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ID0109300900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Oktober 1950 3439 93. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Oktober 1950. Nachruf auf den verstorbenen Abgeordneten Krause 3440A Geschäftliche Mitteilungen 3440B Eintritt des Abg. Rahn in die Gruppe der WAV als Hospitant 3440C Wahl des Präsidenten des Deutschen Bundestages 3440C Kunze (CDU) 3440C Amtsübernahme und Ansprache des Präsidenten Dr. Ehlers 3441B Dank des Bundestags für die Amtsführung des Vizepräsidenten Dr. Schmid: Dr. von Brentano (CDU) 3441D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) (Nr. 1333 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) (Nr. 1466, zu Nr 1466 der Drucksachen) 3442A Pohle (SPD), Berichterstatter . . 3442A Bazille (SPD): zur Geschäftsordnung 3445B zur Sache 3449B Kohl (Stuttgart) (KPD) 3445D 3446B, 3447A, D, 3448A, D, 3450B, 3454A Dr. Richter (Niedersachsen) (parteilos) 3446D Volkholz (BP) 3447B, 3448B, C, 3449B, 3451A Lücke (CDU) 3449C, 3453B Frau Arnold (Z) 3449D, 3454C Storch, Bundesminister für Arbeit . 3449D Arndgen (CDU) 3450A Mende (FDP) 3450C, 3451B Frau Kalinke (DP) 3450C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3451C Leddin (SPD) 3452D, 3453A Dr. Seelos (BP) 3454B Frau Schroeder (Berlin) 3454D Erste Beratung des Entwurfs eines Allgemeinen Eisenbahngesetzes (Nr. 1342 der Drucksachen) 3455B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr . . 3455B Vesper (KPD) 3456C Rademacher (FDP) 3457B Jahn (SPD) 3457B Erste Beratung des Entwurfs eines Bundesbahngesetzes (Nr. 1341 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Deutsche Bundesbahn (Bundesbahngesetz) (Nr. 1275 der Drucksachen) 3457B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr . . . 3457C Dr. Renner, Innenminister von Württemberg-Hohenzollern 3467B Rümmele (CDU) 3470B Jahn (SPD) 3472D Rademacher (FDP) 3474C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 3476B Pannenbecker (Z) 3478A Loritz (WAV) 3478B Ahrens (DP) 3479C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen (Nr. 1343 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Güterkraftverkehr (Güterkraftverkehrsgesetz) (Nr. 1344 der Drucksachen) 3480B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr . . . 3480C Rademacher (FDP) 3488B Dr. Renner, Innenminister von Württemberg-Hohenzollern . . 3488B, C Zweite und Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedererhebung der Beförderungssteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr und zur Änderung von Beförderungssteuersätzen (Nr. 1214 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1420 der Drucksachen) 3490C Dr. Bertram (Z) (zur Geschäftsordnung) 3490C Antrag der Fraktion der KPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes über die Abgeltung der Besatzungsleistungen und Besatzungsschäden (Nr. 1431 der Drucksachen) . . . 3490C Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 3490D Dr. Pfleiderer (FDP) 3491A Walter (DP) - 3491C Antrag der Fraktion der KPD betr. Widerrechtliche Beschlagnahme des Hauses des Parteivorstandes der KPD in Düsseldorf (Nr. 1432 der Drucksachen) 3491D Frau Thiele (KPD), Antragstellerin 3491D Antrag der Fraktion der KPD betr. Geplante Erhöhung der Beitragszahlungen an die Krankenkassen (Nr. 1435 der Drucksachen) 3492B Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 3492B Antrag der Fraktion der KPD betr. Senkung der Tabaksteuer (Nr. 1436 der Drucksachen) 3492D Vesper (KPD), Antragsteller . . . 3492D Nächste Sitzung 3493C Die Sitzung wird um 9 Uhr 49 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dr. Heinrich von Brentano


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß ich mich auch ohne ausdrücklichen Auftrag zum Sprecher des ganzen Hauses machen darf, wenn ich dem bisher amtierenden Präsidenten, Herrn Vizepräsidenten Dr. Schmid, den Dank des ganzen Hauses dafür ausspreche,

