Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Reichsgesetzblatt vom 13. Dezember 1933 ist die Verordnung verkündet worden:
Das Büro des Reichssparkommissars wird zu einem von dem Reichsminister für Finanzen zu bestimmenden Zeitpunkt, spätestens zum 31. März 1934 aufgelöst.
Das war die Zeit, als man sich auf den Standpunkt stellte: wir haben Geld genug. Zu dieser Zeit wurde das Institut des früheren Reichssparkommissars beseitigt. Die Frage, ob der Reichssparkommissar sich seinerzeit bewährt hat oder nicht, mag offenbleiben. Es ist nicht ganz einfach, darüber zu sprechen und ein abschließendes Urteil zu finden.
Auf jeden Fall ist der Gesichtspunkt der äußersten Sparsamkeit im Haushalt heute so dringend, wie er noch nie gewesen ist. Die Sparsamkeit im Haushalt gebietet, nur solche Ausgaben zu tätigen, die für die Aufrechterhaltung der Verwaltung und zur Erfüllung der dringenden Aufgaben der Verwaltung oder ihrer rechtlichen Verpflichtungen unbedingt notwendig sind. Um dieses Postulat einer sparsamen Haushaltsführung sicherstellen zu können, hat das Zentrum den Antrag gestellt, einen Sparkommissar wieder einzuführen.
Nun könnte man einwenden, wir richteten zur Zeit den Bundesrechnungshof wieder ein und der Bundesrechnungshof sei in der Lage, diese Aufgabe genügend zu bewältigen. Ich glaube nicht, daß dieser Einwand ganz stichhaltig ist; denn der Rechnungshof wird im allgemeinen nur zur nachträglichen Kontrolle in der Lage sein, nicht dagegen zur vorgängigen Kontrolle, und die vorgängige Kontrolle ist gerade bei der Neueinrichtung von Behörden von mindestens ebenso großer Bedeutung wie die nachträgliche Kontrolle durch den Bundesrechnungshof. Was nützt es uns, wenn der Bundesrechnungshof nach Jahr und Tag erklärt, die Ausgaben für die Einrichtung des Vorzimmers des Bundespressechefs seien zu hoch gewesen und man hätte das billiger machen können! Die Ausgaben sind dann einmal getätigt, und eine Reparierung des Fehlers ist dann nicht mehr möglich.
Man könnte weiter einwenden, der Minister sei ja zuständig, die äußerste Sparsamkeit in seinem Ressort zu gewährleisten.
— Ich komme gleich auf den Haushaltsausschuß. — Der Minister wird aber als Spitze seiner Behörde bewußt oder unbewußt geneigt sein, die Wünsche seiner Verwaltung weitgehend zu respektieren; denn er muß mit seinen Beamten zusammenarbeiten und wird deshalb dem Gebot der äußersten Sparsamkeit im allgemeinen nicht die Bedeutung beilegen können, die er ihm vielleicht selber beilegen möchte. Wenn wir hören, daß der Bundesfinanzminister die Voranschläge der anderen Ministerien um Milliardenbeträge hat kürzen können, dann beweist uns das doch, daß tatsächlich in den Voranschlägen der einzelnen Ministerien erheblich zu hohe Anforderungen gewesen sind, die durch einen Sparkommissar wahrscheinlich noch in erheblich größerem Maße hätten zusammengestrichen werden können.
Wenn man ferner sagt, daß der Haushaltsausschuß des Bundestages in der Lage wäre, diese Kontrolle auf äußerste Sparsamkeit durchzuführen, so ist dazu doch nur auf den Gesichtspunkt hinzuweisen, daß wir beispielsweise die Haushaltspläne jetzt noch nicht vorgelegt bekommen haben. Wie sollen wir für die Ausgaben des Etatjahres 1950, die im wesentlichen schon getätigt sind, eine wirksame Kontrolle ausüben, wenn uns die Haushaltspläne überhaupt noch nicht vorgelegt worden sind. Wir müssen also viel früher den Ansatzpunkt finden, um eine wirksame und sparsame Verwaltung durchführen zu können.
