei-Exekutivkräfte ausgedehnt werden, was bei den zahlreichen Einzelposten des Polizeivollzugsdienstes in den Ländern durchaus problematisch ist. Die Vollmachten zugunsten des Bundes würden durch die neue Bestimmung insofern beschränkt werden, als man annehmen könnte, daß der Bund nur die speziell zu seiner Verfügung gehaltenen Kräfte für seine Zwecke verwenden darf. Was in dem vorgesehenen Bundesgesetz geregelt werden soll, bedarf deshalb der Klarstellung.
    Ich komme zum dritten Punkt. Der Artikel 87 des Grundgesetzes, der von der bundeseigenen Verwaltung und von der Errichtung von Bundesoberbehörden handelt, ist nicht der richtige systematische Ansatz für die durch § 2 beabsichtigte Änderung, da es sich hier um eine zusätzliche Einflußnahme des Bundes auf die Landesorganisation handelt. Beide Paragraphen bilden, wie ich soeben ausgeführt habe, tatsächlich erst die Vorstufe für eine weitere spätere Gesetzgebung. Bis die auf Grund der §§ 1 und 2 zu erlassenden Gesetze ergangen sind, werden, da hier noch vorher das verfassungändernde Gesetz beschlossen werden muß, viele Monate vergehen, ein Zeitverlust, den wir uns im Augenblick wirklich nicht leisten können. Dieser Zeitverlust wird vermieden und die mangelnde Systematik wird ausgeräumt, wenn ein verfassungänderndes Gesetz beschlossen wird. Das zu prüfen, wird dann Sache der zuständigen Ausschüsse sein.
    Ich bitte, mich zunächst auf diese Ausführungen beschränken zu dürfen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich eröffne die Aussprache über die Drucksachen Nrn. 1498, 1499 und 1515. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Aussprache auf 180 Minuten zu begrenzen. Das würde für die CDU und die SPD 36 Minuten, für die FDP 24 Minuten, für die übrigen Fraktionen 15 Minuten und für die Gruppe der Deutschen Reichspartei 9 Minuten bedeuten. Ich nehme an, daß das Hohe Haus damit einverstanden ist.
Als erster hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Laforet.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Laforet


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben die innere Sicherheit und die äußere Sicherheit, die Verteidigung nach außen, zu scheiden. Heute steht allein die innere Sicherheit, die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Innern, in Frage, die Unterdrückung schwerer Störungen der Ordnung der Bundesrepublik, auch wenn diese Störungen durch verbrecherische Einflüsse von außen, von Osten, hervorgerufen und I genährt werden.
    Der Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache Nr. 1515 verlangt eine Änderung des Grundgesetzes. Das Grundgesetz hat erhebliche Mängel. Aber es müssen ganz außerordentliche Gründe gegeben sein, wenn sie in einzelnen Teilfragen zu einer Änderung des Grundgesetzes führen sollen. Wenn der Zweck einer Maßnahme auch ohne Änderung des Grundgesetzes erreicht werden kann, ist der Weg einzuschlagen, der im Rahmen des Grundgesetzes zum Ziel führt.