    (lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien, rechts und bei der SPD)

    daß er während der zurückliegenden Monate in
    meisterhafter und, wie ich glaube sagen zu können,
    vorbildlicher Sachlichkeit und Objektivität die Ge-


    (Dr. von Brentano)

    schicke dieses Hauses geleitet hat. Ich hoffe, daß sich auch in Zukunft die Zusammenarbeit zwischen dem Präsidium in diesem Geiste bewähren wird. Dies wird der beste Beitrag für eine ersprießliche Arbeit in diesem Hause sein.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien, rechts und bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich rufe nunmehr auf Punkt 1 der gedruckten Tagesordnung der 93. Sitzung:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) (Nr.1333 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) (Nr. 1466, zu 1466 der Drucksachen).

(Erste Beratung: 84. Sitzung.)

Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Pohle, das Wort zu nehmen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kurt Pohle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Angesichts der sich bei den Abgeordneten dieses Hauses häufenden Proteste aus Kriegsopferkreisen darf ich dem Ausschußbericht folgende persönliche Vorbemerkung voransetzen. Es gibt im Lateinischen ein wundervolles Wort: „Wer litt, vergißt nicht". Ich darf den Kriegsopfern im Bundesgebiet von dieser Stelle aus sagen, daß dieses Wort auch Wirklichkeitsgeltung bei den Mitgliedern des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen hat. Die Mitglieder dieses Ausschusses setzen sich in der überwiegenden Zahl aus Kriegsopfern und -hinterbliebenen zusammen. Es sind in ihm die Kriegerwitwe wie die Ehefrau des noch vermißten Kameraden vertreten. Der Beinamputierte des ersten wie der Beinamputierte des zweiten Weltkieges sind durch den Druckschmerz ihrer Prothesen in den 61 Stunden der offiziellen Ausschußberatungen neb en vielen internen Sitzungen in den letzten drei Wochen bei der Beratung dieses Gesetzes mitempfindend mit ihren Gedanken bei ihren 151 729 Leidensgefährten im Bundesgebiet gewesen. Wir haben im Ausschuß den hirnverletzten Kameraden wie den Teilnehmer des zweiten Weltkrieges, dessen Gesicht im brennenden Panzer von sengenden Flammen erfaßt wurde. Ob es sich um den Kollegen handelt, der heute noch mit Granatsplittern allzu reichlich bedacht unter uns weilt, oder um den Kollegen, dessen Gesicht zwar unzerstört blieb, dessen Brust aber um so mehr mitgenommen wurde; sie litten alle, sie vergessen nicht, sie können mitempfinden, weil sie heute noch körperlich und seelisch mitleiden, und ihnen allen waren die nahezu vier Millionen Kriegsopfer und Kriegshinterbliebenen in jeder Periode der Ausschußberatung gegenwärtig,

    (Zustimmung)

    ob es sich um den ehemaligen Offizier im Ausschuß oder den Schützen X handelte — in der Landsersprache hat er noch einen anderen Ausdruck —, und das Bild wäre nicht vollkommen, wenn wir nicht auch den ewigen Obergefreiten bei uns hätten.
    Auch dieses Hohe Haus wird Verständnis dafür haben, daß wir neben dem Rechenstift des Herrn Finanzministers auch unsere kameradschaftliche Verbundenheit wirksam werden ließen.

    (Bravo! bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren! Die Ausschußarbeit war gekrönt von dem guten Willen aller Beteiligten, gleich welcher parteipolitischen Fakultät. Keine langen Agitationssprüche! Keine Illusion, daß man nach einem totalen Krieg und nach einem to-
    talen Zusammenbruch, einem Erschöpfungszustand des gesamten Volkes ohnegleichen eine total-vollkommene Bundesversorgung knapp fünf Jahre nach der letzten Bombenexplosion schaffen könnte.
    Proteste wurden von jedem Abgeordneten ernst genommen, und der Ausschuß hat auch die Proteste des Herrn Finanzministers nicht leicht über die Schulter geworfen. Doch, bitte, keine ferngesteuerten Proteste aus dem Lande in einem Augenblick, in dem der Protestierende noch gar keine Kenntnis von den Beschlüssen des Ausschusses haben konnte!