Der Sparkommissar wird sich vor allem die Schwierigkeiten ansehen müssen, die aus dem verschiedenen Verwaltungsaufbau in Gemeinden, Ländern und Bund entstanden sind. Der Übergang von Aufgaben der Länder auf den Bund hat bei den Ländern — jedenfalls nach meiner Ansicht — erhebliche Möglichkeiten eines Abbaues der Verwaltung mit sich gebracht, ohne daß diese Möglichkeiten im letzten überprüft worden sind. Diese Frage ist aber von entscheidender Wichtigkeit für den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern. Die Länder haben uns erklärt: wir können dem Bund nichts mehr abführen, wir können keine Beiträge mehr leisten. Wir sind beim Bund gezwungen gewesen, hohe Kassenkredite nur deshalb aufzunehmen, weil eine Klarheit über die Ausgabenpolitik bei Gemeinden, Ländern und Bund nicht gewonnen werden konnte.
Wenn man nun einwendet, der Sparkommissar sei eine neue Behörde und würde als solche Kosten verursachen, so möchte ich darauf hinweisen, daß das ja nicht notwendig ist. Der Sparkommissar hat den Apparat des Bundesrechnungshofes zur Verfügung. Dieser Apparat besteht. Es handelt sich also weniger um die Frage der Einsetzung einer neuen Behörde als vielmehr um die Betrauung einer geeigneten Persönlichkeit mit einer ganz bestimmten Aufgabe. Da wird es entscheidend darauf ankommen, die richtige Persönlichkeit zu finden. Die richtige Persönlichkeit scheint mir nicht ein Beamter aus der Beamtenhierarchie zu sein, sondern da die Durchsetzung einmal als notwendig erkannter Sparmaßnahmen in jedem Falle eine eminent politische Aufgabe ist, scheint es mir notwendig zu sein, als Sparkommissar auch eine Persönlichkeit aus dem politischen Leben zu nehmen, die in der Lage ist, die widerstrebenden politischen Interessen zu überwinden. Ich denke beispielsweise daran, daß die Fragen, ob wir zuviel Ministerien im Bund oder in den Ländern haben und ob ein Aufgabenabbau und damit auch ein Behördenabbau nötig sei, in jedem Fall auf den äußersten politischen Widerstand gewisser interessierter Kreise stoßen werden. Dieser politische Widerstand ist von dem Sparkommissar auch seinerzeit nur selten überwunden worden. Diesen politischen Widerstand zu überwinden, wird die Hauptaufgabe des Sparkommissars sein. Wir glauben deshalb, daß die Erfahrungen der Vergangenheit, die gezeigt haben, daß der Sparkommissar außerordentlich nützliche und wertvolle Untersuchungen angestellt hat, daß er sich in der Praxis zwar zu einer gefürchteten Persönlichkeit im Rahmen der Behördenorganisationen entwickelt hatte, aber sich allzu selten durchsetzen konnte, uns heute veranlassen sollten, der Auswahl der Persönlichkeit des Sparkommissars besondere Bedeutung beizumessen. Wir als
Bundestag haben ja das Steuerbewilligungsrecht, aber korrespondierend dazu die Pflicht zu alleräußerster Sparsamkeit. Diese Verpflichtung zu alleräußerster Sparsamkeit kann aus den Gründen, die ich eben dargelegt habe, von uns nicht in vollem Umfange erfüllt werden. Deshalb unser Antrag.
Richtig ist es natürlich, daß der Sparkommissar keine Patentlösung bringen wird. Nicht von heute auf morgen wird damit eine wesentliche und umstürzende Umstellung der Verwaltungsausgaben erreicht werden können. Aber das unermüdliche Arbeiten einer solchen Persönlichkeit — davon sind wir überzeugt — wird früher oder später einen wesentlichen Einfluß auf die Verwaltungsausgaben ausüben können.