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)

    Man soll ein Gesetz nicht nur durchlesen, sondern auch durchdenken.

    (Sehr wahr! bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)

    Ich bin überzeugt davon, daß der Herr Finanzminister den Chor der Protestierenden mit dem herrlichen Wort aus Sophokles anführen wird: „—mitzulieben bin ich da".

    (Zustimmung und Heiterkeit.)

    Doch nun, meine Damen und Herren, folgen Sie mir bitte auf der kurzen Veränderungsreise durch den Entwurf des Bundesversorgungsgesetzes. Ich übergehe die redaktionellen Änderungen, die Verbeugung vor dem Sprachverein und beschränke mich bei den Änderungen auf die wesentlichsten grundsätzlichen Merkmale.
    Wir haben in § 2 die SS und in § 3 die Gliederung der NSDAP aus dem Gesetz verschwinden lassen. Die Opfer dieser Verbände werden trotzdem erfaßt und betreut. Dem Ausschuß kam es nur darauf an, diesen Verbänden nicht noch ein namentliches Erinnerungsdenkmal im Gesetz zu setzen.
    § 5 Abs. 2 hat die Ergänzung erhalten, daß Schäden, die in Verbindung mit dem zweiten Weltkrieg durch Angehörige oder sonstige Beschäftigte der Besatzungsmächte vor dem Tag verursacht worden sind, von dem an Leistungen nach anderen Vorschriften gewährt werden, als nachträgliche Auswirkung kriegerischer Vorgänge gelten.
    Der § 7 hat eine umfangreiche staatsrechtliche, haushaltsrechtliche und politische Debatte im Ausschuß hervorgerufen, da es um die Einbeziehung von Berlin in das vorliegende Gesetz ging. Meine Damen und Herren, am alten Reichstagsgebäude in Berlin hat man während des ersten Weltkrieges die Inschrift angebracht: „Dem Deutschen Volke". Wenn der Ausschuß zu der Ergänzung des § 7 durch die Worte „oder in Berlin (West)" kam, so sollte das ein Beitrag zu diesem angestrebten Endziel sein. Heute können wir das für unsere Kameraden in Berlin tun. Wir hoffen, daß die Einbeziehung Berlins ein wesentlicher Schritt dazu ist, im deutschen Volke die Hoffnung zu erneuern: Eines Tages werden wir trotz alledem ein Versorgungsgesetz für die Kriegsopfer des gesamten deutschen Volkes schaffen können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)

    Den alten § 8 mit seiner Formulierung „wegen politischer Belastung" haben wir gestrichen. Jedoch haben wir, da wir Deutsche ungern eine Baulücke lassen, einen neuen § 8 aufgenommen, nach dem in besonders begründeten Fällen, die im Gesetz nicht verankert sind, der Bundesminister für Arbeit mit Zustimmung des Bundesfinanzministers und des Bundeskanzleramts, Dienststelle für Auswärtige Angelegenheiten, Versorgung gewähren kann.


    (Pohle)

    In § 10 hat der Ausschuß die Gewährung der Heilbehandlung außerhalb des Versorgungsleidens für Schwerbeschädigte und Hinterbliebene, deren Krankenschutz anderweitig nicht sichergestellt werden kann, ergänzend verankert. Das kostet nach den Schätzungen der Regierungsvertreter 10,5 Millionen DM mehr. Hier ergab sich bei der Beratung ein neuralgischer Punkt, da der Vertreter des Finanzministers hier mit dem Art. 113 GG wedelte. Der Ausschuß hielt jedoch gerade hier eine Ergänzung für außerordentlich nötig und dringlich. Als ein Sprecher der Regierungsparteien dann im Ausschuß ausführte. daß er glaube, die Verhandlungen, die zwischendurch mit der Regierung geführt würden, würden diese dazu bringen, von Art. 113 GG keinen Gebrauch zu machen, und er daher bitte, die Ausführungen des Herrn Regierungsvertreters zur Kenntnis zu nehmen, trotzdem aber das Gesetz so zu behandeln, als wenn diese Mitteilung nicht gemacht worden wäre, wurde diese Ergänzung einstimmig beschlossen.
    In § 13 sah der Regierungsentwurf vor, daß, wenn die Folgen der Schädigung außergewöhnliche Kosten für Kleider- und Wäscheverschleiß verursachen, diese in angemessenem Umfange ersetzt werden können. Die Worte „können ersetzt werden" haben wir in die Worte „sind zu ersetzen" verbessert.
    Der § 13 umfaßt in Abs. 3 auch die Fährhunde für Blinde. Meine Damen und Herren, die Polizeihunde und die Abgeordneten sind in der Propaganda in der Öffentlichkeit während der letzten Monate, in Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf, nicht gerade wohlwollend behandelt worden. Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes! Der Führerhund des Blinden hat eine schwere Aufgabe zu erfüllen. Er darf nicht geistig minderbemittelt und nicht körperlich unterernährt sein, wenn er dieser Aufgabe gerecht werden soll. Für seinen Unterhalt sind bisher 20 DM monatlich festgesetzt gewesen. Der Ausschuß hat nach sorgfältiger Prüfung diesen monatlichen Unterhaltsbetrag von 20 DM auf 25 DM erhöht. 0,3 Millionen DM ist der entstehende Mehrbetrag hierfür. Der Herr Finanzminister hat sich letzthin in Passau über die nicht eintreffenden Danktelegramme beschwert. Der Ausschuß hofft bei seinem Hunde-Antrag wenigstens auf ein Dankgebell.

    (Heiterkeit.)

    Der § 20 hat hinsichtlich der Kostenerstattung
    an die Krankenkassen die Ergänzung erhalten: Dies gilt auch für krankenversickerte Beschädigte, die mit Krankengeld oder Krankenhauspflege ausgesteuert sind, vom Tage der Aussteuerung an.
    Den Satz 2 des § 22 haben wir wie folgt geändert:
    Eine Operation darf ohne Zustimmung des Be-
    schädigten nicht vorgenommen werden.
    Hier war für uns die freie persönliche Entscheidung des Beschädigten maßgebend.
    An unsere Kameraden, die in die Gruppe der Blinden, Ohnhänder und Hirnverletzten gehören, haben wir wegweisend nach einer ausführlichen, auf hohem Niveau stehenden Aussprache gedacht, wenn wir in der neuen Formulierung von Abs. 2 des § 25 sagen:
    Für Kriegsblinde, Ohnhänder und sonstige Empfänger einer Pflegezulage sowie für Hirnverletzte ist eine wirksame Sonderfürsorge sicherzustellen.
    In den Abschnitt „Soziale Fürsorge, Arbeits-und Berufsförderung" ist vom Ausschuß ein § 26 a neu eingefügt worden, in welchem es heißt:

    (1) Durch die Gewährung einer Erziehungsbeihilfe an Beschädigte und Hinterbliebene ist sicherzustellen, daß den unterhaltsberechtigten Kindern eines Beschädigten und den versorgungsberechtigten Waisen eine den Fähigkeiten entsprechende Schul- und Berufsausbildung ermöglicht wird.


    (2) Die Beschaffung von Arbeitsplätzen für Beschädigte und Hinterbliebene sowie der Arbeitsschutz werden durch besonderes Gesetz geregelt.

    Dieser wichtige Paragraph wird einen Mehraufwand von 21 Millionen DM im Jahre erforderlich machen.
    Das Hohe Haus hatte bei der Verabschiedung des Überbrückungsgesetzes beschlossen — ich verweise auf Ziffer 2 c der Drucksache Nr. 484 —, eine Krankenversicherung für Hinterbliebene und Schwerbeschädigte zu schaffen. Der Regierungsentwurf sah die Heilbehandlung für Witwen, Witwer und Waisen vor, soweit sie Ausgleichsrente beziehen. Der Ausschußbeschluß lehnt die Einengung durch die Ausgleichsrente ab und hat den § 27 wie folgt neu formuliert:
    Witwen, Witwern und Waisen sowie rentenberechtigten Verwandten der aufsteigenden Linie sind, soweit Krankenbehandlung nicht anderweitig sichergestellt ist oder sichergestellt werden kann, ambulante ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Arznei- und Verbandsmittel sowie Krankenhausbehandlung zu gewähren. Dies gilt auch für Personen, die die unentgeltliche Wartung und Pflege von Pflegezulageempfängern nicht nur vorübergehend übernommen haben.
    Damit sind wir bei ,dem sehr wichtigen und sehr umstrittenen Kapitel der Beschädigtenrente angelangt. Der Regierungsentwurf sieht die Teilung in eine Grundrente und in eine Ausgleichsrente vor. Hier waren die Meinungen im Ausschuß geteilt. Die Anhänger einer ungeteilten Rente unterlagen im Ausschuß mit ihrer Ansicht; die Mehrheit des Ausschusses entschied sich für die Teilung der Rente in Grundrente und Ausgleichsrente. Dieser grundsätzlichen Entscheidung mußten folgerichtig die weiteren Abänderungsvorschläge angepaßt werden.
    In § 29 hat der Ausschuß im Hinblick auf die vielen jugendlichen Kriegsversehrten ohne vorherige Berufsausbildung die Worte eingefügt: „oder eine bereits begonnene oder nachweisbar angestrebte Berufsausbildung", die also auch zu berücksichtigen ist.
    In § 30 hat der Ausschuß bei den Leichtbeschädigten, wobei das „Leicht" auch zu irrtümlichen Betrachtungen und Wertungen Anlaß gibt, die Grundrente bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 vom Hundert von monatlich 10 DM auf 15 DM und um 40 vom Hundert von monatlich 15 DM auf 20 DM erhöht. Diese Erhöhung erfordert einen Mehraufwand von jährlich 44 Millionen DM.
    Während der Regierungsentwurf in § 31 Abs. 3 a) das sechszehnte Lebensjahr bei dem Kind mit körperlichen oder geistigen Gebrechen vorsah, hat der Ausschuß bei der Festsetzung des Alters das achtzehnte Lebensjahr eingesetzt. In b) ist bei der Schul- oder Berufsausbildung das Wort „ist" durch „hat" ersetzt worden.


    (Pohle)

    Das sonstige Einkommen, Abs. 2 in § 32, sollte nach dem Regierungsentwurf, soweit es monatlich 60 DM übersteigt, mit dem darüber hinausgehenden Betrage mit einem Viertel außer Ansatz bleiben. Ein wohlüberlegter Ausschußbeschluß sieht an Stelle eines Viertels „drei Zehntel" vor. Kostenpunkt 33 Millionen DM.
    In § 33 Abs. 2 ist vom Ausschuß eingefügt worden:
    Lehrlingsvergütung bis zu 40 Deutschen Mark bleibt unberücksichtigt.
    In § 34 Abs. 1 ist ebenfalls für unsere hirnverletzten Kameraden der Satz eingefügt worden: Erwerbsunfähige Hirnverletzte erhalten eine Pflegezulage von mindestens 50 Deutschen Mark.
    Ich übergehe das Bestattungsgeld — vom Tode spricht man nicht gern — und mache darauf aufmerksam, daß sich hinfort die „Gebührnisse" in „Bezüge" verwandeln. In schlaflosen Nächten ist nicht nur den Ausschußmitgliedern, sondern hin und wieder auch der Verwaltung etwas Neues eingefallen.
    Der Regierungsentwurf sah in § 47 vor: „so können der Witwe und den Waisen", während der Ausschußbeschluß lautet „so werden der Witwe und den Waisen" Witwen- und Waisenbeihilfe gewährt. Es ist also auch hier eine Umlagerung von der Kann-Vorschrift zum Rechtsanspruch erfolgt.
    Bei den Elternrenten in § 50 hat der Ausschuß den Satz des Regierungsentwurfes bei einem Elternpaar von 50 DM auf 70 DM, bei einem Elternteil von 30 DM auf 50 DM erhöht. Der Abs. 4 „Elternrenten unter 2 Deutsche Mark werden nicht gewährt" ist durch die Fassung ersetzt worden:
    Elternrenten werden auf volle Deutsche Mark aufgerundet.
    Das Bestattungsgeld beim Tode einer Witwe, die waisenrentenberechtigte Kinder hinterläßt, ist nach Würdigung aller Gegegebenheiten von 120 DM auf 240 DM erhöht worden.
    In § 64 haben wir nach eingehender Würdigung den Abs. 2 gestrichen, der die Grundrente ruhen lassen wollte, wenn das sonstige Einkommen 800 DM monatlich übersteigt.
    Der § 83 brachte die Entscheidung über das Inkrafttreten des Gesetzes. Bei Stimmengleichheit wurde der Antrag „1. April" abgelehnt. Der Antrag „1. Oktober 1950" wurde mit Mehrheit angenommen.
    Im § 83 ist ein Abs. 3 neu hinzugefügt worden:
    Hinsichtlich des Verwaltungs- und Spruchverfahrens verbleibt es bis zu einer anderweitigen gesetzlichen Regelung bei den bisherigen Vorschriften.
    § 85 Abs. 3 ist nach längerer Debatte und Überlegung, wobei das Problem Baden eine erhebliche Rolle spielte, wie folgt neu gefaßt worden:
    Soweit die Rente Beschädigter nach diesem Gesetz ohne ärztliche Nachuntersuchung unter Übernahme des bisher anerkannten Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt wird, ist eine spätere Neufeststellung der Rente binnen drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 61 Abs. 1 abhängig; § 61 Absatz 2 Satz 1 findet keine Anwendung.
    Der Mehrbetrag, der sich durch die Weiterzahlung der bisherigen Bezüge nach bisherigem Recht gegenüber dem Bundesversorgungsgesetz für einen Übergangszeitraum von mindestens sechs Monaten ergibt, wird mit 20 Millionen DM veranschlagt. Zu der Übergangsregelung für Baden berichtete im Ausschuß ein Mitglied des für dieses Problem eingesetzten Unterausschusses wie folgt. Man sei zu der grundsätzlichen Auffassung gekommen, in irgendeiner Form eine Überleitung durchzuführen. Der badische Landtag habe in- zwischen einen Beschluß gefaßt, nach dem das Land Baden bereit sei, sich an den Kosten zu beteiligen. Über die Quote der Länder soll mit der Bundesregierung verhandelt werden.
    Die Überleitungsbestimmungen sollen nicht im Gesetz festgelegt werden; der Berichterstatter sollte lediglich in seinen Ausführungen auf die Überleitung eingehen, was ich hiermit getan habe. Die Besprechungen mit den Vertretern der Regierung werden in den nächsten Tagen stattfinden.
    Interfraktionell. hat man sich geeinigt, daß ich dem Hohen Hause zu diesem Paragraphen noch folgende Entschließung des Ausschusses vorlegen soll:
    Die Bundesregierung wird ersucht, in den Fällen des § 85 Abs. 1 Satz 3 BVG die Umstellung der Versorgungsbezüge dem Sinne dieser Bestimmung entsprechend so durchzuführen, daß Härten weitestgehend gemildert werden. In besonderen Fällen soll durch Gewährung eines Härteausgleiches nach § 88 BVG geholfen werden.
    Meine Damen und Herren, ich bitte nur noch um wenig Geduld; wir sind sogleich am Ende unserer Änderungsreise. Ich habe Sie zum Schluß noch davon in Kenntnis zu setzen, daß § 89 a entfällt und ein neuer § 89 b mit folgendem Wortlaut in das Gesetz eingefügt worden ist:
    Die Anwendung dieses Gesetzes auf Personen, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Berlin (West) haben oder hatten (§ 7 Nr. 2), ist davon abhängig, daß die Gebietskörperschaft Groß-Berlin (West) eine gleichartige gesetzliche Regelung trifft und die Verpflichtungen übernimmt, die nach diesem Gesetz den Ländern obliegen.
    Der Schlußparagraph 90 Abs. 1 hat einen neuen Unterabschnitt c) erhalten:
    Regelung der Heilbehandlung des im § 27 bezeichneten Personenkreises.
    In Abs. 2 ist hinter dem Wort „Verwaltungsvorschriften" eingefügt worden: „einschließlich der zur Ausführung der §§ 6 und 88 erforderlichen Richtlinien".
    Meine Damen und Herren, ich höre bis hier oben hin Ihr stöhnendes Aufatmen. Gestatten Sie mir nur noch einen kurzen Hinweis auf die vom Ausschuß vorgelegte Entschließung. Es würde den Rahmen der Berichterstattung sprengen, wenn ich von all den Festlegungen sprechen wollte, die keine gesetzliche Verankerung gefunden haben, deren Auslegung im Sinne der Ausschußwünsche uns jedoch von den Regierungsvertretern im Ausschuß zugesagt worden ist. Diese Zusagen sind protokollarisch festgehalten worden. Sie helfen wesentlich zur wirklichkeitsnahen Auslegung dieses Gesetzes, wenn Sie dabei mitwirken, dieses vom Ausschuß angestrebte Ziel durch eine Bundestagsbestätigung zu erreichen, indem Sie der vorgelegten Entschließung Ihre Zustimmung geben.


    (Pohle)

    Der Berichterstatter darf nicht unerwähnt lassen, daß wir viele peinlich zu tragende Reste übrigbehalten haben, wo der Ausschuß gern noch weiteren, von ihm klar erkannten Notlagen im Gesetz helfend Rechnung getragen hätte. Aber, meine Damen und Herren, der Ausschuß übersah bei seinen zurückgehaltenen Entscheidungen nicht die Millionenarmee der übrigen Hilfsbedürftigen unseres Volkes. Er hofft, daß nach Befriedigung dieses Personenkreises und der wirtschaftlichen und finanziellen Besserung in künftigen Novellen so manches nachgeholt werden kann, was zur Zeit zurückgestellt werden mußte.
    Meine Damen und Herren! Der Ausschuß hat eine ehrliche Arbeit in der Stille geleistet. Er empfiehlt Ihnen:
    Der Bundestag wolle beschließen:
    1. dem Entwurf eines Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) in der aus der anliegenden Zusammenstellung ersichtlichen Fassung zuzustimmen;
    2. den Antrag der Fraktion der Bayernpartei — Nr. 995 der Drucksachen — betreffend Kriegsbeschädigte als Invalidenrentner — hier Aufhebung des § 1274 RVO — durch die Beschlußfassung zur Ziffer 1 für erledigt zu erklären.
    Meine Damen und Herren, wenn der Bundestag diesen Beschluß möglichst einmütig faßt, dann habe ich das Empfinden, daß wir auf d e m Wege sind, von dem Thomas von Aquino sagt: „Dann aber ist die Eintracht der Ordnung unter den Menschen gewahrt, wenn einem jeden das Seine gegeben wird." Und das ist Sache der Gerechtigkeit. Und daher heißt es: „Das Werk der Gerechtigkeit ist der Friede."

    (Lebhafter Beifall auf allen Seiten des Hauses.)

    Vizepräsident Dr. Schmidt Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
    Ehe ich die einzelnen Paragraphen aufrufe, möchte ich auf folgendes hinweisen. Es handelt sich um die zweite Lesung; also werden wir keine Generalaussprache halten, sondern lediglich zu den einzelnen Paragraphen sprechen.
    Dann habe ich Sie um die Ermächtigung zu bitten, nicht zu jedem einzelnen Paragraphen ausdrücklich die Aussprache für eröffnet zu erklären, sondern nur dort, wo Abänderungsanträge begründet werden oder wo sich ein Mitglied dieses Hauses zum Wort meldet. Ich lasse dann über die vorher aufgerufenen Paragraphen en bloc abstimmen.
    Ich bitte um eine weitere Ermächtigung. Es liegen zwei Entschließungsanträge vor. Nach § 46 sollen Entschließungen zu Gesetzentwürfen in der Regel nach der dritten Lesung verabschiedet werden. Ich halte es aber im Sinne dieser Entschließungen für notwendig, daß man sie schon nach der zweiten Lesung verabschiedet. Darum bitte ich, in diesem Falle die Regel durchbrechen zu dürfen und die Entschließung schon nach Abschluß der zweiten Beratung zur Abstimmung bringen zu können.
    Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Bazille.